Sohn F-Jugend fehlt der Biss

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  • Hallo zusammen,


    folgende Situation:


    Mein kleiner spielt seit knapp 2,5 Jahren Fussball und ist nun in der F Jugend einer wirklich starken Mannschaft. Er hat Spass am Fussball, geht gerne hin aber ich als Papa bin so leider der typische Fall von "übermotiviert"

    Mich frustet seit langer Zeit, dass viele andere sich weiterentwickeln, aber bei meinem die Entwicklung stockt. Was mich aber mehr "nervt" ist, dass ich sehe und das Gefühl habe dass mein kleiner 0,0 kämpft im Spiel, anders wie viele seiner Teamkollegegen bei denen man merkt sie wollen jedem Ball hinterherrennen und gewinnen.

    Mein Sohn hat (finde ich) gute Anlagen, ist aber im Spiel nicht kämpferisch, schüchtern(schiesst den Ball eher weg wie ihn anzunehmen), dribbelt null und natürlich wirkt sich das dann auch auf fehlendes Lob aus und weniger Einsatzzeiten.

    Nach Turnieren bin ich oft sauer und mecker ihn auch mehr an wie ich sollte, vorrangig aber wegen fehlendem Willen. Wir sprechen oft vor Turnieren und ich gebe ihm Tipps, welcher er natürlich 0,0 befolgt.


    Ich weiss, die klassiche Antwort wird sein: lass ihn spielen, er wird sich entwickeln usw usw


    Aber kennt ihr das Gefühll? Die meisten werden gelobt, eurer sehr selten, kämpferisch seht ihr null Willen o.ä.


    Nicht schön :rolleyes:

  • naja wenn du ihm weiter tipps gibts und nervst wars dann. Lass ihn doch einfach ihn selbst sein. Wenn er nur "mitläufer" ist dann ist doch gut.


    Ich würde sagen er spielt mannschaftsdienlich. Was ok ist

  • Um es zu verdeutlichen: such seine positiven Seiten.

    Zum Trost: mir ging es mit meinem Junior ähnlich (er pflückte lieber Gänseblümchen auf dem Rasen oder schaute Flugzeugen beim Staren und Landen zu ....). Glücklicherwise verstand ich damals, als er anfing, nicht viel vom Fußball und ds ließ ich ihn in Ruhe - bis auf das Thema Beidfüßigkeit. Sieh da, mit 13/14 war ein brauchbarer Fußballer aus ihm geworden, obwohl meine Frau meinte, ich lobe ihn zuviel.

  • also meint ihr besser nie was sagen, machen lassen?

    Hauptsächlich habe ich das Gefühl dass das Selbstvertrauen fehlt in die Drobblings zu gehen... bei fast allen anderen gehts aber auch


    Öfter mit ihm alleine kicken gehen? Gar nichts tun?

  • Also grundsätzlich einfach spielen lassen. Und natürlich anfeuern und loben.

    Ich habe festgestellt, dass positive Bestärkung gut funktioniert. Kritik funktioniert eher nicht. Die meisten Kinder verstehen gar nicht genau was sie falsch machen. Sie sind häufig viel zu angespannt und aufgeregt. Niemand macht ja absichtlich Fehler.

  • Auch mal über eine andere Sportart nachdenken. Warum sollen Kinder so sein, wie man sie haben möchte?

    M.E. zeigt der Junge hier Eigenschaften, die durchaus sympatisch sind, nur eben für den Fußball nicht unbedingt geeignet sind.

    Hatte einmal einen Jungen, der war lieb und zurückhaltend. Dem war es einfach unangenehm, in den Körperkontakt zu gehen. Er hat es tatsächlich geschaft, sich umzustellen und war dann ein guter Spieler. Ist aber der einzige Fall, wo ich das erlebt habe. In der Regel bleiben die Charaktere gleich.

  • Ich würde das klassische Feedbacksandwich "Stärke-Auszubesserndes-Stärke" anwenden. Zu erst seine Stärken hervorheben, dann auf das zu Verbessernde eingehen und zum Schluss nochmal lobende Worte bzw. Stärken positionieren. In der F kann es in der Bandbreite von zurückhaltend bis selbstbewusst schnell von einer in die andere Richtung gehen. Meine Tochter z.B. hat eine altersgemäß gute Spielintelligenz und spielt schon mit Köpfchen gegen Mannschaften wo das Tempo nicht so hoch ist oder der Gegenspieler körperlich unterlegen ist. Gegen schnelle oder körperlich weiterentwickelte Jungs zieht sie zurück, dreht sich vor Bällen weg, begleitet den Gegner nur statt den Zweikampf zu suchen etc. (der Hauptgrund neben fehlendem Tempo, dass sie bei mir in der B Mannschaft und nicht in der A spielt) Ich hol sie dann in der Pause zur Seite und sage ihr, dass sie eine gute Kickerin ist, aber den Zweikampf nicht scheuen braucht und am Ende, dass sie gut spielt und auf den Zweikampf nicht vergessen soll. Das gibt ihr zumindest Selbstvertrauen zurück, finde ich, aber ändert dennoch noch nichts, dass sie noch den Zweikampf zu umgehen versucht. Ist eben auch Entwicklungs- und Charaktersache.

  • guter Punkt: Zweikampf, mein Sohn begleitet auch eher die Gegner. Ist das Selbstvertrauenssache, die sich automatisch legen wird?

    Ich versuch mal das Feedback so zurück zu geben.


    Gibt es weitere Tipps? Öfter mit ihm Fussball spielen gehen? Mehr Feedback? Eher gar nichts sagen?


    Heute war ich mit ihm kicken und er spielt echt verdammt gut, setzt aber vieles im Training und vor allem in Turnieren nicht um. Da wird der Ball irgendwo hingeschossen, statt ihn anzunehmen und aufs Tor zu laufen....

  • Entwicklung verläuft nicht linear.

    Vielleicht haben die anderen einfach einen "Sprung" gemacht.


    Ansonsten hilft jede Minute auf dem Bolzplatz oder im Garten - mit anderen Kindern. Da kann er sich an den "Kontakt" gewöhnen und erkennen, dass es hilft

    A) den Ball selbst zu haben und nicht sofort wegzubolzen

    B) den Körper einzusetzen um den Ball zu bekommen/behalten


    Was sagt der Trainer dazu?

  • er hat schon ab und an in der zweiten Mannschaft gespielt, man merkt ja an seiner Einsatzzeit, dass er schwächer ist

    Der Trainer meint ihm fehlt es hauptsächlich an den koordinativen Fähigkeiten, wie laufe ich, wie spiele ich den Ball und wann dribbel ich usw.



    Da seine Mannschaft aber so bereits seit Anfang an zusammen spielt wäre es schade wenn er in die andere kommen müsste. Von seim Können her ist er mindestens besser wie die Hälfte der Kinder, er zeigt es aber nicht oder traut sich es nicht zu, ist zu schüchtern whatever


    Das Bolzen mit anderen macht er ab und an aber da ist das Interesse von ihm.vielseitig auch für andere Dinge (Spielplatz und Co.) Das muss er selber machen oder auch nicht, im Garten kicken wir wenns warm wird öfter

  • Hallo Urban1987,


    wie du schon richtig angemerkt hast, bist du der typische Fall von "übermotiviert". Ich darf das sagen, weil es mir genauso geht bzw. ging :S . Mein Sohn spielt ebenfalls in der F, wo ich die Mannschaft nun als "Trainer" übernommen habe. Das (und die vielen Tipps von hier) hat mir persönlich und meinem Sohn sehr geholfen, weil ich nicht mehr auf ihn, sondern auf die ganze Mannschaft fokussiert bin.


    Der fehlende Biss und das Vermeiden von Zweikämpfen ist eine Sache des Selbstvertrauens und Selbstsicherheit. Er hat Angst Fehler zu machen und indem du ihn nach Spielen anmeckerst und sauer auf ihn bist, erreichst du leider nur das Gegenteil.

    Wenn er im Spiel 9 von 10 Bällen einfach weggepöhlt hat, dann feiere ihn für das eine Mal wo er es nicht getan hat, anstatt über die 9 zu meckern. Wenn er bei einem Zweikampf versehentlich im Weg stand und umgerannt wurde, feiere ihn für sein super Stellungsspiel! Wenn er den Ball ins Gesicht bekommen hat, feiere ihn dafür, dass er gerade das Gegentor verhindert hat! Warte ab, bis er dich nach deiner Meinung und nach Tipps fragt und quatsch ihn nicht sofort nach dem Spiel voll. Er braucht für ein starkes Selbstbewusstsein unbedingt positives Feedback. Mit negativem Input nimmst du ihm vielleicht die Lust und den Spaß am Fussball.


    Wenn du die Möglichkeit hast mit deinem Sohn zu spielen, dann spielt viel 1vs1 auf zwei kleine Tore. Spielt tunneln. Lass ihn auch im Haus mit einem Indoorball zocken und ein paar Vasen kaputt schießen (kleiner Tipp: nur wenn Mama gerade nicht da ist... ;)). Macht gemeinsam einfach das worauf ER Bock hat! Denk daran, dass es sein Hobby ist und nicht (nur) deins.


    Unsere Kinder werden wahrscheinlich keine Profis. Aber wenn sie über Jahre Spaß am Fussball behalten und gern zum Training gehen, werden sie ganz von alleine gute Kicker.

  • Bin ebenfalls ein sehr motivierter Vater (andere würden sicher sagen übermotiviert), nehme mich mittlerweile aber zurück, und habe einen Sohn (mittlerweile E-Jugend), der eher schüchtern ist. Bin folgendermaßen vorgegangen und glaube dass es eigentlich ganz gut funktioniert hat.


    Erstens habe ich gesehen, was sind seine Stärken und was seine Schwächen.

    Stärken: Gute Technik, Dribbling, Beidfüßigkeit, Übersicht

    Schwächen: Zurückhaltung im Defensivzweikampf, scheint nur zu begleiten, fordert den Ball nicht offensiv ein


    Im Sinne eines Mentoring habe ich für ihn das Spiel in drei Situationen eingeteilt:

    1. Du hast den Ball. Da hat er aus meiner Sicht eigentlich alles immer sehr gut gemacht. Habe ihm also gesagt, er soll genau so weiter machen wie bisher. Er soll seine eigenen Entscheidungen treffen, wenn er Lust drauf hat, ins Dribbling gehen, auch mal den Abschluss suchen und gute Pässe spielt er sowieso ziemlich oft.
    2. Gegner hat den Ball. Da habe ich ihm gesagt, dass aus meiner Sicht Verbesserungspotential besteht und er versuchen soll, aggressiver den Ball zu erobern und sich mehr in die Zweikämpfe zu trauen.
    3. Eigene Mannschaft hat den Ball. Da habe ich ihm geraten, mehr in Bewegung zu sein, sich freizulaufen und auch den Ball einzufordern.

    Er ist relativ viel auf Bolzplätzen unterwegs und da übt er eigentlich alles was nötig ist. Als zusätzliches Training habe ich zuhause mit ihm Coerver-Übungen gemacht und wenn ich mit ihm alleine auf dem Bolzplatz war Übungen zu Ballannahme und -mitnahme und Passspiel, alles immer mit links und rechts.


    Hat es sich gelohnt, auch wenn er sicher kein Profi-Fußballer wird? Aus meiner Sicht auf jeden Fall! Er hat in seiner Mannschaft ein sehr gutes Standing, auch wenn er eher schüchtern ist, wird von den Trainern meistens im 7:7 in der zentralen Position vor den beiden Verteidigern eingesetzt und die meisten Aktionen im Spiel nach Vorne laufen über ihn. Er macht überhaupt keinen Unterschied zwischen linkem und rechten Fuß und das macht mir eigentlich die größte Freude. Zum Teil geht er mir immer noch zu schüchtern in die Zweikämpfe, aber das ist eben sein Charakter und entweder es wächst sich aus oder eben nicht. Was man nicht ändern kann, muss man akzeptieren. Das wichtigste: Es macht ihm wahnsinnig viel Spaß (auch wenn er nicht mehr davon träumt, Profi zu werden), er liebt die Position auf der er spielt und er genießt das gute Standing in der Mannschaft.


    Quintessenz:

    • Viel Bolzplatz (dort werden am besten die Stärken ausgebaut und die Schwächen kuriert)
    • Ggf. zusätzliches Techniktraining
    • die weitere Entwicklung mit Gelassenheit abwarten
    • Immer positiv sein!!
  • Von seim Können her ist er mindestens besser wie die Hälfte der Kinder, er zeigt es aber nicht

    Vielleicht zunächst etwas Grundsätzliches: Manchmal neigen wir dazu, in unseren eigenen Kindern Dinge zu sehen, die gar nicht da sind.

    Er könnte, wenn er wollte... Er könnte, wenn er sich traute... Das Wollen ist genauso wie das Sich-trauen Teil des Könnens.


    Nach Turnieren bin ich oft sauer und mecker ihn auch mehr an wie ich sollte, vorrangig aber wegen fehlendem Willen.

    Er muss das Gefühl bekommen, dass Fußball unglaublich wichtig ist. Er ist 8 (?). Darf Fußball für ihn nicht einfach nur ein Spiel sein? Und kann es für Dich nicht auch einfach nur ein Spiel sein?

    Wir sprechen oft vor Turnieren und ich gebe ihm Tipps, welcher er natürlich 0,0 befolgt.

    Ein Kind dieses Alters kann diese Tipps unmöglich umsetzen. Wenn man ihnen einfach nur sagen müsste, wie es geht und dann machen sie es, würde das Training im Seminarraum stattfinden und nicht auf dem Platz.


    Die Tipps von LW7 sind wichtig. Mach ihn durch Dein Lob besser größer als er ist, als andersherum. In dem Alter dürfen sie sich alle für Messi halten.


    Der Trainer meint ihm fehlt es hauptsächlich an den koordinativen Fähigkeiten, wie laufe ich, wie spiele ich den Ball und wann dribbel ich

    Dass in dem Alter koordinative Themen eine wichtige Rolle spielen, ist richtig. Die Beispiele sind... naja - sagen wir es so "Sie zeigen kein tiefergehendes Wissen von U8/U9-Kinderfußball." ;)

    Die Beispiele beziehen sich auf das Entscheidungen treffen - und das ist nichts anderes als Spielintelligenz. Die wiederum entwickelt sich in kleinen Spielformen. Um in der Lage zu sein, all das (Wahrnehmen, Entscheiden, Ausführen) zu tun, brauche ich koordinative Fähigkeiten. Aber wie verbessere ich diese Fähigkeiten? Nicht durch Fußball, sondern duch alles, was Kinder so machen, wenn man sie lässt: Toben, springen, hüpfen, werfen, fangen, laufen, klettern, fahren, hinfallen, balancieren, raufen usw. Wenn Du ihn also unterstützen willst, gib ihm die Möglichkeit zu all diesen Bewegungen.

    Erwarte aber keine Wunderdinge. Das geht alles nicht von heute auf morgen.

  • Pocho1505

    Coerver-Übungen. Na endlich treffe ich mal auf einen Coerverfan. =)

    urban1987

    In Deinem Eingangsposting hast Du die Lösung schon fast perfekt erklärt.

    Zitat: "Nach Turnieren bin ich oft sauer und mecker ihn auch mehr an wie ich sollte, vorrangig aber wegen fehlendem Willen. Wir sprechen oft vor Turnieren und ich gebe ihm Tipps, welcher er natürlich 0,0 befolgt."


    Dein Sohn ist ein eigenständiges Wesen. Er spielt Fußball für sich selbst und hoffentlich nicht für den Papa. Wenn er für sich selbst spielt, macht er keine Fehler sondern Bewegungserfahrungen und genießt den Moment des Spielens. Wenn er für Papa spielt macht er aus der Sicht des Vaters Fehler. Dann wird Papa sauer und meckert und versucht dann obendrauf, noch Tipps zu geben.

    Das Ergebnis ist doch klar, er spielt Fußball in der Gegenwart (altersbedingt). Du versuchst ihn Tipps für die Zukunft zu geben weil er in der Vergangenheit aus Deiner Sicht Fehler gemacht hat.

    Versetzte Dich mal in deinen Sohn hinein oder besser stelle Dir vor Du hättest einen Vorgesetzen in deiner Firma, der so reagiert wie Du es oben beschrieben hast.

    Würdest Du jemals wieder 100% Leistung auf der Arbeit bringen?

    Ein Kind trainieren heißt nicht, eine Vase zu füllen, das heißt, ein Feuer anzuzünden

  • In dem Alter dürfen sie sich alle für Messi halten.

    Ich bin über dieses Zitat gestolpert - und ich weiß nicht genau, wie ich es interpretieren soll.


    Wenn das Selbstbild nicht stimmt und in Hochmut übergeht (z.B. "ich kann das" und er kann das nicht), sollte man aus meiner Sicht einschreiten.

  • Kinder sollen in dem Alter halt träumen dürfen. Und wenn sie in ihrer Mannschaft zu den besten gehören, glauben sie, dass sie später einmal so gut sein können wie Messi. Dass es sehr viele andere gute Kinder gibt, begreifen sie dann schon früher oder später.

  • Ich bin über dieses Zitat gestolpert - und ich weiß nicht genau, wie ich es interpretieren soll.


    Wenn das Selbstbild nicht stimmt und in Hochmut übergeht (z.B. "ich kann das" und er kann das nicht), sollte man aus meiner Sicht einschreiten.

    Sie dürfen das, was sie tun, für toll halten.