Ein Gedankenspiel - Spielen lassen oder nicht?

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  • Hallo,


    Ich habe mal eine hypothetische Frage - ein Gedankenspiel wenn ihr so wollt:


    Folgendes Szenario - Wir spielen Kifu, es steht 1:1. Beide Mannschaften sind sehr stark und spielen um die Tabellenführung oder Meisterschaft (auch wenn es im Kifu keine Rolle spielt bezieht es bitte mit ein). Den Kindern ist das ganze auch bewusst und sie kämpfen wie die Löwen, wollen gewinnen, wollen Erster sein.


    Noch 10 Minuten zu spielen. Ein Einwechselspieler hat noch nicht gespielt ,weil er bei diesem Tempo einfach nicht mithalten kann.


    Was tun? Einwechseln:
    Der Spieler hilft der Mannschaft in dieser Situation nicht und macht vielleicht auch noch den entscheidenden Fehler. Klar es könnte alles gut gehen, aber was macht das mit einem 7-9 jährigem Kind emotional wenn es doch diesen entscheidenden Fehler macht?
    Oder: nicht einwechseln und mit den entsprechenden Konsequenzen leben (Eltern meckern, Kind jammert etc.)


    Würde mich mal interessieren was ihr so denkt. Rein vom Kifu Aspekt natürlich einwechseln oder, denn alle Kinder sollen ja spielen und mitmachen? Aber irgendwie will man ja auch doch erster sein dann und die Kinder sowieso! Und im schlimmsten Fall kommt der eingewechselte Spieler nicht mit der Situation, dem Druck klar oder macht ein fatalen Fehler und hat danach auch gar keine Lust mehr auf Fußball?


    Ich danke euch schonmal für eure Meinungen!

    "Some people think football is a matter of life and death. I don't like that attitude. I can assure them it is much more serious than that." - Bill Shankly

  • Mein Standpunkt ist: Wer nominiert ist der sollte auf jeden Fall auch spielen. Das Kind freut sich die ganze Woche auf das Spiel, die Eltern treten die Fahrt an und opfern 3 Stunden Zeit, da sollten 10 min wohl drin sein.
    Aber: In einem derart entscheidenden Spiel nehme ich keinen dicken Paule mit, ganz einfach.


    man kann einem Kind durchaus von vornherein sagen, dass es wahrscheinlich nur 10 min Einsatzzeit bekommt, dann es sich darauf einstellen und es ist kein Problem, andererseits ist auch niemand böse wenn ein Spieler mal ein Spiel aussetzt. Wenn doch ist derjenige im Mannschaftssport leider falsch aufgehoben

    "Der Chef auf dem Platz ist die Spielsituation" (Karsten Neitzel)

  • Einwechseln und zwar schon in der ersten Halbzeit und nicht warten bis das Spiel in die Endphase geht!
    Und wenn du nen dicken Paul hast, dann ab in den Sturm...

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!

  • Ich hatte damals, als ich eine U12 trainierte tatsächlich eine ähnliche Situation. Wir und unser Gegner hatten bis zu diesem Spiel alle Spiele der Hinrunde gewonnen. Es war also das Aufeinandertreffen der ersten zwei in der Tabelle und sowas wie eine kleine Vorentscheidung um die Meisterschaft. Wir spielten auswärts bei unserem Konkurenten und es stand kurz vor Schluss unentschieden. Wenn ich mich richtig erinnere, sogar 1:1 wie in deinem Beispiel.


    Unterschied zu deinem Beispiel war, dass mir die Eltern meines "Bewegungslegasthenikers" versichert haben, dass es überhaupt kein Problem sei, wenn ihr Zögling nicht spielt. Schließlich ging es ja um die "Meisterschaft". Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass besagter Spieler (wirklich unglaublich schwach, aber eifriger Trainierer) eigentlich immer nur Alibi-Einsätze von ein paar Minuten hatte und diese Minuten jedes mal alles in die Waagschale warf was er zu bieten hatte.


    An diesem einen Tag (das war das einzige Mal in meiner Trainerkarriere in der ich einen Spieler der ein Trikot trug nicht eingewechselt habe) hat er nicht gespielt. Er war (und ist nach wie vor) ein unheimlich netter und vernünftiger Kerl, dem ich damals die Situation ehrlich erklärt habe. Ich hatte auch das Gefühl, dass er es Verstand (er war eigentlich einer der wenigen, die ihre eigene Leistung realistisch einschätzen konnten). Nach vielen Gesprächen, auch Jahre danach, hat er mir versichert, dass er mir nicht böse ist und nie böse war. Für ihn stand das Wohl der Mannschaft immer im Vordergrund auch wenn dass bedeutet hat, einmal nicht zu spielen. Während ich diese Zeilen schreibe läuft mir eine Gänsehaut über meine Arme in anbetracht des tollen Charakters dieses Jungen.


    Das Spiel endete 1:1. In der Rückrunde haben wieder sowohl wir, als auch der Gegner alle Spiele gewonnen, so dass es zu einem Finalspiel auf unserem Platz kam. Dieses Spiel war das beste Spiel das mein damaliges Team je gespielt hat. War haben gegen einen gleichwertigen (oder leicht überlegenen) Gegner 6:1, 7:1, oder 7:2 (genau kann ich mich nicht mehr erinnern) gewonnen. An diesem Tag hat alles gepasst.


    Eigentlich alles gut oder?


    Nicht ganz. Ich würde es nie wieder machen. Noch heute ärgert mich mein damaliges Verhalten ungemein. Wir sind eine Mannschaft, die zusammen gewinnt oder verliert. Das bedeutet auch, den Kindern zu vermitteln, dass ein Sieg nur dann ein Sieg ist wenn alle spielen. Nur mit den Besseren zu gewinnen und die vermeintlich Schwächeren wenn überhaupt nur dann spielen zu lassen wenn es eh schon egal ist, KANN FAST JEDER. Die Kunst ist es alle Spieler so zu integrieren, dass es selbstvertändlich ist, dass alle spielen. Und zwar unabhängig vom Spielstand.


    Vielleicht erleichtert dir meine Erfahrung, deine Entscheidung.


    P.S.: Der Spieler um den es ging, spielt heute in der zweiten Herren-Mannschaft. Mittlerweile mit mäßigem Erfolg (das ist positiv gemeint). Mich würde unheimlich interessieren, wo er heute fußballerisch stehen würde, wenn er immer die Einsatzzeiten erhalten hätte, die im zugestanden wären.

    I've missed more than 9000 shots in my career. I've lost almost 300 games. 26 times, I've been trusted to take the game winning shot and missed. I've failed over and over and over again in my life. And that is why I succeed. (Michael Jordan)

  • Ich finde 10 Minuten Spielzeit zu wenig. Wer bei einem Spiel im Kader steht, soll mindestens eine HZ spielen. Wobei ich insbesondere bei Auswärtsspielen selbst eine HZ sehr/zu wenig finde.


    Meiner Meinung nach muss ein Kifu-Trainer gegenüber Eltern möglichst klar kommunizieren können, wie er das mit den Spielzeiten hält. Wenn ein Spieler gar nicht oder höchstens in einem Kurzeinsatz spielt, muss das vorher angesagt werden. Ich halte das für ein Gebot der Fairness und eines anständigen Umgangs miteinander.


    Ich erlebe es immer wieder, dass sozusagen mit "fliegenden Wechseln" operiert wird. Also ein Spieler kommt ein paar Minuten rein, wird dann wieder ausgewechselt, um dann wieder für ein paar Minuten reinzukommen. Ich habe es dabei sogar schon erlebt, dass Kinder nach Fehlern oder weniger gelungenen Aktionen ausgewechselt werden. Das mag so gedacht sein, dass dann mit dem Kind die Situation direkt besprochen werden kann; aber es hat selbst dann unweigerlich Bestrafungscharakter.


    Für die Eltern, die ihr Kind bewundern und anfeuern wollen, bringt eine solche Praxis in jedem Fall großen Stress mit sich, weil das eigene Kind nur wenige Minuten hat, um sein Können zu zeigen. Diese Minuten werden mit umso größerer Erwartungshaltung beladen.


    Ich denke, es ist für alle eine große Entlastung, wenn von vornherein offen kommuniziert wird, wer wann zum Einsatz kommt. Dann muss sich auch niemand Gedanken machen, warum jetzt ein bestimmtes Kind ausgewechselt wird.


    Beim konkreten Gedankenspiel: Wenn der dicke Paule dabei ist, muss er auch spielen. Ich habe es im Kifu schon erlebt, dass Kinder in voller Fußballermontur beim Spiel dabei sind, um am Ende zwei komplette Halbzeiten den Mitspielern beim Kicken zuzuschauen. Meiner Meinung nach geht sowas gar nicht. An diesem Punkt gibt es für mich in dem Gedankenexperiment nichts zu diskutieren.


    Was allerdings diskutabel ist, ist @16ers Option, besagten dicken Paule zu einem solchen Spiel nicht mitzunehmen. Und du, @Goncare, sprichst ja in dem Zusammenhang einen Aspekt an, den man da tatsächlich diskutieren kann, nämlich ob es auch aus Sicht des Kifu's – d.h. Fußball im Sinne der Kinder – Sinn macht, Kinder spielen zu lassen, obwohl von vornherein absehbar ist, dass sie komplett überfordert sind. Wir hatten das schon einmal teambezogen diskutiert und da war – so wie ich das wahrgenommen habe – einhellige Meinung, dass Spiele mit Ergebnissen von 20:0 u.ä. sinnlos sind.


    Macht es Sinn ein Kind einzusetzen, obwohl klar ist, dass es sowieso heillos überfordert sein und seinem Team eher schaden als nützen wird?


    Eine Möglichkeit, diese Schwierigkeit elegant zu lösen, ist es, von vornherein nie alle Spieler bei den Spielen einzusetzen. Dann kann man rotieren und das dabei "zufällig" so legen, dass die schwächeren Spieler gegen starke Mannschaften dran sind mit Aussetzen.


    Aber es gibt noch eine bessere Möglichkeit. Das war jetzt gerade in einem anderen Thread Thema, dass ein Verein eigenständig bleibt, obwohl das von den Zahlen der Kinder schon lange schwierig ist. Aber gerade im Kifu ist diese Vereinsmeierei ein großes Übel. Große Vereine und große JSGs haben einfach viel mehr Möglichkeiten, die Kinder ihrem Leistungsstand gemäß gut einzuteilen und so optimal fördern zu können. ich habe es heute mit einem Trainer eines Nachbarvereins gesprochen, die im kommenden Jahr nicht weniger als vier F-Mannschaften anmelden können! Da hat man natürlich ganz andere Möglichkeiten, mit dem extremen Leistungsgefälle bei Kindern umzugehen, als wenn es nur eine F-Mannschaft gibt.


    Der Verein darf dann nur nicht den Fehler machen und meinen, in der F4 werden sozusagen die leistungsschwachen Kinder "geparkt". Auch die Kinder der F4 haben ein Recht fußballerisch gefördert zu werden mit dem Ziel, sie in den Vereinen zu halten, ihnen den Spaß am Fußball zu erhalten und sie fußballerisch möglichst so zu verbessern, dass auch die "höheren" (sprich leistungsstärkeren) Mannschaften für sie einmal infrage kommen können.

    "There is only one ball, so you need to have it." (J. Cruyff)

  • C-Jugend, ein Spieler noch spieleberechtigt D-Junioren, aber spielt die komplette Saison C. Die ganze Saison ist unser Team im Aufstiegsrennen in den Bezirk, der jüngere Jahrgang hätte auch ganz klar das Format, im Bezirk mitzuspielen. Vorletzter Spieltag, die beiden Bewerber für den letzten Aufstiegsplatz treffen direkt aufeinander. Ein Riesenspiel. Kampf, Körper gegen Technik, packend, Gegner durchgehend älterer Jahrgang, wir 50/50. Es steht 2:1 für uns, wir brauchen den Dreier, dem Gegner reicht ein Unentschieden (die Gegner des letzten Spieltags sind nicht stark genug). Unser Jüngster ist auf der Bank, er muss noch spielen. Die Zeit rinnt, das Spiel ist spannend und emotional, und ich habe ihn nicht eingewechselt. Zu eng das Spiel, zu körperlich.


    Ich schäme mich dafür, noch heute, viele Jahre später Danach habe ich mir geschworen, dass das nie wieder passiert. Zur Halbzeit sind alle auf dem Platz. Und das war C-Jugend, wo der Spieler vielleicht gesagt hätte, für den Aufstieg und Bezirk nächstes Jahr sitzt er gerne mal draußen. Trotzdem war er unendlich traurig. Nie wieder! Selbst wenn das Teufelchen auf der rechten Schulter sagt: Heute der Dreier und wir sind durch!


    PS: In der letzten Minute haut uns der Gegner einen Freistoß im den Knick, 2:2, wir sind raus. Wirklich so geschehen. Wie im Film.


    Fazit: Tut das nicht! Zur Halbzeit alle auf dem Feld!

  • Noch 10 Minuten zu spielen. Ein Einwechselspieler hat noch nicht gespielt ,weil er bei diesem Tempo einfach nicht mithalten kann.



    Was tun? Einwechseln:
    Der Spieler hilft der Mannschaft in dieser Situation nicht und macht vielleicht auch noch den entscheidenden Fehler. Klar es könnte alles gut gehen, aber was macht das mit einem 7-9 jährigem Kind emotional wenn es doch diesen entscheidenden Fehler macht?
    Oder: nicht einwechseln und mit den entsprechenden Konsequenzen leben (Eltern meckern, Kind jammert etc.)

    Warum alles negativ sehen. Überleg mal der besagte Spieler kommt rein, und macht warscheinlich das entscheidene Tor, oder verhindert ein entscheidenes Tor. was meinst du was sowas einem Kind ein Schub geben kann, weil er sich dann auch wichtig sieht.

  • Spielen lassen - unbedingt... es hatten schon einige vor mir die gleiche Situation beschrieben, die ich auch erlebt hatte: Finale bei einem Turnier - hatte einen Spieler nicht eingewechselt - wir haben tatsächlich das Finale gewonnen - das war vor 2 Jahren (Ende der E-Jgd) - danach hatte ich (zurecht) ein schlechtes Gewissen und habe mir geschworen, dass immer jeder spielt und zwar ausreichend - und das mit Erfolg.


    Den Spieler, den ich draußen ließ, entwickelte sich zur "Zweikampfmaschine" defensiv und auch offensiv, sodass er aus der folgenden D-Jugend nicht mehr wegzudenken war - und ich hatte erst meinen inneren Frieden, als wir nach 2 Jahren mal wieder ein Turnier gewannen - mit ihm als einer der Besten und ich habe in diesem Turnier nicht nach Situation oder Spielstand, sondern nach Zeit gewechselt - auch in der C-Jugend - das ist gut für die Spieler, und vor allem entspannt für den Trainer... Ergebnisse sind mir in dem Fall egal.


    Um noch weiter zu gehen - dieser Spieler ist quasi vom "Nichtspieler" in der E-Jugend zum Stammspieler der C1 Mannschaft geworden (trotz jungem Jahrgang)...

  • Ich würde so etwas nie (wieder) machen.


    Wir spielen in der höchsten Liga in der D-Jugend, das absolute Minimum dort sind für mich 15 Minuten, eigentlich 20. 15 Minuten finde ich mal vertretbar, wenn der Spieler zum Beispiel am Vortag in einer anderen Mannschaft 40-50 Minuten hatte oder diese Minuten unter der Woche dann kriegt.


    In der D2, als wir nur im Kreis gespielt haben, hat jeder Spieler bei mir mindestens 40 (selten: 30) von 60 Minuten bekommen und da haben wir als junger Jahrgang auch um die "Meisterschaft" und Aufstieg gespielt. Letztendlich profitieren wir diese Saison davon, dass wir einen sehr breiten Kader haben.


    Wenn ein Spieler in meinen Augen das Niveau für ein bevorstehendes Spiel nicht hat, nehme ich ihn nicht mit. So einfach ist das. Aber er muss dann in derselben Woche andere Spielmöglichkeiten erhalten.


    In unserer Liga diese Saison gibt es eine Mannschaft, die jeden Spieltag in der D-Jugend sechs oder sieben Spieler auf der Bank hat. D.h., dass dort pro Spiel mindestens drei oder vier Spieler gar nicht spielen. Mittlerweile taumeln die Richtung Abstiegsplätze. Mich freut's.


    Einen F- oder E-Jugendspieler nur 10 Minuten einzusetzen finde ich absolut unverständlich. Ich kann die Begrenzung von Spielzeiten verstehen, sobald es um den Erhalt/das Erringen von Spielklassen geht, aber dann ist es ein MUSS, diese Spielzeiten woanders zu schaffen.


    Ich habe glaube ich ein Mal oder zwei Mal in meinen langen Jahren als Trainer einen Spieler gar nicht eingesetzt. Das letzte Mal war höherklassig in der B-Jugend. Sportlich vertretbar, wir haben auch gewonnen, es ging um den Aufstieg, der dann auch erreicht wurde. Trotzdem fand ich es nicht gut, auch wenn der Spieler das damals vernünftig aufgenommen hat und nächstes Punktspiel anfing und durchspielte. Es war trotzdem einfach scheiße.

  • Könnte sein, das ich jetzt wieder <prügel bekomme.....aber:


    Hört auf mit dieser Gleichmacherei....jeder muss gleiche Spielzeit haben.


    Ich als Trainer habe die Pflicht, dafür zu sorgen, das sich das Kind den Fähigkeiten entsprechend entwickelt. Warum soll ich den dicken Paule im Spiel gegen die Übermannschaft überhaupt spielen lassen...oder bzw. dann im Sturm??? Der bekommt keinen Ball...man ist faktisch ein Spieler weniger...man verliert dann höher, als wenn ich einen weiteren guten Aufgeboten hätte.


    Warum nicht gegen schwächere Mannschaften dann lieber solche Kinder mehr spielen lassen....dann eben d´gegen schwache Teams nur 3 zu 1 gewinnen als 10 zu 0..... aber der dicke Paule hat da viel mehr von. Oder man macht ein Trainingsspiel gegen andere Teams mit der Massgabe, das die auch ihre 2. Garde bringen...

  • Das würde ich grundsätzlich auch unterschreiben. Es muss nicht immer jeder gleich viel spielen, Trainingsfleiß, Motivation etc. spielen eine Rolle.


    Aber einen F-Jugendlichen (oder E-Jugendlichen) nur 10 Minuten oder gar nicht zu bringen ist für mich indiskutabel.

  • Aus eigener Erfahrung:


    Ein sonniger Tag, E-Jugend Kreisliga Gruppe 10, Vorstadttruppe gegen Vorstadttruppe, keiner kann mehr Meister werden:
    Ich stehe in der Anfangssieben, nach 15 min werde ich ausgewechselt. 25 min sitze ich draußen, es steht 4:2, dann sammle ich meinen Mut und frage: "Trainer, komm ich nochmal rein?" "Nein, heute nicht, ich will den Sieg nicht gefährden."
    Boom. Der hat gesessen, noch heute 10 Jahre später ärgert mich das, und ich kann mir nicht vorstellen dass das ein Kind anders sehen kann.


    7 Jahre später, B-Jugend Kreisliga: Opa hat Geburtstag, aber da sch***e ich heite drauf, es ist schließlich Spitzenspiel, 1. Gegen 2.. Es ist ein rassiges umkämpftes Spiel, auf der Bank sitzen 2 Spieler. Ein Spieler verletzt sich, mein Kollege wird eingewechselt. Aber ich nicht. Das Spiel geht in der Nachspielzeit mit 1:0 verloren und ich bin frustriert. Einerseits weil das Spiel nicht gewonnen wurde, andererseits, weil ich besseres zu tun gehabt hätte.


    Wie sich beide Erlebnisse angefühlt haben? Scheiße, richtig mies. Deshalb lasse ich mittlerweile jeden der ein Trikot anhat spielen. In der G-E Jugend mindestens 40%, in der D Jugend nur in extrem wichtigen Spielen auchmal weniger, damit ich mir keine Sätze von enttäuschten Kindern anhören muss wie "Spiel ich jetzt noch oder kann ich mir ne Bratwurst kaufen"

    "Der Chef auf dem Platz ist die Spielsituation" (Karsten Neitzel)

  • Im Kifu gibts im unteren Bereich keine Tabellen....das hat Gründe.
    Es gibt auch keinen Auf.- oder Abstieg!


    Den gibts nicht bei den Minis, der F und E, der D ...auch nicht...man spielt in Staffeln und auch das hat Gründe.


    (jede Mannschaft spielt annähernd dort, wo wie hingehört...pro Halbjahr so zu sagen...nach Leistung eingeteilt).


    Dazu der Gedanke, dass Kinder BIS zu einem bestimmten Alter sich nicht wehren, sie äussern sich kaum...haben er Bauchkneifen und es sind oft die Eltern die sich dann äussern, weil Kind lange schlaflos im Bett lag oder auch...nicht mehr zum Fußball will.


    Oft sind das Gründe der Ausgrenzung.


    Ferner gibts in der Schule und zu Hause auf dem Weg ins Management einer großen Firma...wozu das Abitur mit 1,0 wichtig ist.


    DESHALB würde ich und habe ich jederzeit jeden Spieler zu ähnlichen Teilen mindestens eine Halbzeit spielen lassen, EGAL wer da kommt...egal welches wichtige Turnier oder Meisterschaftsspiel anstand.


    DAS war sehr schwer für mich, ich habe es mir aber auferlegt, ....ich habe versucht, mir mir schonungslos ins Gebet zu gehen, denn ich war eigentlich ein "Erfolgsdenkender Trainer" der mit dieser Einstellung im Kifu nichts zu suchen hatte. Das war die einzige Möglichkeit, mich dort ungefährlich und entschärft meinen Dienst tun zu lassen.


    Die Jungs wussten von dieser inneren Einstellung und diesem für sie eigentlich üblen Charakterzug nichts und ich habe das was ich mir auferlegte dem Verein, den Eltern und den Spielern als gebuchte Suppe vorgesetzt...nur so...oder überhaupt nicht! Das gab gerade zu Saisonbeginn mit den Müttern der angehenden Erfolgsmanager Diskussionen, wo ich mich durchsetzte!


    Entsprechend gab es nur eins...das Team gewann geschlossen oder es sollte nicht sein, basta.


    Ich gehe sogar noch einen weiter und sage, dass ich das auch für eine C, B und A und jedes Herrenteam im Kreisligabetrieb und darunter so sehe. Also für einen Bereich sehe, wo ganz deutlich Breitensport praktiziert wird. Wer Talent und Willen hat, kann ja woanders spielen oder sich damit abfinden. Wenn Vereine vernünftige Arbeit leisten, sich strukturiert haben und vernünftige Einteilungen vornehmen, spielt niemand dort, wo er nicht mithalten kann. Dort wo nur ein Team der Altersgruppe spielt, ist es aus meiner Sicht Schwachsinn unter Ausschluss von zahlenden Mitgliedern diese auszugrenzen....um eine Liga höher zu spielen, und dann der Wahrscheinlichkeit nach in der übernächsten Saison wieder abzusteigen...weil der Unterbau eh nicht da ist oder nicht stimmt.


    Für mich ist das - egal wie man es dreht und wendet - vorgeschoben von erfolgsdenkenden Trainer, die meist ihr Ego befriedigen wollen. Hier wird dann der Deckmantel eines Gedankenganges überstülpt...wie z.B....das man ja die guten talentierten Spieler nicht vergraulen will usw....ich kenne die ganzen fadenscheinigen Ausreden schon...teilweise von mir selbst!!!


    Wer dann tatsächlich zwei Turniere hat, kann ja jonglieren und einteilen, dass wäre der einzige Weg, dem Gerecht zu werden. Frage ist, wer das denn tatsächlich macht. Ich kenne ausreichend viele Beispiele wo das nämlich nicht stattfand...wo immer die Besten mitfuhren usw..


    Jüngstes Beispiel einer zweiten Herrenmannschaft mit jungen Spielern im Bereich 21 Jahren. Da steht man auf Platz vier der Kreisliga B und man will aufsteigen. Da kommt der Drittplatzierte. Man lädt vier Spieler der ersten Mannschaft ein und die eigenen Spieler sitzen tutto kompletti auf der Bank bei 7 Grad auf einem Sonntag mittag. Man holt ebend nicht einen Gastspieler, welcher in der ersten nicht zum Zug kam....nein man holt VIER Gastspieler. Man bespricht das auch nicht mit der Mannschaft um einen gemeinsamen Willen darauf zu definieren, sondern man macht es einfach. Man macht es mit jungen talentierten Spielern, die arbeitstechnisch oder auch willenstechnisch nicht dreimal die Woche trainieren wollen...wie in der Ersten...Das ist auch gut für die ERSTE...sonst würde das Freundschaftsspiel zu Saisonbeginn noch deutlicher für die 2te ausfallen. So sitzen dann die eigenen Spieler auf der Bank und einer von denen erzählt mir dann zu Hause, dass er darauf keine Lust hat, schließlich sei man beim Training gewesen, ...und man hätte mit einem eingespielten Team mehr als ein 2:2 rausholen können...nach 2:0 Führung. Zudem die Aussage, das man nach 5 Tagen Arbeit...a 10 bis 11 Std. sich was besseres vorstellen kann, als am Sonntag für die Träume eines Trainers auf einer kalten Bank zu sitzen und seine Zeit zu verplempern!


    Das ist für mich - auf Kreisligaebene - vereinsschädigendes Verhalten! Steht nicht in den Statuten, dass man dann rausgeworfen werden sollte?

  • Noch ein Gedanke: wie ist man denn in diese Position gekommen? Also in die als "Finalist"... doch wohl auch mit dem dicken Paul, oder? Dann hat er doch auch ein "Recht" darauf, mitzumachen, oder?


    Ich habe es auch erlebt: Relegationsspiel zum Aufstieg in die Oberliga. Ich habe 5 Sätze zugeschaut. Wir sind aufgestiegen aber ich konnte mich nicht freuen denn mir war klar: ab jetzt habe ich einen Stammplatz auf der Bank.
    Ich habe mir das noch eine Zeit lang angeschaut und dann die Brocken hingeworfen! Ab da nie wieder Ligabetrieb.
    Man wird nie zu alt für diese Gefühle...

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!

  • Eure Antworten sind sehr hilfreich. Vielen Dank. Ich bin noch neu in dem Geschäft und versuche zu gut es geht den Ansprüchen gerecht zu werden. Ich mache dabei sicherlich noch einige Fehler und lasse mich auch zu häufig vom Erfolgsdenken leiten. Sicherlich auch dadurch bedingt, dass meine Mannschaft schon ziemlich viel Talent besitzt und dadurch eine gewisse Erwartung da ist (aber es gibt eben auch körperlich und auch fußballerisch schwächere Spieler).


    Ich trainiere eine F-Jugend und natürlich gibt es keine Tabellen (inoffiziell aber schon). Die Kinder kennen diese Tabellen auch. Bei Turnieren gibt es sowieso einen Sieger. Der Erfolgsgedanke ist daher nicht nur bei mir sondern auch schon bei den Kindern drin (ich habe sie erst seit der F-Jugend, aber im Bambini-Alter haben sie auch schon einige Turniere gewonnen).


    Ich versuche im Wesentlichen viele Freundschaftspiele zu organisieren, gegen Gegner deren stärke ich einschätzen kann, sodass alle Kinder viel Spielzeit bekommen. Bei sehr starken Gegnern bleiben diejenigen die das Tempo nicht halten können auch schonmal zu Hause.

    "Some people think football is a matter of life and death. I don't like that attitude. I can assure them it is much more serious than that." - Bill Shankly

  • Ich möchte mal ganz generell etwas zu diesem Thema schreiben.


    Warum gibt es in der F-Jugend überhaupt Tabellen? Warum gibt es einen Kreispokal, der im K.O. System ausgespielt wird?
    Einerseits soll man jedes Erfolgsdenken bloß beiseite schieben und andererseits gibt es Tabellen, wo es um Kreisliga oder Kreisklasse geht und Pokalspiele mit Wettkampfcharakter.


    Zu der Frage um die es hier geht: Ja! Spielen lassen! Die Einsatzzeiten kann man meiner Meinung nach auch langfristig steuern. Weiß ich das ein schwächerer Gegner kommt, gebe ich bestimmten Spielern mehr Einsatzzeit. Kommt ein stärkerer Gegner, bekommen sie eben weniger. Es sollte sich nur möglichst die Waage halten.

  • Warum gibt es in der F-Jugend überhaupt Tabellen? Warum gibt es einen Kreispokal, der im K.O. System ausgespielt wird?

    Nun im FLVW (Westfalen) gibt es bis zur E-Jugend keine Tabellen. Kreispokal wird auch erst ab D-Jugend gespielt.



    irgendwann muss man mit dem ganzen mal anfangen. Aber warum gibt es generell Tabellen und Pokal Spiele, am besten bei den Senioren auch abschaffen, soll doch schließlich nur um Spaß gehen......

  • @@'Libra' ja, so wie du es vorschlägst versuche ich es ja.


    mir stellt sich da noch eine andere Frage (und versteht mich da bitte nicht falsch, es ist keineswegs meine Meinung, sondern eben auch nur ein Gedankengang):


    Wenn immer alle Kinder spielen egal wie gut oder schlecht sie sind, und das auch noch zu gleichen teilen (ob es nun im gleichen Spiel oder gegen verschiedene Gegner ist), suggerieren wir den Kindern dann nicht, dass es egal ist wie gut sie sind, es wird "immer" reichen um bei den "besseren" mitzumischen?
    Oder, egal wie sehr sie sich anstrengen (oder eben auch wie wenig) sie werden immer mitgezogen. Geht da nicht vielleicht auch eine wichtige Lektion fürs Leben verloren?


    (wie gesagt nur ein Gedanke, nich unbedingt meine Meinung, mich interessiert, was ihr denkt!)

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