Abstoß oder Spieleröffnung?

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  • Bei uns verteidigen geschätzt 70 bis 80% der Mannschaften so. Die letzte Reihe steht enorm hoch und vorne wird oft kein richtiger Druck auf den Ball gemacht. Ist also nicht so realitätsfern aus meiner Sicht, zumindest hier in der Fußballprovinz.


    Ich habe quer durch alle Leistungsklassen im Großfeld dieses Prinzip schon sehr oft gesehen. Je weiter runter du kommst desto größer werden die Abstände der einzelnen Mannschaftsteile und so weniger stark wird gepresst bzw. der Pass attackiert - worin aus meiner Sicht der Fehler liegt.
    Bei einem Angriffspressing stelle ich den Gegner auch nicht komplett zu so das er den lange Ball schlägt, sondern ich attackiere den Pass vom Torwart auf den Innenverteidiger um ihn bei der Annahme unter Druck zu setzen. Damit dieser Pass kommt biete ich ihn doch an.


    Grüße
    Björn

    „Erfolg ist ein Geschenk – eingepackt in harte Arbeit." (Ernst Ferstl)

  • Im G- und F-Bereich habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, im Vorfeld mit dem anderen Trainer einen "Nichtangriffspakt" auszuhandeln. Üblicherweise wird in diesen Altersklassen der Strafraum zugestellt und die Torleute sind "gezwungen" den langen Ball zu spielen. Nach entsprechender Absprache wurden die Mannschaften angewiesen, den Strafraum eben nicht zuzustellen und so konnten beide Mannschaften ohne Druck das Spiel aufbauen, sofern man in diesen Altersklassen davon sprechen kann. Im Rahmen der Fairplayliga sollten solche Absprachen nun wirklich kein Problem sein.

  • Schönes, interessantes Thema und fachlich Pro und Contra diskutiert. Geht doch ! Wollt ich nicht unerwähnt lassen.


    Den Worten von Sir Alex habe ich nicht viel hinzuzufügen. Ich schaue im Moment nur Großfeldspiele ab Bezirk. Da habe ich eine solch hoch stehende 4er Kette auch noch nicht gesehen. Und im Angriffspressing sind IVer und AVer durch entsprechende Positionieren im Raum (=kurze Laufwege) zugestellt. Zusätzlich wird das gegnerische Mittelfeld ( je nach avisierter Spielweise ) entsprechend dicht gemacht. D. h. möchte ich sie auf die Außen drängen, steht mein Mittelfeld "extrem" sichtbar kompakt im Raum 16er zum Mittelkreis. Dann will ich auch den langen Ball auf Außen bei Spieleröffnung des Gegners, um anschließend dort durch Pressing den Ballverlust zu erzwingen. Kann man sich plastisch als Keiltaktik innerhalb des Angriffspressings vorstellen. Oder man wendet eine Trichtertaktik an, wenn ich sie ins Zentrum locken möchte. Ist aber eher seltener.
    Wenn der Gegner also tatsächlich Angriffspressing spielt, ist ein eingestreuter langer Ball auch für mich ein legitimes taktisches Mittel, um der Mannschaft zu helfen. Ein oder zwei Mal angewandt sieht man dann, wie die gegnerischen Stürmer sich dann etwas zurück ziehen. Und schon sind wieder Anspielstationen zum Hinten raus spielen vorhanden. Sollte mMn immer das Ziel sein.


    Frank
    Schönes, passendes Posting. Die Ausbildung dazu fängt nämlich schon in den jüngeren Altersklassen an. Ich tippe jetzt aber mal ganz ketzerisch, dass Du im Spielbetrieb einer der Wenigen bist, die diese Geduld haben und so spielen lassen, oder ?

  • Grätsche
    Lese ich jetzt erst nach dem Abschicken meines Postings.


    Das ist natürlich die ganz hohe Schule. Da könnt Ihr Euch richtig was drauf einbilden, wenn Ihr das so hinbekommt. Große Klasse !!
    Machen da denn wirklich alle Trainerkollegen mit ?


  • Das bedeutet, dass der lange Ball nicht verboten sein sollte, da der Gegner sonst brutal zustellt/presst.
    Ziel sollte der kontrollierte Spielaufbau über die Verteidiger sein. AUch, wenn dadurch Fehler/Gegentore passieren. Aber um dies möglich zu machen, muss ich den Gegner auch zwingen, nicht extrem hoch zu pressen. denn sonst wird der schwierikeitsgrat extrem hoch. Das machen nichtmal die Profis, kurz zu eröffnen, wenn der Gegner komplett zustellt. Da gibt es nur Frust/Misserfolgserlebnisse, nicht im SInne der Kinder/jugendlichen. Deshalb dann einmal der lange Ball und der Gegner steht 10 Meter tiefer und man kann hinten raus eröffnen.


    Bleibt der Gegner so extrem vorne, dann ist der lange Ball die effektivste und beste Option. Über die Mittellinie bedeutet dann hinter die ABwehr in die Vorwärtsbewegung des Angreifers...der Ball muss dann nicht mal aus der Luft verarbeitet werden, der kann ja ruhig ein paar mal tippen, bevor man alleine aufs Tor zurennt. (Nur der Fänger darf ihn nicht bekommen. Aber der muss auch die gesammte eigene Hälfte abdecken, schwere Aufgabe...)

    Genau meine Meinung. Die Schwierigkeit ist doch nicht der kurze Ball oder der lange Ball. Die Schwierigkeit ist doch, aus der Spielsituation die richtige Entscheidung zu treffen. Wer seinen Spielern vorgibt, ausschließlich kurz zu eröffnen, beraubt sie einer Option.

  • ich habe in dieser saison in der LK erst gegen eine mannschaft gespielt, die ein ordentliches pressing hinbekommen hat.
    nicht kurz mal eben, sondern über einen längeren zeitraum. in der regel reicht ein paar mal "hintenrum" spielen,
    die ganze breite nutzen und den schnapper mit einbeziehen, und nach dem dritten mal haben die keinen bock mehr.
    dann kommt der pass in die tiefe und los gehts.


    umgekehrt betreiben wir bis auf kleine ausnahmen kein pressing. wir stellen ab der mittellinie zu und warten darauf, was dem gegner einfällt.
    da 90 prozent der teams zur zeit "pressen" oder es zumindest versuchen, sind die teams es gewohnt durch mangelhaftes schieben
    große räume vorzufinden, durch die sie schnell spielen können. das ist bei uns nicht der fall und sie verlieren die geduld
    und machen schließlich irgendwas...


    ich habe mir die pdf von björn auch angeschaut. ein schlüssel hier, und das machen auch viele teams viel zu selten,
    bewegung und gegenbewegung! das ist eigentlich ein ganz zentrales thema, insbesondere beim abschlag
    aber auch beim einwurf. wenn du das beherrscht, ist das oft die halbe miete und du kriegst immer einen freien spieler.
    insbesondere beim einwurf ist das bei den spielern ein solches "aha" erlebnis, wenn di ihnen das mal zeigst oder einstudierst.
    nach drei spielen haben sie es zwar vergessen (wie bei eckbällen auch), aber man kann es dann kurz und knapp immer wieder auffrischen.

  • Manndecker


    Ja, deine Spielform ist gut. Zunächst einmal können deine Defensivspieler das schnelle Umschalten nach Balleroberung erlernen. Wichtig dabei ist es kurze, mittlere wie lange Bälle zu variieren. Um das Paßspiel zu forcieren kannst du auch mit der Anzahl von Ballkontakten arbeiten. Auch für den Torwart ist es wichtig, die unterschiedliche Länge seiner Bälle zu trainieren. So lernt er ganz nebenbei, dass man über die Außenbahnen (da stehen ja auch deine Kontertore) sehr viel einfacher das Spiel eröffnen kann, als wenn man es durch die Mitte probiert!


    Aber lass sich die Jungs zunächst ausprobieren und greife erst dann (z.B. mit einer Provokationsregel) ein, wenn sie nicht weiterkommen.


    Hier ein Vorschlag für das Abschlußspiel mit Provokationsregeln für`s Thema:


    Team A (Defensive) ist die Heimmannschaft. Sie bekommt für jedes geschossene Tor 1 Punkt. Team B (Offensive) ist die Auswärtsmannschaft. Sie bekommt für jedes geschossene Tor 2 Punkte. Durch die Punktgewichtung werden die Defensiv- und Offensivaufgaben jeweils unterstützt. Denn wenn der Gegner 2 Punkte fürs Tor bekommt, man selbst jedoch nur 1 Punkt, bedeutet dies konzentriert zu verteidigen, um aus einer sicheren Abwehr heraus das Spiel aufzubauen. Bei der Offensive soll ein höheres Risiko eingegangen werden, weshalb es bei einem Gegentor nur mit einem Punkt für den Gegner bestraft wird, selbst jedoch mit einem Tor 2 Punkte machen kann.


    Nach ca. 10 Minuten sollten die Aufgaben getauscht werden.


    Als Variante dazu bietet sich an, beim Kontertor (Balleroberung im eigenen Drittel) 3 Punkte zu gewähren. Beim Konter mit Ballkontakt (Spieleröffnung) durch Keeper gibts dann 5 Punkte. Wichtig dabei sind genügend Ersatzbälle, damit die schnelle Spieleröffnung trainiert werden kann.


    Kleine Wettbewerbe setzen zusätzlichen Ansporn frei, wenn der Trainer die guten Leistungen lobt (da kann er sich die Kritik an schlechten Aktionen schenken)! Bei guter Lob-Dosierung fühlen sich alle wohl und haben Spaß dabei!


    Viel Spaß dabei!

  • Genau meine Meinung. Die Schwierigkeit ist doch nicht der kurze Ball oder der lange Ball. Die Schwierigkeit ist doch, aus der Spielsituation die richtige Entscheidung zu treffen. Wer seinen Spielern vorgibt, ausschließlich kurz zu eröffnen, beraubt sie einer Option.


    Der Satz ist ja richtig und wichtig. Ich bin aber der Meinung, dass die Option langer Ball -taktisch und ausbildungsmäßig-....so das die eine auschließliche Option ist....eine/DIE schwächere Option ist. Durchsichtig, langweilig...lässt auf einiges schließen!


    Die Option "kurz" zu eröffnen....ist viel schwieriger, hat mehr mit Mitdenken zu tun und eröffnet viele...sehr sehr viele Optionen und ist taktisch gesehen....viel wertvoller, weil viel mehr Dinge in der Folge geschehen. Im Prinzip komme ich zu der Auffassung, das "Kurz" eigentlich nicht nur eine Option in sich ist, sondern direkt viele Optionen lässt...so ich an die taktischen Folgen denke (wie Verhält sich der Gegner bei "Kurz"...presst er....deckt er den Mann...bleibt er an der Mittelline stehen....wie verhält sich der oder die Stürmer im Gegensatz zu allen anderen Spielern.5 oder 10 mal "kurz"....und dann einen "lang"...wäre eine Variante.


    Das "kurze" Eröffnen lässt sich schonmal auf vier Abwehrspieler spielen und dazu noch ...z.B. der oder die Sechser. Daraus ergeben sich in direkt und in der Folge schon rein mathematisch viel mehr Eröffnungsmöglichkeiten als "nur" lang zu spielen. Zudem ist es eigentlich auch die sicherere Variante, weil bei "Lang" kommen viel mehr die individuellen Fehlermöglichkeiten (ungenauer Abschlag...Ballannahme, Ballmitnahme, Zweikampfverhalten des angespielten Mitspielers usw.)....zu tage. Es ist ja nicht so, dass ich nur einen Mitspieler anspiele und Fertig. Der kann Abtropfen lassen...gehen...quer spielen, Doppelpass spielen, Hinterlaufen und zieht ggf. einen/oder mehrere (Verschieben des Gegners nach aussen zum angespielten Aussen-VT) Gegenspieler auf sich, was taktisch ausgenutzt werden könnte.


    So gesehen spricht das auch stark dafür, abseits der Individualausbildung bereits in jüngsten Jahren sehr viele Spielformen einzubauen, die das Antizipieren fördern...damit oben dann die Möglichkeit des variablen Spiels überhaupt und viel besser entsteht, als heute leider sehr oft zu sehen.

  • Ich wäre nicht ich, wenn ich das nicht kurz benennen würde. Lieber Mitleser, bitte achte darauf, für welche Altersgruppe der Schreiber schreibt. Hier sind viele tolle Meinungen und interessante Dinge und Probleme benannt. Die gelten aber nicht für alle Altersgruppen. Ein Minitrainer, F Trainer...wird hier viel lernen können, aber er sollte es nicht auf seine zu bedienende Altersgruppe 1:1 projezieren....aber die Info für spätere Zeiten nicht vergessen, um sie dann ggf. für sich zu verwenden.

  • Steini


    Natürlich nicht. Leider. Bei uns wird die Fairplayliga auch erst nächste Saison eingeführt. Aber mit einigen Trainerkollegen klappt es auch jetzt schon gut. Interessant finde ich, wie andere Mannschaften auf unsere Spielweise reagieren. Im Verlaufe des Spiels gehen meine Kinder auch vorne drauf, wenn sie es von den Gegnern sehen. Rufe ich dann rein, sie sollen die Gegner wie besprochen spielen lassen und sich zurückziehen, machen es die Gegner manchmal dann genauso bei uns, obwohl sie von ihrem Trainer nicht dazu angehalten wurden. Das ist nicht bei allen Mannschaften so, aber hin und wieder beobachte ich das.


    Follkao


    Das sehe ich auch so. Allerdings sollte gerade bei den Jüngsten die kurze Eröffnung gefördert und gelobt werden. Wenn auch mal ein langer Ball kommt, ist das auch ok. Leider erlebe ich aber es häufig, dass die kleinen Torleute von Eltern und Trainer gefeiert werden, wenn sie (trotz freistehender Mitspieler) den Ball Richtung Mittellinie dreschen.

  • Im G- und F-Bereich habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, im Vorfeld mit dem anderen Trainer einen "Nichtangriffspakt" auszuhandeln. Üblicherweise wird in diesen Altersklassen der Strafraum zugestellt und die Torleute sind "gezwungen" den langen Ball zu spielen. Nach entsprechender Absprache wurden die Mannschaften angewiesen, den Strafraum eben nicht zuzustellen und so konnten beide Mannschaften ohne Druck das Spiel aufbauen, sofern man in diesen Altersklassen davon sprechen kann. Im Rahmen der Fairplayliga sollten solche Absprachen nun wirklich kein Problem sein.


    Das möchte ich hier herausheben. Habe ich so noch nie gehört...aber ich finde das super klasse und ziehe ehrlich den Hut. PRIMA!!!

  • Moin,


    das, was Grätsche macht, habe ich im ersten Bambini-Jahr auch immer mal wieder probiert mit den gegnerischen Trainern abzusprechen. Das hing damals aber damit zusammen, dass unser Torwart nicht weit genug kam. Es gab die ganze Bandbreite an Reaktionen. Von "Ja, super Idee, machen wir" über "Ich weiß nicht, ob meine Jungs sich daran halten" bis " Nein, wir wollen uns ja nicht unnötig schwächen" war alles dabei.


    Ich bin der Meinung, hier sollten die Verbände ihr Regelwerk überdenken. Die Ecke haben sie ja anscheinend aus ähnlichen Gründen bei den Bambini gestrichen. Was ist, wenn man bei Torwartabschlag die gegnerische Mannschaft immer wieder hinter die Mittellinie positioniert? Das würde doch ein Umdenken im Sinne der Spielkultur erzeugen und perspektivisch sehr wertvoll sein. Kein Bambini-Trainer würde mehr lange Abschläge fordern. Man trainiert sogar parallel das defensive Umschalten und das Verteidigen als Mannschaftsverbund für die Mannschaft, die nicht im Ballbesitz ist.


    Ich schätze 70-80% der Breitensportteams im Kreisliga-Jugendfussball sind ausschließlich mit langen Abschlägen groß geworden. Das sieht man deren Spiel auch an und das ist schade. Man sieht Verteidiger die aus Angst vor Fehlern nur pöhlen und technisch limitiert sind. Man sieht kein produktives Mittelfeldspiel abseits des üblichen Geflipper nach langen Abschlägen, kaum gruppentaktische Abläufe, Abschalten nach Ballabgabe, extremen Fokus auf den schnellen Pass in die Tiefe / den Abschluss, sehr eindimensional ausgebildete Fussballer, lethargisches Nachschieben und zweigeteilte Mannschaften, die bei der Positionsinterpretation nicht zwischen eigenem Ballbesitz und Ball beim Gegner unterscheiden. All das hat zu großen Teilen mit dem jahrelangen Fokus auf lange Abschlägen zu tun.


    Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass es falsch ist, ein Dogma aus dem flachen Spielaufbau zu machen. Die Kinder sollten möglichst flexibel ausgebildet werden und dazu gehört auch schon mal der lange Ball, z.B. um Pressinglinien zu überspielen oder den Gegner wieder nach hinten zu drücken. Das ist für mich Spielintelligenz. In jeder Situation flach aufzubauen ist Zwangsjacke.


    Gruß, Christoph

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • Steini


    Da kannst Du von ausgehen, dass mind. 80 bis 90 Prozent der G- oder F-Jugend Teams mit denen ich in den letzten Jahren zu tun hatte, es fast immer mit dem langen Abstoß probieren.


    Ich hatte diese Vorgehensweise bei dieser Mannschaft von Anfang an geplant und werde es auch weiter durchziehen - wie bereits angesprochen, haben wir auf Turnieren oder gerade in den Spielen gegen ältere Jahrgänge viele Gegentore kassiert - aber ich bin überzeugt davon und sehe auch schon ganz kleine Fortschritte.


    In der F-Jugend ist die Mannschaft hoffentlich in der Lage den Spielaufbau von hinten durchzuführen - die Kinder werden immer mehr Sicherheit bekommen und Fehler müssen sie ja machen, sonst bleibt der Lerneffekt aus.



    Sicher ist es einfacher und erfolgreicher einen langen Abstoß auf den schnellen Stürmer zu machen - aber für die Entwicklung total unsinnig....meine Meinung...


  • Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass es falsch ist, ein Dogma aus dem flachen Spielaufbau zu machen. Die Kinder sollten möglichst flexibel ausgebildet werden und dazu gehört auch schon mal der lange Ball, z.B. um Pressinglinien zu überspielen oder den Gegner wieder nach hinten zu drücken. Das ist für mich Spielintelligenz. In jeder Situation flach aufzubauen ist Zwangsjacke.


    Volle Zustimmung dafür auch von mir nochmal, obwohl das auch schon mehrere Forenmitglieder geschrieben haben. Die Wichtigkeit der Option des langen Balles fällt mir immer extrem ins Auge, wenn ich mal unseren stärksten Torspieler in der zweiten Mannschaft im Tor habe. Der kommt mit dem Abstoß und Abschlag jeweils zehn Meter weiter als unsere anderen Torspieler und daraus entstehen dann regelmäßig gute Torchancen, insbesondere weil wie erwähnt bei uns die meisten gegnerischen Mannschaften unheimlich hoch stehen. Tatsächlich führt da dann ein anderer Torspieler zu einem deutlichen Plus an eigenen Torchancen.




    umgekehrt betreiben wir bis auf kleine ausnahmen kein pressing. wir stellen ab der mittellinie zu und warten darauf, was dem gegner einfällt.
    da 90 prozent der teams zur zeit "pressen" oder es zumindest versuchen, sind die teams es gewohnt durch mangelhaftes schieben
    große räume vorzufinden, durch die sie schnell spielen können. das ist bei uns nicht der fall und sie verlieren die geduld
    und machen schließlich irgendwas...


    Leicht off-topic, aber das finde ich auch interessant, weil es eben die andere Seite des Themas betrachtet. Ich verfolge aktuell eine C-Jugend Kreisstaffel und eine C-Jugend Bezirksliga intensiv, weil da unsere Mannschaften spielen. In den beiden Spielklassen gibt es zwei Mannschaften, die in der Regel im Mittelfeldpressing verteidigen (das sind unsere), eine, die zwei Spieler hat die im Prinzip nur in der Offensive am Spiel beteiligt sind und acht Spieler die fast nur am eigenen Sechzehner stehen. Alle anderen Mannschaften stellen vorne zu, manche mit Plan und ggf. auch vernünftigem Absinken, viele ohne Plan und mit hoher letzter Linie auch wenn kein Druck auf dem Ball ist. In dem Umfeld kommt es teils zu fast absurden Situationen, wenn man nicht vorne drauf geht, weil die Gegner keinerlei Plan haben, wie sie damit umgehen sollen (noch schlimmer war das Ganze zu einer Zeit, zu der wir tief verteidigt haben). Da werden dann fünf Querpässe gespielt und dann wird der Ball irgendwie sinnlos nach vorne gepölt, wo nur zwei Spieler gegen acht von uns stehen. Oder es wird demonstrativ cool als letzter Mann jongliert um uns zu signalisieren, dass wir doch mal kommen sollen. Nach 20 Sekunden verlieren die Spieler dann aber die Geduld und es kommt ein langer Ball ins Seitenaus oder ähnliche Späße. Es muss nicht immer das Zustellen vorne sein. Gerade im älteren Jugendbereich in unteren Spielklassen ist es auch ganz interessant, etwas tiefer zu verteidigen, da fehlen Gegnern auch gerne mal die Lösungen.

  • fak: Hehe, das kann ich gut nachvollziehen. Schöne Geschichte. Im Endeffekt entscheidet neben der individuellen Qualität dann halt immer die Anpassungsfähigkeit.


    Bei uns ist es derzeit so, dass wir in der Rückrunde einen extremen Fokus auf Ballbesitzspiel und geduldigen Spielaufbau legen, weil wir ein Jahr früher in die D hoch wollen (ich hatte es hier im Forum schon diskutiert) und ich diese Attribute für das 9 gegen 9 elementar wichtig finde. Interessant ist das viele Gegner (meist ein Jahr älter) aufgrund unserer Hinrundenergebnisse und der Tabellensituation abwartend und tief beginnen. Wir können dann meist geduldig aufbauen und uns konstruktiv Torchancen herausarbeiten. In Halbzeit 2 ändert sich die Charakteristik dann oft. Wir werden früher attackiert, weil die gegnerischen Trainer und Spieler da ihre Chancen sehen. Dann bespielen wir mit langen Bällen oder schnellen Umschalten die freien Räume hinter dem aufgerückten Gegner und machen so unsere Tore.


    Gut, es ist nicht immer so leicht wie ich es hier schreibe. Wir sind auch schon mal ins Schwimmen gekommen. Es sind ja noch immer Kinder, die sich in der Ausbildung befinden und technische Mängel haben. Aber das gehört zu einem Entwicklungsprozess dazu. Trotzdem haben wir solche und ähnliche Spielverläufe jetzt schon mehrfach erlebt.

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • Andre


    Du sprichst ein riesiges Problem hier im Forum an. Denn häufig genug redet man aneinander vorbei, weil gar nicht klar ist, um welche Altersgruppe und welche Leistungsliga es sich handelt?


    Denn Trainer sind, wie sie sind! Das muß man zunächst einmal so hinnehmen! Auch müssen sie ihre eigenen Erfahrungen machen dürfen und sich nicht gleich unter Lern- oder Erfolgsdruck setzen. Das ist dann besonders wichtig, wenn man nicht als Co-Trainer bei einem erfahrenen Trainer lernen kann, sondern gleich als Trainer ins kalte Wasser geworfen wird.


    Ein Anfänger-Trainer wird als Grund für einen weiten Abschlag oder Abstoß die Hoffnung sehen, dass der Ball erst weit genug vom eigenen Tor weg ist und nahe genug am Gehäuse des Gegners ist. Dem Trainer im Status des Fortgeschrittenen wird es nicht egal sein, wie der Ball nach vorn gelangt, sondern er möchte eine gute Idee damit verbunden sehen!


    Ich denke mal, wir dürfen (bis vielleicht auf wenigen Ausnahmen) davon ausgehen, dass jeder Trainer das Beste für seine Mannschaft gibt. Deshalb müssen wir unerfahrenen Trainern Irrtümer gestatten. Denn so wie sie, sind auch wir einmal angefangen. Leider vergißt man es nur viel zu schnell und wird dann ungeduldig, wenn ein Anfänger ohne entsprechendes Hintergrundwissen die Zusammenhänge (noch) nicht versteht!

  • Mal wieder gesehen:


    D-Jugend. TW von Mannschaft A spielt jeden Ball sinnvoll zu einem seiner freisteheden Abwehrspieler, worauf dieser das Spiel von
    hinten einigermassen aufbaute. Zumindest die Versuche waren erkennbar und klappten auch oft einigermassen.


    Nach 10 Minuten stellte der Trainer von Mannschaft B um, spielte mit 3 Stürmern und liess die Abwehrspieler bei Ballbesitz des
    gegnerischen TW zustellen.


    Deutlch zu sehen, dass dieser nun auf dem Schlauch stand und nicht mehr wusste was er tun sollte. Nachdem er mehrmal dem Gegner
    in den Fuss gespielt hatte, versuchte er es mit langen Abschlägen, die jedoch grausam waren.


    Es kamen ständig weiterhin Aufforderungen seines Traners, das Spiel von hinten aufzubauen. Der TW reagierte vollkommen generct
    und gereizt.


    Frage: was lief hier falsch? was hätte hier besser sein können? wie hätte der Trainer reagieren können.


    Mein Gedanke war, dass Fehler der Vergangenheit irgendwann deutlch zutage kommen.

  • Günter


    Klar lief hier einiges falsch! Aber wer hat schon für die D-Jugend im Dorfverein entsprechend ausgebildete TW-Trainer?


    1. Ball an- bzw. aufnehmen, statt ins Torlinienaus laufen zu lassen
    Sehr häufig beobachtet man, dass Torleute einen gegnerischen Schuß, der offensichtlich neben das Tor geht, laufen lassen, obwohl sie ihn hätten festhalten können. Der Vorteil ist ersichtlich, denn statt dem Gegner Zeit zu geben, das eigene Drittel geschickt zuzustellen, hätte der TW entscheiden können, ob er den Ball zum Mitspieler weiterleitet oder ihn aufnimmt, um eine Konterchance beim weit aufgerückten Gegner zu iniziieren!


    2. Abstoß- und Abschlagtechnik vermitteln
    Wenn jeder Feldspieler die Chance bekommt, sich auf allen Positionen auszuprobieren und dafür eine geeignete Trainerunterstützung bekommt, dann sollte dieser Maßstab auch auf der Torwart-Position gelten. Leider ist dies nicht so, weshalb Trainer zwar erkennen, das die Abschlag- und/oder Abstoßtechnik nicht funktioniert. Aber sie sind leider nicht in der Lage, die Techniken zu vermiitteln bzw. zu korrigieren. Auf diese Weise ist es eher der Zufall, ob ein D-Jugend-Keeper bereits ausreichende technische Fähigkeiten besitzt! Man stellt zwar fest, dass mit dem Beginn in die Pubertät durch das rasche Längewachstum Probleme entstehen. Doch bei ausreichenden Kenntnissen sind sie lediglich von vorübergehender Dauer.


    3. Was für einen Rat kann man dem Trainer geben?
    Es ist natürlich immer blöd, wenn der ergebnisgeile Trainer letzendlich mit seiner Methode (Anspielstationen in der Abwehr zustellen) recht bekommt. Vielleicht will er damit ja auch Schwächen beim eigenen Spielaufbau verdecken?
    Ein Mittel wäre seinen Jungs im Training zu vermitteln, wie sie sich Raum vom Gegenspieler verschaffen könnten, um im Doppelpaß mit dem Keeper eine kluge Spieleröffnung hinbekommen! Beschreibungen und Videosequenzen dürften im Internet in ausreichender Zahl zu finden sein.


    Aber weitaus wichtiger wäre die Erkenntnis des Trainers gewesen, im Spiel nichts zu fordern, was nicht vorher ausreichend trainiert wurde. Denn ganz offensichtlich war sein Keeper auf diese Situation nicht eingestellt, weshalb er genervt und gereizt wirkte?


    Doch Günter, seien wir mal ehrlich: jeder macht Fehler! Den Trainertyp: "Nobody is perfect! My name ist Nobody", den möchte ich lieber nicht begegnen!

  • Aber weitaus wichtiger wäre die Erkenntnis des Trainers gewesen, im Spiel nichts zu fordern, was nicht vorher ausreichend trainiert wurde.


    Heisst das, dass mit dem TW nicht nur das kurze Zuspiel, sondern auch der lange Abstoss im Training und Spiel geübt werden soll?


    Übrigens, das Zustellen der Abwehrspieler muss man nun nicht direkt in Verbindung zum gewinngeilen Trainer bringen, da gibt es sicherlich auch andere sinnvolle Argumente. (z.B. schnellstmögliche Balleroberung als Übungsziel)

  • Aber weitaus wichtiger wäre die Erkenntnis des Trainers gewesen, im Spiel nichts zu fordern, was nicht vorher ausreichend trainiert wurde. Denn ganz offensichtlich war sein Keeper auf diese Situation nicht eingestellt, weshalb er genervt und gereizt wirkte?


    Extrem wichtig, aber dafür muss man erst mal erkennen was auf dem Platz eigentlich los ist. Ich höre zu oft, wenn es nicht gut läuft die Standarts 'die tun heute zu wenig' 'die schlafen heute' usw.usf. und in Bezug auf obige Situation (keine Anspielstationen) das nervige 'Angebote, ihr müsst Angebote machen'. Ja wie denn ohne vorher mal zeigen und üben, wie so was funktionieren kann ?


    Wir hatten -als gute Kreisklassenmannschaft- in der ersten Hallenrunde erstmalig einen Gegner aus der Kreisliga. Die haben bei Abstößen einfach zugestellt, unsere Spieler haben sich zuwenig bewegt (sind so enges Decken einfach nicht gewohnt), haben also vor dem eigenen Tor immer wieder in Zweikämpfen nach Abstößen den Ball verloren und es gab ein 0:5 in 12 Minuten. Nicht weiter schlimm, ich wusste woran es lag. Unsere Spieler waren nicht wirklich schlechter, sondern da hat eine Mannschaft mit taktischer Vorgabe (draufgehen, zustellen) gegen eine Mannschaft ohne jede taktische Vorgabe gespielt, die damit nicht umzugehen wusste. Leider ist nicht zu verhindern, dass in diesem Moment der Überforderung oftmals die Kinder angepflaumt werden für ihr angeblich unkonzentriertes Spiel und nicht erkannt wird, das man in dem Bereich einfach noch zu wenig trainiert und gezeigt hat.


    Ich habe dann in der Woche danach ein wenig gesurft, auch dfb training online hat da einige Vorschläge, wie man durch Freilaufaktionen dem Klammergriff entkommt. Das reichte dann ein einziges Training, und in der 2. Hallenrunde im Rückspiel gab es ein 1:1 gegen die gleiche Mannschaft.


    War mir ein echtes Aha-Erlebnis. Ich werde jetzt zu Saisonstart draußen auch ein bißchen Taktik (Spieleröffnung, leichtere Verschiebaktionen wie z.B. von 3-3-2 auf 2-3-3 bei gegnerischen/eigenen Balbesitz) ins Training mit reinnehmen und im Spiel fordern, zumal wir jetzt ja auch in der Kreisliga unterwegs sind, wo vermutlich bei den anderen Mannschaft auch mehr passiert in der Richtung. Habe ich bislang völlig vernachlässigt, da wir bislang auch so ganz gut zurecht gekommen sind.


    Ich schreib das nicht um zu zeigen was ich fürn toller Hecht bin. Ich kann nur einfach nicht verstehen warum sich so viele Leute, die sich im Jugendbereich als Trainer tummeln, nicht etwas besser informieren was man bei Kindern in welchem Alter voraussetzen kann und was nicht ? Das Angepflaume und Gemeckere kommt doch oft daher, dass von den Kindern schon etwas erwartet wird was sie einfach noch nicht von alleine können. Jeder Verein sollte jeden angehenden Kindertrainer zumindest verpflichten, z.B. 'Fußball von morgen Band 1' vom DFB durchzulesen. Abseits von schnöden Trainingstipps kann das hier wirklich etwas die Augen öffnen. Und zuviel Aufwand ist das wohl nicht. Viele die ich so erlebe dürften noch nie etwas in der Richtung gelesen haben, sonst würden sie ihre Spieler nicht so behandeln.


    Ist jetzt etwas ausgeartet, im Bezug zum Thema finde ich: Spieleröffnungen sollten geübt und auch angewendet werden, aber auf jeden Gegner darf man finde ich so reagieren, das man sich befreien kann. Und wenn es dann eben mal wieder weite Abstöße sind, wenn es nicht anders geht. Finde ich nicht schlimm, wenn es nicht das einzige Mittel der Truppe ist.