Wiedereinzug des Leistungsgedanken in unserer Gesellschaft
Das hätte ich gerne genauer. Aus meiner Sicht haben wir - überwiegend - eine Leistungsgesellschaft. Man kann sich durch Leistung Macht, Prestige, Einkommen und Vermögen erarbeiten.
Wann soll denn der Leistungsgedanke ausgezogen sein? Wo geht es nicht nach Leistung? Und wenn nicht, warum?
Mein Beitrag stammt zwar aus einem anderen Thread, aber gern die Beantwortung deiner Fragen hier:
Zunächst habe ich ein etwas andere Meinung, zumindest in der Absolutheit, die du vertrittst. Macht, Prestige, Einkommen und Vermögen lassen sich -gegenwärtig- nur bedingt durch Leistung erreichen, so meine Meinung.
Die Frage wann der Leistungsgedanke "ausgezogen" ist, kann ich nicht mit Datum benennen, aus meiner Sicht war es ein Prozess.
Wo es nicht nach Leistung geht? Es fängt im Kindergarten an. Fehlten bestimmte Voraussetzungen für den Schuleintritt, dann wurde ein Kind nicht eingeschult. Heutzutage erfolgen Zurückstellungen häufig auf Wunsch der Eltern, aber weniger aus medizinischer oder pädagogischer Sicht. Nein, ich habe dafür keine wissenschaftlichen Belege, das sind meine Beobachtungen. Kinder in der Grundschule, die keine Rückwärtsrolle hinbekommen, erhielten eine 6. Inzwischen ist die Rückwärtsrolle teilweise aus der Benotung verschwunden, wird wegen der Verletzunggefahr!! teilweise nicht mehr gelehrt. Das ist ein Beispiel, wie sich das System an fehlende Leistungen angepasst hat.
In meinem Bundesland können Schüler nur in best. Jahrgangsstufen sitzen bleiben. Fehlende Leistung hat also in den anderen Jahrgängen keine Konsequenzen. Ohnehin wird der Diskurs in den Schulen gescheut. Es werden Schüler versetzt oder Empfehlungen für Schulwege ausgesprochen, obwohl die Leistungen dafür nicht ausreichen.
Letztes Beispiel: Ein Unternehmer erzählte mir, dass sein Azubi durch die Gesellenprüfung gefallen ist. Der Azubi reagierte darauf: ist doch egal, mich wollen auch ohne bestandene Prüfung genug Firmen haben und bezahlen mir den gleichen Lohn, wie mit bestandener Prüfung.
Gesamtgesellschaftlich haben wir einen Wohlstand erreicht, der zusätzliche Anstrengungen/Leistungen unattraktiv macht. Sowohl finanziell (Steuersystem), als auch in der öffentlichen Wahrnehmung (4-Tage-Woche vs. Überstunden).