Schußtraining im Kleinfeldbereich nur unzureichend oder nicht so möglich wie gewünscht

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  • Guten Tag allerseits,


    ich beschäftige mich gerade mit dem Thema Schußtraining. Speziell im Kleinfeldbereich, weil ich hier als Trainer tätig bin.


    Ich habe dieses Jahr von jedem Kind Videos gemacht, Vollspan - Innenseite - Außenrist, dort konnte man gut erkennen was die Fehler sind. Allersdings erst ab 16-facher Verlangsamung.
    Ich habe diese Videos geschnitten, die Fehler analysiert und den Eltern mit Anmerkungen zugeschickt.


    Jetzt kommen wir aber zum eigentlichen Problem, dass ist alles viel zu zeitaufwändig. Ich brauche pro Training mindestens 15min pro Kind + anschließende Videobearbeitung. 15 Minuten beinhalten zeigen der richtigen Schußhaltung, Wiederholversuche usw.
    Die Zeit läuft mir im Training davon und ich kann eigentlich nichts anderes mehr machen. Des Weiteren bin ich der Meinung das 50 Wiederholungen pro Training viel zu wenig sind, auch wenn man 2x pro Woche trainiert.
    Warum zu wenig? Ein Kind das zu Hause bolzt, schafft locker das 3 - 4 fache und das vielleicht sogar täglich.


    Das Ergebnis kann man aber auch erkennen, Kinder die zu Hause spielen sind wesentlich weiter beim schießen.


    Wie entwickle ich die Kinder weiter und wie händelt Ihr das im Training?
    Gruß
    Berni

  • Ich habe diese Videos geschnitten, die Fehler analysiert und den Eltern mit Anmerkungen zugeschickt.

    Was erwartest Du denn von den Eltern?


    Das Ergebnis kann man aber auch erkennen, Kinder die zu Hause spielen sind wesentlich weiter beim schießen.


    das ist alles viel zu zeitaufwändig.

    Das deckt sich mit meinen Erfahrungen: Kinder, die täglich frei "bolzen" machen viel schnellere Fortschritte als Kinder, die nur 2-mal pro Woche ins Training kommen. Da wirst Du wenig ändern können, das ist eben so.


    Du musst Dir halt überlegen, welche Inhalte Du im Training vermitteln willst und wie viel Zeit Du dann jeweils für ein Thema spendierst. Vielleicht stellst Du dann fest, dass Du keine Zeit dafür hast, die Schusstechnik so ausgefeilt zu behandeln, wie Du es derzeit machst. Parallel kannst Du die Kinder ermuntern, auch außerhalb des Trainings zu kicken. Gerade Schießen kann man ja gut auch zu zweit oder sogar alleine machen. Mein Junior hat damit etliche Sommer verbracht (und mit seinem Kumpel unseren Rasen malträtiert)...


    Grüße
    Oliver

  • Es gibt im Grunde 2 Lehrwege, um Techniken zu trainieren. Den Weg, den du hier beschreibst ist das klassische Einschleifen. Du versuchst durch hohe Wiederholungszahlen einer Ideal-Technik nahezukommen. Alle Abweichungen dieser Ideal-Bewegungen werden als Fehler bezeichnet, die es zu korrigieren gilt.
    Klingt auf den ersten Blick auch logisch, war lange Zeit und heute eigentlich immer noch die vorherrschende Variante.


    In den letzten Jahren ist, bedingt auch durch Vorreiter wie Thomas Tuchel, der differentielle Lernansatz sehr bekannt geworden.
    Dieser besagt, dass man aus der Varianz der Zielbewegung die größte Information zieht. Hier nun ein Artikel, der dies sehr gut erklärt:
    http://spielverlagerung.de/201…fferenzielle-lernmethode/



    Es gibt genügend Studien, die die größere Wirksamkeit dieser Methode gegenüber der klassischen Lehrmethoden aufzeigt.
    Hier werden z.B. der klassische und der differentielle Lernansatz durchgeführt und verglichen:
    http://www.blogs.uni-mainz.de/…torschusstraining2003.pdf


    Das bedeutet für dein Training, dass es gar nicht nötig ist, mit dieser wirklich beeindruckenden Akribie die einzelnen Fehler einer Bewegung aufzudecken und dann zu korrigieren. Stattdessen baust du um die Schusstechnik absichtlich möglichst viele und große Variationen ein. Das geht am einfachsten in Spielformen, da durch den Gegnerdruck immer große Schwankungen vorhanden sind. Da du durch diesen Lernansatz eben nicht diese großen Wiederholungszahlen benötigst, brauchst auch nicht so viel Trainingszeit darauf verwenden. Auch kannst du dann auf die zeitlich aufwendigen Fehlerkorrekturen verzichten.

  • Ich habe dieses Jahr von jedem Kind Videos gemacht, Vollspan - Innenseite - Außenrist, dort konnte man gut erkennen was die Fehler sind. Allersdings erst ab 16-facher Verlangsamung.


    Wenn Du die Fehler nicht mit bloßem Auge, sondern nur in 16-facher Verlangsamung erkennen kannst, bist Du da weit im Feintuning. Wie willst Du das denn im Training machen? Wenn Du die Fehler nur mit technischer Unterstützung erkennst, kannst Du auch nur mit technischer Unterstützung korrigieren.
    Lt. Profil bist Du in der F-Jugend unterwegs. Da liegt das Ziel in der Grobform der Grundtechniken. So gesehen gehst Du mit Deiner Vorgehensweise deutlich zu weit.
    Als E-Jugend-Trainer reicht es mir, wenn die Kinder die Kontaktflächen der Füße und die grobe Schusshaltung in der F kennengelernt haben.


    Ich habe diese Videos geschnitten, die Fehler analysiert und den Eltern mit Anmerkungen zugeschickt.

    Gleiche Frage wie von @Don Quijote: Warum?


    Ein Kind das zu Hause bolzt, schafft locker das 3 - 4 fache und das vielleicht sogar täglich.

    Richtig. Und das ohne Trainerkorrekturen... Diesbzgl. solltest Du auch über die Hinweise von @Prof. Dr. Trainer nachdenken.

  • Hallo,


    hier mal die Antworten auf eure Fragen.


    Warum habe ich es den Eltern geschickt?
    Romantisch wie ich damals war, sollte Beginn der Saison und Ende der Saison gezeigt werden. Sicher nicht, dass die Eltern mit den Kinder trainieren.
    Im Nachhinein muss ich mich aber fragen, was tue ich zur Verbesserung?
    Aktuell zu wenig, da die Zeit nicht da ist und die Verbesserung dann nur sehr bedingt auf das Training zurückzuführen ist.


    Was ich aber mit Sicherheit in Zukunft mit einfliessen lassen sind die Hinweise vom Prof. . Das klingt in der Theorie gut, praktisch muss ich sehen wie es sich umsetzen lässt.


    Die Fehler erkenne ich natürlich auch so im normalen Trainingsbetrieb, besonders in der F-Jugend da scheitert es ja meist am Grundsätzlichen.
    Trotzdem kann ich jedem nur empfehlen mal ein Video zu machen und sich die Bewegung in 16-facher Verlangsamung anzuschauen.


    Nachdem Ihr mir sehr gut weitergeholfen habt, noch eine Frage.


    Ich bin mir immer unschlüssig, ist es richtig im Spiel reinzurufen/ Anweisungen zu geben, alles mit Fragen zu klären oder nichts sagen und die Kinder einfach machen lassen.
    Dabei habe ich folgende Beobachtung gemacht. Wir haben in einem Spiel, bei der gegnerischen Mannschaft war der normale Trainer nicht da, zweistellig gewonnen. Der Gegner war vollkommen überfordert.
    Beim Rückspiel war der Trainer wieder dabei und hat permanent Anweisungen, nie geschimpft immer positiv, gegeben wer was zu tun hat. Danach haben wir uns wesentlich schwerer getan und das Spiel ging knapp aus.
    Für mich kam ich zur Schlußfolgerung, dass ist der falsche Weg. Auf der anderen Seite muss ich den Kindern doch sagen, was zu tun ist oder nicht? Woher sollen Sie es denn wissen?
    Für mich ein sehr schwieriges Thema.


    Gruß
    Berni

  • Um meine folgende Antwort verstehen zu können, lese dir erstmal folgendes durch:
    http://www.fachdidaktik-eineck…nduktiv_deduktiv_meth.htm


    Also im Grunde gibt es zwei Wege: Vom Allgemeinen zum Besonderen ("top down") und vom Besonderen zum Allgemeinen ("bottum up").
    Das Gehirn eignet sich am besten das Wissen über "bottum up"-Lernprozesse an. Beispiel: Ein Kleinkind lernt sprechen, indem es sich aus den unzähligen Satzbeispielen (also Sonderfällen; alles, was es so den ganzen Tag hört) allgemeine Regeln ableitet. Demnach beherrschen Kinder bereits komplexeste grammatikalische Regeln, ohne je ein Grammatikbuch angeschaut zu haben, oder überhaupt lesen zu können.


    Auf das Training (und Spiel) übertragen heißt das:
    Hauptsächlich induktiver Lehrweg: Vor allem in Spielformen wird der Spieler mit unzähligen verschiedenen Situationen konfrontiert. Er kann sich frei für eine Lösungsmöglichkeit entscheiden. Je mehr Lösungen er aber über den deduktiven Lehrweg (also klare Handlungsanweisungen) kennengelernt hat, desto variabler, schneller und sicherer kann er diese unterschiedlichen Spielformen lösen.


    Um damit deine Frage konkret zu beantworten:
    Ja, die Kinder müssen wissen, was zu tun ist. Diese Wissensvermittlung muss aber hauptsächlich im Training geschehen.
    Je mehr verschiedene Situationen die Kinder im Training bereits erlebt und gelöst haben, desto sicherer können sie es auch im Spiel anwenden.
    Bei Kindern sollte man sich im Spiel selber mit Handlungsanweisungen zurückhalten, da jede Anweisung immer eine Fokussierung mit sich bringt und die Kinder für andere Situationen blind macht.
    Lese dir dafür folgendes durch (Heft Seite 26):
    https://www.dshs-koeln.de/file…ior14_04_ansichts_pdf.pdf


    Was du natürlich schon machen kannst, ist ihnen häufige bzw. schwerwiegende Fehler aufzuzeigen und ihnen Lösungswege aufzuzeigen. Nutze zur Vermittlung Fragen, um das Spielverständnis der Kinder zu steigern. Wenn du ihnen nur Lösungswege aufzwingst, werden sie sie vergessen.

  • Ich habe es hier bereits in einer etwas ausführlicheren Art und Weise mal dargestellt:
    http://www.trainertalk.de/fuss…ungen-vs-spielformen-pdf/


    Kurze Zusammenfassung dazu: Die Korrektur von Techniken ist erwiesenermaßen kritisch zu sehen. Denn dabei geht man ja davon aus, dass es sowas wie eine „Idealtechnik“ gibt. Eine solche kann aber gar nicht existieren, da jede Spielsituation so einzigartig ist, dass die vermeintliche „Idealtechnik“ nicht zur Anwendung kommt. Und eine Technik sollte niemals getrennt von Entscheidungen und dem Situationskontext betrachtet werden. Man muss sich insbesondere im Bereich des Torschusstrainings die Frage stellen, wann wird je unter solchen Situationen abgeschlossen, wie es im Training simuliert wird? Wann schießt man mal ohne Gegnerdruck (abgesehen vom TW) aus 10-15m frontal aufs Tor? Ist das also wirklich spielnah und sind die „Fehler“ in der Bewegungsausführung überhaupt relevant, wenn man bedenkt, was im tatsächlichen Spiel alles um einen herum passiert?


    Und man sollte sich fragen, ob es wichtiger ist, die Technik einzuschleifen? Oder ist es wichtiger, überhaupt erst in die Situation für einen Abschluss zu kommen? Somit kommen wir von einer isolierten Betrachtung der Technik zu einer ganzheitlichen Sichtweise auf die Zielsetzung der Torerzielung. Denn was nützt eine (isoliert eingeschliffene) Technik, wenn ich nicht in die Situation komme, um sie konstruktiv anzuwenden?


    Zu taktischen Anweisungen, Instruktionen und Korrekturen: Instruktionen schränken grundsätzlich die Wahrnehmung ein. Vor allem bei Kindern ist das der Fall. Da ihr präfrontaler Kortex erst ab dem 11. Lebensjahr voll ausreift, sind sie bis dahin kaum in der Lage, Instruktionen oder sonstige taktische Anweisungen zu reflektieren. Eine Anweisung, die in Situation A funktioniert, kann schon in Situation B völlig unangemessen sein. Das erkennt vielleicht der Trainer, Jugendliche und Erwachsene; aber ein Kind kann das sicher (noch) nicht verstehen. Würde man nun jedoch in dieser Entwicklungsphase immerzu instruieren und coachen, lernen die Kinder nicht, wie sie selbständig Entscheidungen treffen können. Im Prinzip waren die Jungs deines Gegners willenlose Befehlsempfänger. Und wenn sie Pech haben, werden sie das auch bleiben.


    Was ist denn so schlimm an Fehlern? Sie sind unabdingbar! Wie oft fällt das Kleinkind auf die Nase, bevor es laufen kann? Kommen die Eltern da mit irgendwelchen Anweisungen daher?! Wenn du deine Spieler technisch-taktisch weiterentwickeln willst, bring sie in spielnahe Situationen, in denen sie fortwährend mit Problemen konfrontiert werden, die sie dann (eigenständig) lösen sollen. Sie werden über Selbstorganisationsprozesse ihre eigenen Lösungen finden. Dabei kann es natürlich sein, dass ein Training voll in die Hose geht, weil sie mit den Aufgaben nicht klarkommen. Das ist völlig ok und auch notwendig. Denn der Lernprozess findet nicht nur in der Zeit des Trainings statt, sondern auch in Pausen.


    Mal ein Beispiel dazu: Ein Freund von mir trainierte eine E-Jugend. Er machte mit ihnen nur Spielformen. Die Jungs waren zu Beginn noch recht schlecht im Umgang mit dem Ball. Er machte also eine Einheit, in der sie in vielen verschiedenen Feldern (abweichende Größen und Formen) frei spielten. Zudem ein paar Abwandlungen des el Rondo (Eckspiel, Schweinchen in der Mitte… you name it). Sie haben das alles nicht hinbekommen, weil sie erstmal ein wenig überfordert waren. Schließlich herrschte permanent Gegnerdruck. Dann folgten zwei Tage Pause und er machte das gleiche Training nochmal. Es lief einfach klasse.


    Was ist passiert? Inkubation! Das ist das gleiche Prinzip, das beim Lernen von Gedichten wirkt. Man lernt vor dem Schlafengehen und ist beim Einschleifen noch nicht ganz sicher. In der Schlafphase werden nun aber die gelernten Inhalte neu geordnet (Wichtiges wird behalten, Unwichtiges wird vergessen). Am nächsten Morgen beherrscht man dann das Gedicht.


    Wenn Spieler mit einer Aufgabe nicht klarkommen, sollte man nicht den Fehler machen und gemäß der Zergliederungsmethode bis ins kleinste Detail gehen und bei der isolierten Technik anfangen. Gib ihnen einfach die Zeit, die Inhalte, mit denen sie konfrontiert wurden, zu ordnen. Kindern wird zu wenig zugetraut. Sie sind in der Lage, ihre Entscheidungen und Bewegungen selbstorganisiert so anzupassen, dass sie irgendwann die beste Lösung finden. Das Gleiche passiert doch im Straßenfußball. Da spielen so einfach, ohne dass ihnen jemand Anweisungen gibt. Und das sind meist die besten Spieler. Wenn man als Trainer also einfach nur mittels vieler verschiedener Spielformen eine Unzahl an Situationen erzeugt, kann man damit technisch-taktische Verhaltensweise viel schneller und vor allem nachhaltiger entwickeln als in isolierten Übungsformen, in denen permanent korrigiert wird. Zudem fördert man so die Kreativität. Wenn man dauernd von draußen reinruft, trifft niemand eigene Entscheidungen. So hat Kreativität keine Chance.

  • Danke für die beiden Meinungen von @vangaalsnase und @Prof. Dr. Trainer.


    Ich bin mittlerweile auch vollkommen von diesem Ansatz überzeugt und versuche mein Training entsprechend zu gestalten. Übungsformen ohne Spielnähe (also nach vorgegebenen Abläufen und ohne Gegnerdruck) mache ich höchstens noch zum Aufwärmen.


    In der Bambini und F-Jugend habe ich meistens auch schon so trainiert. Damals aber mehr intuitiv, ohne dass ich die wissenschaftlichen Hintergründe dafür kannte. Damals habe ich mich an einem einfach Messwert orientiert, den meine Vorredner gar nicht so klar hervorgehoben haben: Spaß. Und den haben die Jungs selten in isolierten Technikübungen, sondern meist beim Spielen. Als Trainer ist es meine Aufgabe, den Jungs die passenden Spielformen anzubieten und ihnen ggf. Tips und Vorschläge zu geben, wie sie Situationen besser lösen können. Aber ich korrigiere nicht ständig. Wer will das schon? Ich selbst fand das als Kind schon immer schrecklich. Ausprobieren ist viel spannender und lehrreicher. An dieser Stelle kann ich mir auch nicht vorstellen, dass die Spieler vom Themenersteller so viel Spaß an den Technikkorrekturen haben.


    Hier muss sich auch der DFB mehr hinterfragen. Viele vorgeschlagende Trainingseinheiten sind einfach viel zu dröge und zerstückelt. Als Negativbeispiel sollte man sich mal die Trainingseinheit auf DFB-TV vom 20.12.2016 angucken. Grausam. Sterbenslangweilig. Ich sehe keinen Spieler, der Spaß hat. Und die Lernfortschritte dürften auch sehr gering sein.


    Gruß, Christoph


    P.S. Hier habe ich auf der Grundlage von @vangaalsnase Abhandlung den Spielformen-Ansatz mit eigenen Worten umschrieben: https://viktorias05er.jimdo.com/fussball-durch-fussball/

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • Und noch ein ganz wichtiger Punkt @hoeness2: Du darfst niemals den Fehler machen und Ausbildung an Ergebnissen messen. Nur weil die Jungs deines Gegners besser spielen, wenn sie ständig von außen Instruktionen bekommen, heisst das nicht, dass das der richtige Weg ist. Es zählt die langfristige Entwicklung und da ist ständiges Fremdsteuern der falsche Weg.
    Ich habe im Kinderfussball so viele Joystick-Trainer und -Mannschaften erlebt, die damals "erfolgreich" waren. Und sie sind alle mit der Zeit verschwunden...

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • Genau. Ergebnisse in der frühen Kindheit sind komplett irrelevant. Auch das hat der DFB noch nicht verstanden, der ja schon bei Zehnjährigen anfängt zu selektieren. Lediglich 12% der vor dem 15. Lebensjahr selektierten Spieler schaffen es laut Studien von Arne Güllich (Professor an der TU Kaiserslautern) letztlich in den Profibereich: "The younger their debut in a representative U-team, the lower was their probability to reach the first Bundesliga and the more likely were they to play below the second Bundesliga at a senior age." [ Güllich, Arne; Selection, de-selection and progression in German football talent promotion; in: European Journal of Sport Science 14 (2014), Heft 6, S. 530-537].


    Solche Studien müssten Einzug in die DFB-Trainerausbildung halten, damit kein Trainer mehr die Notwendigkeit sieht, Kinder zu Erfolgen zu pushen, die für ihrer Entwicklung als Sportler und ihre Persönlichkeit unwichtig sind.

  • Hallo Schimanski (Cooler Name),


    Ergebnisse/Platzierungen sind für mich auch nicht wichtig. Wichtig ist für mich, wie kommt es zu Stande.
    Was setzen wir aus dem Training um, was machen wir nicht zum 15x falsch usw..


    Allerdings muss ich zugeben, dass man es als Trainer wesentlich leichter hat wenn die Ergebnisse einigermaßen passen.
    Letztes Jahr haben wir oftmals auf die Mütze bekommen, da sollte man als Trainer schon gefestigt sein und z.B. die Rotation weiter durchziehen.


    Gruß
    Berni

  • Hallo Berni,


    es ist klar, dass man Ergebnisse braucht, vor allem um in Ruhe zu arbeiten.
    Aber man darf nicht anhand der Ergebnisse die eigene Arbeit oder die der Kollegen beurteilen. Das ist schon im Erwachsenenfussball zu oberflächig und im Kinderfussball noch viel oberflächiger.
    Ein gutes Motto für mich war immer: Mach das Spiel nicht wichtiger als es den Kindern ist. Und selbst wenn es dir wichtiger ist, versuche es für dich zu behalten und dein Handel nicht danach auszurichten.
    Zugegeben, das habe ich auch nicht immer geschafft, aber Joysticktrainer zu kopieren, war trotzdem nie ein Option.


    Schönen Gruß, Christoph

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • @hoeness2
    Vielleicht helfen Dir ja meine Erfahrungen aus dem älteren Jugendbereich zur Entscheidungsfindung und dienen zur Untermauerung der sehr guten Beiträge hier. Großes Lob übrigens. Sehr lesenswert.
    Wir bekommen ab der C-Jugend immer wieder Spieler von außerhalb dazu, weil a) es qualitativ und auch quantitativ nicht möglich wäre die momentanen Spielklassen unserer jeweiligen ersten Mannschaften von C-A zu halten und b) diese Jungs ganz einfach höher spielen möchten und dafür c) bereit sind mehr Aufwand zu betreiben. Ich möchte das hier im Thread jetzt gar nicht diskutieren, aber ich reagiere mittlerweile allergisch auf Vorwürfe von außerhalb wenn ich höre " Na toll. Wir bilden sie aus und ihr schnappt sie uns weg."
    Eigenartig. Warum kommen dann so viele Spieler mit nur einem starken Fuß ? Warum haben so viele Spieler teilweise gravierende Schwächen im 1:1 gerade defensiv ? Und um auf den Punkt zu kommen "Instruieren/Anweisungen geben" oder nicht: Warum haben diese Spieler zu Anfang deutliche Probleme im Training bei hohem Tempo in den Spielformen ? Stichwort eigenständige Lösungsfindung unter Druck. Wenn sie doch so gut ausgebildet worden sind ??


    Mich interessiert dann immer sehr die Vorgeschichte und ich frage diese Spieler wie sie denn so trainiert haben in F-D. Von den Schilderungen der Jungs kann ich eindeutig sagen, dass dieses Forum hier nicht repräsentativ ist. Die überwiegende Mehrzahl trainiert wohl doch noch mit der Frontalmethode. Hauptsächlich in der Trainingsmethodik der Übungsformen. Selektiert und bei beinhaltetem Torabschluss mit Übungsaufbau Blickrichtung zum Tor. Beim Spiel mit viel Anweisungen von außen. Es stechen sofort die neuen Spieler heraus und haben wenig Anpassungsprobleme, die eben in jungen Jahren anders ( viel in der Spielform ) trainiert haben. Zufall ? Denke ich nicht.


    Der kurzfristige Erfolg gibt der anderen Methodik und den vielen Anweisungen von außen wohl meist Recht. Von diesen Trainern sieht man nur im oberen Bereich bzw. älteren Jahrgängen gar nichts mehr. Da habe ich die selben Erfahrungen wie @Schimanski gemacht. Auch hier wieder: Zufall ??


    Lass Dich nicht beirren und geh Deinen Weg weiter. Deine Spieler werden es Dir später danken. Oder Leute wie ich, die solch ausgebildete Spieler dann bekommen -).

  • Die überwiegende Mehrzahl trainiert wohl doch noch mit der Frontalmethode. Hauptsächlich in der Trainingsmethodik der Übungsformen. Selektiert und bei beinhaltetem Torabschluss mit Übungsaufbau Blickrichtung zum Tor. Beim Spiel mit viel Anweisungen von außen.

    Das ist auch meine Erfahrung. Im Kleinfeldbereich zeigt dieses Training auch den gewünschten Erfolg, weil häufig noch ein Großteil der Tore durch Fernschüsse erzielt werden. Bei F und E sind die Torhüter praktisch nicht in der Lage Schüsse in die oberen Ecken abzuwehren. Das ändert sich ab der D. Ebenso erhöht sich spätestens ab der D der Gegnerdruck derart, dass die Idealsituation praktisch kaum noch vorkommt.



    Dennoch frustriert es mich immer wieder zu sehen, dass "falsches Training" zumindest bei F und E zum Erfolg (im Sinne von gewonnenen Spielen) führt.

  • Ich denke es liegt an der "Überbewertung" der Technik, bzw. eine Fehleinschätzung was gute Technik bedeutet. Man sieht halt immer im TV wie ein Götze oder wer auch immer flink zwischen den Gegenspielern durchdribbelt und der Kommentator nennt diesen dann einen Edeltechniker. Der eigentliche Bewegungsablauf ist dabei aber eigentlich ganz einfach: Hacken links, Haken rechts und dann mal das Bein im Kreis schwingen. Ich glaube Eishockeyspieler oder Sportler anderer Sportarten, die hoch komplexe Bewegungsabläufe haben, können da nur lachen. Was dann aber (im übertragenden Sinne) den echten Messi vom Kreisklassenmessi unterscheidet ist die Entscheidungsfindung. Gute Technik nützt halt nichts, wenn man schlechte Entscheidungen trifft und gute Entscheidungen zu treffen lernen ist deutlich schwieriger als eine saubere Technik zu erlernen. Man kann jedem beibringen relativ schnell zwischen Stangen durchzudribbeln, aber sobald die Stangen zusammenarbeiten und einem versuchen den Ball abzunehmen reicht es eben nicht mehr den Ball eng am Fuß zu führen, man muss auch mal "clever" sein. In den unteren Jahrgängen verhalten sich die meisten Spieler eher wie Stangen in der Abwehr, selbst die guten, hier sind dann Erfolge garantiert.


    Ich hab noch ein Anliegen:
    Bei all dem Bashing der klassischen Lehrmethode hat sie doch einen erheblichen Vorteil, den man nicht vergessen sollte. Die Zahl der Wiederholungen. Diesen Vorteil sollte man in seinen differentiellen oder globalen Ansatz mit nutzen.
    Warum funktioniert das Rondo so gut? Weil es eben eine Spielform ist, bei der eine Unzahl von Wiederholungen stattfinden. Da können in wenigen Minuten hunderte Pässe in einer halbwegs realistischen Spielsituation gespielt werden. Man sollte also bei der Kreation von Spielformen darauf achten das jeder Spieler oft aktiv am Spiel beteiligt ist und möglichst oft den Ball hat. Also die Spielerzahlen immer schön klein halten! Also wirklich klein. Meiner Meinung nach ist eine Spielform im 4 gegen 4 in einer E-Jugend schon zu groß. Beim Torschuss ist es genauso. Man brauch nicht mehr als 3 Spieler + Torwart (und der kann dann ja Rotieren). Meißtens war bei mir das Torschusstraining eigentlich nur eine 1 gegen 1 Situation mit erheblichem Vorteil für den Angreifer ( sodass ein Abschluss garantiert ist).

  • Eine Erweiterung des Bewegungsrepertoire( z.B neue Moves oder Skills) ist durch reine Spielformen nicht möglich.
    Diese müssen ersteinmal isoliert und später mit sich steigernden Zeit- oder Gegnerdruck eingeübt werden, um beim Spieler in das aktive Repertoire aufgenommen zu werden.
    Bin zwar kein wirklicher Fan der Coerver Methodik, aber die Zall der Wiederholung ist sicherlich wesentlich.
    Um eine Bewegung ausführen zu können brauch ich einfach eine hohe Zahl der Wiederholung.
    Wobei eine differenzierte Einübung sicherlich sinnvoll ist.
    In Spielformen und im Wettkampf werden die Kinder logischerweise auf gefestigte Techniken zurückgreifen. Ich kann als Trainer zwar das Experimentieren fördern, aber die Basics müssen vorher gesetzt werden.
    Bei Kindern und Jugendlichen ist verstärkt durch Wachstum zudem eine kontinuierliche Reaktivierung bzw. Festigung des Bewegungsrepertoire nötig, auch dies ist teilweise nur durch isolierte Technikübung möglich.