Guter Dorfverein gegen Nachwuchsleistungszentrum - warum sind die so viel besser als wir?

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  • Die Frage mag etwas naiv klingen; sie ist auch bewusst so gehalten. Hintergrund der Frage ist, dass wir gestern mit unserer C1 (nach der Hinrunde Zweiter in der Bezirksliga) gegen die U14 eines Bundesligisten (Dritter in der Verbandsliga) gespielt haben. Nun ist es nicht ganz überraschend, dass wir das Spiel verloren haben: Dorfverein gegen Nachwuchsleistungszentrum, Bezirksliga gegen Verbandsliga und unsere C1 besteht auch zum größeren Teil aus jüngerem Jahrgang, wir hatten nur fünf Spieler des älteren Jahrgangs im Kader und diese sind zwar gut, aber nicht herausragend. Allerdings wurden die ergänzt durch fünf Stützpunktspieler des Jahrgangs 2001 (also U14, jüngerer Jahrgang) und einen sehr guten 2002er. Nun waren unsere Vorstellungen für das Spiel unter den Trainern etwas unterschiedlich: ich hatte mir erhofft, dass wir uns vielleicht ein paar Chancen erspielen und mit einem 1:4 oder 1:5 dann ganz zufrieden aus dem Spiel gehen könnten. Der Cheftrainer der C1 war sogar der Meinung, mit einer Top-Leistung könnten wir ein ausgeglichenes Spiel hinbekommen (was ich aber für unrealistisch hielt). Was wir beide nicht erwartet hätten: wie völlig chancenlos wir waren. Das Spiel ging 0:7 aus, Mitte der zweiten Halbzeit hatten wir immerhin eine ganz gute Torchance.


    Es war krass zu sehen, wie sehr wir in fast allen Belangen unterlegen waren. Kaum ein Spieler konnte mal einen Zweikampf gewinnen, obwohl sie sich voll reingehauen haben. Die ganze Spielintensität war viel zu hoch für uns, alles ging zu schnell. Das betrifft einerseits das rein physische Tempo, aber vor allem die Handlungsschnelligkeit. Unter dem Druck, der ständig entstanden ist, haben selbst unsere technisch stärkeren Spieler immer mal wieder Fehler gemacht, von den technisch schwächeren ganz zu schweigen. Positiv aus unserer Sicht war, dass wir läuferisch mithalten konnten, bis zum Schluss, obwohl wir ständig hinterher gelaufen sind und ich nach einer Viertelstunde eigentlich dachte, dass wir nach dem Spiel ein Sauerstoffzelt brauchen. Gut war auch, dass unsere Spieler die Intensität angenommen haben, auch wenn viele dann nicht mithalten konnten; dass wir das Spiel durch hinweg intensiv in die Zweikämpfe gegangen sind, nie aufgegeben haben und insgesamt fair aufgetreten sind.


    Erschwerend kam bei dem Spiel sicher hinzu, dass wir noch kein einziges Training auf dem Platz machen konnten in der Hinrunde und dass mehrere Stammspieler gefehlt haben. Aber auch ohne diese Faktoren wären wir hoffnungslos unterlegen gewesen, denke ich. Die Frage ist nun: woran liegt das? Liegt das nur daran, dass die die talentierteren Spieler haben? Mir ist schon klar, dass wir uns als Dorfverein nicht mit einem NLZ messen können und sollten, aber wie beschrieben hatten wir auch eine Mannschaft, die zur Hälfte aus Stützpunktspielern bestand. Warum ist der Unterschied da so groß? Ich würde nämlich gerne aus der Erfahrung gestern etwas lernen, etwas mitnehmen, aber bin mir noch nicht so sicher, was das sein sollte. Der Punkt, der mir am meisten ins Auge gesprungen ist gestern, war der Unterschied in der Intensität, der mir schon beim Warmmachen aufgefallen ist. Da war bei denen einfach mehr Feuer drin und das hat sich dann im Spiel fortgesetzt. Wenn ich an die hohe Intensität gewöhnt bin lerne ich es eher, auch unter Druck noch technische Fähigkeiten anzuwenden und die Handlungsschnelligkeit wird zwangsläufig auch gefördert. Aber ist das alles, dass wir unsere talentierten Jungs noch mehr antreiben müssen im Training, jederzeit Gas zu geben?


    Vielleicht hat mal jemand ähnliche Vergleichsspiele erlebt und kann dazu eine Meinung beitragen, oder vielleicht kann auch jemand das Ganze aus Sicht eines im NLZ Tätigen betrachten. Beides würde mich sehr interessieren.

  • Zitat fak:

    Aber ist das alles, dass wir unsere talentierten Jungs noch mehr antreiben müssen im Training, jederzeit Gas zu geben?

    Mit dem Antreiben im Training wirst Du das nicht hinbekommen. Die Spieler im NLZ messen sich in jedem Training mit Ihresgleichen und pushen sich so gegenseitig. Noch ein sehr wichtiger Punkt ist, dass ihr nur Bezirksliga spielt und die Spieler des NlZ an jedem Wochenende in ihren Spielen viel mehr gefordert sind, u.a. was Schnelligkeit und Handlungsschnelligkeit anbelangt. Das kannst Du Deinen Spielern nicht oder nicht ständig bieten.

  • Karl hat da sicherlich den Nagel auf den Kopf getroffen. Man wächst halt an seinen Aufgaben. Zudem haben die NLZs ganz andere Trainingsmöglichkeiten, da wird öfter trainiert und die Coaches sind teilweise Spezialisten In verschiedenen Bereichen

    "Der Chef auf dem Platz ist die Spielsituation" (Karsten Neitzel)

  • Zitat fak:

    Mit dem Antreiben im Training wirst Du das nicht hinbekommen. Die Spieler im NLZ messen sich in jedem Training mit Ihresgleichen und pushen sich so gegenseitig. Noch ein sehr wichtiger Punkt ist, dass ihr nur Bezirksliga spielt und die Spieler des NlZ an jedem Wochenende in ihren Spielen viel mehr gefordert sind, u.a. was Schnelligkeit und Handlungsschnelligkeit anbelangt. Das kannst Du Deinen Spielern nicht oder nicht ständig bieten.


    Du hast sicherlich Recht damit, dass die Spieler sich mit ihresgleichen messen und daher mehr gefordert sind im Training. Allerdings besteht unsere stärkste Trainingsgruppe i.d.R. auch nur aus Stützpunktspielern des jüngeren Jahrgangs und guten Bezirksligaspielern des älteren Jahrgangs. Das ist auch eine brauchbare Leistungsdichte, denke ich oder dachte ich zumindest. Na klar, das NLZ wählt (in der Altersklasse) aus 100km Umkreis aus, wir haben die Spieler aus unserem Dorf + mittlerweile ein paar aus 10km Umkreis. Das ist ein Unterschied. Aber wie gesagt fand ich einfach die Dimension des Unterschieds krass. Warum werden zwei Spieler in der Viererkette, die beim Sprinttest im Stützpunkt deutschlandweit unter den besten 2% sind trotzdem mehrfach überlaufen bzw. kommen zu spät, wo ist da der Unterschied in der Ausbildung?


    Richtig ist, dass wir in den Spielen nicht den Gegnerdruck haben, den es in der Verbandsliga regelmäßig gibt. Die höhere Spielintensität haben wir schon im Verbandspokal gegen einen Verbandsligisten bemerkt, obwohl wir dort ein ausgeglichenes Spiel hinbekommen haben. In der Hinsicht wird es weiterhelfen, dass wir in der Vorbereitung noch zwei weitere Spiele gegen Verbandsligisten haben werden (und mit etwas Glück nächste Saison auch Verbandsliga spielen werden). Aber darauf muss man sicher auch im Training vorbereiten. Wir haben bislang sehr den Fokus auf technische und mittlerweile auch taktische Ausbildung gelegt. Wahrscheinlich ist es da angemessen, doch etwas mehr auch auf Spielintensität und Zweikampfführung (weniger im Hinblick auf Individualtaktik denn im Hinblick auf körperliche Präsenz) zu gehen.

  • Karl hat da sicherlich den Nagel auf den Kopf getroffen. Man wächst halt an seinen Aufgaben. Zudem haben die NLZs ganz andere Trainingsmöglichkeiten, da wird öfter trainiert und die Coaches sind teilweise Spezialisten In verschiedenen Bereichen


    Ist der Trainingsumfang wirklich in der Altersklasse schon so viel höher? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Der Großteil unserer Spieler hat während des Spielbetriebs vier Einheiten pro Woche (2x Vereinstraining, 1x Stützpunkt, 1x Spiel), in kürzeren Phasen auch schon mal weniger oder in der Vorbereitung auch mal mehr. Möglicherweise hat die U14 im NLZ eine Einheit mehr, noch mehr kann ich mir eigentlich kaum vorstellen. Und die Spieler sind ja auch nicht alle schon ewig da. Macht das so viel aus?


    Ähnliches gilt für die Trainer. Wir haben auch lizenzierte Trainer. Ich habe sieben Jahre Erfahrung als Jugendtrainer und die Erfahrung, relativ hochklassig im Jugendbereich gespielt zu haben. Der Trainerkollege hat 20 Jahre Erfahrung als Jugendtrainer, einschließlich über 10 Jahren im höchsten Leistungsbereich. Auch da: die Trainer im NLZ sind sicher besser, aber macht das so viel aus?


    Letztlich läuft es sicher auf die Summe aus verschiedenen, größtenteils schon genannten Ursachen, hinaus. Aber mich würden dennoch noch weitere Ansichten dazu interessieren, wo die Knackpunkte liegen.

  • Hallo fak,


    An paar erste kurze Anmerkungen von mir.


    1) Ich finde es bemerkenswert, wie klar (und wahrscheinlich auch richtig) du das ganze analysieren kannst. Das können die wenigsten, habe ich so oft erlebt, im Austausch mit dem anderen Trainer, nachdem er von uns die Hütte vollbekommen hat. (Wenn ich meine Erfahrungen betrachte, dann trifft deine Analyse auch voll zu.)


    2) Trainingsumfang: Auch da sehe ich keinen signifikanten Unterschied zwischen einer NLZ-Mannschaft und einer ambitionierten anderen Mannschaft.
    Nahezu alle NLZ-Teams haben mindestens bis einschießlich U13 dreimal wöchentlich Training. Erst ab U14, vielerorts sogar U15 kommt eine vierte Einheit hinzu. Und am Stützpunkttraining nehmen NLZ-Spieler nicht teil, also auch keine zusätzliche Einheit.


    3) Zeit- und Gegnerdruck wird von fast allen Trainern/Eltern unterschätzt. In diesem Bereich agieren die NLZ-Teams im Training und im Wettkampf auf einem ganz anderen Niveau, als andere Vereine. Auch als ein Stützpunkt. Das ist nicht vergleichbar.
    Das ist natürlich nicht so leicht zu erkennen, wenn man beides getrennt von einander betrachtet.
    Da wird oft ein Stützpunktspieler als technisch herausragend eingestuft, besser als so manch ein NLZ-Spieler, bei dem es nicht so elegant aussieht.
    Aber, das ist oft eben nicht die Wahrheit. Der NLZ-Spieler agiert einfach mit wesentlich höheren Zeit- und Gegnerdruck und damit eben auch technisch besser !!! (auch, wenn es nicht so elegant aussieht.)


    Kommt es dann mal zum Vergleich - in einem Wettkampf, z.B. - dann sieht man meist die von dir beschriebenen Unterschiede, aber in der Regel wird dann "argumentiert". "Die Jungs waren hatten heute keine Form", "warum spielen sie ausgerechnet heute so schlecht", "sie haben Respekt vor dem Gegner", etc.
    Spielen sie dann gegen einen sehr schlechten Gegner, wo sie extrem viel Zeit und Platz haben, dann kommt: "Warum spielen sie nicht immer so", "Hätten sie mal gg das NLZ so gespielt", etc.


    Das mag alles auch stimmen, aber der Hauptgrund ist es eben nicht.



    4) Ich habe mit meinen Mannschaften auch regelmäßig bei den Stützpunktturnieren mitgespielt. Also Turniere, wo die besten Spieler des Stützpunktes und die NLZs Teams hinschicken. Im Alterbereich U12, U13.
    In 20 Minuten Spielzeit haben wir - völlig unabhängig von unserer Besetzung, ich nehme da immer andere mit - jeden Gegner an die Wand gespielt und eigentlich jedes Spiel mindestens 4-5 zu null gewonnen.
    Meist muss mein Schnapper keinen Torschuß abwehren.




    5) Ich vertrete hier ja auch die Meinung, dass ein Wechsel in ein NLZ zur U15 oder später nicht das beste ist. (Immer unter Berücksichtigung des Einzelfalls, aber zumindest in den Fällen, wo ein NLZ nicht allzu weit entfernt ist).
    Alleine durch das hohe Niveau im Training und Wettkampf (einfach durch das Spielerniveau), ist es schwer für "Dorfspieler" eine ähnliche Entwicklung zu nehmen, zumindest, wenn er in seinem Jahrgang kickt und nicht 1-2 Jahrgänge höher. Und das hat nichts mit dem Trainer zu tun.



    6) Auch wirklich gute Neuzugänge von guten Amateurvereinen haben bei mir im ersten halben Jahr oft erstmal Probleme sich an das Spieltempo zu gewöhnen. Vor allem dieses regelmäßig hohe Spieltempo, den konstant hohen Zeit- und Gegnerdruck, samt Handlungsschnelligkeit.
    Die wenigsten, agieren von Anfang an auf ihrem Maximum (das heißt nicht, dass sie Totalausfälle sind, aber da geht noch viel mehr), sondern erreichen dies meist erst im Winter, mitten in der Hallensaison.




    7) Was auch noch oft zu Fehleinschätzungen bei Trainern/Eltern führt, ist die Tatsache, dass man bei einem Turnier in verkürzter Spielzeit manchmal ganz gut dagegen halten kann. Allerdings wird dieses Spiel von dem kleinen Verein auch als "Höhepunkt" wahrgenommen und alles in dieses Spiel gelegt. Und das betrifft nicht nur die vermeindlich beste Aufstellung genau in diesem Spiel.
    Ganz anders, als die NLZ-Teams dieses Spiel angehen, wo manch ein Spieler eher dazu neigt, den Gegner unterschätzen. (Und komm mir keiner damit, dass so etwas nicht sein kann. Ich weiß von mir, dass ich, auch wenn ich mir fest vornehme einen Gegner nicht zu unterschätzen, als Aktiver gegen den Tabellenersten die Vorbereitung anders gestaltet habe, als gegen den letzten. Mindestens mental. Und das bei besten Absichten dies nicht zu tun. Das ist einfach nur menschlich. )
    Aber, dann wird alles in diese 10 Minuten gelegt, was oft einen krassen Leistungsabfall in den nächsten Spielen gg vermeindlich schlechtere Gegner zur Folge hat. Dieses Tempo über längere Zeit zu gehen, erfordert dann doch mehr Konzentration und Kraft, vor allem, wenn ich 10 Minuten am oder über dem Maximum agieren musste. Da springen dann Bälle einen Meter vom Fuß, Pässe werden ungenauer, der Torabschluß schlecht etc.
    Ich habe nicht selten erlebt, dass ein kleiner Verein, der gegen ein Top-NLZ ein brilliantes Spiel gemacht hat, danach im Turnier überhaupt nichts mehr auf die Bühne bekommen hat.
    Im Gegensatz zu den NLZ-Spielern, die das dauerhaft abrufen können. (Zumindest sehr lange. Bei großen Bundesligaturnieren, sieht man im Finale i.d.R.auch nicht die hochklassigsten Spiele. Das beste Niveau ist meist in Zwischenrunde/Viertelfinale, wenn die besten Teams gegeneinander spielen, es um die Wurst geht, aber alle eben mental und physisch noch im Saft stehen.)


    Anekdote:
    Ein wirklich gutes Team unseres Jahrgangs wollte mal in der U12 oder U11 gegen uns ein Freundschaftsspiel machen. Das haben wir dann auch gemacht. 10 Minuten lang waren wir wahrlich nicht gut, zumindest nicht wirklich besser als der Gegner und wir lagen 2:0 hinten.
    Nach zweimal 30 Minuten stand es 23:2 für uns.

    "Wenn zwei Menschen immer der gleichen Meinung sind, dann ist einer von ihnen überflüssig." Winston Churchill

    Einmal editiert, zuletzt von Sir Alex ()

  • Danke für die ausführlichen "ersten kurzen Anmerkungen", Sir Alex ;-).


    Wenn ich dich richtig verstehe, dann siehst du es auch so, dass der zentrale Ansatzpunkt, wenn man sich vielleicht noch 1-2 Schritte in die Richtung dessen bewegen will, dem wir gestern begegnet sind, die Erhöhung der Spielintensität, des Tempos und damit des Gegnerdrucks, ist!? Interessanterweise waren das im Spiel so ziemlich die einzigen Anweisungen des Kollegen vom NLZ gestern: einige Male kam im Spiel die Aufforderung, das Tempo jetzt wieder zu erhöhen bzw. hoch zu halten. Das ist durchaus ein Punkt, an dem sich bei uns glaube ich noch etwas machen lässt; in Spielen werden wir's kaum beeinflussen können, aber im Training geht da sicher noch mehr, wenn wir da etwas den Fokus verschieben.


    Ein Ansatzpunkt, den mein Trainerkollege noch hatte, war die körperliche Stabilität. Auffallend war, dass selbst unser Abräumer im zentralen Mittelfeld, der normalerweise mit seiner physischen Präsenz Gegner ziemlich beeindruckt, Schwierigkeiten hatte, auch nur ab und zu mal einen Schiebekampf zu gewinnen. Bis hin zu absurd aussehenden Szenen, bei denen er neben einem (immerhin ein Jahr jüngeren) Spieler her läuft und einschließlich Armen alles benutzt, was er so hat, um zu versuchen, den wegzudrücken, aber es nicht schafft. Wir versuchen durchaus seit einer Weile, unseren Jungs Stabilisationstraining schmackhaft zu machen, aber mit eher begrenztem Erfolg. Wird das im NLZ mehr forciert und machen die Spieler das dann auch? (der letzte Teil der Frage u.a. deswegen, weil zumindest zu meiner Zeit selbst in der damals höchsten Klasse in der B-Jugend nur ein Bruchteil der Spieler "Hausaufgaben" einigermaßen gewissenhaft gemacht hat)

  • Die Analyse bis hierhin ist schon sehr gut. Ich habe noch ein paar Punkte einzuwerfen, die das kurz zusammenfassen/ergänzen, aber bei einigen vielleicht nicht ganz populär sind:


    1) Handlungsschnelligkeit ist in der Tat der große Unterschied. Technisch hohes Niveau hat stets auch mit der Durchführung einer Bewegung unter Gegnerdruck zu tun. Hier krankt das Stützpunkttraining meines Erachtens sehr. Nebenbei sieht Frauenfußball untereinander deswg. technisch auch nett aus, stößt aber bei guten B-Jugendteams an die Leistungsgrenze.


    2) Das Niveau an den Stützpunkten ist nicht besonders hoch. Was dort spielt ist "best of the rest". Die Besten sind in der Regel in den NLZ. Meiner Meinung nach sind die Stützpunkte nur die Vorauswahl, wer wirklich hoch hinaus will, muss in der D-Jugend weg vom Stützpunkt und hin zum NLZ.


    3) Du hast als Dorfverein keine Chance, dieses Intensitätsniveau dauerhaft zu erreichen, das ergibt sich vor allem durch Konkurrenzsituation ("Wenn ich mich nicht reinhaue, warten außerhalb des NLZ zehn Andere, um meinen Platz zu nehmen) und durch die hohe Intensität im Training.


    4) Du kannst dich dem Niveau annähern, indem du "nach oben spielst" (das, was ihr versucht, indem ihr viele Gegner sucht, die eine Klasse höher spielen) oder zum Beispiel mit einer C1 gegen eine B-Jugend oder jahrgangsjunge B-Jugend spielst. Das ist anstrengend, sorgt aber für eine Anhebung des Niveaus auf Dauer.


    5) Eure Liga ist nicht hoch/gut genug. Im Rhein-Main-Gebiet selber gibt es eine Liga auf vergleichbarer Ligastufe, die aber stärker ist (da Ballungsgebiet). Dort ist die Spielerqualität dann so hoch, dass du mit solch einer Mannschaft eher mal mithalten kannst als U15 "Ambitionierter Dorfverein" v U14 Leistungszentrum. Aber in der Regel bewegt sich das dann so von 1:1 bis 1:4.


    Zum Ende: Mit Mainz 05 hattet ihr euch auch einen Gegner ausgesucht, der sehr, sehr gut arbeitet. Gegen andere NLZ ist (etwas) mehr drin.

  • fak
    Da ich schon oft gegen NLZ Mannschaften spielen durfte bzw, mit ihnenTrainingseinheiten durchführen durfte, glaube ich mir ein gutes Bild von vielen NLZ Mannschaften von U12 (gehört nicht zum NLZ)-U19 machen zu können.
    Dieses Bild ist nicht repräsentativ für alle NLZ aber für mich persönlich ist hier ein Trend zu erkennen.
    Du hast es in deinem ersten Post schon sehr viele Dinge sehr gut erkannt.


    1. Die Handlungsschnelligkeit der NLZ Spieler ist oftmals höher. Das liegt in der Tat an der Trainingsgruppe. Die Jungs müssen sich im Training immer mit den, zu diesem Zeitpunkt, am weitesten entwickelten Spielern ihres Jahrganges messen.
    Das kannst du mit deiner Trainingsgruppe aber auch ganz schnell erreichen. Lasse sie viel im 1 gegen 1 bis 4 gegen 4 auf kleinen Feldern spielen. Biete ihnen Umschaltspiele in sämtlichen Variationen an. usw.
    2. Die physische Geschwindigkeit ist im gesamten Durchschnitt einer Mannschaft gesehen höher. Das ist eines der wichtigsten Talentsichtungsmerkmale. Deshalb sind auch die zu diesem Zeitpunkt schnellsten Spieler dort. Das ist aber nur eine Momentaufnahme.
    Wie schnell ein Spieler wirklich ist zeigt sich erst sehr viel später.
    3. Die Anzahl der weiter entwickelten Spieler ist dort wesentlich höher als in einem "Dorfverein" Wäre ja aus heutiger NLZ Sicht ja auch fatal wenn es anders wäre, dann hätten deren Scouts, aus Sicht der heute gültigen Lehrmeinung, versagt.
    4. Das körperbetonte Spiel im NLZ ist viel stärker ausgeprägt. Das ist meiner Meinung nach auch eines der größten Probleme der NLZ. Es wird sehr viel Wert auf körperbetonten Fußball schon in den unteren Alterstufen gelegt. Hier könnte man meiner Meinung nach wirklich für eine Verbesserung der Ausbildung ansetzen. Für mich zählt gerade hier bis hin zur A-Jugend die These des angstfreien Lernes. Viele Spieler rufen ihr, von den Scouts prophezeites Potential, nicht ab weil sie sehr viel Angst vor körperlichen Schäden haben.
    5. Fehler unter Druck sind dort seltener (aber warum glaubst Du dass?) Ihr konntet sie doch nicht unter Druck setzen.
    6. Dadurch das sie taktisch sehr gut (für mich immer noch viel zu früh) geschult sind, können sie euch bei gleicher Laufleistung(so schilderst Du es) natürlich viel mehr unter Druck setzen.
    7. Die NLZ Spieler sind oftmals stabiler. Das liegt aber eher daran, das gerade in dieser Alterstufe immer wieder "Aschenputtel" an den NLZ gespielt wird. Jungs die sich gerade in einem Längenwachstumsschub (massive Koordinationsprobleme) befinden, der auch mal sich über 2 und mehr Jahre erstrecken kann, gehen dann schon mal ins "Kröpfchen". Spieler von außerhalb die schon weiter entwickelt sind, schließen oftmals die Stabilitätslücke. Einige NLZ sortieren halbjährlich aus.
    Spezielles Stabitraining gibt es im Bereich der C-Jugend kaum an den NLZ. Es wäre auch in dieser Alterstufe nicht wirklich förderlich. So wie ich es aus meinen Beobachtungen und Interviews mitbekommen habe, werden diese speziellen Übungen erst mit Beginn des Breitenwachstums an den NLZ angeboten.


    Für mich heißt es,
    1.) Nicht alles was du als positive Merkmale der Spieler des NLZ ansiehst, sind es auch.
    2.) Schuster bleibe bei deinen Leisten, verbessere dein Jungs, dort wo es altersentsprechend Sinn macht und freue Dich wenn ein Spieler von dir an das NLZ wechselt.
    3.) Nutze jede Gelegenheit, um gegen Mannschaften aus den NLZ zu spielen. Denn nur dann weißt du wo dein Ausbildungsziel mindestens hinführen könnte. Du hast es ja selbst gesehen was machbar ist.
    Ganz nach dem Motto: "Nur wer groß denkt, kann auch Großes erreichen"

    Ein Kind trainieren heißt nicht, eine Vase zu füllen, das heißt, ein Feuer anzuzünden

    2 Mal editiert, zuletzt von Dirk Coerverfan ()

  • Mit der Befürchtung, dass dieses Thema etwas in die falsche Richtung geht, freue ich mich über den guten Verlauf. Als Funktionsträger eines NLZs kann ich die meisten Punkt absolut bestätigen.


    Bei dem Trainingsumfang gibt es im Aufbaubereich (U12-U15) kaum Unterschiede zu einem Dorfverein (+Stützpunkttraining). Zum Beispiel eine U13 je nach Ambitionen des Vereins trainiert 2-3 Mal pro Woche - Stützpunktspieler sogar 3-4 Mal pro Woche, während ein NLZ - Spieler maximal 3 Mal pro Woche trainiert (Stützpunkttraining fällt komplett weg). Allerdings denke ich, dass ein NLZ - Spieler mehr Ausbildungszeit genießt: Ambitionierte Spieler trainieren in der Verbandsauswahl und i.d.R. gibt es viele Spieltermine. Meine Mannschaft hat momentan drei Mal die Woche Training, ein Hallenturnier am Samstag und ein Vorbereitungsspiel am Sonntag, zusätzlich z.B. offizielle (Hallen-)Meisterschaften (des Verbands) in der Woche und/oder individuelle Förderungen. Resümierend denke ich - ohne Zahlen zu wissen -, dass ein NLZ - Spieler insgesamt mehr Spiel-/Trainingszeit hat.


    Die Trainingsintensität beim einem NLZ ist sicherlich hoch. Diese wird durch Traineranweisungen/-aufforderungen, Trainingsinhalt und Leistungsdichte der Mannschaft beeinflusst. Ich bin überzeugt, dass es viele gute Trainer in den Vereinen/Stützpunkten gibt, die gute Spiel- und Übungsformen anbieten sowie gut coachen und motivieren, jedoch ist das Leistungsgefälle in diesen Mannschaften recht hoch. Das Stützpunkttraining bietet guten Spielern, sich ortsnah nach DFB-Kriterien zu entwickeln. Trotzdem sind die meisten Talente schon in den NLZs, sodass es auch in Stützpunkten ein Leistungsgefälle gibt.


    Weitere Vorteile eines NLZ sind eine strukturierte, ganzheitliche und aufeinander aufbauende Ausbildung bis zum Seniorenspieler, Videoanalyse, Dokumentation der Spielerentwicklung (internes Intranet), DFB -­Talenttest, sportärztliche Untersuchung, Beurteilungsgespräche, psychotherapeutische und psychologische Begleitung.


    Vor allem die Nachbereitung eines Spiels/Trainings nimmt bei mir die meiste Zeit ein: Spieler werden benotet, Stärken/Schwächen-Profile werden vorbereitet, Gesprächsprotokolle werden notiert, Videoszenen geschnitten und vorbereitet, Leistungsdaten werden eingetragen. Die Dokumentation und Leistungsdiagnostik ermöglichen eine gezielte, individuelle Förderungen.


    Dorfvereine haben nicht das Personal (das Geld), diese Aufgaben zu bewältigen. Nicht zuletzt der Druck der NLZ - Spieler, sich immer gegenüber den Mitspielern und Spielern eines Dorfvereins zu beweisen, begünstigt unsere Arbeit.


    Ich habe versucht, mich möglichst knapp zu halten. Bei Fragen und weiteren Antworten werde ich mich nochmals äußern.


    Gruß
    personalityX

    "Don't forget to love your haters. They keep you motivated."

  • Mein Input als Beobachter (Vater eines NLZ-Spielers U12): Es steht schon sehr viel richtiges hier im Thread. Ich sehe auch den Hauptunterschied, dass im NLZ permanent Druck ist: Keine Zeit, den Ball anzunehmen und zu überlegen, permanent ein Gegner, der aggressiv zu stören versucht und dehalb auch enger Raum. Wie oben schon beschrieben, habe auch ich mehrfach beobachtet, dass neue Spieler (selbst wenn sie sehr gut sind) etliche Monate brauchen, um sich darauf eingestellt zu haben. In den ersten Spielen oder Turnieren sehen die dann oft sehr schwach aus.


    Die Frage war jaj aber auch, was im NLZ anders gemacht wird. Ich kann da nur berichten, was ich bei unserem Jungs vom Training mitkriege: Die trainieren 3x die Woche (Di/Do/Fr). Aktuell haben die meist Sa und So Fussballtermine (Turnier oder Testspiel), macht 5x pro Woche. Insgesamt also sehr viel Spielzeit (zumindest für die Stammspieler). Im Dienstagstraining wird derzeit vorrangig Kondition trainiert. Also viele Sprints (mit und ohne Ball), Sprünge, aber auch Unterarmstütz und solche Sachen. Die Jungs kommen da immer ziemlich platt raus. Aber es scheint den Jungs zu helfen, körperlich stabiler zu werden. Diese Wahrnehmung ist allerdings natürlich vermischt mit dem normalen Wachstumsprozess. Do+Fr wird nur mit Ball trainiert. Was mir auffällt sind die Spiele auf extrem kleinem Raum. Die spielen dann schon mal 7:7 auf einem Feld, das kleiner ist als ein viertel Platz. Da steht einem permanent ein oder zwei Gegner auf den Füßen. Und draußen steht der Trainer, der gute, aber auch schlechte Aktionen umgehend kommentiert. Das kommt dem Druck im Spiel schon sehr nahe.


    Grüße
    Oliver

  • Danke für den Thread und die Wortmeldungen :thumbup:


    Mich würde mal interessieren, wie die die permanente Manndeckung bei den NLZ-Teams (zumindest ist das mein Eindruck in den jungen Jahrgängen) von euch bewertet wird?
    Ich hatte eigentlich angenommen, dass das hauptsächlich einen ergebnistechnischen Hintergrund hat, aber damit fördert man ja auch genau das, was hier im Thread als Hauptunterschied zum Breitensport genannt wird (Handlungsschnelligkeit, Gegnerdruck, 1:1-Situationen, etc.). Ist die Manndeckung in der Ausbildung also gar nicht so verkehrt, wie sie immer gemacht wird?


    Gruß, Christoph

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • personalityX


    Ja, auch ich kann das gute Diskussionsniveau bei diesem Thema bestätigen, denn es beihaltet keine abschließende Meinungen.


    Ich möchte hier 2 Bemerkungen aufgreifen und ein wenig näher beleuchten:


    Das Niveau an den Stützpunkten ist nicht besonders hoch. Was dort spielt ist "best of the rest".


    Als man sich dazu entschied, ein flächendeckendes Talentfördersystem zu entwickeln, war man sich dessen bewußt, dass in einem begrenzten Gebiet auch immer ein hoher Zufälligkeitsfaktor eine Rolle spielt. D.h. je nach Jahrgang hat man eine gute Zusammensetzung der Mannschaft. Häufig abe sind es einzelne Talente, die besondere herausstechen. Mit ähnlichen Zufälligkeiten geht es dann weiter in die Verbands- und schließlich in die DFB-Auswahl! Aber welche Alternative gibt es dazu? Man kann sich die Talente ja nicht so basteln, wie man sie gerne hätte?


    Oder sollte man bei der Jahrg

    Für mich zählt gerade hier bis hin zur A-Jugend die These des angstfreien Lernes. Viele Spieler rufen ihr, von den Scouts prophezeites Potential, nicht ab weil sie sehr viel Angst vor körperlichen Schäden haben.


    Neben der Angst sich zu verletzen kommt sicher noch die Angst des Versagens hinzu. Denn leider gibt es immer noch sehr viele Eltern, die zu hohe Erwartungen "perfekt funktionieren zu müssen" in ihre Kinder projezieren.
    Eine Weiterentwicklung ist nur möglich, wenn man die Selbständigkeit (Entscheidungen zu treffen) fördert. Dabei setzen wir Erwachsene den Rahmen und entscheiden dabei, ob alle eine gleiche und faire Chance zur Weiterentwicklung haben oder ob unter den gesetzten Prämissen nur Dijenigen, die sofort alle gewünschten Fahigkeiten einsetzen, ihre nächsten Schritte machen dürfen.


    Die modernen Methoden (z.B. in der Spielnachbereitung) helfen zwar, weg vom früheren Frontalunterricht in interaktive, partnerschaftlich geprägte Lernprozesse zu gelangen. Doch leider setzen wir Trainer uns manchmal einen zu hohen Druck aus, weil die eigene Arbeit allzuhäufig von Dritten nur in Form von Ergebnissen gemessen wird. Man kann Fortschritte durch dosiertes Lob oder aber dosierte Kritik erzielen! Ein angstfreies lernen ist aber wohl eher durch dosiertes Lob zu erzielen. (Vor ein paar Tagen gab es eine große Emphörung über die Worte des Papstes, wonach es auch nicht entwürdigende Prügel gäbe! Leider gib`s jedoch auf unseren Plätzen in allen Alters- und Leistungsstufen Trainer, die einzelne, ihnen nicht sympathische Spieler ganz gerne mal verbale Prügel verpassen und ihren Spaß dabei haben. Sicher sind wir alle nicht perfekt, aber sollte ein Trainer seine Macht dazu mißbrauchen dürfen?)



    Und mag man während der Ausbildungsjahre sich noch damit beruhigen, dass ja immer noch Zeit für eine 2. oder 3. Chance bleibt, dann wundert man sich doch, wie viele Talente selbst einem Bundesligisten aus dem eigenen NLZ durch die Latten gehen und bei anderen Vereinen manchmal ganz groß auftrrumpfen. Der Übergang innerhalb der NLZ ist ein wenig besser geworden, jedoch kommen wir beim Übergang vom Junioren- in den Seniorenbereich leider immer noch im Thempo: "2 Schritte vor und 1 Schritt zurück" voran!


    fak
    ich denke mal, jeder sollte sich machbare Ziele aussuchen! Bei einem NLZ sollten es andere Ziele sein, als bei einem Dorfverein.

  • Noch eine Idee für das Warum: Die Spieler, die in einem NLZ spielen haben oft einen unfassbaren Ehrgeiz.


    Im Dorfverein kann man nicht köpfen, dann steht man bei der Ecke halt nicht im Fünfer oder man kann keinen Vollspannschuß, dann schießt man eben nicht aus der Distanz. Ich kenne nur ganz wenige, die wirklich an ihren Schwächen arbeiten. Ganz bewusst, während dem Training, vor und nach dem Training. Die meisten versuchen einfach, ihre Stärken noch weiter auszubauen.


    Die, die es in ein NLZ geschafft haben und noch weiter wollen, machen sich über alles Gedanken. Die arbeiten an sich und suchen sich zum Teil auch extra Situationen, in denen ihre Schwäche gefordert wird. Ein Kumpel von mir spielte bis zur B-Jugend für einen Zweitligisten. Ich weiß noch, wie er mal mit der flachen Hand gegen die Latte gehauen hat und sich die selbige prellte, weil er irgendeinen Trick mehrmals versiebt hat.


    So steigt das Niveau des Trainings erheblich an. Das macht dann später den Unterschied in Sachen Intensität.

  • Mich würde mal interessieren, wie die die permanente Manndeckung bei den NLZ-Teams (zumindest ist das mein Eindruck in den jungen Jahrgängen) von euch bewertet wird?
    Ich hatte eigentlich angenommen, dass das hauptsächlich einen ergebnistechnischen Hintergrund hat, aber damit fördert man ja auch genau das, was hier im Thread als Hauptunterschied zum Breitensport genannt wird (Handlungsschnelligkeit, Gegnerdruck, 1:1-Situationen, etc.). Ist die Manndeckung in der Ausbildung also gar nicht so verkehrt, wie sie immer gemacht wird?

    Hmm, siehst Du da wirklich immer Manndeckung? Beziehst Du das auf Feld- oder auf Hallenspiele? In der Halle sieht man das in der Tat oft, dass alle 4 Feldspieler zugedeckt sind und auch von ihren jeweiligen Pendants über das ganze Feld verfolgt werden. Und ja, ich denke schon, dass das positive Auswirkungen hat (unabhängig vom Ergebnis). Der Defensive lernt, permanent aktiv zu bleiben, er kann ja praktisch nie abschalten, weil er ständig auf die Bewegung seines Gegenspielers lauern muss. Und er lernt, den Gegenspieler permanent in den Zweikampf zu zwingen. Und wenn er den Zweikampf verliert, muss er im Vollspeed hinterher, sonst sehen seine Kollegen ganz alt aus. Der manngedeckte Offensivspieler muss sich dieses Drucks erwehren lernen, das ist auch ein Lerneffekt. Im Feld ist das aber nach meiner Wahrnehmung deutlich weniger ausgeprägt. Durch das größere Feld stehen sich hier die Gegenspieler nicht ganz so eng auf den Socken. Aber klar: Ballorientierung (was ja alle wollen) ist nicht gleichzusetzen mit Raumorientierung.


    Grüße
    Oliver

  • Wow. Vielen Dank für die Fülle an interessanten Beiträgen!


    4) Du kannst dich dem Niveau annähern, indem du "nach oben spielst" (das, was ihr versucht, indem ihr viele Gegner sucht, die eine Klasse höher spielen) oder zum Beispiel mit einer C1 gegen eine B-Jugend oder jahrgangsjunge B-Jugend spielst. Das ist anstrengend, sorgt aber für eine Anhebung des Niveaus auf Dauer.


    Das mit dem "nach oben spielen" ist für mich eine sinnvolle Konsequenz aus den Erfahrungen. Höherklassige Mannschaften, wenn möglich. Nächste Saison würde es dann wahrscheinlich auch mal in Richtung B-Jugend gehen, weil wir dann überwiegend älteren Jahrgang haben und eventuell auch Verbandsliga spielen, womit es dann mit höherklassigen Gegnern ohne ewige Fahrtzeit eng wird.


    5) Eure Liga ist nicht hoch/gut genug. Im Rhein-Main-Gebiet selber gibt es eine Liga auf vergleichbarer Ligastufe, die aber stärker ist (da Ballungsgebiet). Dort ist die Spielerqualität dann so hoch, dass du mit solch einer Mannschaft eher mal mithalten kannst als U15 "Ambitionierter Dorfverein" v U14 Leistungszentrum. Aber in der Regel bewegt sich das dann so von 1:1 bis 1:4.


    Zum Ende: Mit Mainz 05 hattet ihr euch auch einen Gegner ausgesucht, der sehr, sehr gut arbeitet. Gegen andere NLZ ist (etwas) mehr drin.


    Oh, ein aufmerksamer Leser =) . Mainz 05 war natürlich auch unter den NLZ ziemlich gehobenes Niveau. Dahin gibt's Kontakte und eine einigermaßen machbare Anfahrt. Es sollte ja auch ein Highlight sein und was zu lernen geben, was glaube ich beides hingehauen hat (wobei sich letzteres natürlich noch zeigen muss). Auch richtig ist sicherlich, dass wir aus der absoluten Fußballprovinz kommen. Ich habe keinen direkten Vergleich, hätte aber auch schon vermutet, dass gleich hohe Spielklassen in anderen Regionen stärker sind.



    1. Die Handlungsschnelligkeit der NLZ Spieler ist oftmals höher. Das liegt in der Tat an der Trainingsgruppe. Die Jungs müssen sich im Training immer mit den, zu diesem Zeitpunkt, am weitesten entwickelten Spielern ihres Jahrganges messen.
    Das kannst du mit deiner Trainingsgruppe aber auch ganz schnell erreichen. Lasse sie viel im 1 gegen 1 bis 4 gegen 4 auf kleinen Feldern spielen. Biete ihnen Umschaltspiele in sämtlichen Variationen an. usw.
    5. Fehler unter Druck sind dort seltener (aber warum glaubst Du dass?) Ihr konntet sie doch nicht unter Druck setzen.


    Zu 1: sinnvoller Tipp, danke.


    Zut 5: Unter Druck setzen in ihrer Hälfte konnten wir sie nicht, aber in unserer Verteidigungszone konnten wir Spieler am Ball schon unter Druck setzen. Unser Defensivverhalten ist ganz ordentlich und läuferisch konnten auch viele Mitspieler mithalten; nur konnten die Gegenspieler sich halt gut aus dem situativen Druck befreien.


    Vor allem die Nachbereitung eines Spiels/Trainings nimmt bei mir die meiste Zeit ein: Spieler werden benotet, Stärken/Schwächen-Profile werden vorbereitet, Gesprächsprotokolle werden notiert, Videoszenen geschnitten und vorbereitet, Leistungsdaten werden eingetragen. Die Dokumentation und Leistungsdiagnostik ermöglichen eine gezielte, individuelle Förderungen.


    Videoanalyse machen wir, trotz Dorfverein, auch recht regelmäßig. Da braucht man halt dann einen halb bekloppten (ich) und einen ganz bekloppten (Trainerkollege) Trainer für, dann bekommt man das auch hin. Bei den anderen Punkten würde mich mal interessieren, welchen davon du am hilfreichsten findest? Also welchen davon würdest du über die Videoanalyse hinaus umsetzen, wenn du nur einen weiteren machen könntest, und warum!?


    Mich würde mal interessieren, wie die die permanente Manndeckung bei den NLZ-Teams (zumindest ist das mein Eindruck in den jungen Jahrgängen) von euch bewertet wird?
    Ich hatte eigentlich angenommen, dass das hauptsächlich einen ergebnistechnischen Hintergrund hat, aber damit fördert man ja auch genau das, was hier im Thread als Hauptunterschied zum Breitensport genannt wird (Handlungsschnelligkeit, Gegnerdruck, 1:1-Situationen, etc.). Ist die Manndeckung in der Ausbildung also gar nicht so verkehrt, wie sie immer gemacht wird?


    Das finde ich auch eine sehr interessante Frage. Der traditionell stärkste Verein in unserem Kreis ist Kooperationspartner von Mainz. Wir haben uns in den letzten Jahren immer gefragt, wie es angehen kann, dass dort bis einschließlich D-Jugend eigentlich ausschließlich Manndeckung gespielt wird. Aber vor dem Hintergrund des Tenors in diesem Thread jetzt ist das, wie Schimanski schon beschreibt, vielleicht genau so gewünscht!?


    Noch eine Idee für das Warum: Die Spieler, die in einem NLZ spielen haben oft einen unfassbaren Ehrgeiz.


    Im Dorfverein kann man nicht köpfen, dann steht man bei der Ecke halt nicht im Fünfer oder man kann keinen Vollspannschuß, dann schießt man eben nicht aus der Distanz. Ich kenne nur ganz wenige, die wirklich an ihren Schwächen arbeiten. Ganz bewusst, während dem Training, vor und nach dem Training. Die meisten versuchen einfach, ihre Stärken noch weiter auszubauen.


    Die, die es in ein NLZ geschafft haben und noch weiter wollen, machen sich über alles Gedanken. Die arbeiten an sich und suchen sich zum Teil auch extra Situationen, in denen ihre Schwäche gefordert wird.


    Sicherlich ein wichtiger Punkt. Ist mir zuletzt bei einem unserer Stützpunktspieler extrem aufgefallen: wenn es gegen schwächere Gegner geht nutzt er einfach seine Schnelligkeit um als AV an allen vorbei zu rennen; gegen stärkere Gegner fehlen ihm dann Lösungen. Ständige Hinweise darauf zeitigen kaum Resultate; es reicht ja, um in den meisten Spielen gut auszusehen.




    2.) Schuster bleibe bei deinen Leisten, verbessere dein Jungs, dort wo es altersentsprechend Sinn macht und freue Dich wenn ein Spieler von dir an das NLZ wechselt.
    3.) Nutze jede Gelegenheit, um gegen Mannschaften aus den NLZ zu spielen. Denn nur dann weißt du wo dein Ausbildungsziel mindestens hinführen könnte. Du hast es ja selbst gesehen was machbar ist.
    Ganz nach dem Motto: "Nur wer groß denkt, kann auch Großes erreichen"


    2) Das Niveau an den Stützpunkten ist nicht besonders hoch. Was dort spielt ist "best of the rest". Die Besten sind in der Regel in den NLZ. Meiner Meinung nach sind die Stützpunkte nur die Vorauswahl, wer wirklich hoch hinaus will, muss in der D-Jugend weg vom Stützpunkt und hin zum NLZ.


    fak
    ich denke mal, jeder sollte sich machbare Ziele aussuchen! Bei einem NLZ sollten es andere Ziele sein, als bei einem Dorfverein.


    Sehr richtige Hinweise. Allerdings ist bei uns kein NLZ unter 100km zu erreichen. So ist es auch eines unserer Ziele, talentierten eigenen Spielern (und mittlerweile auch einigen aus dem näheren Umkreis) möglichst lange eine Ausbildung anbieten zu können, die nicht dermaßen weit weg von der in den großen Vereinen, dass dann schon alles verloren ist, wenn ein Wechsel vielleicht erst Ende der C-Jugend erfolgt. Selbstverständlich können wir uns also nicht mit einem NLZ messen, es wäre auch Quatsch, das zu wollen. Nur soll eben der Unterschied nicht so groß sein, dass einem Kind, das in der Fußballprovinz aufwächst schon durch den Geburtsort der Weg mehr oder weniger verbaut ist. So wie wir aktuell aufgestellt sind, sind wir denke ich auch in der Lage, das in einem gewissen Maße zu leisten, ohne dabei unsere originären Aufgaben als Dorfverein zu vernachlässigen. Durch das Spiel am Wochenende ist halt klar geworden, dass es da wohl auch noch einiges zu verbessern gibt.

  • ....was verspricht sich das NLZ von solchen Spielen ?
    Wollen die einfach mal ihr Niveau ausloten, indem sie auch nach unten testen?
    Oder suchen sie bewußt etwas leichtere Gegner, die es erlauben, technische oder taktische Vorgaben auszuprobieren ?


    Jedes Ding hat drei Seiten: Eine die du siehst, eine die ich sehe und eine die wir beide nicht sehen.


  • Mich würde mal interessieren, wie die die permanente Manndeckung bei den NLZ-Teams (zumindest ist das mein Eindruck in den jungen Jahrgängen) von euch bewertet wird?
    Ich hatte eigentlich angenommen, dass das hauptsächlich einen ergebnistechnischen Hintergrund hat, aber damit fördert man ja auch genau das, was hier im Thread als Hauptunterschied zum Breitensport genannt wird (Handlungsschnelligkeit, Gegnerdruck, 1:1-Situationen, etc.). Ist die Manndeckung in der Ausbildung also gar nicht so verkehrt, wie sie immer gemacht wird?


    Tatsächlich ist eine Manndeckung in jüngeren Jahrgängen vorgegeben. Zum Beispiel schreibt der NFV seinen Stützpunkten vor, in der Halle 1-2-1 zu spielen, da es auf dem Platz immer zu 1-gegen-1-Situationen kommt. Die Spieler sollen individualtechnisch und -taktisch ausgebildet werden. Das Gewinnen einer 1-gegen-1-Situationen hat einen sehr großen Stellenwert in der Ausbildung. 1-gegen-1-Situationen, Minifeld-Spiele (bis 4-gegen-4), Finten und Abkappbewegungen nehmen die meiste Zeit im Training ein.


    Auch der DFB teilt diesen Ansatz: " [...] die Spieler auf verkleinertem Feld [haben] viele Ballkontakte. Dadurch ergeben sich hohe Anforderungen an die technischen Fertigkeiten und Fähigkeiten unserer Spieler, die Kleinraummotorik wird besser geschult. Durch das kleinere Spielfeld kommen die Spieler oft in 1-gegen-1-Situationen, es ergeben sich zwangsläufig mehr Torabschlüsse. So haben die Kinder mehr Erfolgserlebnisse und die Freude am Fußballspiel wird gesteigert. Zudem bietet das Spiel auf kleinem Feld eine altersgemäße Raumorientierung und -aufteilung."


    Allerdings lässt sich nicht pauschal sagen, dass (immer) mannorientiert verteidigt wird. Wir spielen in der Halle defensiv 2-2: Die offensiven Spieler verschieben ballorientiert und doppeln situativ. Die defensiven Spieler orientieren sich auch erst bei gegnerischen Spieleröffnung im Raum, z.B. sehr tief stehende Gegner werden nicht eng gedeckt, sondern unsere Spieler stellen sich vor dem Spieler im Raum. Außerdem werden Spieler übergeben, wenn z.B. offensive Gegenspieler kreuzen.


    Auch auf dem Feld lassen wir bei gegnerischen Spielaufbau raumorientiert verteidigen (ballentfernte Spieler werden nicht gedeckt, in Ballnähe wird Überzahl geschafft). Je näher die Gegenspieler dem Abwehrdrittel kommen desto mannorientierter wird verteidigt. Bei Standards bevorzugen wir die Gemischte-Form: Festgelegte Zonen werden im Raum verteidigt. Die restlichen Spieler verteidigen mannorientiert.


    Sicherlich lassen wir zum einen so spielen, da wir es als erfolgreicher einschätzen (Ergebnisdruck), zum anderen als Vorbereitung auf das Großfeld (Übergang U13 zu U14). Es schult die Wahrnehmung und das technische Verständnis -> Spielintelligenz.


    Zitat von »personalityX«
    Vor allem die Nachbereitung eines Spiels/Trainings nimmt bei mir die meiste Zeit ein: Spieler werden benotet, Stärken/Schwächen-Profile werden vorbereitet, Gesprächsprotokolle werden notiert, Videoszenen geschnitten und vorbereitet, Leistungsdaten werden eingetragen. Die Dokumentation und Leistungsdiagnostik ermöglichen eine gezielte, individuelle Förderungen.


    Videoanalyse machen wir, trotz Dorfverein, auch recht regelmäßig. Da braucht man halt dann einen halb bekloppten (ich) und einen ganz bekloppten (Trainerkollege) Trainer für, dann bekommt man das auch hin. Bei den anderen Punkten würde mich mal interessieren, welchen davon du am hilfreichsten findest? Also welchen davon würdest du über die Videoanalyse hinaus umsetzen, wenn du nur einen weiteren machen könntest, und warum!?


    Ohne zwingend eure Videoanalyse kritisch in Betracht ziehen zu müssen, möchte ich doch gerne wissen, ob ihr nur Spiele aufnehmt oder auch Training aufzeichnet? Aus welche Perspektive wird aufgenommen? Was sind die Schwerpunkte bei der Szeneauswahl? Ich denke, dass Videoanalyse ein nicht ausgeschöpftes Potenzial hat. Wir konzentrieren uns bei der Videoanalyse hauptsächlich auf einzelne Spieler und korrigieren Körperhaltung, Stellung zum Spiel, technische Ausführung, Entscheidungsqualität (u.v.m.). Ich kenne auch die Videoanalyse ambitionierter (Dorf-)Vereine: Dort werden nur Spiele aufgenommen und in älteren Jahrgängen Mannschaftstaktiken besprochen. Im Gegensatz bekommen in NLZ Spieler wöchentliches und persönliches Video-Feedback. Ein Vorteil der NLZs gegenüber (Dorf-)vereinen (auch da es Extra-Personal je nach Spielklasse gibt).


    Ich finde das Erstellen von Stärken und Schwächen-Profilen als wichtigste Aufgabe. Vor dem Hintergrund einer ausbildungsorientierten und individuellen Entwicklung kann ich so meinen Spielern gezielt helfen.



    ....was verspricht sich das NLZ von solchen Spielen ?
    Wollen die einfach mal ihr Niveau ausloten, indem sie auch nach unten testen?
    Oder suchen sie bewußt etwas leichtere Gegner, die es erlauben, technische oder taktische Vorgaben auszuprobieren ?


    Bei diesen Spielen geht es um keinen Leistungsvergleich. Als Testspiel, neue Vorgaben auszuprobieren, kann man diese Spiele sicherlich werten. In der Regel wird man von den (kleineren) Vereinen angefragt und es ist bekannt, dass Spiele i.d.R. besser als Training sind.

    "Don't forget to love your haters. They keep you motivated."

  • ....was verspricht sich das NLZ von solchen Spielen ?
    Wollen die einfach mal ihr Niveau ausloten, indem sie auch nach unten testen?
    Oder suchen sie bewußt etwas leichtere Gegner, die es erlauben, technische oder taktische Vorgaben auszuprobieren ?


    In unserem Fall war es so, dass die Anfrage von uns kam und dass persönliche Kontakte bestehen. Ich denke, dass wir als Gegner an der unteren Grenze dessen waren, was irgendwie sinnvoll sein kann. Die gegnerischen Spieler konnten das Spiel nicht mit larifari-spielen so deutlich gewinnen, die mussten schon Gas geben für das deutliche Resultat. Und wenn man das dann als Heimspiel haben kann ist das denke ich auch für die ok in der Vorbereitung mal.

  • personalityX


    Wir rutschen hier ein wenig durch die Jahrgänge zwischen D und C-Jugend sowie durch die Unterschiede zwischen dem Hallen- und Feldfussball. Aber das macht weiter nichts, weil es sich auf einem sehr guten Niveau befindet.


    Das Defensivverhalten im torgefährlichen Raum hat sich noch am wenigsten verändert. Hier bleibt dem Abwehrspieler nicht viel Zeit zur Übergabe, weil dem Gegner schon ein halber Meter Raumfreigabe zum erfogreichen Torabschluß genügt. Hinzu kommt, dass ein Keeper sich auf seine Vorderleute verlassen muß, weil er dann die besten Abwehrchancen hat, wenn er nicht mehr die gesamte Torfläche abdecken muß!


    Aber auch im Feld gibt es genügend Situationen, in denen es (z.B. aufgrund eines unpräzisen oder aber gut vorausgeahnten Paß) 1 gegen 1 Situationen gibt. Der Duellsieger schafft eine neue Situation, auf die sich der Gegner zunächst einmal einstellen muß.


    Eine Mannschaftstaktik als "ballorientiert" zu bezeichen bedeutet ja nicht, als dass wir uns nicht mehr "gegnerorientiert" bewegen sollen! Allerdings besteht das permanente Bedürfnis, vor und beim Ballbesitz, sich auch immer vom Gegner lösen zu wollen. Wenn das nicht immer gelingt, dann liegt es mal am verspringenden Ball und mal am gut orientierten Gegner!


    Der Fussball ist auch viel zu facettenreich, um ihn unnötigen Zwängen auszusetzen. Am besten ist, man läßt ihn zelebrieren und hat immer eine Idee, wie man`s noch ein bißchen besser machen kann!