Nehmen Trainer sich zu wichtig?

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  • Da sind wir zwei einer Meinung.

    Mir ging es oben in erster Linie um den ballführenden Spieler. War vielleicht nicht deutlich genug von mir.
    In Game Coaching ist ein wichtiger Punkt, in dem Alter (E, F tlw D Jugend) sehe ich das beim Ballträger aber eher als nicht förderlich an da die Kiddies am Ball ihre eigenen Erfahrungen zur Situationslösung finden sollen.

  • Das aktive eingreifen ins Spiel, das Profitrainer betreiben, ist integraler Bestandteil im Erwachsenenfußball, wo fertig ausgebildete Spieler als Mannschaft (zu der auch der Trainer als "zwölfter Spieler" an der Außenlinie gehört) zum Erfolg kommen wollen. Ob man das dann so aktiv und steuernd (böse Zungen würden sagen per Joystick ;) ) wie Guardiola und Arteta, oder eher stoisch wie Ancelotti macht ist letztendlich egal und am Ende gibt der Erfolg demjenigen Recht der oben steht.

    Was da passiert hat meiner Meinung nach im Jugend- und vor allem im Kinderfußball nichts verloren.

    Wie sollen Kinder lernen was "richtig" oder "falsch" ist bzw. erfolgreich oder nicht, wenn fast jeder Schritt vom Trainer vorgegeben wird.

    Aufmuntern, aufwecken, loben, nach einer Aktion die eventuell bessere Alternative aufzeigen, den Spieler nach guten und weniger guten Aktionen kurz an die Seitenlinie oder auf die Bank holen um etwas zu erklären, das kann richtig sein.

    Gerne auch Impulse für richtiges Verhalten in Spielsituationen.

    Wenn ein Verteidiger zu weit aufrückt und dadurch den gegnerischen Stürmer allein stehen lässt, ist es aber auch da besser zu rufen "Schau mal nach hinten" oder "Schau dich mal um", statt zu sagen "Geh zurück und deck den Stürmer ab".

    Der Spieler soll sehen, dass da jemand steht und dann entscheiden was er daraus macht. Wenn es schief geht, kann man hinterher sagen, es wäre besser gewesen, du hättest den Stürmer bewacht, statt auch noch nach vorn zu laufen".

    Der Grad zwischen Coaching und Joystick ist verdammt schmal und die Gefahr, dass wir dabei im Eifer des Gefechts zu Guardiolas und Artetas werden , ohne es eigentlich zu wollen ist ziemlich groß.

    Darum bin ich dafür bei Funino die Kids komplett alleine spielen zu lassen und mich lediglich um Wewehchen und traurige Spieler zu kümmern.

    Sobald auf Tore mit Torhütern gespielt wird kann dosiertes Coaching Sinn ergeben. Aber wirklich nur so viel wie nötig und im Zweifel, wenn Gefahr besteht zum Joystick zu greifen besser mal die Klappe halten.

    Klar wird mit jedem Jahr die Aufnahmefähigkeit der Spieler besser und ein C-Jugend-Spieler, dem der Trainer gesagt hat "lauf dahin" wird auch erkennen, dass die Anweisung des Trainers sinnvoll war und beim nächsten mal vielleicht von selbst auf die Idee kommen.

    Bei F- und E-jugendlichen wäre mir die Gefahr zu groß, dass die Kinder ständig warten, dass der Trainer sagt was zu tun ist bzw. in jeder Situation das machen was der Trainer bei letzten mal vorgegeben hat, auch wenn es jetzt gar nicht passt.

  • Der Grad zwischen Coaching und Joystick ist verdammt schmal und die Gefahr, dass wir dabei im Eifer des Gefechts zu Guardiolas und Artetas werden , ohne es eigentlich zu wollen ist ziemlich groß.

    In der Tat. Man will zwar auch den direkten Erfolg (Belohnung für die Mannschaft), aber eben auch den langfristigen Erfolg in Form von stabilen, selbstbewussten und technisch versierten Spielern.

    Ich denke, die Trainer sind durchaus wichtig. Sie tun das zumeist ehrenamtlich im Breitensportverein und nicht als Profi-Nachwuchscoach.

  • Ja, das mit dem "joystick" ist so ne Sache.....

    Hatte mal ein u-15 Spiel in England, der rechte Verteidiger war eigentlich Torwart, aber da hatte ich schon den U13-Spieler drin.

    Dachte mir, dirigierst ihn ein Wenig, damit er keine allzu großen Schnitzer baut.

    Nach so ner Viertesltunde maulte er mich an: halt endlich die Klappe ich kann mich so nicht konzentrieren.

    Also gut, bin ich weg, war noch nicht halb um den Platz rum, da fiel schon aufgrund seines Fehlers das 1:0 für die Engländer, nach weitern 8 Minuten das 2:0.

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    Dachte mir, dirigierst ihn ein Wenig, damit er keine allzu großen Schnitzer baut.

    Nach so ner Viertesltunde maulte er mich an: halt endlich die Klappe ich kann mich so nicht konzentrieren.

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    In den ersten Jahren im Erwachsenenbereich dirigiert den jungen AV dann der erfahrene IV, da mault keiner :) solange es wirklich nur ein leiten und kein steuern ist, finde ich es akzeptabel. Ich coache defensiv vor allem Abstände und die Zuteilung, manche Spieler muss ich leider noch per "X nimm Nummer 18" einteilen, beim Großteil reicht aber schon ein "X welcher Gegenspieler ist gefährlichr für unser Tor?"


    Gestern war ich wieder bei einem klassischen Joystick-Spiel: U13, untere Klasse, da ging's nur: "spiel rechts", "schieß!", "lass den Ball zum Einwurf raus", "spiel die Ecke kurz", "Tooooormaaaaann!!!", "wo stehst du, das ist nicht deine Position" (Kind hat es mMn aber richtig gemacht, denn der entsprechende Raum im MF war dadurch besetzt, wäre er auf seiner Position geblieben ["rechter Stürmer"] wäre im Zentrum 30m ein Loch gewesen :whistling: ) .. war echt nicht schön anzusehen und vor allem nicht anzuhören.

  • Ich bin inzwischen von der U8 mit

    gar nichts sagen,

    über verschiedene Varianten von Fragestellungen in der U9 "Was siehst du hinter Dir?", "Wo kannst du dich besser anbieten?", "Welcher Gegner ist gefährlich?"

    über konkretere Tips in der U10 "Schau Mal nach links!", "vor dir ist viel Platz!"

    bis zu klaren Anweisungen in der U11 gekommen.

    Selbst auf ein "links von dir steht ein Gegenspieler ganz frei und ist gerade sehr gefährlich!" ernte ich bei manchen Kindern trotzdem nur ein gefühltes Schulterzucken.

    Und das obwohl wir schon immer viel angeleitet trainieren und die Kinder immer selbst erleben lassen, was eine gute oder schlechte Möglichkeit ist.


    Ich habe keine Lust Joystick zu spielen. Ich habe aber auch keine Lust mehr planlos rennenden, bzw. stehenden Kindern zuzuschauen. Das hat nichts mit "Wichtig nehmen" zu tun.


    Bei manchen Kindern funktioniert das wunderbar, bei manchen (und bei uns sind es ziemlich viele) halt überhaupt nicht.

  • Hmm,

    ich sehe das ein wenig anders denke ich als meine Vorredner. Ich bin ein total Fan davon so wenig wie möglich ins Spiel von außen rein zu instruieren, egal ob vom Trainer oder von den Eltern. Zum einen habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Kids sowieso eh so im Tunnel sind und Bock aufs Zocken haben usw. dass die absolut gar nix davon aufnehmen was man denen dann wohlmöglich zu"schreit". Zum anderen sieht man bei den Mannschaften die viel instruiert werden immer wieder auch, dass diese ohne Anleitung etc. auf einmal selbstständig gar nix mehr zu Stande kriegen. Sie sind gar nicht in der Lage eigenständige Entscheidungen zu treffen, egal erst mal ob korrekte oder nicht so gute Entscheidungen.

    Was mir außerdem noch aufgefallen ist ist, dass die Spielerisch besten Mannschaften die ich in den letzten Jahren so gesehen habe, darunter einige NLZ und Lizenzvereine aus dem In und Ausland, während dem Spiel so gut wie GARNICHT angeleitet wurden. Und die haben einfach nur geil gezockt und es war meistens eine brutale Augenweide deren Spielwitz zu sehen. Da war mit Sicherheit auch nicht immer alles korrekt entschieden, aber muss es das denn? So haben die Kids doch eine direkte Rückmeldung über eine gute oder nicht so gute Entscheidung die getroffen wurde.

    Was man sicherlich schon mal machen kann ist, das Kind mal isoliert im Spiel kurz zu sich holen, sollte es die Spielsituation hergeben, und fragen wie man die Situation (die evtl. nicht gut gelöst wurde) durch Fragestellung selbst erörtern zu lassen und weiter gehts.

    WICHTIG IMMER: Bestärken in guten Aktionen usw. und nicht RUND machen wenn es mal einen Fehler macht.

  • Ja, das mit dem "joystick" ist so ne Sache.....

    ..............................Dachte mir, dirigierst ihn ein Wenig, damit er keine allzu großen Schnitzer baut.

    Nach so ner Viertesltunde maulte er mich an: halt endlich die Klappe ..............

    Jemanden, der auf der Position keine Erfahrung hat zu dirigieren ist für mich nicht Joystick. Gerade hinten in der Verteidigung macht das durchaus Sinn. Da geht es ja auch weniger um Kreativität als vorne. Wenn er tatsächlich zu Dir gesagt hat:"Halt die Klappe," dann ist das ein absolutes No Go. Darfst Du Dir nicht gefallen lassen sonst verlierst Du den Respekt der anderen Spieler.

  • Wenn er tatsächlich zu Dir gesagt hat:"Halt die Klappe," dann ist das ein absolutes No Go. Darfst Du Dir nicht gefallen lassen sonst verlierst Du den Respekt der anderen Spieler.

    Naja, wenn jemals ein Spieler sowas zu mir sagen sollte würde ich mich erstmal selber fragen, wie er dazu kommt. Hat das was ich ihm sage keine Substanz? Vermittle ich ihm den Eindruck, keine Ahnung zu haben? Rede ich zu viel?

  • Der Grad zwischen Coaching und Joystick ist verdammt schmal und die Gefahr, dass wir dabei im Eifer des Gefechts zu Guardiolas und Artetas werden , ohne es eigentlich zu wollen ist ziemlich groß.

    Da kommt dann das eigene Verhalten als Spieler dazu: ich spreche mit meinen Spielern so, als würde ich neben ihnen auf dem Platz stehen und gebe ihnen dementsprechend dann Hinweise. Ich würde im Herrenbereich (bin IV) auch meinen Außenverteidiger vorschieben oder zurückholen. Wenn im Jugendbereich (ich spreche hier von Großfeld) der IV das nicht macht, mache ich es halt. Aber die Erwartungshaltung ist schon, dass der gecoachte Spieler das adaptiert und in der nächsten Situation selbst erkennt.


    Ich hab mal den Test gemacht (ich meine, es war in der B-Jugend): Ich habe im Training einen Spieler genommen (der hat sich freiwillig gemeldet) und habe mal das Joystick-Prinzip bei ihm angewendet. Und im Training ausschließlich ihn gecoacht, aber durchgängig pausenlos. War für alle Beteiligten richtig nervig. Ich frage mich, wie Leute das freiwillig machen oder über sich ergehen lassen können.

    Sicher gibt es Situationen, in denen das vielleicht sogar eine gute Methode ist: im Herrenbereich hatte ich einen Mitspieler, der war ein absoluter Straßenfußballer, der konnte technisch alles. Aber taktisch hat der die einfachsten Sachen nicht kapiert, da wäre so ein Einzelcoaching sicher sinnvoll gewesen, aber wäre wahrscheinlich nichts hängen geblieben.


    Im Jugendbereich halte ich die Methode für falsch, wenn das nötig wäre, ist der Spieler noch nicht bereit, unter Wettbewerbsbedingungen zu spielen, wenn die Erwartungshaltung des Trainers ist, dass er fehlerfrei spielt.

    "Diese Antwort brauchen sie mir nicht zu stellen"

  • Naja, wenn jemals ein Spieler sowas zu mir sagen sollte würde ich mich erstmal selber fragen, wie er dazu kommt. Hat das was ich ihm sage keine Substanz? Vermittle ich ihm den Eindruck, keine Ahnung zu haben? Rede ich zu viel?

    Man kann oder sollte sogar sich immer auch selbst infrage stellen. Aber selbst wenn ich der letzte Horst als Trainer bin, darf keiner halt die Klappe zu mir sagen. Sage ich auch nicht zu den Jungs. Ich kann auch schon mal sauer sein aber achte peinlich darauf, nicht beleidigend, persönlich oder ausfallend zu werden.

    Wenn ein Spieler so was sagt, würde ich mich erst mal fragen, was der für eine Kinderstube genossen hat. Und dann würde ich ihn mindestens für den Tag vom Spiel oder Training befreien.