Das 0:6 war erschreckend schwach, kein Spieler hatte sein normales Leistungsniveau. Sané meiner Meinung nach der schlechteste Spieler auf dem Platz, Kroos kam mit seinem Geschwindigkeitsdefizit gar nicht in die Zweikämpfe, die Viererkette viel zu wild und unförmig und was Gnabry in den letzten 15 Minuten praktiziert hat, war eine bodenlose Frechheit gegenüber seinen Teamkollegen.
Aber man muss auch das Spiel ganz realistisch betrachten: man liegt zur Halbzeit mit 0:3 zurück, darunter zwei Kopfballtore nach Ecken und ein Abpraller von der Latte. Klar kann man die Tore verhindern, aber ich weigere mich, Tore nach Ecken als Indikator für spielerische Unterlegenheit zu nehmen. Klar war man unterlegen, aber die Tore fallen nicht deshalb. Mit einem 0:1 zur Halbzeit kommt man sicher auch mit einer anderen Einstellung aus der Kabine.
Wenn man mit 0:3 aus der Pause kommt und die Spanier genau so weitermachen, sogar sofort das vierte nachlegen, ist die Einstellung ganz unten. Ich möchte damit nicht diese "Leistung" schönreden oder rechtfertigen, aber zumindest ist es eine menschliche Erklärung, warum man nach einem Rückstand weiter auseinanderfällt. Wie der Trainer schon sagte: "Rabenschwarzer Tag" - hat jeder von uns Trainern sicher auch schonmal erlebt - als Spieler oder an der Seitenlinie. Ich bin mir sicher, dass ihr auch nicht über einen Rücktritt nachgedacht habt, als ihr das letzte mal hoch verloren habt.
Die Spanier waren gestern einfach geil drauf, jeder Einzelne. Egal wer für wen eingewechselt wurde, da wollte jeder. Vergleichbar mit unserem 7:1 gegen Brasilien. Wenn der Gegner in jeder Aktion einen Schritt schneller läuft UND denkt, macht das den Kopf einfach nur kaputt. Es ist natürlich schade, dass wir deutschen nun so hoch verloren haben, aber man muss es auch mal realistisch sehen.
Was hätte man anders machen können? Mir hat gegen die Ukraine ziemlich gut gefallen, dass Koch den 6er gegeben hat und die Absicherung vor der Abwehr war. Selbst spielerisch nach vorne war das stark für einen gelernten Innenverteidiger. Gestern haben wir dort mit Kroos, Gündogan und Goretzka gespielt, das ist für den Ballbesitz und Umschaltverhalten sicherlich noch eine Ecke stärker, aber defensiv war das einfach nichts im Zentrum. Da hätte vielleicht ein klarer Abräumer mit strikten Defensivaufgaben gut getan. Wir haben nunmal auch viele gefährliche Aktionen der Spanier durch Konter zugelassen, weil die Laufbereitschaft fehlte und die Absicherung zu dünn war. Mit Koch vor den IVs hätte man zumindest verhindern können, dass die Spanischen Flügel im eins gegen eins auf den Innenverteidiger zulaufen. Vielleicht scheiterte diese Variante aber auch nur daran, dass Rüdiger gesperrt war und Koch deshalb in der Innenverteidigung gebraucht wurde.
Positiv bei den Spaniern ist mir aufgefallen, dass sie im Spielaufbau deutlich höher stehen und mit ZWEI Innenverteidigern spielen. Vorteil: Der Ball kann ziemlich schnell verlagert werden und durch die Verlagerung entstehen Lücken, durch die die Angriffe eingeleitet werden konnten.
Negativ dagegen ist mir bei den deutschen aufgefallen, dass sie in der breiten Dreierkette aufbauen. Zum Teil lässt Kroos sich sogar nach außen fallen. Verlagerungen sind fast unmöglich und es ist ziemlich leicht auszurechnen.
Beides ist natürlich auch dem Pressing des Gegners geschuldet, die deutschen haben attackiert, während das spanische Pressing um den Strafraum herum der Wahnsinn war!
Ich möchte jetzt auch Löws Arbeit nicht an einem 0:6 festmachen oder bewerten, wenn er die EM-Quali als Sieger abgeschlossen hat und seit über 14 Monaten nicht verloren hat. Ich kann doch einen Trainer nicht negativ nach Ergebnissen bewerten, wenn er jetzt das erste mal seit über einem Jahr verloren hat. Denn gehen wir nun 25 Monate zurück, hat er in der Zeit nur 2 Spiele verloren. Das reicht mir nicht, um von "vielen schlechten Ergebnissen" zu sprechen.
Die Spiele gegen die Ukraine, die Schweiz und das Hinspiel gegen Spanien waren auch nicht so schlecht, dass man hier von einer Leistung sprechen kann, die sich angedeutet hat. Ich komme einfach zu dem Schluss, dass es tatsächlich ein absolut missglückter Auftritt war, bei dem viele Spieler einfach einen Tiefpunkt hatten. Die Spieler waren vielleicht einfach vom Kopf her nicht bereit für das letzte Spiel des Jahres.
Aber das hat ja auch zum Teil MIT Boateng, Hummels und Müller Tradition: Ich erinnere an 2018 (2:2 gegen die Niederlange nach 2:0-Führung), 2017 (2:2 gegen Frankreich mit schwacher Leistung und Glück in der Nachspielzeit), 2015 (0:2 gegen Frankreich, ähnlich Chancenlos wie gestern), 2012 (4:4 gegen Schweden nach 4:0-Führung) und exakt gestern vor 10 Jahren: das 0:0 gegen Schweden mit vielen Debüts und ohne richtige Torchancen. Da waren einige erbärmliche Spiele dabei und das waren für das Jahr gesehen meist auch die schlechtesten. So auch in diesem.