Ideen von Matthias Lochmann ITK 2018

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  • Wieviele Mamas und Papas drehen denn durch? So in %? Würde mich wirklich interessieren.


    Natürlich habe ich da keine exakten Statistiken, das erwartest du vermutlich auch nicht :)


    Das Problem wird auch vom DFB als so schwerwiegend eingestuft, dass in diesem Jahr etwa die Aktion "Eltern als Vorbild" initiiert wurde.


    Subjektiv kann ich über meine persönlichen Eindrücke sagen: Aggressive Eltern, die sich daneben benehmen, erlebe ich ständig. Eine Schlägerei habe ich selber noch nicht erlebt, aber schon mehrere brenzlige Situationen mit heftigen Kraftausdrücken bis hin zu Gewaltdrohung (einmal wurde sogar mit dem Baseballschläger gedroht).


    Es ist schon schade das ein Horst Wein das alles vor vielen Jahren erdacht hat und wir es heute noch immer nicht flächendeckend hinbekommen.

    In Spanien wird auch 6+1 gespielt. Es gibt übrigens auch Tabellen, sogar schon bei den Kleinsten; Tabellen und Spielergebnisse sind öffentlich für jeden einsehbar, ist kein Problem. Man muss allerdings auch sagen, Ergebnisse wie unser 36:0 sucht man da vergebens.


    Ich glaube, dass man da sehr viel Fußball-speziischer schauen muss, als Lochmann das tut. Lochmann schaut auf die Zahl der Ballkontakte im Spiel oder die Zeit, die wie viele Kindern zum Spielen zur Verfügung steht. Sein Argument ist ja auch nicht (jedenfalls nicht in erster Linie), dass die Ausbildungsqualität besser wird, sondern dass die Selektionsbasis (sic!) größer wird.


    Bei der Ausbildungsqualität ist sein Argument lediglich, dass der Spielbetrieb sich auf das Training rückkoppelt. Da ist natürlich an sich nichts gegen zu sagen, aber inwieweit das die Qualität des Trainings wirklich verbessert, da finde ich seinen Vortrag eher dünn.


    Allein Orga-Fragen (wie ist das Spielsystem organisiert?) ist mir darum zu wenig.



    Mir fehlt das Thema, wie die fußballspezifische Ausbildung verbessert werden kann. Anfang der 2000er waren m.E. die bahnbrechenden Neuerungen nicht die NLZs, sondern die technischen und taktischen Neuerungen, die Abkehr vom deutschen Rumpelfußball, Libero, Manndecker und Vorstopper.


    Ich erinnere an Mehmet Scholl: "Die Kinder müssen abspielen, dürfen sich nicht mehr im Dribbeln ausprobieren. Sie kriegen nicht die richtigen Hinweise, warum ein Pass nicht gelingt, warum ein Dribbling nicht gelingt, warum der Zweikampf verloren wurde. Stattdessen können sie 18 Systeme rückwärts laufen und furzen."

    Quelle: https://www.focus.de/sport/fus…nolog-aus_id_7957946.html


    Ich habe mal ein Training beobachtet. Da standen sich die Kinder gegenüber, sollten sich die Bälle zupassen. Der Trainer schrie herum, wenn es nicht klappte. Gezeigt hat er nichts. Warum sind denn die Trainersöhne oft so gut? Weil sie zuhause einen Individualtrainer haben, der ihnen die Technik vernünftig zeigt.


    Unser Sohn spielt Geige. Da musste er am Anfang ganz stur die Bewegungen einüben. Saite für Saite mit dem Bogen bespielen. Immer den ganzen Bogen durchziehen. Pelé hat in Bezug auf seine Fähigkeiten mit dem Ball gesagt "Es ist alles nur Übung."


    Außerdem fehlt mir bei Lochmann das Thema "Kreativität". Aber das sei nur nochmal beiläufig erwähnt, dazu habe ich jetzt ja schon viel geschrieben.

    "There is only one ball, so you need to have it." (J. Cruyff)

  • Mal eine einfache Frage: Hast Du das Horst Wein Buch : Spielintelligenz .... gelesen oder nicht????


    Zitate wie: Man muß fußballspezifischer schauen als Lochmann das tut etc. lassen mich da an Deinem Grundwissen zu Funino zweifeln...

    Bei einem Fußballspiel verkompliziert sich allerdings alles durch die Anwesenheit der gegnerischen Mannschaft (J.P.Satre)

    Einmal editiert, zuletzt von Trainer E ()

  • Hallo Zusammen,


    mich würde mal ein Link zu den Kinder- & Jugendfussball Tabellen in Spanien interessieren, da ich aktuell sehr intensiv an dem Thema Funino und Kinderfussball arbeite, da ich finde hier liegt vieles im argen und es zuviel Hürden gibt etwas zu vereinheitlichen.


    Danke und Grüße

    FuninoKL

  • Du vergisst eins: wir reden hier von in erster Linie Bambinis und F-Jugend. Ausbildungsziele sind Bewegungserfahrungen, später dann fussballspezifische Grundtechniken in Grobform.

    Hierfür sind viele Ballkontakte einfach unverzichtbar. Eine Traube von Kindern, wo am Ende 2-3 den Ball bekommen und der Rest kichernd und mit viel Spaß neben her läuft, macht den Kleinen Spaß weil sie es nicht besser kennen. Und was lernen sie dabei am Ball? Nix, weil sie ihn nie bekommen.
    Ich habe gestern wieder so einem gruseligen F-Jugendtraining zuschauen dürfen. Abschussspiel: 8:8.


    Für mich geht in dem Alter kein Weg an Kleinfeldspielen vorbei.
    Versuche, im kleinen ein Funinoturnier zu organisieren, sind jedoch am fehlenden Interesse der anderen Trainer gescheitert. Viele haben von Funino noch nie gehört. ;(

    Und für unsere Kinder wird das leider inzwischen zeitlich knapp.

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!

  • ich dachte das wäre ein F-Jugend Ergebnis bei euch im Kreis gewesen und nicht ein Ergebnis eurer Mannschaft?!?

    Ja, das war ein Ergebnis bei uns im Kreis, nicht wir :)


    Hierfür sind viele Ballkontakte einfach unverzichtbar. Eine Traube von Kindern, wo am Ende 2-3 den Ball bekommen und der Rest kichernd und mit viel Spaß neben her läuft, macht den Kleinen Spaß weil sie es nicht besser kennen. Und was lernen sie dabei am Ball? Nix, weil sie ihn nie bekommen.

    Bin ich 100%ig bei dir. Auch mit den "Ball-Staubsaugern" hat Lochmann ja recht. Ich seh da aber jetzt auch nicht so den Widerspruch zu meinen Ausführungen :/

    "There is only one ball, so you need to have it." (J. Cruyff)

  • Ok. Du schriebst -unser- 36-0... kann man falsch verstehen...

    Hast du denn das buch gelesen oder dich eingehend mit h.wein und Matthias lochmanns arbeit beschäftigt oder nicht???? Die Antwort darauf fehlt mir noch

    Bei einem Fußballspiel verkompliziert sich allerdings alles durch die Anwesenheit der gegnerischen Mannschaft (J.P.Satre)

  • Für mich geht in dem Alter kein Weg an Kleinfeldspielen vorbei.

    Nicht nur in diesem Alter. Kleinfeldspiele sind in jedem Alter die beste Möglichkeit viele spielnahe Ballkontakte zu ermöglichen.

    I've missed more than 9000 shots in my career. I've lost almost 300 games. 26 times, I've been trusted to take the game winning shot and missed. I've failed over and over and over again in my life. And that is why I succeed. (Michael Jordan)

  • Matthias Lochmann spricht im Video (ab min. 4:00) auf dem Platz von 50 Spielen zur Entwicklung von Kindern und insgesamt 850. Wo finde ich das game intelligence program?

    Oder spricht er da nur einfach vom Horst Wein Buch Spielintelligenz?

    H. Wein gibt es ja noch weitere Veröffentlichungen. Die Spiele für die Kinder beruhen in erster Linie auf "Spielintelligenz im Fußball - kindgemäß trainieren".


    Darüber hinaus gibt es auch noch "Developing Game Intelligence in Socccer". Und einige nur auf spanisch:


    Contraatacar con inteligencia

    Mantener la psesion con inteligencia

    FUTBOL A LA MEDIDA DEL ADOLESCENTE. PROGRAMAS FORMATIVOS PARA DESARROL



  • Hast du denn das buch gelesen oder dich eingehend mit h.wein und Matthias lochmanns arbeit beschäftigt oder nicht????

    Ich finde es ehrlich gesagt ziemlich daneben, mich über diese Schiene als Diskutant disqualifizieren zu wollen. Was ist denn, wenn ich jetzt "nein" antworte? Sind dann meine Argumente weniger wert?


    Allerdings besitze ich das Buch "Spielintelligenz im Fußball" und haben es auch gelesen. Es wird hier oft empfohlen und das ist eine gute Empfehlung.


    Schauen wir auf Spanien. Stephan Kohfahl leitet die Fußballschule von Real Madrid bzw. dessen dt. Abteilung. Er schätzt die fußballerische Ausbildung in Spanien besser als die in Deutschland ein und begründet dies folgendermaßen: " Es findet mehr individuelles Training statt als in Deutschland. In Spanien wird mehr an den Schwächen gearbeitet. […] Spanische Spieler sind [daher] körperlich meist schwächer, finden aber mehr spielerische Lösungen."


    Quelle: https://www.n-tv.de/sport/fuss…rher-article19761105.html


    Wenn man sich spanische G- und F-Mannschaften anschaut, ist stets das Bemühen erkennbar, spielerische Lösungen zu finden. "Hoch und weit" sieht man nicht. Warum? Es sind ganz normale Tore, wie bei uns in D. Wieso geht das in Spanien und bei uns nicht?

  • Ich finde es ehrlich gesagt ziemlich daneben, mich über diese Schiene als Diskutant disqualifizieren zu wollen. Was ist denn, wenn ich jetzt "nein" antworte? Sind dann meine Argumente weniger wert?

    Warum stößt Dir die Frage auf? Du hinterfragst mit Vehemenz hier Dr. Lochmanns Beitrag, da ist die Nachfrage doch erlaubt, ob Du seine Arbeit überhaupt kennst? Ist es unwichtig, ob man die Diskussionsgrundlage kennt oder nicht?

    Er erklärt hier in einer Stunde Sachen, die tiefergehend sicherlich über Stunden erklärt werden müssten, wenn man die Hintergründe nicht kennt.

    Für mich ist das schon wichtig.

    Zu Stephan Kohfahl. Man mag von den Camps halten was man will. Da wird aber auach Funino und z.T. nach H. WEin Grundsätzen trainiert. Jedenfalls in der Vergangenheit. Im Interview wird glaube ich sogar M. Lochmann erwähnt.


    https://frmclinics.com/news/ar…erview-mit-stefan-kohfahl


    In Spanien ist Funino übrigens überaus beliebt. Auch im Training in den Jugendmannschaften.

    Du schreibst, das man hoch und weit, nicht sieht, obwohl es ganz normale Tore sind.

    Keiner hat behauptet, das die Funino Tore allein -hoch und weit- verhindern.


    Das Training nach H. Wein verhindert das schon. Das ist klar erkennbar, wenn eine Mannschaft jahrelang danach trainiert oder nicht. Ich habe den direkten Vergleich. Auch finden die Kinder viel häufiger spielerische, individuelle Lösungen. Bei uns im Kreis gibt es 4 Mannschaften, die nach H. Wein seit einiger Zeit trainieren. Das sieht man den Mannschaften und vor allem den Spielern und deren Entwicklung an. So deutlich, das der Stützpunkt Funino Turniere im F und E Bereich mittlerweile unterstützt.


    Wenn es denn noch viel bessere Konzepte gibt, bitte schön, auf den Tisch damit. Es sollten aber ganzheitliche Konzepte sein, die fundiert ausgearbeitet sind. Ich halte wenig davon an Konzepten herum zu kritisieren, die vieles wesentliches verbessern, und den Status Quo deutlich anheben, ohne etwas besseres zu haben.

    Bei einem Fußballspiel verkompliziert sich allerdings alles durch die Anwesenheit der gegnerischen Mannschaft (J.P.Satre)

  • Im Funino habe ich da zu wenig Erfahrung. Wie setzen sich die Kader von Funino Teams zusammen? Gibt es überhaupt reine Funino Mannschaften irgendwo?

    Ich habe eine reine FUNiño Mannschaft; Jahrgang 2010. Wir spielen seit jetzt fast 2 Jahren ausschließlich FUNiño und das an fast jedem Wochenende. Für meine Kinder ist das völlig normaler Spielbetrieb.


    Wir haben aktuell 26 Kinder und das ganze Leistungsspektrum findet sich da wieder. Wir haben Kinder die auch gut im Jahrgang darüber schon mithalten können aber auch Kinder, die vielleicht weniger athletisch sind oder ganz neu angefangen haben. Wir teilen die Kinder sowohl beim Training als auch an Spieltagen immer in möglichst homogene Gruppen ein. Schon aus rein praktischen Gründen macht alles andere aus meiner Sicht keinen Sinn. Den Kindern, die schon weiter sind, kann ich schon viel schwierigere Tricks zeigen, die die anderen überhaupt noch nicht hinbekommen. Da schaffen manche den Ze-Roberto-Konter (MFS-Terminologie) und üben das jetzt mit dem schwachen Fuß, während andere an Ziehen-Zurück scheitern. Der ein oder andere haut den Ball mit links wie rechts fast in den Winkel, während andere mit Müh und Not den Ball mit der Pike Richtung Tor bringen.


    Wenn diese unterschiedlichen Stärken im Spiel aufeinander treffen, führt es unweigerlich dazu, dass eine Hälfte keinen Spaß hat weil sie demotiviert sind und die andere Hälfte sich wie die Könige fühlen. Jetzt kann ich versuchen das Ganze zu mischen, aber das wird dazu führen, dass die weniger guten Kinder nicht so oft den Ball erhalten. Das ist ganz natürlich; passiert auf jedem Bolzplatz und sogar bei der Nationalmannschaft (siehe Marvin Plattenhardt im Spiel gegen Mexiko).


    Für mich als Trainer stellen sich 2 Fragen; 1) wie kann ich sicherstellen, dass alle möglichst lange dabei bleiben und Sport treiben und 2) wie schaffe ich es mit der Zeit die Lücke zw. den Guten und den weniger Guten zu schließen und alle 26 voranzubringen?


    Aus meiner Sicht kann das nur funktionieren, wenn die weniger Guten mindestens die gleiche oder besser noch mehr Zeit zum Üben bekommen. Habe ich z.B. mal nur 10 Kinder im Training, dann würden die Besseren in einer 6er Gruppe trainieren und 3:3 spielen, wohingegen die anderen in einer 4er Gruppe 2:2 spielen. Und am Spieltag bedeutet das, dass alle die gleiche Einsatzzeit und Ballkontaktzahl erhalten. Das Champions League System, dass Hr. Lochmann vorstellt, funktioniert dabei perfekt und wir praktizieren es jedes Wochenende.


    Ergebnis vom letzten Wochenende: wir sind mit 4 Teams angetreten und alles war in den 7 Spielen dabei; Sieg, Niederlage, Unentschieden. Torverhältnis 23:21/21:12/25:17/24:24. Das zweite Team hatte ich falsch eingeschätzt, deshalb haben sie zu häufig gewonnen. Und so sieht das fast jedes Wochenende aus. Kein 10:0, keine total enttäuschten Gesichter, weil das eine Spiel (haushoch) verloren wurde. Jeder lernt mit Siegen und Niederlagen umzugehen. Und das hat mit FUNiño erst einmal gar nichts zu tun. Es ist nur die Organisationsform, die geändert wurde.

    Ich wüsste auch nicht, was das mit selektieren zu tun hat. Wir treffen uns alle vor dem Spiel, teilen die Teams ein (sind jedes Mal leicht unterschiedlich, weil nie alle da sind) und wir verabschieden uns alle gemeinsam mit unserem Mannschaftsspruch; beim Training das Gleiche. Das ist unser Alltag. Alle können sich mehr oder weniger gut leiden. Es gibt keine Konflikte zw. den Kindern deswegen und alle können sich gut leiden. Die Eltern sind auch happy, weil ihre Kinder immer in Bewegung sind.


    Am Ende bedeutet das Ganze innerhalb meines Teams gar keine Selektion. Denn ich muss niemanden zu Hause lassen, ich muss mir auch keine Gedanken machen, wann ich wen einwechsele oder ob ich den Guten doch noch etwas länger spielen lasse. Natürlich können größere Vereine das System nutzen, um ziemlich schnell die stärksten Spieler der Region zu beobachten. Aber das passiert so oder so. Und zumindest hat man jetzt ein gutes Gegenargument gegen einen zu frühen Wechsel in ein NLZ. Denn die Kinder bekommen in ihrem Heimatverein die Möglichkeit Wochenende für Wochenende gegen gleich starke Kinder anderer Vereine anzutreten.

  • Vielen Dank, MDahlin! So bekommt die Diskussion "Fleisch" :)


    Ich muss aber nochmal formal nachfragen: Ihr spielt ausschließlich Funino? Wie ist das organisiert? Durch den Kreis oder durch euch als Verein(e)? Veranstaltet ihr die Spieltage vereinsintern oder trefft ihr euch mit anderen Vereinen?


    Wie werden dann die Spiele organisiert? Jeder gegen jeden? Oder gibt es eine andere Choreographie, die auch Unter- und Überforderung strukturell zulässt? Oder eben "leistungshomogen" durch euch Trainer sortiert?


    Letzteres würde ich kritisch sehen. Meiner Überzeugung nach muss da bei den Kleinsten ein gewisses Maß an Aleatorik in die Organisation rein. Denn du sprichst zwar von einem großen "Leistungsspektrum", aber die Unterschiede sind bei den ganz Kleinen noch relativ gering.


    Wir haben bei uns im Team auch immerhin 20 Kinder. Einige sind 2010er und spielen schon viele Jahre, einige 2011er sind jetzt dazugekommen. Außerdem haben wir noch einige Kinder, die neu dazugekommen sind. Da kannst du dir vorstellen, dass wir auch ein gewisses Leistungsspektrum haben :) Ich erlebe aber auch, wie gut die Schwächeren in kurzer Zeit aufholen und wie toll sie sich entwickeln. Wenn ein Kind nach einem Jahr Fußballverein den Ball immer noch nur mit Müh und Not mit der Pike ein paar Meter weit bekommt, würde ich mir als Trainer Gedanken machen.


    Ich wiederhole mich da – und bisher ist noch niemand hier wirklich auf diesen Punkt eingegangen: Lerntheoretisch sind für mich in gewissem gesteuerten und natürlich nicht exzessivem Rahmen Momente der Über- und Unterforderung für die Ausbildung extrem wichtig. Unterforderung bietet den Kindern einen Raum, sich ausprobieren zu können. Überforderung führt die Kinder an ihre Grenzen und dazu, diese auszureizen. Beides provoziert, dass die Kinder "über sich hinauswachsen" können. Ich bin deshalb überzeugt, dass auch im Spielbetrieb unter erhöhtem Stress und Druck solche Momente strukturell möglich sein müssen. Wenn man organisatorisch das selektive Moment im Kifu (G und F) zu stark macht, ist das für die Ausbildung deshalb gerade nicht förderlich.


    Solange es um die individuelle Ausbildung der Spieler geht (um nichts anderes geht es ja in G und F!) bin ich deshalb gegen leistungshomogene Selektion. Das macht erst da Sinn, wo es verstärkt um die Interaktion, also das Zusammenspiel, geht. Also ab E oder D.


    Außerdem, auch wenn ich grundsätzlich Funino auch toll finde, bin ich nicht sicher, ob es so gut ist, den Fußball bei den Kleinsten (F und G) auf Funino zu beschränken. H. Wein kommt ja vom Hockey her und – ich gebe zu, so gut kenne ich mich da nicht aus – m.W. gibt es beim Hockey keine hohen Bälle, das Spiel läuft gewissermaßen nur zweidimensional ab.


    Beim Fußball ist es selbst im professionellen Bereich (selbst Championsleague) so, dass es chaotische Momente gibt. Dazu gehören auch hohe oder springende Bälle. Die Struktur des Funino-Spiels klammert nach meinem Gefühl solche Momente strukturell aus. Deshalb sehe ich Funino eher als Ergänzung, nicht aber als Ersatz.

    "There is only one ball, so you need to have it." (J. Cruyff)

  • Du hinterfragst mit Vehemenz hier Dr. Lochmanns Beitrag

    Ich würde sagen, bei über 3.000 Zugriffen in einer Woche, leistet dieser Thread einen Beitrag dazu, Lochmanns Ideen ins Gespräch zu bringen. Wie gesagt, mein Gefühl ist, dass wir alle im Erkennen der "Symptome", also den Problemen des Kifus, wie er derzeit zu sehen ist, uns hier im Thread zumindest ziemlich einig sind. Das zeigt, dass die Probleme mittlerweile weitgehend gesehen werden und auf dem Tisch liegen und das ist sehr gut :)


    Natürlich können größere Vereine das System nutzen, um ziemlich schnell die stärksten Spieler der Region zu beobachten.

    Gut, dass du es selbst ansprichst :) So wie Lochmann nach meinem Dafürhalten tickt (man sieht das ja, wenn man sich mal anschaut, wie er Trainingseinheiten leitet), glaube ich schon, dass – auch wenn er das wohlweislich nicht anspricht – ihm der Effekt, den du hier ansprichst, sehr bewusst ist und das für ihn auch eine große Rolle spielt. Auch wenn er sich als Freund der Kinder und als Papa-Trainer-Kollegenkumpel darstellt (beides will ich ihm selbstverständlich nicht absprechen!), sehe ich ihn trotzdem als Vertreter der Interessen des Hochleistungssport-Fußballs.


    Aus Sicht des professionell organisierten Überwachungs- und Sichtungssystems ist es natürlich total praktisch, kleinere Teams im Spielbetrieb zu haben. Denn da können sich starke Spieler weniger gut verstecken. Das ist ja klar, dass die Talentscouts besonders erstmal auf die Ergebnisse schauen. Worauf sollen sie auch sonst schauen, wenn sie sich entscheiden müssen, welche Teams sie beobachten wollen? Sie müssen sich ja entscheiden. Denn es gibt zwar viele Scouts, so viele aber nun auch wieder nicht. Bei 6+1 bekommen sie durch die Ergebnisse allerdings ja nur vermittelt, welches die besten Teams sind, nicht aber, wer die besten Einzelspieler sind. Funino oder 4+1 macht es den Scouts viel einfacher. Und der systemische Druck wird immer größer, die Talente immer früher zu entdecken.


    Es ist im Blick auf die Transparenz dieses Themas sicher gut, dass dieser Aspekt hier auch angesprochen wird, auch wenn es für die Argumentation vielleicht eher eine Randglosse darstellt.

  • MDahlin danke für deinen bericht. Entspricht dem von dr. Lochmann geschilderten Effekten. Dem kann man wieder etwas negatives andichten, wenn man nun will, muss man aber nicht. Dr.Lochmann zu unterstellen das sein antrieb verstärkte Selektion sei, lasse ich unkommentiert. Solche aussagen sprechen für sich.

    Bei einem Fußballspiel verkompliziert sich allerdings alles durch die Anwesenheit der gegnerischen Mannschaft (J.P.Satre)

  • Ganz ehrlich - ich bin in der Diskussion und im Training hin- und hergerissen bei der Frage nach Homogenität und Heterogenität.


    Ich zitiere hier mal wikipedia.de:

    "So ist es durchaus sinnvoll, unter dem Aspekt des sozialen Handelns und Lernens auch Menschen unterschiedlicher Lernvoraussetzungen, verschiedenen Alters in einer heterogenen Gruppe miteinander kooperieren zu lassen, um miteinander und voneinander zu lernen. Dies bietet sich z. B. in der Form des sogenannten „familiären Lernens“ an, bei dem in Familie, Altersheim, Sportverein oder Spielfest Personen verschiedenen Alters, Behinderte und Nichtbehinderte, Asylanten und Einheimische miteinander agieren und sich gegenseitig fördern können. Anspruchsvollere, auf individuelle Lernfortschritte im Wissen und Können angelegte Lernprozesse legen allerdings das Bilden homogener Gruppen nahe. Mit dem didaktische Prinzip der Differenzierung werden methodische Möglichkeiten angeboten, zeitweise Kompromisse zwischen beiden Gruppierungen zu praktizieren."


    Da könnte ich z.B. schlussfolgern:

    - Leistungssport = homogene Gruppe; Breitensport = heterogene Gruppe

    - hätten wir nur MDahlin 's auf der Welt, würde wahrscheinlich das didaktische Prinzip der Differenzierung sich durchsetzen (so interpretiere ich zumindest seine Antwort) - aber leider haben wir zu wenige MDahlin 's


    Wir praktizieren in unserem Verein bis zur D-Jugend die Alters-Homogenität (Jahrgangseinteilung). Andere Vereine schauen auch in den unteren Jugenden bei der Einteilung schon auf Leistungs-Homogenität. Beide haben aus meiner Sicht ihre Vor- und Nachteile. Wenn ich Herrn Lochmann strikt folgen würde, müsste ich auch schon unten Leistungs-Homogenität herstellen.


    Und ich muss sagen, dass die Kommentare von Powerzwergenpapa mich zum Nachdenken gebracht haben. Wie würde ich mich entscheiden, wenn ich mit 4, 8, 12, 16 oder mehr Kinder zu einem Festival fahren könnte. Würde ich das immer auch machen? Ich könnte heute 11 Kinder am Wochenende einsetzen, nehme aber höchstens 10 Kinder mit.


    Was passiert, wenn Funino verpflichtend würde? Wäre das noch die MDahlin Welt? Oder würde das den "kleinen Klopps und Mourinhos" eher in die Karten spielen? Mein Bauchgefühl sagt mir gerade, dass eine freiwillige Teilnahme und ein paralleler Spielbetrieb wohl besser wäre. Mein Kopf ist bei Funino verpflichtend.