Schußtraining im Kleinfeldbereich nur unzureichend oder nicht so möglich wie gewünscht

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  • "Eine Erweiterung des Bewegungsrepertoire( z.B. neue Moves oder Skills) ist durch reine Spielformen nicht möglich. Diese müssen ersteinmal isoliert und später mit sich steigernden Zeit- oder Gegnerdruck eingeübt werden, um beim Spieler in das aktive Repertoire aufgenommen zu werden."
    - Das ist schlicht und ergreifend nicht wahr. In der Mannschaft meines oben genannten Freundes konnte man das sehr gut beobachten. Da war ein kleiner Messi, der die anderen Jungs schwindlig gespielt hat. Mit der Zeit haben die anderen angefangen, die Tricks von ihm nachzumachen (Pass hinterm Standbein, Finten etc.). Die Techniken an sich waren für sie nicht das Problem; die hatten sie sofort fehlerfrei drauf. Das Problem war die situativ angemessene Anwendung. Das hat 2-3 Einheiten gedauert bis sie es erfolgsbringend umsetzen konnten. Die Kinder haben sich das einfach abgeschaut und im Rahmen der Spielformen konnten sie unter den situativen Gegebenheiten die richtige Anwendung verfeinern. Da ging es um die bestmögliche Ausnutzung der Dynamik: Wann mache ich den Trick (in Bezug auf den herannahenden Gegenspieler), in welche Richtung (wo ist mein Mitspieler bzw. wo ist freier Raum)? Da wurde nichts eingeschliffen.


    "Bei Kindern und Jugendlichen ist verstärkt durch Wachstum zudem eine kontinuierliche Reaktivierung bzw. Festigung des Bewegungsrepertoire nötig, auch dies ist teilweise nur durch isolierte Technikübung möglich."
    - Auch hier ein ganz klares "Nein"! In Spielformen, in denen es unentwegt Raum-, Zeit- und Gegnerdruck gibt, müssen sich die Spieler unentwegt orientieren, die Laufrichtung und -Geschwindigkeit ändern. Da werden die motorischen Anforderungen doch implizit gefördert. Ich sage nicht, dass Koordinationshilfen nichts bringen, aber dass man isolierte Übungen braucht, um Bewegungen zu vermitteln, halte ich für falsch.

  • Eine E- Jugend die sich komplizierte Finten abschaut und diese problemlos und fehlerfrei nachmacht ist wohl eher die Ausnahme. Im Normalfall werden selbst talentiertere Spieler eine neuere Bewegungsform erst für sich einüben. Dies entspricht dann dem ersten Schritt einer isolierten Einübung im Training.
    Auch dann läßt sich die Bewegungsform bzw. Technikform erweitern oder Differenzieren, was wieder erstmal eines verinnerlichen der Bewegungsform bedarf.


    Was sind Koordinationshilfen?


    Kurze Nachfrage? Viele der jüngeren Kinder können heute leider nicht mehr rückwärtslaufen. Geschweige denn rennen. Das kann ich spielerisch verkaufen, aber letztendlich werde ich dies nur durch rückwärtslaufen ändern können. Vielleicht verstehe ich den Begriff isoliert auch falsch.
    Nach meiner Ansicht lässt sich jedoch ein Bewegungsform zunächst nur dadurch einüben oder erweitern, wenn sie in einer Übung im Focus steht. Dies tut sie jedoch in einer Spielform nicht.
    Es sei denn ich verstehe den Begriff Spielform falsch.


    Um meinen Ansatz zu verdeutlichen. Training z.B seitliches Einkappen
    1. Einüben der Grundform der Technik.
    2. Partnerübung mit Anlaufen ( Abstand verbessern)
    3. Spiegelauf mit Partner zur Einübung von Wendetechniken
    4. Spielformen z.b 1x1 auf zwei Tore
    Ab Punkt 3 wird die Technik nicht mehr isoliert trainiert, sondern in das bestehende Repertoire eingebettet. Bei 4 kann ich die betreffende Technik fördern, in dem das Tor bei betreffender Technik doppelt zählt usw.
    Aber 1 und 2 sind isolierte Trainingsformen und für mich auch notwendig.

  • Eine Erweiterung des Bewegungsrepertoire( z.B neue Moves oder Skills) ist durch reine Spielformen nicht möglich.Diese müssen ersteinmal isoliert und später mit sich steigernden Zeit- oder Gegnerdruck eingeübt werden, um beim Spieler in das aktive Repertoire aufgenommen zu werden.

    Das ist mir neu und ich glaube das stimmt nicht. Nagut, ich zeige meinen Kids auch die Tricks erstmal und lasse sie wärend der Erwärmung in ruhe ausprobieren, aber dann geht es los in die Spielform. Selbst wenn man den Kids mehr Zeit geben möchte ist isoliertes Üben quatsch. Dann heißt es Voraktion - Aktion - Folgeaktion und am besten müssen für die Voraktion und Folgaktion immer entscheidungen getroffen werden. Also z.b. folgende Übung:

    Die Spieler passen sich den Ball zu bis der Angreifer (Spieler mit dem Rücken zum Tor) sich dazu entscheidet durch ein Hütchentor zu dribbeln und den Abschluss zu suchen. Der andere Spieler muss nun durch das andere Hütchentor sprinten und versuchen den Torschuss zu verhindern. Dannach werden die Positionen Rotiert, jeder zählt seine erzielten Tore.
    Der Angreifer soll mit geschickten Täuschungsbewegungen versuchen den Verteidiger zu verwirren und sich so einen Vorteil zu verschaffen. Man kann hier mit den Abständen variieren um die Schwierigkeit zu erhöhen.


    Bei der Übung kann ich dann meine Spieler auffordern doch mal die neue Finte auszuprobieren. Es ist zwar keine Spielform und über Spielnähe lässt sich auch streiten, aber die Spieler müssen Entscheidungen treffen und der Angreifer erhält sofort feedback, ob seine Finte gut genug ist. Ich gebe zu für Übersteiger und CO. eignet sich nicht so gut, aber wer seinen jungen Kids ballmitnahme, Körpertäuschung und Annahmefinten beibringen will, wird damit echt gut fahren.


    Solche Übungen sind zwar gut, doch ich würde eigentlich immer eine Spielform bevorzugen.

    In Spielformen und im Wettkampf werden die Kinder logischerweise auf gefestigte Techniken zurückgreifen.

    Das kann ich nicht beobachten, meine Kids probieren neue Techniken in Spielformen und im Spiel sofort aus. Dadurch passiert zwar öfter mal ein Ballverlust, aber wenn es dann im Spiel funktioniert freuen sie sich bolle.

    Die Zahl der Wiederholungen ist irrelevant, wenn die Übungssituation isoliert ist. Darum ist dieser vermeintliche Vorteil in meinen Augen letztlich nicht gegeben. Ich habe mal eine Skala dazu entworfen:spox.com/myspox/foto/Uebungsskala,373021.html


    Ganz irrelevant bestimmt nicht. Ich würde wetten, dass wenn man zwei Gruppen gleich (z.B. mit isoliertem Techniktraining) Trainiert, doch die einen machen halt doppelt so viele Wiederholungen, dass die mit mehr Wiederholungen am Ende besser ist. Irgendwas bleibt dann schon Hängen. Aber genau das drückt ja dein Diagramm doch aus, oder? Unten links Spielfern und wenig Wiederholungen oben rechts wäre dann das Optimum: maximale Wiederholung bei maximaler Spielnähe.
    Aber im Grunde gebe ich dir recht. Ich wollte bloß sagen, dass es eben "best Practice" ist, seine Spielformen so zu konstruieren, dass eine möglichst hohe Zahl an spielnahen Aktionen generiert wird. Man sollte sich also auf deiner Skala möglichst weit rechts oben befinden. Und eben lieber 2 mal 3v3 Spielen lassen als einmal 6v6.
    Mich würde noch interessieren wo du die oben gezeigte Übung einordnen würdest.

  • Die Zahl der Wiederholungen ist irrelevant, wenn die Übungssituation isoliert ist. Darum ist dieser vermeintliche Vorteil in meinen Augen letztlich nicht gegeben. Ich habe mal eine Skala dazu entworfen:
    http://www.spox.com/myspox/foto/Uebungsskala,373021.html

    da bin ich zu 1000% bei dir wir haben morgen ein Hallenturnier F-Jugend 1:5 Futsalball Größe 4,wir machen im Training ausschließlich Spielformen und spielen auch Basketball.

  • Schöne Diskussion. Im Buch Fußball durch Fußball wird ja sehr deutlich das implizite Lernen durch Spielformen favorisiert.


    Allerdings verweisen die Autoren auch für den Grundlagen Bereich G-E auf die Sinnhaftigkeut von einschleifenden Elementen zum Erlernen der Basistechniken.


    Für mich widerspricht sich das z. B. für eine F-Jugend nicht. Man muss den Kids das grundsätzliche Werkzeug an die Hand geben. Einschleifende Übungen helfen zum Erlernen der Techniken. In den Spielformen kann ich dann mit den ersten geübten Sachen tiefergehender Gehen. Sind die technischen Grundlagen gegeben (z.B. ab der D) kann man den Anteil der Spielformen sukzessive hochfahren. So habe ich es aus dem Buch verstanden und halte es auch für sinnvoll.

  • @schroeppke0815: In FdF steht genau das Gegenteil drin: Kinder sollen nur spielen. Kein Einschleifen.


    @AKjfv: Ich habe da so meine Probleme. Auch mit 1-vs.-1-Formen. Selbst da fehlt für mich einfach die Spielnähe. Denn wenn der Dribbler im Spiel mit Ball auf den Verteidiger zuläuft, gibt es wegen der übrigen Spieler noch immer die Möglichkeit, einen Pass zu spielen. Das muss der Verteidiger berücksichtigen. Und diese Option besteht in 1-.vs.-1-Übungen nicht. Da weiß der Verteidiger, was auf ihn zukommt und kann sich darauf fokussieren. Vielleicht erlernt man auf diese Weise die reine Technik, aber erkennen die Spieler dadurch, in welchem Moment sie diese einbringen? Wenn man sich mal die Dribblings von Messi oder Iniesta ansieht, erkennt man immer, wie sie die Situationsdynamik ausnutzen. Die machen nichts spektakuläres mit der Kugel. Sie führen sie unglaublich eng und streuen lediglich Tempo- und Richtungswechsel ein. Weil sie es schon in unzähligen Situationen gemacht haben, erkennen sie situativ die beste Vorgehensweise. Und für die Gegner ist das auch deshalb so schwer zu verteidigen, weil sie bei Barca stets die Möglichkeit haben, einen Pass zu spielen, der alles aushebelt. Auch das wirkt sich auf die Situationsdynamik aus. Wenn ich Kindern in Kleingruppenspielen zusehe (vor allem 4-vs-4 und 5-vs.-5 in enge Feldern), kann ich da so viele Zweikampfsituationen sehen, in denen alles vorhanden ist. Das ist für mich das beste Zweikampf- und Dribbeltraining, weil eben auch immer Pässe möglich sind. Und wenn die Spieler dann noch anfangen, sich gegenseitig zu kopieren, erhält man irgendwann solche Dynamikspezialisten wie Messi und Iniesta (vielleicht nicht ganz so gut, aber prinzipiell gesehen schon). So lernen sie, mit ihren Finten (wo auch immer sie die herhaben) zu experimentieren.

  • @vangaalsnase: ich verwies auf FdF die für den unteren Kinderbereich Spielformen aber auch einschleifende Elemente als sinnvoll erachten. Also Beides. Du sagst es ist genau das Gegenteil. Das Gegenteil von Beides ist für mich nichts und nicht nur eins von beiden.


    Ich habe leider das Buch verliehen, ansonsten würde ich Dir die Seite im Buch angeben wo das beschrieben ist. Und bevor hier ein falscher Eindruck entsteht, ich bin ein Riesenfreund von Spielformen und Funino im Besonderen.
    Wir befinden uns hier ja immer noch bei einer Fragestellung für F-Jugend.

  • Aus meiner Sicht kommt es auf die Mischung und Abwechslung an. Nur üben oder nur spielen wäre für mich als Spieler und Trainer langweilig. Deshalb sollte es Raum geben für beides.
    Gerade beim Schuss machen für mich auch ruhende Bälle Sinn (z.B. Freistoß, Eckball, Elfmeter, Abstoß). Allerdings wenn ich nur ruhende Bälle trainiere, dann fehlen mir die rollenden Bälle und als weitere Steigerung die unter Gegnerdruck und zuletzt die im Spiel.
    Weiterhin haben wir unterschiedliche Lerntypen, denen wir im Training Angebote machen sollten. Auch aus dieser Sicht haben die Lernmethoden ihre Daseinsberechtigung - und zwar alle.

  • Naja... :whistling: Ich hab das Buch geschrieben. Da steht wirklich nicht drin, dass man einschleifen soll.

    Also ich weiss auch oft erst was ich geschrieben habe, wenn ich es selbst lese! :D


    Thema einschleifen: ich mache sowas nie ohne Spielform. Aber da ich auf das VENÜ-Konzept aus der Pädagogik schwöre, isoliere ich manche Bewegung zwecks VEN. - Das Ü ist dann immer schon Spielforn/Spielnah.
    V=vormachen.
    E=erklären.
    N=nachmachen.
    Ü=üben.

  • Ich sehe das Problem, dass viele noch nicht einsehen, dass es keine Ideal-Bewegung gibt (oder zumindest noch nicht ihr Handeln endgültig danach ausrichten).
    Wenn ich etwas vormache und die Kinder machen es nach, bleiben sie innerhalb der bekannten Bewegungsmuster.
    Sie sollen aber ihre eigene Bewegungsindividualität Kennenlernen.


    Oben wurde ja bereits von @AKjfv eine Trainingseinheit für Finten vorgeschlagen.
    Ich finde diese Trainingseinheit gut, denke aber auch, dass es effektiver geht. Denn nach dieser Trainingseinheit beherrschen sie zwar eventuell die Finte, aber sie können sie noch lange nicht im Spiel anwenden.


    Beispiel für Außenriss-Abkappen/Eindrehen:


    1) 1 vs. 1 mit seitlichen Minitoren, beide dürfen auf beide Tore abschließen.
    Siehe hier:

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    Aber mit Extra-Regelung, Ball nur mit Außenriss berühren erlaubt, Torschuss auch mit Innenseite.
    Bei dieser Übung werden Richtungswechsel automatisch gefördert, durch die Extra-Regel wird implizit die Finte Außenriss-Abkappen trainiert. Der Trainer kann auch durch explizites Coaching die Finte demonstrieren.
    2) Steigerung: 2 vs. 2, Außenriss-Regelung bleibt bestehen
    3) Positionsspiel: 3 vs. 3 + 2 Neutrale, diese befinden sich auf den gegenüberliegenden Seiten des rechteckförmigen Spielfeldes. X Pässe = 1 Punkt (je nach Könnensstand)
    Ziel Ballhalten, Außenriss-Regel.
    4) Positionsspiel: 3 vs. 3 + 2 im 4-Zonen-Spiel: Ziel Ballhalten, Pass innerhalb Zone gibt Punkt, man darf nie zwei Punkte hintereinander innerhalb einer Zone erzielen, Außenriss-Regelung
    Steuerungsmöglichkeiten:
    - 3/4 Pflichtkontakte einführen
    - von einer Zone in die nächste Zone darf nur gedribbelt werden, Zonenlinie darf nicht "überpasst" werden
    5) Kleinspielform, freies Spiel, 3 vs. 3 auf 4 Tore (Funino)
    6) Kleinspielform, freies Spiel, 5 vs. 5 auf 4 Tore


    In dieser Trainingseinheit provoziere ich bestimmte Bewegungsmuster; durch die Außenriss-Regelung und der Spielumgebung (Richtungswechsel werden provoziert) lernen die Spieler durch einen Selbstorganisationsprozess ihre eigenen Bewegungsmuster. Man könnte nur eine bestimmte Finte wie oben aneignen, wenn es eine Ideal-Bewegung gäbe. Es gibt aber kein "Falsch und Richtig" in der Technik, nur ein "Anforderung gemeistert oder nicht". Die Technik ist immer nur Mittel zum Zweck. Besser Trainingsüberschrift wäre daher "Individuelle und kollektive Richtungswechsel".
    Wir Trainer probieren zu oft unsere bekannten Bewegungsmuster den Spielern beizubringen, aber dabei schränken wir die Spieler gleichzeitig ein. Wir müssen mehr Vertrauen in die Spieler haben. Wir haben Angst, dass die Spieler die Bewegungen nicht lernen, wenn wir es ihnen nicht zeigen. Jeder lernt aber seine eigenen Bewegungen, die er dann effektiv im Spiel anwenden kann.
    Das sieht man doch bei den ganzen sog. Straßenfußballern. Es gibt keine zwei Spieler, die gleich spielen. Daher macht es auch keinen Sinn jemanden nachzueifern.
    Am Anfang werden die Spieler große Probleme mit diesen Spielformen haben, aber wie oben bereits von @vangaalsnase beschrieben, werden die hier konfrontierten koordinativen Anforderungen implizit mitgeschult und das besser als es jede Koordinationsleiter leisten kann.
    Ich weiß, die Lerneffekte sind bei Spielformen oftmals nicht ganz so klar und schnell zu sehen wie bei Übungsformen, aber langfristig gesehen weit überlegen.


    Im meinem Training erlebe ich es immer wieder, dass Kinder plötzlich Bewegungen zeigen, die ich ihnen nie extra gezeigt habe. Durch das provozieren geeigneter Differenzen entwickeln sich die motorischen Fähigkeiten von alleine. 180°-Richtungswechsel haben die meisten Kinder schon recht gut drauf, aber jeder auf seine eigene Art und Weise. Ein Kind nutzt sogar oftmals den Übersteiger. Diese Finte würde man nicht sofort als klassischen Richtungswechsel klassifizieren.

  • @Prof. Dr. Trainer: nehmen wir mal an, dass es keine idealtypische Bewegung gibt (im Basketball gibt es z.B. den "Perfekten Wurf") und jedes Individuum seine eigene idealtypische Bewegung hat (beeinflusst von Größe, Gewicht, Hebeln, Geschwindigkeit usw.) und ich an der nichts ändern kann bzw. will. So gibt es doch Bewegungen/Techniken mit größeren und geringeren Erfolgsaussichten oder? Warum sollte ich diese meinen Spielern nicht zeigen?
    Nehmen wir das Beispiel Schuss in der F-Jugend: der F-Jugend Spieler schießt den Ball mit der Picke (Spitze). Diese Schusstechnik ist in der F-Jugend sehr erfolgreich. Mein F-Jugendspieler perfektioniert diese. Er schießt nicht, wenn er nicht mit der Picke schießen kann. Soll ich dem wirklich nicht zeigen, dass man auch mit dem Spann, der Innen- oder Außenseite schießen kann? Ich verbiete ihm nicht mit der Picke zu schießen, aber ich gebe ihm weitere Schuss-Möglichkeiten.
    Dem Straßenfußballer wird dies übrigens auch vorgemacht - meistens von den älteren Mitspielern. Und dann stellt sich der Straßenfußballer an die Wand und probiert es ein paar Mal trocken aus, bevor er es im nächsten Spiel anwendet - manchmal fragt er sogar den Größeren und lässt es sich nochmals vormachen (ist zumindest meine Beobachtung).

  • Ich denke schon das du es zeigen kannst, aber die meisten verbieten dann die Pike. Aber wozu? Der Spieler lernt schnell durch natürliches Feedback wann ein Pikeschuss angebracht ist oder nicht. Wenn er nicht mehr weiter kommt ist es deine Verantwortung als Trainer andere Lösungsmöglichkeiten vorzuschlagen. Vorschlagen und vormachen aber nicht vorschreiben.

  • Wir Trainer probieren zu oft unsere bekannten Bewegungsmuster den Spielern beizubringen, aber dabei schränken wir die Spieler gleichzeitig ein. Wir müssen mehr Vertrauen in die Spieler haben. Wir haben Angst, dass die Spieler die Bewegungen nicht lernen, wenn wir es ihnen nicht zeigen. Jeder lernt aber seine eigenen Bewegungen, die er dann effektiv im Spiel anwenden kann.
    Das sieht man doch bei den ganzen sog. Straßenfußballern. Es gibt keine zwei Spieler, die gleich spielen. Daher macht es auch keinen Sinn jemanden nachzueifern.


    (...)


    Im meinem Training erlebe ich es immer wieder, dass Kinder plötzlich Bewegungen zeigen, die ich ihnen nie extra gezeigt habe. Durch das provozieren geeigneter Differenzen entwickeln sich die motorischen Fähigkeiten von alleine. 180°-Richtungswechsel haben die meisten Kinder schon recht gut drauf, aber jeder auf seine eigene Art und Weise. Ein Kind nutzt sogar oftmals den Übersteiger. Diese Finte würde man nicht sofort als klassischen Richtungswechsel klassifizieren.

    Hierzu kann ich auch etwas beitragen. Ich habe meine 2005er-Mannschaft jetzt im siebten Jahr, angefangen von der Bambini II. Vier Jungs sind seit ihrem vierten Lebensjahr bei mir, jetzt sind sie alle 11 Jahre. Andere sind mit sechs, sieben oder acht Jahren zu mir gekommen. Aber alle sind bei mir im Verein oder auf der Straße groß geworden, so dass ich eigentlich ihre komplette Vereins-"Ausbildung" kenne.


    Der Input in Sachen Finten ist folgender:


    - 2 Jahre Coerver Ergänzungstraining, Thema Finten/Ballbehandlung etwa 30-45 Minuten im Monat, wobei auch nur ein Finte (Rivelino) konstant eingeübt wurde
    - ich habe Finten gelegentlich mal in Rundläufe eingebaut, aber inkonstant und selten
    - seit etwa einem Jahr mache ich vor den Spielen ein Fintenquadrat, eigentlich ist es für mich aber eher eine Koordinations- und Aufwärmübung mit fussballspezifischen Bewegungsabläufen und Ballkontakten


    Ein Fintentraining, so wie ich es bei der C-Lizenz gelernt habe (also isoliert, vom Einfachem zum Schweren), habe ich eigentlich nie gemacht.


    Dafür durften sie aber viel "frei" spielen. Ich habe Finten nie kritisiert, selbst wenn sie mal zu einem unnötigen Zeitpunkt gemacht wurden. Ich habe auch so gut wie nie korrigiert (was auch damit zusammenhängt, dass ich selbst ein schlechter Fussballer bin). Für mich stand immer das Ausprobieren und die Entwicklung von selbstgefundenen Lösungen im Mittelpunkt. Die Spieler hatten und haben viele Freiheiten, angelehnt an den Straßenfussball-Gedanken. Deswegen habe ich die Jungs auch immer viel "spielen" lassen, sowohl im Training, als auch in vielen Freundschaftsspielen/Turnieren, die neben dem Ligabetrieb organisiert wurden.


    Auf welchem Stand sind die Jungs denn jetzt?


    - im Fintenquadrat können alle Jungs alle Finten in beide Richtungen flüssig. Das sind so etwa zehn bis zwölf verschiedene Bewegungen (wobei ich hier auch auch mal neue Varianten einbauen sollte).
    - beim "Casting" zur Stützpunktauswahl konnte ich den Stand der anderen Spieler aus den Breitensportvereinen anschauen. Hier waren fast alle Spieler schlechter, einige gleichwertig und zwei, drei Überflieger besser (die jetzt aber auch ins NLZ gewechselt sind oder wechseln)
    - im Wettkampfspiel unter Gegnerdruck hat jeder Spieler seine eigenen "Lieblingsfinten". Das sind meist nur zwei oder drei Tricks, die unterschiedlich oft angewendet werden.


    Als Beispiel: Der Innenverteidiger macht eine Körpertäuschung oder Sohlenwende, um sich eine Sekunde vom Gegnerdruck zu befreien und einen neuen Passwinkel zu öffnen, um dann den Pass zu spielen.
    Der Sechser, dem der Antritt fehlt, um vorbei zu kommen, arbeitet viel mit Körpertäuschungen, Ball hinter dem Standbein ziehen, Eindrehen oder Elasticos.
    Der Dribbler, der das Tempo hat, arbeitet viel mit Abkappen und Übersteigern oder Rivelinos.


    Kein Spieler fintiert im Spiel wie der andere. Die Finten, die angewendet werden, hängen maßgeblich von der Position ab, die die Jungs spielen und vor allem auch, von ihren athletischen Fähigkeiten. Jeder nutzt die Finten, die ihm für sein Spiel helfen.


    Grundsätzlich denke ich, dass meine Jungs in Sachen Finten noch etwas besser sein könnten, also sie konstanter, flüssiger und mit höherem Tempo durchführen könnten. An die besten ihrer Altersklasse reichen sie wohl nicht heran. Aber die Frage ist halt, mit welchem Aufwand das verbunden wäre und zu welchen Lasten das gegangen wäre, gerade wenn man nur zweimal die Woche trainiert.


    Meine Spieler sind auch nicht Teil einer Auswahl, sondern alle Breitensportspieler. Und sechs von neun 2005er-Feldspieler haben es immerhin in die Stützpunktauswahl geschafft, wo derzeit sehr viel Wert auf das 1:1 gelegt wird (die anderen drei und die zwei Torhüter sind in Sachen Finten auch nicht schlechter). Und das haben sie fast komplett ohne isoliertes Training geschafft. Freies Spiel, Ausprobieren dürfen, Spielformen, gegenseitiges Abschauen/Nachmachen und - natürlich - eine hohe Liebe zum Fussball, so dass sie den Ball auch außerhalb der Vereinszeit am Fuß haben und hatten. Aber ohne Ballkontakte in der Freizeit wird es sowieso niemand nach ganz oben schaffen...


    Gruß, Christoph

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • So gibt es doch Bewegungen/Techniken mit größeren und geringeren Erfolgsaussichten oder? Warum sollte ich diese meinen Spielern nicht zeigen?

    Natürlich kann man sie ihnen zeigen. Würde ich aber trotzdem nicht machen. Denn so werden die Spieler wieder begrenzt. Du denkst nur, dass diese Bewegung effektiver ist, es kommt aber nur drauf an, wie der Spieler sie ausführt. Ich hätte vor Messi nie gedacht, dass man die simple Körpertäuschung so variabel einsetzen kann. Ich denke nicht, dass man den Spielern "effektive" Finten beibringen sollte, also welche Finte in welcher Situation sinnvoll oder besser ist. Nicht weil es nicht möglich wäre für bestimmte Situationen, sondern weil man die Spieler einschränkt und die Trainer es meiner Meinung nach gar nicht wissen können was die beste Bewegung ist. Nicht bei einem so komplexen und dynamischen Sport wie Fußball. Der Spieler soll sich lieber aus einem großen "Bewegungsbaukausten" für jede Situation die passenden "Bausteine" herausnehmen.

    Nehmen wir das Beispiel Schuss in der F-Jugend: der F-Jugend Spieler schießt den Ball mit der Picke (Spitze). Diese Schusstechnik ist in der F-Jugend sehr erfolgreich. Mein F-Jugendspieler perfektioniert diese. Er schießt nicht, wenn er nicht mit der Picke schießen kann. Soll ich dem wirklich nicht zeigen, dass man auch mit dem Spann, der Innen- oder Außenseite schießen kann? Ich verbiete ihm nicht mit der Picke zu schießen, aber ich gebe ihm weitere Schuss-Möglichkeiten.

    Ich trainiere auch die verschiedensten Schussmöglichkeiten, angefangen von Spann über Picke bis hin zur Hacke. Aber nicht durch einschleifen oder bloßes erwähnen, sondern ich provoziere dies in Spielformen.

  • jetzt mal noch ein paar Gedanken/Erfahrungen von mir bzgl. "einschleifen".


    In dieser Vorrunde (September - Anfang November) habe ich jede Woche einen anderen Schwerpunkt gesetzt, Torschuß, Dribbling, Passen...
    Jetzt hatten wir aber noch ein paar Spiele unter der Woche, sodass Training nur eingeschränkt möglich war.


    Letztendlich hat es dazu geführt, dass ich jedes Thema max. 2x wiederholen konnte.
    Das ist mir persönlich zu wenig und von einschleifen kann keine Rede sein, da die Wiederholungsanzahl viel zu gering.
    Mehr Trainingszeit, 2x wöchentlich, ist in einem Dorfverein aber nicht möglich.


    Jetzt ist auch noch Hallensaison und wir haben genau 1,5 Stunden pro Woche zur Verfügung, was einschleifen noch schwieriger macht. Leider dauert die Hallensaison fast 5 Monate.


    Mein Plan für die Rückrunde:
    Das Training komplett auf Spielformen aufbauen.
    Bei Spielformen wird immer alles (Torschuß, Dribbling...) gleichzeitig trainiert und immer mit Druck.
    Kleines Beispiel:
    Ich habe Kinder die meine "alten" Schußübungen im Training hervorragend konnten, im Spiel aber kein Scheunentor trafen.
    Das Coaching von außen werde ich auch darauf beschränken, grobe Schnitzer zu erklären und einen Lösungsweg mitgeben.
    Da werde ich selbst das größte Problem sein :) und lernen müssen einfach mal die Klappe zu halten.


    Rückblick in meine Vergangenheit:
    Wir haben, vor ca. 25 Jahren, in der Halle nur gespielt. Fehler wurden erklärt, dass wars.
    Torschuß einzeln oder ähnliches gab es nicht.
    Irgendwie witzig, dass ich zurück zu meinen Wurzeln komme.


    Gruß
    Berni

  • @Prof. Dr. Trainer: Warum werden Spieler "begrenzt", wenn ich ihnen alternative Lösungsmöglichkeiten zeige? Ich gebe ihnen für ihren Baukasten zusätzliche Bausteine. Das ist für mich eine Erweiterung der Möglichkeiten und keine Begrenzung (unabhängig von der Lernmethode - wenn ich z.B. die Provokationsregel "Tore dürfen nur mit links erzielt werden" (Begrenzung) oder "Tore mit links zählen doppelt" (Belohnung, keine Begrenzung, aber auch keine Erweiterung) benutze. Erweiterung wäre für mich eher in die Richtung "es zählen nur unterschiedliche Tore" (Innenseite 1x, Spann 1x, Hacke 1x, Außenseite 1x, Dropkick 1x, Volleyschuss 1x usw.) - das ist zwar eine Einschränkung zum normalen Spiel, fördert aber die Variationen (und wenn ein Spieler zu mir sagt, dass war eine Innenseite auf das kurze Eck und vorher war es eine Innenseite auf das lange Eck wären das für mich auch 2 Punkte oder Tore ;-)).


    Zum Thema effektiv - effektiver -> beides war erfolgreich. Ich schaue höchstens darauf, ob das effizienter (mit weniger Mitteleinsatz) möglich wäre :)

  • Irgendwie witzig, dass ich zurück zu meinen Wurzeln komme.

    Ja, du hast recht! Es zeigt einmal mehr, wie wenig wir über den Fussball wissen!


    Ich finde deinen Plan für die Rückrunde prima! Denn wie schon Vorredner erklärt haben, sind statisch aufgebaute Übungen nicht sinnvoll, weil sie sich in dynamischen Situationen immer etwas anders gestalten. Es gibt also immer nur eine relativ gute oder schlechte Aktion, die dir Aufschluß über weitere Trainingsinhalte geben können.


    Solltest du einmal Probleme haben Übungen zu finden, dann schau einfach mal in den "Multi-Tasking-Übungen" von Matthias Nowak nach. Es bietet darüberhinaus wichtige Grundlagen, den Kinder während des Laufens gleichzeitig zum Denken zu animieren.
    Denn es ist ein Trugschlug, dass aus vielen Ballkontakten (Einschleifen von Automatismen) automatisch auch gute Ballkontakte werden. Besser etwas genauer hinschauen und dort durch geeignete Übungen und Spielformen unterstützen, wo die Kinder Hilfe benötigen.


    Deine Videoaufnahmen können die helfen, dank eines längeen Zeitraums die mit bloßem Auge nicht wahrnehmbaren Fortschritte festzustellen, um weiter an Defizite arbeiten zu können. Weil sich jedoch nicht alle Kinder kontinuierlich in kleinen Schritten entwickeln, sondern durch äußere Umstände sprunghafte Veränderungen stattfinden, wird dir das Video längst nicht überall auch eine ausreichende Erklärung für deine Trainerarbeit liefern.


    In jedem Falle finde ich dein Engagement prima! Aber übertreib es nicht, denn "Rom wurde ja auch nicht an einem Tag erbaut"! Es braucht viel Geduld und ein großes Herz für Kinder, wenn du mithelfen möchtest, wie aus noch schwachen Kindern starke Kinder werden, die selbständig richtige Entscheidungen treffen können.