Wie geht man mit unterernährten Jugendlichen um?

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  • Moin aus dem Norden,
    Wie einige vielleicht wissen trainiere ich aktuell eine neu aufgebaute C Jugend, was mir wirklich wahnsinnig viel Spaß macht.
    Allerdings habe ich einen 02er bei mir, der wirklich stark unterernährt ist.
    Und nein, er ist nicht "nur" klein und zierlich. Davon habe ich auch einige. Selbst ein 04er ist besser gebaut als er..


    Er ist ein guter Spieler, hat eine sehr schöne Technik - aber ich habe jedes mal Angst dass das Knochen Gestell irgendwann zusammen kracht.
    Man sieht die Rippen, die arme sind sehr dünn - die Oberschenkel sind so dick wie meine Oberarme- und die sind weiß Gott nicht groß


    An Magersucht leidet er nicht, denn er isst recht normal was die Menge an geht.
    Was aber der Knackpunkt ist, ist die Ernährung - Mannschaftsfahrt ? Bringt der Junge sich sein eigenes Nutella Glas mit und ernährt sich von Weißbrot und Nutella,3 Tage lang.


    Auch so stimmt die Ernährung nicht weil er nahezu nichts ist.


    Ich habe das "Problem" bei den Eltern angesprochen - da kam gleich was zurück
    " was sollen wir machen - der Arzt sagt er wäre halt nur dünn und er isst nicht alles "
    Später kam noch raus dass der Arzt mit denen befreundet ist- da zweifle ich die Objektivität ein wenig an.
    Und auch dass direkt gereizt reagiert wurde zeigt mir dass das ein wundes Thema ist.


    Kann man als Trainer im Breitensport eigentlich irgendwas machen?
    Erfahrungen? Tipps?


    PS: auch wenn der Arzt sagt er wäre nur dünn - dünn ist etwas anderes, das ist wirklich ungesund....


    Gruß
    Cokefreak

  • Die Eltern hast Du ja schon angesprochen - viel mehr kannst Du nicht tun.


    Vielleicht kannst Du ihn als Trainer aber ein bisschen über die sportliche Schiene "packen", indem Du ihm saqst, was sportgerechte Ernährung ist und wie sehr dass seiner Leistung zugute kommen würde. Aber zuviel würde ich mir davon nicht versprechen. Als Trainer hast Du bei so einem Thema nur sehr begrenzt Einfluss.


    Grüße
    Oliver

  • Also Unterernährung finde ich zu heftig.


    Was würde passieren, wenn andere 3 Tage lang nur Weißbrot und Nutella futtern? Der ein oder andere geht wie ein Hefeklos auf. Er halt nicht. Ich war in dem Alter genauso dünn / dürr. Kann leider immer noch essen (fressen) was ich will ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen. Andere schauen die Nutella nur an und haben 3Kg mehr auf der Waage. Des Weiteren reagiere ich selbst auch gereizt wenn man mir sagt, "könntest ruhig mal mehr essen". Kräftige Menschen reagieren dann immer gereizt wenn ich sage, naa hast aber gut zugelegt und dein Arsch wird auch immer Breiter. :cursing:

  • Die Eltern hast Du ja schon angesprochen - viel mehr kannst Du nicht tun.

    Das stimmt nicht, es geht mehr!


    Im hessischen Fussballverband gibt es extra einen Lehrgang der sich mit Kindeswohlgefährdung beschäftigt. Ich kann das jedem Trainer ans Herz legen.


    Wenn du nach dem Begriff "Kindeswohlgefährdung + Trainer" googelst, findest du genügend Hilfestellungen um eine richtige Entscheidung als Trainer treffen zu können. Außerdem würde ich ein Gespräch mit deinem Jugendleiter suchen.



    Hier noch ein Link: http://www.kassel-ju-jutsu.de/…ng-Sportjugend-Hessen.pdf
    Gruss
    Matthias

  • Er ist ein guter Spieler, hat eine sehr schöne Technik - aber ich habe jedes mal Angst dass das Knochen Gestell irgendwann zusammen kracht.
    Man sieht die Rippen, die arme sind sehr dünn - die Oberschenkel sind so dick wie meine Oberarme- und die sind weiß Gott nicht groß

    Deine Beschreibungen lassen darauf schließen, dass der Grad der "Unterernährung" nicht so hoch ist, als das er beim Sport aufgrund einer Schwäche sehr früh ermüdet, sodass gesundheitliche Schäden zu befürchten wären.


    Auch die Antwort der Eltern ergab, dass sie bereits einen Arzt dazu konsultiert haben. Dass sie mit ihm befreundet sind, muß nicht gleichzeitig heißen, dass es sich um eine Fehldiagnose handelt.


    Die von @Praios verlinkte Seite vom hessischen Sportbund beschreibt ein typischen "Nachkriegskind". (An Drogen sind wir allerdings nicht rangekommen. Und Weißbrot mit Nutella wäre wohl für jedes Kind damals ein Leckerbissen gewesen. Aber wenn süß, dann gabs nur Zucker aufs Brot gestreut.)



    Wenn ein Trainer ein großes Herz für seine schutzbefohlenen Kinder hat, dann wird er sie sehr genau beobachten, im Zweifelsfalle eine ihm vertraute Person zu Rate ziehen und dann eine Entscheidung treffen. Diese jedoch ohne besondere Tiefe der Kenntnisse hier im Forum nach pauschalisierten Angaben zu treffen, ist m.E. nicht zielführend. Man kann zwar über vieles diskutieren, aber entscheiden sollte die Person vor Ort auf Basis umfangreicher, klar zuordnebaren Angaben.

  • Unser Sohn ist so dünn, dass die Schulärztin bei der Einschulung gesagt hat, wir würden ihm nicht genug zu essen geben. Er hat aber mit die beste Kondition in seiner Mannschaft, und so lange machen wir uns keine Sorgen. Er ist halt körperlich sehr aktiv und setzt daher kaum an. Ich war in dem Alter auch untergewichtig.

  • 1. Falls die Fakten bis Eindrücke so sind, das Eltern dem Kindeswohl nicht entsprechen....könnte man das Jugendamt einschalten/informieren.


    2. Wenn dem so nicht ist....geht das einen Trainer nichts an! Man sollte in diesem Fall seine Kompetenz überdenken und sich nicht so wichtig nehmen.

  • Würde auch ganz gerne dazu etwas schreiben / fragen.


    Was heißt für Dich (Threadersteller) Unterernährt ?


    Ich kann auch paar Beispiele nennen. Bei uns in der Mannschaft sind 3 Kinder (darunter auch mein Sohn), die nehmen nicht zu, egal was sie essen. Min Sohn isst gerne Fasd Food, Gut Hausmannskost, und auch täglich sehr viel Obst. Die SAche dabei ist, das es ständig in Bewegung ist, das was er an Kalorien einnimmt, verbraucht er wieder ganz schnell.


    Man muss nicht immer alles negativ sehen und schon gar nicht das Jugendamt einschalten. Übrigens, solch eine Frage kam auch schon mal von dem Lehrer meines Sohn, anschließend sind wir zur Kinderärztin gegangen und haben es IHM bescheinigen lassen das alles bei ihm Altersgerecht ist. KÄ sagte sogar das sie es lachhaft fand das man sowas behauptet hat.

  • Was würde passieren, wenn andere 3 Tage lang nur Weißbrot und Nutella futtern? Der ein oder andere geht wie ein Hefeklos auf. Er halt nicht. Ich war in dem Alter genauso dünn / dürr. Kann leider immer noch essen (fressen) was ich will ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen. Andere schauen die Nutella nur an und haben 3Kg mehr auf der Waage.


    Da möchte ich mal kurz drauf eingehen, weil mir da eine weitverbreitete Fehlvorstellung über Stoffwechsel und Über- und Untergewicht hinter der Aussage zu stehen scheint. Gravierende Erkrankungen mal ausgenommen sind menschliche Stoffwechsel zwar verschieden, aber nicht so wahnsinnig verschieden, dass bei annähernd gleicher Ernährung ein Mensch im Untergewicht landet und ein anderer im Übergewicht. Sowas wie das umgangssprachliche "Nutella nur anschauen" und dann drei Kilo mehr auf der Waage haben ist in der Regel Unfug. Zu- oder Abnahme hängt von Kalorienaufnahme einerseits und Grundumsatz + Leistungsumsatz andererseits ab. Mit ausschließlich Nutella und Weißbrot kann man massiv abnehmen - wenn man weniger Energie aufnimmt, als man verbraucht. Man kann auch massiv zunehmen - wenn man mehr Energie aufnimmt, als man verbraucht.
    Hinter der Wahrnehmung, dass manche Menschen essen können, was sie wollen, während andere bei jeder Kleinigkeit zunehmen stehen zunächst einmal ganz einfache körperliche Voraussetzungen wie die Körpergröße und damit verbundene Masse, die den Grundumsatz bedingt. Dann der Leistungsumsatz, neben den großen Bewegungen verbraucht zum Beispiel Hibbeligkeit durchaus nennenswert Kalorien. Und schließlich, nicht zu unterschätzen, verschätzen sich Menschen systematisch, wenn sie ohne genaue Dokumentation einschätzen, wieviel Energie sie aufnehmen. Systematisch in dem Sinne, dass übergewichtige Menschen ihre Kalorienaufnahme sehr häufig und teilweise massiv zu niedrig einschätzen - umgekehrtes gilt für dünne oder erst recht untergewichtige Menschen. Wenn du als dünner Mensch sagst, du könntest fressen was du wolltest, dann kann es gut sein, dass so ein gefühlter Fresstag bei dir weniger Kalorien beinhaltet als bei einem dicken Menschen, der sagt, er würde eigentlich nur normale Mengen essen und trotzdem zunehmen.


    Leicht offtopic, aber ich hoffe trotzdem passend und weil das ein Thema ist, mit dem ich mich aktuell viel beschäftige, konnte ich mich nicht zurückhalten :D .

  • @fak


    Prima Beitrag!


    Es ist auch verwunderlich, dass kaum jemand etwas zu übergewichtigen Spielern schreibt, sodass man das Gefühl haben kann, dies sei gar nicht so schlimm! Jüngst wurde eine Studie in den USA veröffentlicht, nach der in vielen Restaurants das angebotene Menü mehr als den Tagesbedarf an Kalorien eines durchschnittlichen Menschen beinhaltet. (Natürlich muß man nicht alles, was man bezahlen muß, auch aufessen. Aber wer läßt es schon gerne stehen?)


    Wie viel ein Sportler wiegen sollte, hat @fak schon grob formuliert, sodass man auf die Idee kommen könnte, es gäbe soetwas wie ein "Wohlfühlgewicht"! Das bestätigen auch andere User, in deren Teams jeweils Kinder spielen, die was das Gewicht angeht, etwas vom Standard abweichen.


    Und @Andre hat es ja schon auf den Punkt gebracht. Sofern man nicht die Kompetenz einer Entscheidung besitzt, sollte man sie den Leuten überlassen, die davon mehr Ahnung haben.


    Allerdings schadet es überhaupt nicht, die Augen offen zu halten, wenn sich einzelne Spieler sehr abnorm entwickeln, um dann den Verantwortlichen die eigenen Beobachtungen mitzuteilen. Diese Art der Fürsorge wird den Sport verbessern, weil er auch Vertrauen schafft.

  • @all


    Danke zunächst für eure Beiträge.
    Vernachlässigt wird er nicht.
    Nur halte ich seine körperliche Statur für bedenklich.
    In meinen Augen ist es die Ernährung die nicht richtig ist, genauer gesagt isst er kaum Eiweiß. (Mag keine Milch, kein Fleisch..)
    Natürlich kann man auch genug Eiweß als Vegetarier oder Veganer zu sich nehmen, keine Frage !


    Der Arzt wurde nicht "konsultiert" ,sondern es war die regelmäßige Jugenduntersuchung. Dort kam raus, dass er untergewichtig ist, aber der Arzt hat dies nicht für schlimm gehalten - möchte da jetzt nichts reininterpretieren, ich bin kein Arzt - nur Trainer und Chemiestudent.



    Ich werde meine Augen offen halten , bei drastischen Veränderungen nochmals das Gespräch mit den Eltern suchen.
    Aber am Ende ,bin Ich halt nur der Breitensporttrainer und werde nicht viel ausrichten können.


    Aber wir haben die Jungs einen "selbstreflektionsbogen " ausfüllen lassen - diese erhalte Ich heute zurück.
    Vielleicht kann ich ihn wie @Don Quijote meinte, ein wenig mit dem Sport packen.

  • @CokeFreak, ich schließe mich denen an, die dir sagten, dass du genug getan hast und es nun in Ordnung lassen sein solltest. Was die Aufnahme von Eiweiß und anderen Nachrungsbestandteilen anbelangt, so ist die Forschung durchaus nicht ganz so einheitlicher Meinung wie viele glauben. Die Ernährungspyramide ist sowohl in ihrer Form als auch in ihrer Aussagekraft nicht unumstritten. Was Eiweiß konkret anbelangt, so bezweifeln einige Leute, dass der Mensch diese überhaupt aus der Milch aufnehmen kann. Geoff Bond behauptet sogar, dass Milch dem Körper Kalzium entzieht und dass Milch (außer Muttermilch im Säuglingsalter) für den menschlichen Organismus eher ein Gift darstellt als ein positiv wirkendes Nahrungsmittel.


    Ich möchte hier sicher keine Diskussion darüber eröffnen, welche Ernährung im Detail besser oder schlechter ist, und klar dürfte sein, dass der übermäßige Konsum von insbesondere Zucker in all seinen Darreichungsformen keine gute Idee ist. Und sicherlich gilt der erste Satz der Thermodynamik, den @Follkao mit der Nennung der Kalorienbilanz nennt, auch bei uns, aber heute bezweifeln durchaus einige Ernährungsexperten, ob jetzt anerkannt oder selbsternannt sei mal dahingestellt, dass man alle im Labor ermittelten Kalorien gleichsetzen kann. Wird vielfach z.B. der Verzehr von Fett noch stigmatisiert, so gibt es mit der Keto-"Bewegung" eine ganze Gruppe von Personen, die gezielt viel Fett und nur sehr geringe Mengen an Kohlehydraten zu sich nehmen. Es gibt durchaus auch Leistungssportler, die sich so ernähren.


    Ich möchte hier niemanden zu einer Low-Carb- oder Keto-Ernährung bekehren, ich selbst ernähre mich auch nicht so, zumindest nicht durchgängig, sondern nur ansatzweise. Das Thema ist aber hochinteressant und sehr vielschichtig, und wesentlich komplexer als die einfachen Formeln, die zumindest mir mal in der Schule vermittelt wurden. Ich denke, dass man heutzutage aber auch viel mehr über den Stoffwechsel von Säugetieren und speziell dem Menschen weiß als noch vor zwanzig Jahren.

    "Be yourself; everybody else is already taken." (Oscar Wilde)

  • Also ich als Mutti muss sagen, ich würde dir die Hölle heiß machen, wenn du mich beim JA unbegründet anschwärzen würdest.


    Ich habe drei Jungs, und alle sind bis heute (20,19,16) untergewichtig. Als ich den Beitrag las habe ich meinen Jüngsten gleich mal auf die Waage geschickt
    Der ist 1,74cm und wiegt 50 Kilo.....starkes Untergewicht BMI 16,5. Aaaaaber. Er fühlt sich gut, ist fit, schafft seinen Sport , seinen Tag und das ist es
    worauf es ankommt.


    Beobachte den Jungen mal, wenn er Kraft für den Sport hat, keine Kreislaufprobleme dabei bekommt und sonst einen fitten Eindruck macht, lass es dabei.


    Es ist gut das du so aufmerksam bist, aber ich würde da nicht zuviel interpretieren. Du könntest mal einen Vortrag für die Mannschaft planen über gesunde
    Ernährung, vielleicht zieht er etwas für sich daraus. Bei unserem Sportverein ist es z.B. üblich, das vor dem Spiel Bananen verteilt werden. Vielleicht kann
    man sowas bei euch auch einführen. Die könnten reihum die Eltern sponsoren. Bei unserem mittleren hat das gut geklappt.


    edit: was mir über Nacht noch eingefallen ist, weil mich der Beitrag nicht los ließ. Bei meinen Jungs war es auch immer so, dass sie erst einen Wachstumsschub bekamen (dann wirklich noch dünner wirkten und sicher auch waren) und dann zunahmen. Nicht viel, wie gesagt kratzen sie heute noch am Untergewicht, aber sichtbar. Vielleicht solltest du das mal beobachten.

  • @ boiNG und fak


    Vermutlich habt ihr jetzt so ziemlich die beiden Extreme der Ansichten zur Nahrungsaufnahme beschrieben und wie so oft, liegt die Wahrheit nach momentanem Stand der Wissenschaft irgendwo in der Mitte. Im Spiegel gab es erst vor kurzem einen Artikel zu dem Thema: http://www.spiegel.de/gesundhe…n-schwerer-a-1034009.html




    Zitat von Spiegel

    Mittlerweile sind knapp hundert Erbgutschnipsel identifiziert, die den Body-Mass-Index (BMI) mitbestimmen. 40 bis 70 Prozent des BMI hängen demnach von den Genen ab.


    Die Aspekte die fak in seinem zweiten Abschnitt nennt, spielen natürlich auf jeden Fall eine Rolle, dem kann ich nur zustimmen. Trotzdem dürfen andere Aspekte nicht ausgeblendet werden.

    „Alles, was wir für uns selbst tun, tun wir auch für andere, und alles, was wir für Andere tun, tun wir auch für uns selbst.” - Thich Nhat Hanh


  • Das mag so sein, dass es einen genetischen Anteil gibt. Das stelle ich gar nicht in Abrede. 40 bis 70 Prozent, selbst wenn man die Zahl mal so akzeptiert, sind aber noch eine recht weite Spanne. Gehen wir aber mal von 70% Genen aus. Bleiben 30% Verhalten. Aber ist das eine sinnvolle Rechnung? Die würde dann vielen sagen, dass sie letztlich kaum was machen können, weil der größte Anteil ja genetisch ist. Die sinnvolle Rechnung macht man dann auf, wenn man sieht, dass es einerseits Gene gibt, die unterschiedliche Voraussetzungen vorgeben, es eben andererseits unser Verhalten gibt. Und für das können wir 100% Verantwortung übernehmen. Nichts anderes schrieb ich weiter oben. Wenn zwei Menschen dasselbe essen und der eine ist 10cm größer und verstoffwechselt anders (und mache das auch nur 100kcal pro Tag aus), dann zeigen sich ganz unterschiedliche Effekte auf die körperliche Konstitution. Man muss sich also seinen Voraussetzungen entsprechend ernähren. Und ja, diese Voraussetzungen sind unterschiedlich. Life's unfair and then you die.
    Die Studie sieht anhand des Abstracts ganz gut aus. Der Artikel ist, wie in der Regel bei dem Thema, Müll. Die entscheidende Information (mit Bewegung und vor allem Essen kann man sein Gewicht im Normalfall regulieren) ist irgendwo unter lauter Ausreden vergraben, die in dem Fall übergewichtigen Menschen suggerieren, Abnehmen wäre unheimlich komplex und womöglich für sie persönlich gar nicht zu schaffen. Das ist angesichts der gesundheitlichen Nachteile von Übergewicht eine schädliche Botschaft und die wird bei dem Thema ständig verbreitet.

  • Du hast aber jetzt den Hang, diese körperliche Bedingtheit auszublenden, wenn du diese nur als Ausrede siehst. So kommt es mir zumindest vor. Klar, sein Verhalten kann man ändern und dadurch auch sehr viel an seiner körperlichen Verfassung. Aber ist es im Extremfall, bei 70%, denn nicht legitim, ein wenig zu meckern ob dieser 'Ungerechtigkeit'? Das ist doch nur menschlich.
    Deshalb finde ich in dem Sinne den Artikel auch nicht schlecht. Die entscheidende Information ist in diesem Artikel eben, dass das eigene Verhalten teilweise und manchmal sogar sehr extrem weniger Einfluss hat. Das ist die Sachinformation, während du die Appellebene hineininterpretierst. Es sollte also ganz einfach diese Sachinformation im Vordergrund stehen und die suggeriert mMn nicht, dass man nichts an seinem Körper ändern könnte. Das wäre auch sachlich falsch und nicht förderlich für Menschen die abnehmen wollen. Genauso falsch wäre es aber, die körperliche Bedingtheit zu sehr auszublenden, denn dann kommt man sehr schnell zu dieser Stigmatisierung von dickeren Menschen, dass sie faul (und dumm) seien. Das finde ich mindestens ebenso problematisch und diese wissenschaftlichen Tatsachen als Ausreden zu bezeichnen, ist wie ich finde schon bedenklich.
    Letztlich soll jeder selber entscheiden, wie er sich wohlfühlt und die Gesellschaft hat kein Recht durch Stigmatisierung diese Menschen dazu zu bringen, einem gesellschaftlichen Idealbild zu entsprechen.
    In diesem Thread war es zuletzt ja andersrum, dass dünne Menschen im Fokus standen. Da stimme ich Milky Way zu, wenn diese Kinder fit sind, spricht nichts für eine wie auch immer aussehende Intervention. Ich finde es aber auch nicht schlecht, wie der Threadersteller ein Auge auf das Problem zu haben. Denn wir hatten im Verein jetzt einen Fall, in dem ein Mädchen an einer Magersucht litt und deshalb auch professionell behandelt wurde. Das ist ein sensibles Thema und mit Eltern und Betroffenen zu reden ist da der richtige Schritt.


    Zum Thema Ernährungspyramide, die tobn ansprach, habe ich auch vor kurzem einen interessanten Artikel in der Sueddeutschen gesehen, in dem es darum ging, wie unterschiedlich allein die Ernährungspyramiden in den verschiedensten Ländern aussehen. Ein klarer Hinweis darauf, dass das Thema komplex ist und es nicht die beste Ernährungsweise gibt, wenn sich die Experten schon nicht einig sind. Weiteres Beispiel: die Deutsche Gesellschaft für Ernährung steht der veganen Ernährung bei Kindern kritisch gegenüber, während das amerikanische Pendent diese uneingeschränkt für jede Altersgruppe und auch Schwangere als, wenn richtig gemacht, unproblematisch einstuft. Da hat sich unser Minister für Ernährung und Landwirtschaft mit seinen Aussagen in der BILD (?) auch für weitere sachliche Diskurse disqualifiziert.

    „Alles, was wir für uns selbst tun, tun wir auch für andere, und alles, was wir für Andere tun, tun wir auch für uns selbst.” - Thich Nhat Hanh

  • Du hast aber jetzt den Hang, diese körperliche Bedingtheit auszublenden, wenn du diese nur als Ausrede siehst. So kommt es mir zumindest vor. Klar, sein Verhalten kann man ändern und dadurch auch sehr viel an seiner körperlichen Verfassung. Aber ist es im Extremfall, bei 70%, denn nicht legitim, ein wenig zu meckern ob dieser 'Ungerechtigkeit'? Das ist doch nur menschlich.
    Deshalb finde ich in dem Sinne den Artikel auch nicht schlecht. Die entscheidende Information ist in diesem Artikel eben, dass das eigene Verhalten teilweise und manchmal sogar sehr extrem weniger Einfluss hat. Das ist die Sachinformation, während du die Appellebene hineininterpretierst. Es sollte also ganz einfach diese Sachinformation im Vordergrund stehen und die suggeriert mMn nicht, dass man nichts an seinem Körper ändern könnte. Das wäre auch sachlich falsch und nicht förderlich für Menschen die abnehmen wollen. Genauso falsch wäre es aber, die körperliche Bedingtheit zu sehr auszublenden, denn dann kommt man sehr schnell zu dieser Stigmatisierung von dickeren Menschen, dass sie faul (und dumm) seien. Das finde ich mindestens ebenso problematisch und diese wissenschaftlichen Tatsachen als Ausreden zu bezeichnen, ist wie ich finde schon bedenklich.
    Letztlich soll jeder selber entscheiden, wie er sich wohlfühlt und die Gesellschaft hat kein Recht durch Stigmatisierung diese Menschen dazu zu bringen, einem gesellschaftlichen Idealbild zu entsprechen.
    In diesem Thread war es zuletzt ja andersrum, dass dünne Menschen im Fokus standen. Da stimme ich Milky Way zu, wenn diese Kinder fit sind, spricht nichts für eine wie auch immer aussehende Intervention. Ich finde es aber auch nicht schlecht, wie der Threadersteller ein Auge auf das Problem zu haben. Denn wir hatten im Verein jetzt einen Fall, in dem ein Mädchen an einer Magersucht litt und deshalb auch professionell behandelt wurde. Das ist ein sensibles Thema und mit Eltern und Betroffenen zu reden ist da der richtige Schritt.


    Zum Thema Ernährungspyramide, die tobn ansprach, habe ich auch vor kurzem einen interessanten Artikel in der Sueddeutschen gesehen, in dem es darum ging, wie unterschiedlich allein die Ernährungspyramiden in den verschiedensten Ländern aussehen. Ein klarer Hinweis darauf, dass das Thema komplex ist und es nicht die beste Ernährungsweise gibt, wenn sich die Experten schon nicht einig sind. Weiteres Beispiel: die Deutsche Gesellschaft für Ernährung steht der veganen Ernährung bei Kindern kritisch gegenüber, während das amerikanische Pendent diese uneingeschränkt für jede Altersgruppe und auch Schwangere als, wenn richtig gemacht, unproblematisch einstuft. Da hat sich unser Minister für Ernährung und Landwirtschaft mit seinen Aussagen in der BILD (?) auch für weitere sachliche Diskurse disqualifiziert.


    Den Taz-Artikel kannte ich auch schon, beschäftige mich wie gesagt gerade sehr viel mit dem Thema. Auch der hat einige vernünftige Punkte, ist aber in seinen Grundaussagen wiederum für Übergewichtige problematisch, weil auch er verhindert, dass man als Übergewichtiger selbst Verantwortung übernimmt. Dabei blende ich körperliche Unterschiede nicht aus, wie schon mal ausgeführt, ich halte es nur für überhaupt nicht sinnvoll, sich daran so festzuhalten. Man hat für alles mögliche unterschiedliche Voraussetzungen, die sich in einer Mischung aus Genen und Sozialisation ergeben. Nur ist man dann irgendwann ein erwachsener Mensch und dann kann man sich entweder in die Ecke setzen und heulen, weil die 70% Voraussetzungen so gemein zu einem sind, oder man kann sehen, dass die 30% einem eine Menge Spielraum lassen und was tun. Wenn man das denn will.


    Das ist der Punkt, an dem der Artikel eine richtige Sache anspricht: es ist halt nicht die Aufgabe von anderen, zu beurteilen, ob jemand fett sein darf oder nicht. Wenn jemand Übergewicht hat und sich damit wohlfühlt, seine Sache. Wenn jemand Übergewicht hat und sich nicht wohlfühlt aber trotzdem nichts dagegen macht, seine Sache. Aber wenn in dem Artikel gesagt wird, dass Forscher nicht wissen, wie man abnimmt und das alles so komplex ist, dann ist das Bullshit. Richtig sicherlich aus wissenschaftlicher Perspektive, dass die ganzen Prozesse und Ursachen nicht klar sind. Das ändert aber immer noch nichts daran, dass man abnimmt, indem man mehr Energie verbraucht als man aufnimmt. Das wird sich auch mit fortschreitender Forschung nicht ändern. Und das bedeutet auch zunächst mal: man kann abnehmen. Es ist dann immer noch schwer genug, weil man das richtige Verhältnis aus Nahrungsaufnahme und körperlicher Betätigung, das für einen passt, finden muss und weil vielleicht Essen noch andere Funktionen einnimmt als die pure Nahrungsaufnahme, weil das Umfeld es einem erschwert und so weiter. Es ist aber halt nicht so, dass "die Gene" oder so es unmöglich machen, weil es einen Set Point oder ähnliches gibt. Wenn Übergewicht tatsächlich zentral von den Genen abhängen würde, wie erklärt sich dann der rasante Anstieg an Übergewichtigen in den letzten Jahrzehnten?


    "Sie müssten ja nur ein wenig Maß halten am Mittagstisch, öfter mal radeln oder joggen". Genau das ist, wenn auch vereinfacht formuliert, richtig. Es ist nicht Aufgabe der Gesellschaft, das Einzelnen vorzuhalten, aber es ist schon ganz gut das im Dschungel von Wunderdiäten, absurden Ernährungsempfehlungen und fragwürdigen, dafür weitgehend rezipierten Studien ("Übergewicht ist eigentlich gesund") zu wissen. Wie wirkungsvoll die taz dabei einem Stigma entgegenwirkt, indem sie den Artikel mit einem fetten Mann illustriert, der vor Fast Food und Colaflaschen sitzt, sei mal dahingestellt. Im Übrigen dürften, um mal wieder auf das Originalthema zu sprechen zu kommen, Untergewichtige zumindest direkten Kommentaren zu ihrem Gewicht eher ausgesetzt sein, als Übergewichtige.