Liebe Trainerkollegen,
zwar hatten auch wir gelegentlich Sorgenfalten bei der EM-Qualifikation, jedoch konnte unser Team sich letzendlich durchsetzen. Weitaus größere Motivationsprobleme sowie permanentes Störfeuer im Umfeld gabs bei unseren holzschuhklapernden Nachbarn. Ihr Konzept den Gegner durch ein frühes Tor dazu zu bewegen, ihr Abwehrbollwerk ein wenig zu lockern, um den traditionell guten Goalgettern den nötigen Raum zu verschaffen, ging mehrfach nicht auf. Lang, viel zu lang hielt man auch am Konzept des niederländischen Angriffsfussballs fest, statt sich für den jeweiligen Gegner eine erfolgreiche Tatik zu überlegen.
Ja, ja ich weiß schon, was ihr jetzt sagen wollt! Es sollte auch mal einer zu Jurgi Löw gehen und ihm sagen, dass er nicht Bayern München, sondern die Deutsche Nationalmannschaft trainiert, damit nicht in Zukunft einfach lange Pässe Gegentreffern von ansonsten harmlosen Gegnern führen. Und schließlich ist eine Abwesenheit bei einer EM seit 30 Jahren viel schlimmer als sang- und klanglos auszuscheiden. Es gibt also auch keinen Grund, mit Häme auf das ideenlose Spiel unserer Nachbarn zu zeigen, gibt es doch bei uns ebenfalls genügend Baustellen.
Eine wichtige Erkenntnis dieser EM ist jedoch auch, das über alle Mannschafts- und Gruppentaktik die Individualtaktik nicht vergessen werden darf. Denn wer gänzlich auf offensive Zweikampfaktionen verzichten will, der wird es immer schwerer haben, sich im internationalen Spitzenfussball halten zu können. Wir brauchen auch weiterhin Spieler mit überragender Technik und Handlungsschnelligkeit im 1 vs 1, weil es in den zu besetztenden Räumen immer weniger Raum für Kreativität gibt.
Natürlich lade ich euch herzlich ein, mit mir über die Bedeutung von Individual-Taktik zu diskutieren. Denn m.E. wurde sie bei den Ambitionen nach perfekten Gruppen- und Mannschaftstaktiken zuletzt ein wenig vernachlässigt? Aber mein sujektives Bild kann auch täuschen, weshalb ich gern eure Meinungen dazu hören würde.