Warum ohne Schiedsrichter spielen? Ein Plädoyer für das Spielen ohne Schiedsrichter im Kinderfußball
Weitere Infos: die FairPlayLiga
Zur Person: Prof. Dr. phil., Dipl.-Soz. Gunter A. Pilz
Hier der gesamte Text (Briefkopf und Unterschrift habe ich entfernt):
Ein Plädoyer für das Spielen ohne Schiedsrichter im Kinderfußball (PDF)
Auszüge:
- Fußball ohne Schiedsrichter, geht das überhaupt? Herrscht dann nicht Chaos und Anarchie auf dem Platz?
- „Wenn der Schiedsrichter nicht gepfiffen hat, war es kein Handspiel“
- "Der Jürgen Kohler ist einer der austeilt, also muss er auch damit rechnen, dass er mal was einzustecken hat und der van Basten ist einer, der sich nichts gefallen lässt.........und dafür ist dann wieder der Schiedsrichter da, dies zu unterbinden."
Erlaubt ist nicht, was das Regelwerk vorschreibt, sondern alles, was der Schiedsrichter nicht sieht bzw. nicht pfeift.
- ...wird dann auch fast konsequenter Weise die Person des Schiedsrichters und seine Art der Regelauslegung zum festen Bestandteil der Festlegung der Spieltaktik und der Mannschaftsbesprechung vor dem Spiel.
- Erlaubt ist, was nicht geahndet wird und das „Elfte Gebot: Du sollst Dich nicht erwischen lassen“ gewinnt zusehends an Bedeutung.
- Hier möglichst frühzeitig gegenzusteuern, Verantwortung für das eigene Verhalten zu fördern und fordern, Sensibilität für die Kosten, die mein Verhalten anderen verursacht, Empathie für die anderen zu erzeugen, ist dringender denn je das Gebot der Stunde.
- Bezogen auf den Fußball, die eingangs gestellte Frage: „Warum ohne Schiedsrichter“, bin ich der festen Überzeugung, das ist nicht nur sinnvoll, und auch keine sozialromantische Gefühlsduselei ist, sondern ein wichtiger Weg zu mehr Regelbewusstsein und Eigenverantwortung.
- Gerade im Jugend- und vor allem Kinderfußball sollte solange wie nur irgend möglich ohne Schiedsrichter gespielt werden, um den Kindern und Jugendlichen mehr Eigenverantwortung für ihr Verhalten zu vermitteln.
Wir haben in Untersuchungen nachweisen können, dass es bei Fußballspielen ohne Schiedsrichter in Schule wie Freizeitbereich zu erheblich weniger Streitereien, Fouls und Ausfällen kommt und die Jugendlichen sich mehr mit den Regeln auseinandersetzen und diese verinnerlichen, als bei Spielen mit Schiedsrichter. Die jungen Fußballspieler fühlen sich bei Spielen ohne Schiedsrichter selbst für ihr Verhalten verantwortlich und zur Einhaltung der Regeln verpflichtet, während sie bei Spielen mit Schiedsrichter die Verantwortung dem Schiedsrichter und seiner Trillerpfeife übertragen.
- Eigenverantwortung. Leistungs- und Wettkampfsport, erfolgsorientiertes Handeln macht es aber auch erforderlich, dass wir uns auch daran gewöhnen und darauf einlassen, eine Schiedsinstanz zu akzeptieren. Insofern ist es ebenfalls nur konsequent, wenn in der Fair Play Liga bei den älteren Jahrgängen Jungschiedsrichter vom Spielfeldrand unterstützend regelnd eingreifen.
- Und wenn – wie dies beim Schleswig-Holsteinischen Fußballverband im Kreis Flensburg modellhaft praktiziert wird, in der Kreisliga Spieler und nicht der Schiedsrichter entscheiden ob der Ball im Seiten- oder Tor-Aus war und wer ihn ins Aus gespielt hat. Dies hat auch den Charme, dass der „angeborene Reflex“, egal wer den Ball ins Aus befördert hat, automatisch den Arm zu heben, um dem Schiedsrichter zu signalisieren, wer den Einwurf oder Eckstoß zugesprochen bekommen muss, von den Spielern unterdrückt, bzw. unter Kontrolle gehalten wird.