Gefühlter Druck

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  • Hallo zusammen,


    Vor allem an alle nicht-leistungsorientierten Breitensporttrainer oder Trainer einer zweiten, dritten, vierten,..x-ten Mannschaft gerichtet: Kennt ihr das subjektive Gefühl eines gewissen Drucks ergebnismäßig nachzulegen (gerade jetzt in der Halle, wo es Ranglisten gibt,aber auch in der tabellenlosen Meisterschaft)?

    In WhatsApp posten Trainer der ersten Mannschaften über alle Altersklassen hinweg, dass sie zum x-ten Male im Finale waren und die meisten Gegner dominiert haben. In den sozialen Medien wird das erfolgreiche Wochenende gefeiert mit vielen Likes von Vereinsnahen, Eltern und Trainer...und die Turniere der zweiten, dritten, vierten Mannschaften wo man vielleicht zumindest das Spiel um den vorletzten Platz entscheiden konnte, fallen öffentlich durch den Rost und wird von den Trainern nicht/sehr wenig kommentiert?

    Einerseits Eltern weiter entwickelter Kinder der 'schlechteren' zweiten Mannschaft mit Andeutungen, dass es schon schön wäre zumindest mal in die Kreuzspiele zu kommen oder mehr zu gewinnen fürs Selbstvertrauen der Kids und andererseits stille Eltern der zweiten Mannschaften, die für mehr Training/Spiele nicht zu gewinnen und irgendwie kommentarlos alles hinnehmen und deren Einstellung zu Fussball undurchsichtig für einen Trainer bleibt trotz Gesprächen?


    In unserem Verein wird in A und B Teams getrennt und die A sollen Ergebnisse liefern und B ist der Rest, wo Ergebnisse egal sind. Dennoch krieg ich das Gefühl als B-Trainer einer U10 mit 8-9 Kindern mehr tun zu müssen. Ergebnismäßig eben unteres Drittel/hinteres Mittelfeld, Hälfte der Kinder mit fussballerischem Potential nach oben und fleißig und die andere Hälfte deutlich abfallend mit z.T. häufigeren Abwesenheiten (längere Krankheit, Wohnort weiter weg und mMn zu viele andere private Termine, die vorgeschoben werden). Erste Kommentare von Eltern, Dauerbeschallung wie super nicht die A Teams performen, ein ergebnismäßig erfolgreicher B-Trainer im Jahr darüber usw..

    Vom Verein her hab ich keinen Ergebnisdruck, aber mein subjektives Empfinden aufholen zu müssen und mehr zu machen (mehr Training,intensiveres Training, neue Kids anwerben,...) steigt irgendwie.

    Wie hält man da länger mental als Trainer durch?

  • Moin, im Breitensport musst du entwickeln und weniger auf die Tabelle schauen. Ja ich gebe zu auch auf die Tabelle zu schauen. Aber es gibt auch Niederlagen, die sich wie Siege anfühlen

  • Moin, im Breitensport musst du entwickeln und weniger auf die Tabelle schauen. Ja ich gebe zu auch auf die Tabelle zu schauen. Aber es gibt auch Niederlagen, die sich wie Siege anfühlen


    Nicht die offiziellen Turniere spielen. Falls möglich, Hallenzeiten buchen und 2-3 andere Teams, die in der gleichen Stärke unterwegs sind, einladen und alle bekommen ihre Erfolgserlebnisse. Oder zum Training ein anderes Team einladen und spielen.

  • Mich interessieren die Eltern da wenig bis garnicht... 🤷


    Frag die Mannschaft, was sie wollen und versuche ein "Wir Gefühl" der Mannschaft zu vermitteln.

    Schwächere mitnehmen, aber auch Rücksicht auf die Stärkeren nehmen.


    Du bist bei 8-9 Spielern auf alle angewiesen und es geht darum, dass die Kinder und du/ihr Trainer Spaß habt und nicht die Eltern...


    Warum vergessen das immer soviel Eltern.

  • ich kenne tatsächlich das Gefühl und habe in meinen 15 Jahren als Nachwuchstrainer auch bereits die sogenannten zweiten Mannschaften trainiert.

    Es wird im Nachwuchsfussball viel zu sehr auf die Ergebnisse geschaut. Diese führen dazu, dass du auch nicht gerecht aufstellst.

    Die in der F- und E-Jugend talentierteren Spieler oder körperlich bereits weiter entwickelten Spieler bekommen dort bereits deutlich mehr Einsatzzeiten als die kleineren und untalentierteren Spieler.


    Dies führt dazu, dass die Schere zwischen diesen Spielern von Jahr zu Jahr weiter auseinandergeht.


    Viele Trainer nutzen die Leitung der Mannschaften natürlich auch dazu sich zu profilieren. Sie geben mit ihren Ergebnissen an, berichten von Siegen in ihrem Status und geben natürlich auch mit ihren Erfolgen an.


    Aber zu deiner Ausgangssituation zurückkommend - ja, du hast es mit Sport zu tun. Da wird sich mit Ergebnissen definiert und die meisten Eltern möchten ihre Kinder natürlich siegen sehen.

    Man merkt häufig, dass erfolgreiche Trainer von den Eltern und auch Vereinsfunktionären regelrecht angehimmelt werden. Es wird kaum hinterfragt, wie sie zu den Erfolgen kommen. Den Eltern der Kids, die nicht oder kaum spielen, wird meist kaum gehört. Der Trainer hat ja recht, er ist erfolgreich und dementsprechend besser als der Trainer des Nachbarorts.

    Häufig führt das dazu, dass diese Kinder dann kündigen und aufhören mit Sport. Die besseren Kinder verlassen dann den Verein zu leistungsorientierten Vereinen und über bleibt meist ein Scherbenhaufen, der dann häufig auch nicht mehr von dem ehemaligen Erfolgstrainer trainiert wird. Da musst du dann ran und den Haufen wieder neu aufbauen.

  • Die in der F- und E-Jugend talentierteren Spieler oder körperlich bereits weiter entwickelten Spieler bekommen dort bereits deutlich mehr Einsatzzeiten als die kleineren und untalentierteren Spieler.


    Dies führt dazu, dass die Schere zwischen diesen Spielern von Jahr zu Jahr weiter auseinandergeht.

    Das halte ich für einen fehlerbehafteten Schluss. Es sind nicht die 45 Minuten am Wochenende, die die Schere auseinander gehen lassen, sondern die mangelnde Beschäftigung mit dem Ball außerhalb des Trainings und die Teilnahme am Training selbst.


    Was ich allerdings tatsächlich unfair fände, wenn die kleineren Spieler wenig Spielzeit bekämen, obwohl sie regelmäßig mit entsprechender Motivation und Enthusiasmus ins Training kommen.

  • Das ist doch aber genau der Fehler, der oft die Spirale in Gang setzt.

    Warum soll ich denn in der E-Jugend immer ins Training kommen, wenn ich nur 10 Minuten spiele? Und meist nur dann, wenn die Spiele entschieden sind. Wenn es eng wird, werde ich dann wieder ausgewechselt. Motiviert mich das dazu in meiner Freizeit zu kicken?

    Und dann wundern sich Trainer und ein Großteil der Elternschaft, dass ab Winter die Kinder fern bleiben...

    Kenne leider ein aktuelles Beispiel, wo es gerade so läuft.

    Die ersten Kids überlegen den Verein zu wechseln, weil sie eh nicht oder wenig spielen. Obwohl sie in jedem Training da sind.

  • Danke für eure bisherigen Antworten.


    golfstrom und Goodie : eure Erfahrung deckt sich am meisten mit dem von mir bisher Erlebten. Ich habe - wie in dem Alter üblich - eine heterogene Truppe von den 9 Kindern im Kader. 3 ehrgeizige Jungs und einen guten Goalie (mit Defiziten beim Rausspielen), 2 körperlich schwache (zaghaftes Mädchen und ein zierlicher Junge), einen Normalo, zwei fussballerisch Schwache mit geringer Trainingsbeteiligung von 50%.


    Ich rotiere brav, aber beim 4+1 habe ich mit dieser Konstellation öfter ergebnismäßig das Nachsehen, wenn ich die 2 Schwächeren oder die 2 körperlich Schwachen einsetze. Da merkt man bei Punktspielen typischerweise wie die meisten Trainer nach einem Viertel umstellen und ihre großen oder schnellen Spieler auf meine "Schwachpunkte" ansetzen.


    Ich hab auch Erfolgsmomente generieren können durch Ausmachen von Freundschaftsspielen gegen Leidensgenossen sozusagen, aber natürlich schwingt immer bisschen bei den Eltern mit "Wann knacken wir denn endlich Team xy? Kann der Trainer denn nicht einfach bei knappen Spielen die Stärksten durchspielen lassen? Usw."


    Im Endeffekt läuft es darauf raus, dass der Verein durch ergebnismäßige Erfolge der A versucht, starke Spieler aus der Umgebung zu ködern. Dann werden die leistungsschwächeren in die B runtergeschoben mit irgendwelchen Argumenten. Damit kriege ich als B Trainer fussballerisch gute Kinder vielleicht, muss dann aber den Spagat schaffen die Schwächeren der B irgendwie bei Laune zu halten und gleichzeitig den Rest nicht zu verlieren. Irre, aber so läuft es bei uns eigentlich

  • Das ist doch aber genau der Fehler, der oft die Spirale in Gang setzt.

    Warum soll ich denn in der E-Jugend immer ins Training kommen, wenn ich nur 10 Minuten spiele? Und meist nur dann, wenn die Spiele entschieden sind. Wenn es eng wird, werde ich dann wieder ausgewechselt. Motiviert mich das dazu in meiner Freizeit zu kicken?

    Und dann wundern sich Trainer und ein Großteil der Elternschaft, dass ab Winter die Kinder fern bleiben...

    Kenne leider ein aktuelles Beispiel, wo es gerade so läuft.

    Die ersten Kids überlegen den Verein zu wechseln, weil sie eh nicht oder wenig spielen. Obwohl sie in jedem Training da sind.

    Was hat der Spaß am Kicken in der Freizeit mit der Spielzeit zu tun?

  • Zumindest im Breitensport und/oder der zweiten, dritten etc. Mannschaft liegt es an den Trainern, für gerechte Spielzeit zusorgen.


    Womit wir uns dann wieder im Kreis drehen: (Gefühlter) Erfolgsdruck seitens Eltern und/oder Verein vs. Spielzeiten für die (z.Z. noch) Schwächeren.


    Da hilft dann auch mal ein Blick in die Satzung des Vereins.

    Heißt es da z.B. "fördert den Freizeit- und Wettkampfsport" (ist in der Regel so), dann heißt das für mich nur, wir nehmen am Spielbetrieb teil.

    Bei "fördert den Leistungssport", sieht es dann schon anders aus...


    Meine mal gelesen zu haben, dass in den Niederlanden getestet wird, die Kinder/Jugendlichen nicht nach Altersklassen, sondern auf Basis der körperlichen Entwicklung (biologisches Alter) einzuteilen.


    Beim Ringen, Judo etc., wird ja auch nach Alter und Gewichtsklasse eingeteilt, um es fairer zu machen, da leuchtet es komischerweise jedem ein.

  • Das ist doch aber genau der Fehler, der oft die Spirale in Gang setzt.

    Warum soll ich denn in der E-Jugend immer ins Training kommen, wenn ich nur 10 Minuten spiele? [...]

    Was hat der Spaß am Kicken in der Freizeit mit der Spielzeit zu tun?

    Sehr viel!

    Wenn ich am Spieltag gefühlt nur auf der Bank sitze (und mich als Looser fühle), kann ich auch was mit Freunden unternehmen, die meine Anwesenheit wertschätzen.

    Und was mir mehr Spaß macht als nur blöd rumzusitzen (inkl. An- und Rückfahrt im PKW) ...

  • Wenn ich am Spieltag auf der Bank sitze, dann bin ich nicht motiviert in der Freizeit zu kicken, sondern mache dann was anderes.

    Zudem habe ich auch kein Selbstvertrauen mehr, weil ich ja anscheinend zu schlecht bin.

  • Warum soll ich denn in der E-Jugend immer ins Training kommen

    Weil ich kicken will und Spaß daran habe.

    Wenn ich am Spieltag auf der Bank sitze, dann bin ich nicht motiviert in der Freizeit zu kicken, sondern mache dann was anderes.

    Zudem habe ich auch kein Selbstvertrauen mehr, weil ich ja anscheinend zu schlecht bin.

    Das sehe ich wieder anders. Klar, wäre ich enttäuscht auf der Bank zu sitzen und klar, dass jeder Spieler im Kader auch Spielzeit kriegen muss. Aber die von Dir genannten wenn-dann-Fälle sind doch zu einfach formuliert.
    Und solche Spieler, die sich nur anstrengen, wenn auch Belohnung dafür in Aussicht steht, womöglich (kenn ich selbst einen Fall) erst einen Vorschuss brauchen, um motiviert zu sein ("Ich will mehr Spielzeit, dann strenge ich mich auch an") geht mir komplett gegen den Strich.

  • Wenn ich am Spieltag auf der Bank sitze, dann bin ich nicht motiviert in der Freizeit zu kicken, sondern mache dann was anderes.

    Zudem habe ich auch kein Selbstvertrauen mehr, weil ich ja anscheinend zu schlecht bin.

    Andersherum kann das aber auch dazu führen das die Kinder mehr kicken und trainieren weil sie besser werden wollen.

    Das ist dann der Job des Trainers die Kinder so zu leiten und zu motivieren das sie den Ehrgeiz entwickeln um sich zu verbessern und sich nicht entmutigen lassen.

    Mitunter einer der schwierigsten Parts des Jobs.


    Einsatzzeit muss man sich verdienen nicht geschenkt bekommen.

    Wie man sich diese verdienen kann ist variabel, kann man als Trainer überlegen was einem wichtig ist.

    Bei mir kamen in erster Linie Trainingsbeteiligung, Trainingseinsatz und Verhalten.

    Erst danach Talent und Können.

    Wer nicht in Training kommt oder da nur mit Faxen die 90 Minuten rumbringen will oder Mitspieler runter macht spielt nicht.

    So kommt, gerade bei F, E und D Jugend, eine natürliche Fluktuation rein das jeder mal mehr und mal weniger spielt.

    Einige die von Anfang an spielen ruhen sich auf dem "Erfolg" aus wodurch andere, die sich wegen ihrem Bankplatz im Training mehr anstrengen, dann 2-3 Wochen später den Startplatz haben.

  • Und solche Spieler, die sich nur anstrengen, wenn auch Belohnung dafür in Aussicht steht, womöglich (kenn ich selbst einen Fall) erst einen Vorschuss brauchen, um motiviert zu sein ("Ich will mehr Spielzeit, dann strenge ich mich auch an") geht mir komplett gegen den Strich.

    Es geht Mittelfeld#6 aber um Kinder die viel investieren, sich anstrengen und ins Training kommen.


    Und dann werden sie nicht eingesetzt, weil andere vermeintlich besser sind, oder vermeintlich zu einem besseren Ergebnissen beitragen.


    Also du reißt dir aus deiner Sicht jede Woche den Arsch auf, spielst aber trotzdem nicht.

    Wohlgemerkt in einer U10/B.


    Warum sollte das Kind dann weiter Spaß am Fußball behalten, wenn ihm klar gemacht wird: egal was du machst, selbst für den schwächeren Teil der U10 reicht es nicht, um Spielzeit zu bekommen.

  • Wer sich mal mit ex- und intrinsischer Motivation auseinander gesetzt hat weiß, dass sich extrinsische Motivation abnutzt.

    Wer auf Fußball kaum Bock hat, den kann man nem Euro pro Tor oder anderen Anreizen ne Zeit lang bei der Stange halten. Dann kommt die Gewöhnung und der Effekt verpufft. Es muss mehr her.

    Wer hingegen intrinsisch motiviert ist, mit Spaß und Interesse seine Aufgaben annimmt, wird an seinen Aufgaben wachsen und sich entwickeln.


    In sofern sind Belohnungen sehr kritisch zu sehen. Und auch mit Lob sollte man wohldosiert umgehen, weil auch das zur extrinsischen Motivation hinzugezählt wird.

    Es ist einfach ein total großer Unterschied ob man sagt: "Ich bin stolz auf dich" oder ob man sagt: "du kannst sehr stolz auf dich sein"


    Man sollte alles daran setzen, die intrinsische Motivation zu fördern.

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!

  • In meinem Beispiel geht es um Kids die immer beim Training sind aber gar nicht oder nur für ein par Minuten zum Einsatz kommen. Im Breitensport.

    Da geht es um die goldene Ananas und die Kids sind nicht viel schwächer als die, die immer spielen und gesetzt sind.