Keine Führungsspieler

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  • Hallo liebe Trainerkollegen,


    ich trainiere eine C2-Jugend, überwiegend jüngerer Jahrgang, die in der Kreisklasse spielt. Wir haben im Trainerteam festgestellt, dass es unter den 24 Spielern echt niemanden gibt, der halbwegs vorangeht oder der mit seiner Leistung oder seinem Verhalten ein Vorbild für die übrigen Spieler sein kann oder will.


    Sie kommen scheinbar alle gerne zum Training, aber man hat bei keinem den Eindruck, dass er sich wirklich verbessern will oder dass es wichtig ist, ob jemand im Team ist oder nicht. Oder falls doch, wird das geistig nicht mit der eigenen Leistung in Verbindung gebracht sondern eher damit, ob der Trainer jemanden mag oder nicht.


    Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht und evtl. einen Rat für mich?


    Viele Grüße

  • Das Sind Kinder ist einer extremen Selbstfindungsphase.
    In dem Alter lösen sie sich langsam von den Eltern, wollen wie Erwachsene behandelt werden, sind es aber oft ja noch nicht.

    Da ist es völlig normal, dass da keiner jetzt ein Schweinsteiger spielt.
    Und Kreisklasse klingt auch mehr danach, als wenn sie einfach kicken wollen, Spaß haben wollen und mehr nicht

  • Vielleicht ist dein Anspruch wirklich zu hoch. Wenn Fußball ihre absolute Leidenschaft wäre, würden sie evtl. nicht in einer Kreisklassemannschaft spielen.


    Trotzdem gibt es auf jedem Niveau und eigentlich auch in jedem Alter Spieler, die voran gehen. Wie du das am besteb fördern kannst musst du selber herausfinden. Hier ein paar Tipps.


    - Am Anfang des Trainings 2 Teams mit Kapitän definieren und alle Übungen als Wettkampf mit Punkten gestalten. Der Kapitän, der verliert bestimmt 3 Spieler aus seinem Team, die nach dem Training aufräumen.


    - Aufgaben definieren: mein Sohn soll in diesem Jahr eine Führungsrolle übernehmen. In letzter Zeit beobachte ich, dass die Übungen beim Aufwärmen nicht mehr vom Trainer vorgegeben werden, sondern von ihm. Außerdem korrigiert der Trainer z.T. nicht mehr die Spieler, die falsch stehen, sondern fordert meinen Sohn als 6er/IV auf seine Vorderleute zu coachen.


    - Hier noch eine Übung:

    Alle Spieler dribbeln mit farbigem Hütchen in der Hand in einem durch Stangen markierten Raum. Wenn zwei Spieler aneinander vorbei laufen, tauschen sie das Hütchen. Auf Kommando dribbeln alle Spieler in eine Ecke. Ziel: alle Spieler mit Hütchen der selben Farbe treffen sich so schbell wie möglich in der selben Ecke. Bei der Übung siehst du schnell, wer deine Führungsspieler sind.


    - Gib deinen Führungsspielern nicht zwangsläufig die Binde. Die brauchen echte Führungsspieler nicht.

  • Echte Führungsspieler in der Pubertät können auch komplette Nervensägen sein. Haste den Gedanken schon mal gekaut?


    Teambuilding im Sinne von: Was läuft gut? Was gefällt euch? Warum kommt ihr her? Welche Ziele verfolgen wir eigentlich (und da kann zum Beispiel auch rauskommen, dass alle gleich viel Spielzeit bekommen sollen) und wie können wir sie erreichen? Welchen Strafenkatalog brauchen wir? Was können wir verbessern?


    Ich bin der Meinung, dass man sich pro Saison ruhig mal 2x2 Std. zusammensetzen kann...


    Außerdem: wie soll die Kommunikation auf dem Platz aussehen? Viele Trainer rufen nur: redet miteinander.

    Aber welche Kommandos gibt es, wann werden sie eingesetzt? Wer sagt wem was und warum? Hilft dir, wenn dein Nachbar dir was sagt? Welches Kommando hilft dir wann?


    Ich glaube, hier setzen "Außenstehende" gerne zu viel Vorwissen voraus.

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!

  • Echte Führungsspieler in der Pubertät können auch komplette Nervensägen sein.

    Hatte ich auch schon. Wirkten auf einen Teil der Spieler eher hemmend!


    Jedes Ding hat drei Seiten: Eine die du siehst, eine die ich sehe und eine die wir beide nicht sehen.

  • Ganz wichtiger Aspekt!

    Geht es Dir beim Thema Führungsspieler darum, dass Du Vorbilder hast, die Disziplin und Werte vorleben, die nie Aufgeben, nach dem Training die Trainingsutensilien weg- und die Kabine aufräumen?

    Oder geht es darum im Spiel die Mitspieler taktisch zu führen, wie es Goodie oben beschreibt.

    Bei Letzterem kann und muss fast jeder Führungsspieler sein - abhängig von seiner Position und dessen, dem das Kommando gilt.

    Die Führung kann dann auch wechselseitig erfolgen.

    Beispiel: der Linksaußen eröffnet das Pressing, weil er erkennt, dass der gegnerische Rechtsverteidiger unglücklich angespielt wurde oder einen schlechten ersten Kontakt hatte.

    Im Idealfall erkennen die Mitspieler, die ihm am nächsten positioniert sind schon durch sein aggressives Anlaufen, dass sie nachschieben und die Lücken schließen müssen, oder er macht das durch ein Kommando klar und löst dadurch eine Kettenreaktion aus, die sich durch die komplette Mannschaft zieht.

    Alternativ hätte auch der 6er oder der linke 8er das Kommando zum Pressing geben können und der LA startet darauf mit dem Anlaufen (was aber im Gegensatz zum ersten Fall schon wieder wertvolle Sekunden kosten würde).

    Wenig Sinn macht es aber, wenn der Rechtsverteidiger, weile er Spielführer und vom Trainer benannter Führungsspieler ist quer über den Platz "PRESSEN!" brüllt. So läuft es aber meistens, wenn keine Kommunikation, Regeln und gemeinsames Wissen zur Vorgehensweise innerhalb der Mannschaft und zwischen Trainer und Mannschaft erfolgt.

    Mittlerweile geht man als Trainer zu oft davon aus, dass die Spieler aufgrund des im Netz und TV überfrachtend vorhandenen Know-Hows in Sache Taktik und Spielphilosophie alles wissen und umsetzen können.

    Selbst wenn sie sich für all das interessieren und auf dem Kasten haben, benötigt es genau die von Goodie angesprochenen gemeinsamen Codes und Regeln. (Wer sagt wann was zu wem und welche Reaktion erfolgt dann darauf?)

    Der Vorteil an der viel besseren und breiteren Basis an taktischem Wissen als früher ist, dass es nicht mehr den oder die wenigen Führungsspieler braucht, sondern dass je nach Spielsituation ein anderer Spieler führt und geführt wird und, dass in der nächsten Situation u.U. beide genau entgegengesetzte Rollen einnehmen können.

    Wenn Du das schaffst als Trainer, dann bekommst Du ein hervorragendes Teamgefüge, in dem Du mit Sicherheit weiterhin Leistungsträger haben wirst, die aufgrund ihrer spielerischen oder athletischen Fähigkeiten besonderen Einfluss aufs Ergebnis haben, aber diese sich dann auch mehr auf ihre Leistung konzentrieren können, weil diejenigen, die spielerisch vielleicht weniger Einfluss aufs Spiel haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten trotzdem wichtig sind.

    Normalerweise liegt es ja nahe die leistungsstärksten Spieler auch zu Führungsspielern zu machen. Das ist aber nicht immer der beste Weg, weil darunter auch die Performance im Spiel leiden kann. Dementsprechend bin ich eher für eine flache Hierarchie innerhalb der Mannschaft, wo theoretisch jeder, je nach dem welche Position er spielt und je nach Situation Führung übernehmen muss.

    Das ist in der Vorbereitung und Erarbeitung für Dich und die Mannschaft anspruchsvoller und anstrengender, lohnt sich aber langfristig fürs Team und für jeden Spieler persönlich.

  • Hallo zusammen,


    vielen Dank für Eure Meinungen. Natürlich will ich mit meinem Team "Kreisklassenmeister" werden. Welcher Trainer wollte das nicht? Schon klar, dass ein überdurchschnittlich begabter Führungsspieler wahrscheinlich nicht mehr bei uns wäre. Aber ich hatte die Vorstellung, dass sich in einer Gruppe von 20-25 Personen nach einer bestimmten Zeit ganz von selbst eine kleine Hierarchie bilden müsste. Da sollte doch der eine oder andere "geborene" Anführer dabei sein, ganz unabhängig vom jeweiligen fussballerischen Können. Aber das konnte ich gerade bei meinem Team bisher überhaupt nicht beobachten. Gut oder schlecht, alle halten sich im Hintergrund und warten auf Anweisungen.


    Eigentlich ist es mein Ziel, den Spielern möglichst wenig vorzugeben, da es ja letztendlich ihr Spiel ist. Ich stehe ja draußen und will nur begleiten. Wenn aber jemand Verantwortung abgeben will, muss es ja auch jemanden geben, der diese übernehmen will.


    Eure Tipps werden mir sicherlich dabei helfen, die betreffenden Spieler zu finden.


    Danke nochmals und viele Grüße

  • Ich bin gerade in einer B-Jugend und kann mir nicht vorstellen, dass es gar keine Spieler bei dir im Team gibt, die Verantwortung übernehmen könnten.

    Führungsspieler sind für mich im Nachwuchs Spieler die sportlich und menschlich unumstritten sind im Team und als Vorbilder in beiden Aspekten taugen.

    Menschlich ist mir sehr wichtig, dass der Spieler bei allem anerkannt und relativ beliebt ist, einen Draht zu den Jungs hat und eine gewisse Grunddisziplin und hohe Motivation mitbringt.

    Ich kann mir kaum vorstellen, dass es da in deinem Kader niemand gibt.