Gesellschaftliche Herausforderungen rund um unsere Kinder

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  • Wiedereinzug des Leistungsgedanken in unserer Gesellschaft

    Das hätte ich gerne genauer. Aus meiner Sicht haben wir - überwiegend - eine Leistungsgesellschaft. Man kann sich durch Leistung Macht, Prestige, Einkommen und Vermögen erarbeiten.

    Wann soll denn der Leistungsgedanke ausgezogen sein? Wo geht es nicht nach Leistung? Und wenn nicht, warum?

  • Wiedereinzug des Leistungsgedanken in unserer Gesellschaft

    Das hätte ich gerne genauer. Aus meiner Sicht haben wir - überwiegend - eine Leistungsgesellschaft. Man kann sich durch Leistung Macht, Prestige, Einkommen und Vermögen erarbeiten.

    Wann soll denn der Leistungsgedanke ausgezogen sein? Wo geht es nicht nach Leistung? Und wenn nicht, warum?

    Ich glaube, dass durch das viel zu frühe Einfordern von Leistung und Ergebnissen beginnend im Kindergarten, weitergeführt in der Grundschule und an weiterführenden Schulen in dem Alter in dem die Leistung benötigt wird bei vielen Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen eine gewisse Leistungsmüdigkeit (um nicht Ausgebranntheit zu sagen) einsetzt.

    Der Sport trägt da sicher auch seinen Teil dazu bei und die Kombination aus Anforderungen, Leistungs- und Wettbewerbsdenken in Schule und Sport führt dann dazu, dass man in einem gewissen Alter stagniert oder müde ist.

    Das heißt nicht, dass es falsch ist, wenn Kinder und Jugendliche im Sport und in der Schule ihre Grenzen austesten wollen und sollen.

    Ich stelle aber schon fest, dass ein gewisser gesellschaftlicher aber auch "staatlicher" Druck (Pisa-Studien-Aufregung) besteht, permanent auf oberstem Level performen zu müssen.

  • Ich finde die Ansätze in diesem Bereich auch sehr spannend - vor allem aufgrund ihrer Ambivalenz.

    Deine Sicht ist die etwas weniger populäre im Kontrast zum allgemein geläufigen: "Heutzutage kriegen alle alles geschenkt, alle sind Gewinner"-Vorwurf, der ja wieder mehr Zucht und Ordnung verlangt.


    Ich selber habe Lehramt studiert, aber nie angetreten. Trotzdem habe ich während meiner Praktika und im Praxissemester auch das Gefühl gehabt, dass von den Schülern (gymnasiale Oberstufe) deutlich weniger verlangt wurde als noch wenige Jahre zuvor von "uns". Der Erwartungshorizont ist etwas niedriger und die Hemmschwelle schlechte Noten zu vergeben ist gerade bei jüngeren Lehrern gestiegen (diese werden immerhin auch daran gemessen, wie ihre Klassen bewertet werden). In den letzten zehn Jahren ist ein deutlicher Anstieg bei den Studienanfängern zu beobachten gewesen, der jetzt wieder zurückgeht. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass der Zugang zu den Hochschulen immer leichter geworden ist. Mehr Schüler schaffen auf verschiedensten (Um)Wegen das Abitur mit teilweise sehr guten Schnitten, die sie aber nicht unbedingt verdienen. In der Folge treten sie einen Elitestudiengang an, für den sie zwar auf dem Papier den NC aber sonst keine Eignung haben. Dementsprechend brechen sie im nächsten Schritt von selbst ab oder werden vom System aussortiert, weil sie die Prüfungen nicht schaffen.


    Viele Unis haben darauf reagiert und die Zulassungsvoraussetzungen verschärft (ähnlich wie der DFB bei der Trainerausbildung btw).


    Ich kann nicht beurteilen, wie es in Grundschulen oder in der Unter- und Mittelstufe läuft. Aber allein das Abschaffen von Hauptschule ist ja schon ein Signal der "Verwässerung". Allen soll die Möglichkeit geboten werden, den Zugang zum Abitur und somit zur Uni zu erhalten, was grundsätzlich ein schöner Gedanke ist. Aber ich fürchte, dass es im Sinne des "Leistungsgedankens" der falsche Weg ist.


    Es nimmt den Druck von den Schülern, weil sie spüren, dass sie "schon irgendwie durchkommen". Wenn es mal nicht klappt, liegt es an der Schule (Äquivalent: Verein) oder den Lehrern (Äquivalent: Trainer), selten aber liegt es an ihnen selber. Das kennen wir doch auch aus dem Fußball. Diese Spieler, die sich schwer damit tun, ihre eigene Leistung zu reflektieren und richtig einzuordnen. Und da müsste man eigentlich ansetzen. Fragen, warum diese Reflexionsfähigkeit fehlt. Wurde es anerzogen? Dadurch, dass es keine Verlierer und keine negativen Ergebnisse und Erlebnisse mehr gibt? Sind sie wirklich verweichlicht dadurch, dass wir jedweden Wettkampf von ihnen fern halten?

    Liegt es an der modernen Welt, in der sich junge Menschen ihre Bestätigung in Form von Likes auf Social Media holen? An der Oberflächlichkeit dieser Generation, die schon anhand der Frisur und Schuhfarbe für sich entscheidet, ob jemand ein guter oder schlechter Fußballer ist (Tipp von Sidney Friede: "Ihr müsst eine auffällige Frisur, bunte Schuhe und ein Tape am Handgelenk tragen. Am besten noch die 10 auf dem Rücken. Dann gucken die Scouts nur auf euch")? An einer Welt, in der junge Spieler aus Brasilien, England und Frankreich automatisch einen höheren Marktwert haben als vergleichbare Talente aus bspw. Osteuropa?

    Oder haben Menschen einfach schon immer unterschiedlich auf Leistungsdruck reagiert, aus unterschiedlichen Motiven Sport getrieben und uns fällt alles erst heute auf, weil Daten viel leichter und öfter gesammelt, ausgewertet und interpretiert werden? Weil es viel mehr Möglichkeiten des Austausches gibt und nicht mehr jeder mit seinen Problemen selber klar kommen muss, sondern in ein Forum schreiben und eine Diskussion anregen kann?

  • Wiedereinzug des Leistungsgedanken in unserer Gesellschaft

    Das hätte ich gerne genauer. Aus meiner Sicht haben wir - überwiegend - eine Leistungsgesellschaft. Man kann sich durch Leistung Macht, Prestige, Einkommen und Vermögen erarbeiten.

    Wann soll denn der Leistungsgedanke ausgezogen sein? Wo geht es nicht nach Leistung? Und wenn nicht, warum?

    Mein Beitrag stammt zwar aus einem anderen Thread, aber gern die Beantwortung deiner Fragen hier:

    Zunächst habe ich ein etwas andere Meinung, zumindest in der Absolutheit, die du vertrittst. Macht, Prestige, Einkommen und Vermögen lassen sich -gegenwärtig- nur bedingt durch Leistung erreichen, so meine Meinung.

    Die Frage wann der Leistungsgedanke "ausgezogen" ist, kann ich nicht mit Datum benennen, aus meiner Sicht war es ein Prozess.

    Wo es nicht nach Leistung geht? Es fängt im Kindergarten an. Fehlten bestimmte Voraussetzungen für den Schuleintritt, dann wurde ein Kind nicht eingeschult. Heutzutage erfolgen Zurückstellungen häufig auf Wunsch der Eltern, aber weniger aus medizinischer oder pädagogischer Sicht. Nein, ich habe dafür keine wissenschaftlichen Belege, das sind meine Beobachtungen. Kinder in der Grundschule, die keine Rückwärtsrolle hinbekommen, erhielten eine 6. Inzwischen ist die Rückwärtsrolle teilweise aus der Benotung verschwunden, wird wegen der Verletzunggefahr!! teilweise nicht mehr gelehrt. Das ist ein Beispiel, wie sich das System an fehlende Leistungen angepasst hat.

    In meinem Bundesland können Schüler nur in best. Jahrgangsstufen sitzen bleiben. Fehlende Leistung hat also in den anderen Jahrgängen keine Konsequenzen. Ohnehin wird der Diskurs in den Schulen gescheut. Es werden Schüler versetzt oder Empfehlungen für Schulwege ausgesprochen, obwohl die Leistungen dafür nicht ausreichen.

    Letztes Beispiel: Ein Unternehmer erzählte mir, dass sein Azubi durch die Gesellenprüfung gefallen ist. Der Azubi reagierte darauf: ist doch egal, mich wollen auch ohne bestandene Prüfung genug Firmen haben und bezahlen mir den gleichen Lohn, wie mit bestandener Prüfung.

    Gesamtgesellschaftlich haben wir einen Wohlstand erreicht, der zusätzliche Anstrengungen/Leistungen unattraktiv macht. Sowohl finanziell (Steuersystem), als auch in der öffentlichen Wahrnehmung (4-Tage-Woche vs. Überstunden).

  • Dazu passend: Heinrich Böll: Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral


    Wenn ich in weniger Zeit mehr oder das gleiche erreiche wie vorher, habe ich meine Leistung erhöht. Und wenn ich für meinen Lebensstandard nur noch 4 oder 3 Tage arbeiten muss, habe ich das durch eine höhere Leistung erreicht, sofern der Lebensstandard gleich bleibt.


    Zu unserem Schulsystem mal ein Bildchen:

    facebook-beitrag-angebliches-einstein-zitat.png

    Warum muss ein Physik-Nobelpreisträger oder ein Spitzenkoch eine Rolle rückwärts können. In den NC (Abiturschnitt) fließt die Note Sport/Musik auch mit ein.


    Die Anforderungen an Schüler sind heute andere - z.B. Präsentationen bereits in der Grundschule, Gruppenarbeit im Gymnasium.


    Die heutige Gesellschaft ist übrigens genau die, die WIR zu dem gemacht haben. Eltern wollen entscheiden, wann ihre Kinder schulreif sind. Eltern setzen Rechtsanwälte ein für Schulnoten oder den Zugang zu einer Schulform usw.


    Kinder sind nicht mehr Kinder sondern kleine Erwachsene - auch die müssen optimiert werden und natürlich von Anfang an Leistung bringen (wann sagt es das erste Mal Papa? kann laufen? spielt Fußball? in der E-Jugend ist es leider zu spät ;) usw.).

  • Warum muss ein Physik-Nobelpreisträger oder ein Spitzenkoch eine Rolle rückwärts können. In den NC (Abiturschnitt) fließt die Note Sport/Musik auch mit ein.

    Das war doch überhaupt die Frage bzw. Antwort. Du wolltest Beispiele, wo Leistung (bzw. Nichtleistung) keine Rolle mehr spielt. Die habe ich dir geliefert. Und nun weichst du aus. Die Sinnhaftigkeit bestimmter Lehrinhalte stand überhaupt nicht zur Disposition.

    Und auch wer an dieser Veränderung Schuld hat, war nicht die Frage.

  • Du bist halt in Deiner Beschreibung sehr reduziert auf den Sport (vielleicht war das ja ursprünglich von Deiner Seite aus so gewollt...). Was diesen Bereich, insbesondere den Schulsport angeht schon grob eine ähnliche Wahrnehmung wie Du (auch wenn ich beim Rückwärtsrolle Beispiel auf keinen Fall d`accord bin), denke aber, dass der Zusammenhang ein Anderer ist.

    Grundsätzlich ist unsere Gesellschaft was die sportliche Leistungsfähigkeit betrifft deutlich ausdifferenzierter als früher. Da sind mit Sicherheit auch die modernen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung mit Schuld. Dementsprechend wird bei der Benotung auch ein Rahmen geschaffen, in dem die "unsportlichen" Kinder teilhaben können.


    Ich finde das, wenn man sich die gesellschaftliche Rolle von Sport in der Gesellschaft ansieht, auch in Ordnung. Beim Schulsport geht es sicher nicht darum die deutsche Nationalmannschaft zu fördern, sondern eine möglichst breiten Masse an Kinder/Jugendlichen an ein gesundheitsbewusstes Sporttreiben heranzuführen. In Anbetracht dieses Ziels ist es mMn nicht logisch, wenn man den weniger begabten (oder von mir aus motivierten) Kindern ein schlechtes Gefühl gibt. Hier sollte imo der inklusive Aspekt des Sports im Vordergrund stehen.


    Burnout-Erkrankungen in Deutschland | Statista


    Was die anderen gesallschaftlichen Bereiche betrifft, sehe ich das nicht so. Natürlich ist das mit dieser Form von Belegen immer schwierig, weil die Schlussfolgerung Mehr Diagnosen -> Mehr Druck, sicher nicht uneingeschränkt zulässig ist. Dennoch gibt es finde ich relevante Tendenzen in diese Richtung. Auch die Zunahme von kindlichen Depressionserkrankungen, ADHS u.ä. deutet daraufhin, dass eine Anpassung an unsere Gesellschaft vielen schwerer fällt als früher.

  • Es war nicht nur auf den Sport bezogen, daher das Beispiel mit dem Azubi.

    Ich habe regelmäßig mit Personen zu tun, die sich in der sozialen Hängematte eingenistet haben, wohlgemerkt freiwillig. Da kann ich keinen Leistungsgedanken erkennen. Diese Leute verschwenden auch keinen Gedanken an diejenigen Menschen, die mit ihren Steuern das ganze System am Laufen halten und dafür dann vielleicht sogar die von dir beschriebenen Folgen davon tragen.

  • Ich habe regelmäßig mit Personen zu tun, die sich in der sozialen Hängematte eingenistet haben, wohlgemerkt freiwillig. Da kann ich keinen Leistungsgedanken erkennen. Diese Leute verschwenden auch keinen Gedanken an diejenigen Menschen, die mit ihren Steuern das ganze System am Laufen halten und dafür dann vielleicht sogar die von dir beschriebenen Folgen davon tragen.

    Kann schon sein...ändert aber ja an der Gesamtbetrachtung nichts. Es geht ja nicht um einige wenige, die unsere (guten und sinnvollen!) sozialen Sicherungssysteme ausnutzen, sondern um das Gros der Gesellschaft, welches mit Erwartungshaltungen und gesellschaftlichem Druck zurechtkommen muss.


    Ich habe da sicher nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen. Aber die Dinge, die ich beobachte erwecken mMn nicht den Eindruck, dass wir bei unseren Kindern und Jugendlichen zu wenig Leistungsdruck haben.

  • die ich beobachte erwecken mMn nicht den Eindruck, dass wir bei unseren Kindern und Jugendlichen zu wenig Leistungsdruck haben.

    Du schreibst von Leistungsdruck. Ich schrieb vom Leistungsgedanken in der Gesellschaft. Mein Ansatz ist, Leistung als etwas positives zu bewerten, Leistungsbereitschaft zu fördern. Der politische Ausspruch "Leistung muss sich wieder lohnen" ist mir dabei etwas zu platt, trifft aber den Kern dessen, was ich mit "Leistungsgedanken" umschrieben habe.

  • die ich beobachte erwecken mMn nicht den Eindruck, dass wir bei unseren Kindern und Jugendlichen zu wenig Leistungsdruck haben.

    Du schreibst von Leistungsdruck. Ich schrieb vom Leistungsgedanken in der Gesellschaft. Mein Ansatz ist, Leistung als etwas positives zu bewerten, Leistungsbereitschaft zu fördern. Der politische Ausspruch "Leistung muss sich wieder lohnen" ist mir dabei etwas zu platt, trifft aber den Kern dessen, was ich mit "Leistungsgedanken" umschrieben habe.

    Im Prinzip habt ihr beide Recht, weil das eine für das andere Verantwortlich ist.

    Es wird zu früh von Kindern "Leistung" bzw. messbares erwartet. Und zwar von Eltern, Gesellschaft und Politik.

    Bei vielen klappt das vielleicht auch, bei den meisten stellt sich aber relativ schnell heraus, dass sie mit den Anforderungen überfordert sind. Statt aber die Anforderungen zurückzunehmen wird von allen Seiten eingegriffen um die Kinder irgendwie zum erwarteten Ergebnis zu steuern. (Helikoptereltern, Nachhilfe, Intensivierungsunterricht, Fußballschule, ...)

    Am Ende führt das alles dazu, dass sie in der Lebensphase wo der Leistungsgedanke wichtig wird keinen Bock mehr auf Leistung haben.

  • Das Thema hat so viele Schichten, darüber werden doch sicher Doktorarbeiten geschrieben!


    Die Teilung in Hauptschule/Realschule/Gymnasium, wie sie zu meiner Zeit (80er) üblich war, scheint ja diesen Leistungsgedanken zu bedienen. Die was leisten wollen/können kommen auf Gymnasium, der Rest verteilt sich.

    Das Problem ist aber doch, dass man diese Entscheidung trifft, im zarten Alter von 9 oder 10. Da wird dem Kind ein Stempel auf die Stirn gedrückt wo u.U. drauf steht: "zu blöde fürs Leben".


    Die Anforderungen im Beruf steigen jedoch und Hilfsarbeiter/Anlernberufe starben aus.

    Ich arbeite in der chemischen Industrie und als ich angefangen habe, gab es intern den einjährigen "Kaffeekocher-Kurs", in dem Ungelernte ein paar Fachausdrücke und Zusammenhänge beigebracht wurden. Im Büro saßen "Büroassistentinnen", in den Betrieben gab es "Fachwerker", beides zwei Jährige Anlernberufe und in den Laboren gabs Spülkräfte.

    Das alles ist in den letzten 25 Jahren ausgestorben.


    Es gab also schon damals gute Gründe, die Schule zu reformieren. (Gesamtschulen oder wie immer das bei euch heißt). Hier waren die Systeme zumindest durchlässiger, Spätentwicklern hat man nicht zusätzlich Steine in den Weg geworfen.


    Aber seit den 2000ern hat sich Schule kaum weiter entwickelt, die Gesellschaft hat aber dank der Digitalisierung unglaubliche Sprünge hingelegt.

    Das moderne Arbeitsleben benötigt Teamplayer und Digitale Natives. Aber haben wir inzwischen eine Programmiersprache im Lehrplan? Nein, warum auch. Latein oder Französisch ja aber kein Java oder C++?

    Lernt man was über Projektmanagement oder ist Gruppenarbeit immer noch: der Nerd denkt, der Fleißige schreibts auf, die drei Faulis tun so als ob?

    Wo werden soziale Skills gefördert? Wir benötigen dringend Pflegende. Finden sich hier Inhalte in der Schule?


    Aber Hauptsache man weiß, dass das Verb im Satz als Prädikat an zweiter Stelle steht und die Objekte im Akkusativ oder Dativ stehen können.

    Oder das Wissen, dass Kupfer mit Schwefel zu Kupfersulfid reagiert (Chemie, 7.Klasse)... das braucht doch isoliert kein Mensch! Fächerübergreifender Unterricht ist meines Wissens noch nicht mal an Berufsschulen umgesetzt.

    ABer aus einem Chemiker wird nicht selten ein Betriebsleiter oder Forschungsleiter und der muss sich dann mit Personalführung und Controlling rumplagen.


    Wir bilden unsere Schüler komplett am Bedarf vorbei aus.


    Die immer noch üblichen Fächer kennen wir alle noch und sind auch immer noch alle aktuell.


    Wäre das nicht sinnvoller?

    Deutsch, Mathe, Englisch, zweite Sprache analog oder digital, Bewegung und dann einen großen Themenkomplex "alles Mögliche". Und da packt man dann Fächerübergreifend alles rein:


    z.B.

    - Energie. Das kann man politisch, technisch, gesellschaftlich, chemisch/physikalisch, aus Umweltsicht oder im geschichtlichen Kontext betrachten und auf Ergometern sogar sportlich selber herstellen.

    - Oder Backen, das ist Ackerbau mit Umweltschutz und Gendiskussion, Politik mit der Aggrarförderung, Technik mit Mahlung früher und heute, Chemie mit den Prozessen Dank Hefe und Hitze, Gesundheitsthemen mit Ernährungspyramide und Gluten und am Ende kann man die Kekse auch noch essen.

    - Der Mensch: Zeugung, Wachstum, Pubertät, Berufsfindung, Glaube, erste Hilfe, usw. usf.


    In einem solchen System könnten die Schüler ihre Neigungen ganz anders einbringen.
    Beim Backen kommt vielleicht einer bei den chemischen Prozessen nicht so gut mit, kann aber die Funktionsweise einer Wassermühle des Mittelalters erläutern und hat ne detaillierte technische Zeichnung angelegt? Prima.


    Wir müssen ein Feuer entzünden! Die Talente der Menschen freilegen. Nicht alle auf den Baum jagen!


    Am Ende der Schulzeit ist man nicht in der Lage zu sagen, was man werden könnte (Ausnahmen gibts natürlich). Das war schon zu meiner Zeit so und hat sich nicht verbessert. Potentialanalysen, Schnuppertage und Schülerpraktika sind ein müder Versuch, hier besser zu werden. Studienabbrecher oder Umschulungen sprechen eine andere Sprache. Heutzutage ist man zum Glück nicht für 50 Jahre Verkäufer oder Friseur sondern kann sich umorientieren. Studienabbrecher sind nämlich längst nicht alle zu doof/überfordert zum Studieren sondern entdecken häufig ihre wahren Talente. So ist aus einer BWL-Studentin ("was soll ich denn sonst machen?") inzwischen eine Maurerin geworden, die über den Meister in Richtung Bauleitung gehen will. Und ein Banklehrling über zig Umwege in der Entwicklungshilfe in Afrika.


    Aber der Pluralismus, der an vielen Stellen gute Ergebnisse liefert ist bei der Bildungspolitik IMO inzwischen vollkommen überholt, will man die Dinge grundlegend verändern, modernisieren.

    Aktuell sitzen Lehrer, die das alte System gut fanden (sonst hätten sie den Beruf nicht ergriffen) in den Ministerien. Hier müssen aber die kritischen Köpfe hin, die, die das System scheiße fanden! Leute mit Zukunftsvisionen.


    Ich mag die Vögel wie Marc Zuckerberg oder Elon Musk echt nicht aber solche Köpfe sollten mal Schule denken. Ich wäre sehr gespannt, was dabei rauskommen würde.




    Beim Sport orientieren wir uns immer nur an Siegen und Erfolgen und beim Fußball noch am großen Geld. Und dann wundern wir uns, dass immer mehr damit nix mehr zu tun haben wollen. Sportarten wie Zumba, Klettern oder Parkour sind doch nicht zufällig angesagt. Sie sind nicht "Schuld" sondern eine geile Ergänzung für Leute die sich dem Quatsch nicht mehr aussetzen wollen.


    Leistung wird mit Ergebnissen gleich gesetzt!

    Ansonsten wäre es ja eine Leistung, Otto beidfüßig bekommen zu haben. Sowohl fürs Kind wie auch für den Trainer. Wenn man heute diskutiert, dass man den Straßenfußball (ausgestorben) in die Vereine holen will, dann möchte man die Selektionsbasis vergrößern, sonst nix.

    Straßenfußball hieß: der Dicke musste Eis holen gehen, der mit dem Ball hat durchgespielt und gewonnen hat, wer das letzte Tor erzielt hat.

    DAS will im organisierten Sport niemand.

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!

  • Es war nicht nur auf den Sport bezogen, daher das Beispiel mit dem Azubi.

    Ich habe regelmäßig mit Personen zu tun, die sich in der sozialen Hängematte eingenistet haben, wohlgemerkt freiwillig. Da kann ich keinen Leistungsgedanken erkennen. Diese Leute verschwenden auch keinen Gedanken an diejenigen Menschen, die mit ihren Steuern das ganze System am Laufen halten und dafür dann vielleicht sogar die von dir beschriebenen Folgen davon tragen.

    Da wird mir ein bisschen zu viel in einen Topf geworfen.

    Der Azubi in dem Beispiel legt sich nicht in die soziale Hängematte und zahlt auch weiterhin Steuern. Ob er mit Gesellenprüfung oder ohne der bessere Mitarbeiter ist, sei auch mal dahingestellt.

    Und zur "sozialen Hängematte": wie viel Prozent sind das? von wie vielen Menschen sprechen wir hier? Arbeitslosenquote 5,5% - 94,5% arbeiten! (Juni 2023 - siehe u.a. hier)


    Was ist das Gegenteil von der Leistungsgesellschaft? Ständegesellschaft? Das wäre das "Modell Dardei" - das funktioniert heute allerdings auch nicht ohne Leistung. Sportlich haben allerdings einige gute Gene mitbekommen (z.B. Koch, Sane u.a.). Was heute funktioniert, ist das Erben (dazu braucht es oftmals keine eigene Leistung) - das gab es früher auch schon, wenn auch nicht so ausgeprägt.

    Und von einer Feudalgesellschaft sind wir auch weit entfernt.


    Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Leistungsgesellschaft immer weiter an ihre Grenzen stößt. Höher, schneller, weiter wird immer schwieriger. Weltrekorde purzeln nicht mehr so oft wie in den vergangenen Jahren. Das immer noch etwas geht (z.B. wirtschaftlich), hat schon der Club of Rome erkennen müssen, aber es wird natürlich auch immer schwieriger.


    Und wie gehen wir mit unseren Leistungsträgern um? Will das noch jemand sein? Muss man sich das antun? In der Schule sind es die Streber. Im Sport der Trainer, der keine Ahnung hat. Oder der Vorstand, der an seinem Posten hängt. Oder das Vitamin B das ihn dort hin gebracht hat usw.


    Und in Bezug auf die Nationalmannschaft und NLZ - ohne Leistung kommt da keiner hin. Und ohne Disziplin auch nicht. Schaut euch mal die Tagesabläufe der Jungs und Mädels über Jahre an - da schaukelt niemand in der "Hängematte".

  • Und wie gehen wir mit unseren Leistungsträgern um? Will das noch jemand sein? Muss man sich das antun? In der Schule sind es die Streber. Im Sport der Trainer, der keine Ahnung hat. Oder der Vorstand, der an seinem Posten hängt. Oder das Vitamin B das ihn dort hin gebracht hat usw.

    Ich finde, wir sind eher eine Neid-Gesellschaft.

    Wir schauen auf unsere Stars hinab (alle überschätzt, Vitamin B), verachten die Politiker (sowieso) und Vorstände aber natürlich auch die Sozialschmarotzer. Wir gönnen uns strukturellen Rassismus (hier ist Fußball interessanterweise eine Ausnahme und FC International ja eher die Regel als die Ausnahme), versuch mal als H. Özcan ne Wohnung zu bekommen.


    Unsere Jugend wurde durchs G8-Abi geschickt und schaut uns Eltern zu, wie wir uns aufreiben zwischen Familie und Beruf. Und sie finden neue Lösungen, wollen so viel arbeiten, damit es reicht. (Teilzeit). Da kreischt der Stammtisch doch gleich auf: die sollen erstmal was leisten!

    Nee, ich finde das cool. Die sollen ihre eigenen Wege betreten und schauen wo sie hin führen.


    Intelligentere wissen zumindest mit den Häuptlingen mehr anzufangen. Schlimmstenfalls mobben wir ein bißchen die Streber in der Schule und unterstellen dem Vorstand, dass er an seinem Posten hängt. Aber sie erkennen gute Leistungen an und wollen die Verantwortung nicht haben, die der Vorstandsvorsitzende für seine 15.000 Mitarbeiter hat.

    Aber mit den Indianern tun wir uns schwer. Anzuerkennen, dass Otto mitspielen darf oder dass ein Schüler mit ein saumäßigen Schulabschluss dennoch einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft leisten wird.

    Überhaupt wertschätzen wir als Gesellschaft die falschen Berufe/Leute. In der C-Zeit haben uns die Müllwerker, der Einzelhandel, LKW-Fahrer und Pflegenden/Mediziner durch die Krise gebracht. Hat jemand den Fondmanager, Modedesigner oder oder unsere (Fußball)-Stars vermisst als es "ernst" wurde?

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!

  • Leistungsgesellschaft: Da, wo die Reichen mehr Verdienen als Zu Leisten

    Der Fußball lebt vom Verdienen. Was manche Fußballer heutzutage verdienen, ist nicht normal.
    Nur für bisschen gegen den Ball zu treten, und Das Profi-Fussball zu sehen ist eine Lustigkeit.

    Natürlich ist Leistungsanspruch da, und jeder Leistungsbedarf muss auch eingefordert werden.

    Ich verstehe die Leistungsgesellschaft nicht. Jeder soll möglichst viel und schnell liefern, Leistung,

    tolle Leistung fürs Auge. Ob es dem Spieler dabei gut geht, ist scheiß egal. Ich finde, man sollte in der Gesellschaft

    mehr das Bedürfnis des Spielers in den Mittelpunkt stellen.


    Die Wirtschaftlichkeit von Fußballvereinen nur an Transferunsummen zu messen, halte ich für vermessen.

    Natürlich kannst die Spieler an ihrem Marktwert messen, aber was sagt DER denn aus über die wirkliche Leistung auf dem Rasen?
    Das sind alles Zahlenmystiken, die mehr verunsichern als aufmuntern.

    Ich will Leistung bringen, in einer Gesellschaft wo man miteinander spricht, Fehler machen darf, Mensch sein nicht vergisst

    und nicht übertreibt beim Kommerziellen Sinn. Ich will Fan sein, von Vereinen, die wissen, wo die Macht Regeln bricht.

    50+1 und CO ist alles Machtgehabe, um die Macht aufrecht zu halten.


    Ich finde, wenn du echte Leistungsgedanken pflegen willst, dann brauchst Leistungen, die du aus deiner Motivation heraus

    begründen willst. DU kannst nicht die Spieler vom Trainer aus Zwingen, in Rollen, Wie Verkappter 10er, halbe 9, die gar nicht zum Charakter der Spieler passen. Natürlich kannst sagen, die müssen liefern, befehlen, aber das zwingt den Spieler mehr.

    Ich finde es lustig, wie die Spieler sich verbiegen, um dem Coach zu gefallen. Herr Trainer, ich muss dir gefallen, ich verbiege mich extra guck doch jetzt mal!


    Die Coachwelt interessiert es nicht wirklich, was mit den Spielern ist. In den Medien schreiben sie immer "hat Verletzt" , ist verletzt. Aber um die Seele des Spielers kümmert sich doch keiner ernsthaft. Das finde ich ist schade. JEDER SPIELER ist ein MENSCH, in erster Linie, und kein LEISTUNGSINTERVALL. Ich verstehe diese Normen nicht, die im Profi-Bereich gelten. Warum müssen die Spieler diese erfüllen, wenn die Trainer das wollen? Warum müssen die SPIELER Woche Für Woche Abnutzen, ohne den Teamgedanken, des Wollens, der Meinungsdiversität im System?:saint:

  • Wieso wird eigentlich der "gesellschaftliche Wandel" nur auf das "Erbringen von Leistungen" reduziert?


    Was ist beispielsweise mit der "Verinselung" des (Kinder)Lebens? Oder dem "always on"?

  • Hier vielleicht wegen der Schnittstelle in den Sport. Wenn du noch breite diskutierst, kommste sonst irgendwann bei der Altersarmut aus... 🙈

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!

  • Kurzer Exkurs weg vom Fussball hin zum Lesitundruck in der Schule

    Die Noten in den Grundschulen sind meiner Ansicht nach heutzutage zu wohlwollend. Privat habe ich da etwas Einblick.

    Sobald aber ein Kind eine 3+ hat klingelt beim Lehrer das Telefon. In BW ist der Schnitt für eine Empfehlung (die nicht mehr bindend ist) für das Gymnasium 2,5--> ist das wirklich richtig fürs Gymnasium, das eigentlich für die Stärkeren sein sollte? Aus Grundschulen gehen dann teilweise bis zu 70% aufs Gymnasium und sind da überfordert. Und genau diese Kinder leiden dann unter dem Leistungsdruck weil sie auf der falschen Schule sind. Das Thema könnte man noch unendlich weiter spinnen ob ein Studium mehr wert ist als eine Ausbildung, wie leider immer wieder suggeriert wird...


    Um mal weg von den Kindern zu kommen: in einem Arbeitszeugnis darf auch nicht mehr die Wahrheit stehen. Es muss "wohlwollend" formuliert sein, was zur Folge hat, dass einer der die Codes nicht versteht denkt er wäre wirklich gut.

  • Kurzer Exkurs weg vom Fussball hin zum Lesitundruck in der Schule

    Die Noten in den Grundschulen sind meiner Ansicht nach heutzutage zu wohlwollend. Privat habe ich da etwas Einblick.

    Sobald aber ein Kind eine 3+ hat klingelt beim Lehrer das Telefon. In BW ist der Schnitt für eine Empfehlung (die nicht mehr bindend ist) für das Gymnasium 2,5--> ist das wirklich richtig fürs Gymnasium, das eigentlich für die Stärkeren sein sollte? Aus Grundschulen gehen dann teilweise bis zu 70% aufs Gymnasium und sind da überfordert. Und genau diese Kinder leiden dann unter dem Leistungsdruck weil sie auf der falschen Schule sind. Das Thema könnte man noch unendlich weiter spinnen ob ein Studium mehr wert ist als eine Ausbildung, wie leider immer wieder suggeriert wird...


    Um mal weg von den Kindern zu kommen: in einem Arbeitszeugnis darf auch nicht mehr die Wahrheit stehen. Es muss "wohlwollend" formuliert sein, was zur Folge hat, dass einer der die Codes nicht versteht denkt er wäre wirklich gut.

    Die 2,5 gab es schon als ich vorm Übertritt aufs Gymnasium stand und das ist über 35 Jahre her.

    Das Problem ist doch, dass es heute schon als Katastrophe dargestellt wird, wenn Kinder in der Grundschule schlechter als 1 sind.

    Ich kann mich an Mitschüler erinnern, die gerade so diese 2,5 geschafft haben bzw. in den Probeunterricht mussten, und am Ende im Abi nicht viel schlechter oder sogar besser abschnitten als ich.

    2 Mal editiert, zuletzt von Coach1976 ()