Hallo zusammen,
eine etwas provokative Überschrift, aber ich hoffe, dadurch gucken viele hier rein. Vorneweg: Ich denke nicht, dass wir den "brutalstmöglichen Aufklärer" Roland Koch oder seine Partei hier politisch diskutieren sollten, dazu ist nicht der richtige Ort hier. Mir geht es darum: Koch hat vorgeschlagen, Hartz-4-Empfänger zu Arbeitsdiensten heranzuziehen, wenn es gar nicht anders geht dann eben zum Gemeinwohl und in der Kommune. Ganz ehrlich? Ich finde das eine phantastische Idee und habe mich schon vor Jahren gefragt, warum das nicht gemacht wird.
Zunächst einmal ist festzustellen: Der Etat für Sozialleistungen ist der größte oder zweitgrößte im Bundeshaushalt Deutschlands. Was aber kriegt die Gesellschaft für diese Unsummen an Milliarden Euro dafür zurück? Zunächst einmal das Gefühl sozialer Sicherheit (soziale Marktwirtschaft), an dem ich auf keinen Fall rütteln würde. Aber sonst? Da geht mehr meiner Meinung nach. Wenn ich ganz ehrlich bin: Ich kenne Hartz-4-Empfänger, die sich relativ bequem eingerichtet haben und nicht wirklich heiß darauf sind, wieder zu arbeiten. Damit will ich auf keinen Fall alle H4E so darstellen, aber ein guter Freund von mir z.B. muss zwar mit dem Geld etwas knausern, hatte aber z.B. im letzten Sommer gehofft, dass er keine Arbeit bekommt, weil man so schön im Schwimmbad abhängen kann. Im Winter hat er es versucht zu vermeiden, weil er einen neuen PC hat und viel daran spielen will. Nun will er frühestens im August ernsthaft auf Arbeit hoffen, denn vorher kommt ja die WM, und da will er alle Spiele gucken...
Meiner Meinung nach löst solch eine Arbeitspflicht zum Gemeinwohl viele Probleme, die Sportvereine haben.
Vor etwas mehr als einem Jahrzehnt hat man hier den Sportvereinen fast alle Platzwärte zusammengestrichen (zu teuer), gleiches gilt für viele Putzhilfen. Warum keine Hartz-IV-Empfänger für Platzwarttätigkeiten? Warum keine Hartz-IV-Empfänger zum Reinigen der Kabinen, was zurzeit bei uns nur alle 3-7 Tage passiert, trotz 100 Kindern, die dort täglich rein- und rausgehen und duschen? Fähige H4-Empfänger könnten z.B. auch als Trainer eingesetzt werden und so ein weiteres Problem der Vereine (Übungsleiterschwund) verbessern. Wir hatten vor kurzem einen H4E als 1-Euro-Jobber, der dort Platzwarttätigkeiten ausgeführt hat und die Kabinen durchgewischt hat jeden Tag. Das war ein Traum, man hat es gleich auf dem ganzen Sportgelände gemerkt, dass es viel sauberer und ordentlicher war. Er hätte das auch gern weitergemacht, aber nach 6 Monaten oder so musste er aufhören vom Amt her, um glaube ich irgendeine Fortbildung zu machen. Einen Job hat er heute aber nicht.
Ein solcher Vorschlag würde auch nicht den ersten Arbeitsmarkt schädigen, wie von einigen interessierten Kreisen gerne schnell behauptet. In der Realität ist es so: Für Platzwarttätigkeiten hat der Verein kein Geld, das muss nebenher gemacht werden von Leuten, die sich eh schon über Gebühr ehrenamtlich engagieren. Geputzt wird dann eben nicht, dafür hat der Verein auch kein Geld. Trainer findet man dann manchmal nicht, was zu Unterbetreuung führt.
Morlock, der niedersächsiche Arbeitsminister der SPD, sagt dazu: "Jede Arbeit, die ohne ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis verrichtet wird, schadet dem ersten Arbeitsmarkt. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen verdrängen schon heute viele Vollzeitjobs. Jetzt auch noch alle Hartz-IV-Empfänger zur Arbeit zu verpflichten, würde vielen Arbeitern und Angestellten die Existenzgrundlage entziehen. Ein solcher Drehtüreffekt schadet dem ersten Arbeitsmarkt. Es gibt keine Arbeit, die nicht auch durch einen sozialversicherungspflichtigen Job erledigt werden kann. Nur weil die öffentliche Hand nicht bereit ist, diese Arbeitsleistung entsprechend zu bezahlen, können wir nicht Menschen zur Arbeit zwingen, die auf unsere Solidarität angewiesen sind. Das ist eine Frage des Anstands." Für mich ist das absoluter Bullshit, sorry, undeutlicher kann ich das nicht sagen. Am Beispiel Sportverein wird doch deutlich: Diese Tätigkeiten werden dann eben GAR NICHT ausgeführt. Ginge es der Gesellschaft, die dafür ohnehin Geld bezahlt, nicht besser, wenn man so etwas einführen würde? Und wieso bitte kann ich "nicht Menschen zur Arbeit zwingen, die auf unsere Solidarität angewiesen sind"? Ich muss keine Mütter Volltags auf solche Jobs schicken, die ihre Kinder betreuen müssen (aber halbtags wenn sie in der Schule sind ginge doch, oder?), ich würde keine Kranken dort hinschicken - aber wo bitte ist bei dem Rest das Problem?
Hier könnten der Staat und die H4-Empfänger der ganzen Gesellschaft massiv einen Dienst erweisen. Und ich glaube auch, dass es Vielen bei der Wiedereingliederung helfen würde, solch eine Tätigkeit auszuüben - wie viele Jobs sind schon über Vereinskontakte untereinander vergeben worden!
Wieso gibt es das nicht schon lange?
