Keine ÖFB-Tabellen mehr bis zur U 12

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  • Ich bin verblüfft über die Reaktionen unter dem Artikel in den Sozialen Netzwerken. Ich mache mir mal die Mühe und hoffe, dass sich HIER niemand wiederfindet 😄


    "Ich habe in meiner pädagogischen Ausbildung gelernt, dass sich Kinder und Jugendliche gerne miteinander messen. Dazu gehören auch Tabellenplätze.

    Nur wischiwaschi und in Watte packen bringt den Kindern rein garnichts."


    "Als würde das irgendwas bringen .... genau so wenig wie die Umstellung von einem "normalen" Spieltag auf ein Funinoturnier was ändert ...."


    "Anstatt den Kindern zur Seite zu stehen und ihnen beizubringen wie man mit Erfolgen und Misserfolgen umgeht, dass man kein schlechterer Mensch ist wenn man verliert und längst kein besserer wenn man gewinnt, verbietet man Erfolg.

    Supi."


    "Ich fand es als Kind immer super in turnierform etc zu trainieren.

    Tabellen abzuschaffen wird meiner Meinung nach eher kontraproduktiv sein. Passt aber zu einigen modernen Vorstellungen zu Ausbildung von Kindern."


    "Ich finde der Wettbewerbscharakter macht doch Spaß .. und motiviert besser zu werden.. nur zum Spaß kannste auch hinterm Haus bolzen gehen ..."


    "Und sich dann wundern wenn die Kinder keinen Ehrgeiz mehr entwickeln!"


    "Man sollte noch mit Wattebäuschen werfen. "


    "Dann brauch man auch nicht spielen. Die Kids müssen auch lernen zu verlieren"


    "Die Kinder BRAUCHEN Tabellen und Ergebnisse, Punkt! Der Wettbewerb der die Kids motiviert ist das Salz in der Suppe. So wird jeder Teainer gefragt werden…wie haben die gespielt und haben wir uns verbessert?"


    "Jeden Tag a neuer Blödsinn, damals bei den Mini-Knaben, Knaben, Schüler war die Tabelle das Wichtigste überhaupt für uns und hat unseren Ehrgeiz geweckt, heute darf nichts "belastend" sein ...👎"


    " So ein Blödsinn! Die Kinder wollen Tabellen und sich vergleichen. Vielleicht sollte man auch den Ball weglassen und lieber seinen Namen tanzen"


    "Da sind doch bestimmt wieder die grünen Ideologen unterwegs.Am besten noch ein Einhorn als Kapitän zur Pflicht machen."


    "vllt sollten die auch nur auf der Playstation spielen, dann tut sich auch keiner weh..."

  • Nee, es ist wirklich viel besser mit Tabellen.

    Wenn eine E3 endlich Mitte April ihr aller erstes Spiel gewinnen kann und in der Tabelle dann zum Glück nur noch abgeschlagen letzter mit drei Punkten ist statt abgeschlagen letzter mit null Punkten. Da hat sich doch die ganze Mühe bestimmt gelohnt. :pinch:



    Vor drei Jahren habe ich in unserem Kreis mal alle E-Jugend-Staffeln zur Halbzeit analysiert. Dabei waren immer wieder in allen Staffeln eine oder zwei Teams quasi ungeschlagen während vier Teams unten abgeschlagen waren und sechs oder weniger Punkte hatte. Inzwischen werden die Staffeln zur Rückrunde auch hier neu zusammengestellt.
    Aber man konnte ablesen dass von 10 Teams nur vier gut eingeteilt waren. Miese Quote wenn du mich fragst...

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!

    Einmal editiert, zuletzt von Goodie ()

  • Ich übernehme den Spielverderber, wobei ich hoffe, dass meine Eindrücke vom Herbst mit der Zeit verschwinden.

    Ich habe ja schon im Thread "Vom Ausland lernen" mitgeteilt, dass ich denke, die durchaus sinnvolle Reform wird an den zuständigen Erwachsenen scheitern.

    Bei uns in Vorarlberg wurde bereits im Herbst bis inkl. U12 auf Tabellen verzichtet und Mitte Oktober verschwanden auch die Ergebnisse von der Seite des VFV. Geändert hat das meinen Erlebnissen zufolge leider relativ wenig:


    Beispiel 1: Mein Neffe ist im LAZ - Vorstufe zu den Akademien in Ö - und hat mich im Herbst gebeten, ihn auf ein Spiel von mehreren Freunden, die im LAZ mit ihm trainieren, zu begleiten. Das Spiel fand nach dem Spiel der ersten Mannschaft statt und wurde schon als U12 Topspiel angekündigt, was mich schlimmes erahnen lies. Meine Befürchtungen wurden jedoch um ein Vielfaches übertroffen:


    Bereits in den ersten fünf Minuten gab es vier Tacklings, die meiner Meinung nach einen 5 Minuten Ausschluss zur Folge hätten haben müssen. Der Fanclub der ersten Mannschaft sorgte zusätzlich für negative Stimmung und pfiff zwei zehnjährige Spieler der Gäste, die früh Fouls verursachten, ab der achten Minute permanent aus, sodass es ein paar Minuten später zu Handgreiflichkeiten zwischen den Zuschauern kam. Der Schiedsrichter war sichtlich überfordert und die Trainer schrien abwechselnd sich gegenseitig, ihre Spieler oder den Schiedsrichter an. Dementsprechend war das Spiel auch durchgehend von Stress und Konflikten geprägt.

    Es war fürchterlich anzusehen und umso erschreckender ist die Tatsache, dass die Trainer beider Mannschaften auch die jeweiligen Jugendleiter der Vereine sind.


    Immerhin konnte der Heimverein auf dem eigenen Youtube-Kanal seine Herbstmeister vorstellen, da alle Ergebnisse in Whatsapp-Gruppen gesammelt worden sind.



    Beispiel 2: Dieses Mal muss ich meinen eigenen Verein erwähnen, auch wenn er sonst viel richtig macht. Unser U8-Trainer schrieb nach dem ersten Turnier einen Bericht, den ich in diesem Altersbereich noch nie in dieser Form gelesen habe. Die Gegner wurden abwechselnd "zerstört", "rasiert" oder "Hops genommen" und es handelt sich dabei nicht um einen Kommentar eines 16-Jährigen, sondern dies wurde von einem mehrfachen Familienvater, der kurz vor seinem 50. Geburtstag steht, verfasst. Seit der Intervention haben wir das glücklicherweise unterbunden, allerdings hat er weiterhin die Angewohnheit seinem Sohn für jedes Tor Geld zu schenken.

    Das Schlimme ist, dass sich niemand findet, der diese Mannschaft übernehmen würde und das ist in meinen Augen das große Problem, das wir haben. Es gibt zu wenige Erwachsene, die sich bereit erklären und auch dafür geeignet sind, mit Kindern und Jugendlichen sinnvoll zu arbeiten.


    Die Reform bringt in unserer Umgebung auch schon die erste "Strategien" hervor: Zwei Nachbarvereine nehmen höchstens 20 U7-Spieler auf und die "schlechteren" Kinder werden direkt abgewiesen. Das führt dazu, dass diese teilweise zu uns kommen und wir für nächste Saison bereits 32 U7 Spieler haben - normalerweise sind es zu diesem Zeitpunkt 5-15.

    Wenn das ein allgemeiner Trend werden sollte, wird man vielleicht den Drop-Out reduzieren, allerdings auf Kosten der Kinder, die mit dem Fußball beginnen.

  • Ich bin gespannt was passieren wird. Es gibt zu viele Tabellen verliebte Trainer.


    Für uns ändert sich im Sommer in dem Fall fast nichts, da beim Wechseln von der U10 in die U11 die Spielerzahl gleich bleibt aber das Feld etwas größer wird. Ein paar enttäuschte Gesichter wird es bei den Kindern aber schon geben, so mancher hat sich nämlich auf die Wertung gefreut. Aber sie werden es überleben.

  • Hier wurde vor kurzem ein Beitrag über die Nachwuchsförderung in Norwegen geteilt, wo ja seit einigen Jahren nicht mehr nur der Wintersport große AthletInnen hervorbringt. Da heißt es unter anderem: "Children are encouraged to play as many sports as possible, and costs are kept low for parents. Clubs aren’t allowed to keep league standings or even record game scores for children under 13, and there are no individual rankings, travelling teams or national championships for that age group." Dieses Vorgehen deckt sich mit empirischen Befunden der letzten Jahrzehnte und wird endlich auch von den Verbänden des deutschsprachigen Raums angestrebt. Aber das Problem ist dann anscheinend die Wettkampf- und Siegermentalität hierzulande.


    Im besagten Artikel sagt ein norwegischer Ski-Trainer: "The Norwegian mentality is that you should give kids a chance to be kids,". Bei diesem Satz musste ich sofort daran denken, wie vergeblich ich dieses Mindset bei deutschen Nachwuchs-/Kindertrainern suche. Und selbst wenn man einen solchen Trainer hat, sind es Vereinsbosse und/oder Eltern, die es nicht ertragen, wenn ihre 7jährigen Knirpse nicht die Liga anführen. Von irgendeiner Seite kommt immer Druck.


    Es wird ein sehr langer Weg sein, diese fatale Mentalität zu ändern. Ich kann nur hoffen, dass die Verbände dahingehend nicht vom momentan eingeschlagenen Pfad abweichen.

  • nGio


    Ich finde deine Erfahrungen erschreckend.


    vangaalsnase


    Du hast vollkommen Recht. Der Trainer, der diese Prinzipien umsetzt ist ein Einhorn. Er bekommt Druck von ehrgeizigen Eltern und im schlimmsten Fall sogar vom Verein. Für solche Eltern gibt es aber in jedem Landkreis einen Verein, der diese Eltern und ihre Kinder willkommen heißt. Denn dort möchte man ausschließlich Erfolge feiern ohne Rücksicht auf die Kinder, die noch nicht so weit sind.


    Ich habe noch eine "interessante" Ansicht aus dem Sozialen Netzwerk...


    "Nur der Wettbewerb stärkt die Persönlichkeit. Und es gibt zig andere Sportarten oder Hobbies wenn Fußball nicht passt!"

  • Ich kann den Grundgedanken verstehen, gerade in der F-Jugend. Da sollen die Kids Spaß haben und sich ausprobieren. Auch kann man bei Staffeleinteilungen versuchen, mehr nach tatsächlicher Spielstärke zu sortieren.


    Aber ich weiß nicht, ob das nun mit den neuen Spielformen besser wird. Auch da wird sich Spreu vom Weizen trennen und letztlich merkt man es halt doch als Spieler, wenn man zu schlecht spielt. Auch da wird es also Erfolg und Misserfolg geben. Ob das nun besser wird, wenn man häufiger eins auf den Deckel bekommt, wenn man viele kleine Spiele hat? Man sieht das doch bei der Trainings-Übung "Champions-League", bei dem in mehreren Spielen jeweils 2 Spieler gegen 2 andere spielen und der Gewinner "aufsteigt", der Verlierer "absteigt". Macht den Jungs viel Spaß, aber letztlich habe ich am Ende das erwartete Ergebnis: die Besten sind ganz oben, die Schlechten ganz unten. Mische ich die Teams (ein guter, ein schlechter) spielt letztlich oft der gute allein.


    Und wie soll das praktisch funktionieren? Ich habe 20 Jungs in meinem Team, also mache ich 6-7 Teams und lasse die gegeneinander spielen? Wie teile ich das gerecht ein? Wo bekomme ich die ganzen Tore her, wer überwacht die Spiele? Oft bin ich beim Training alleine und bei den Spielen habe ich mit Glück meinen Co-Trainer und 1-2 Eltern. Klar kann man sowas über Fairplay laufen lassen, aber ich sehe den Streit schon vorprogrammiert ("Das war Foul"-"Gar nicht"; "Das war Hand" - "Gar nicht").

    Und wie soll letztlich der Übergang zu den höheren Altersklassen sinnvoll gehen? F und E kleine Spielformen und in der D dann plötzlich mit verkleinerem Großfeld, Spielerpositionen etc.?


    Es wird ja bemängelt, dass durch die Tabellen die schlechtesten Teams demotiviert werden. Ist das wirklich so? In meiner "aktiven Laufbahn" habe ich jahrelang in einem grottenschlechten Team gespielt. Wir waren immer die letzten in der untersten Liga. Immer! Ein einziges Spiel haben wir jemals gewonnen - eines und das mit 1:0!). Und wir sind trotzdem jede Woche zum Training und zum Spiel gekommen und hatten unseren Spaß. Und ich erinnere mich gerne an diese Zeit.


    Meine jetzige Mannschaft war im ersten Jahr der E-Jugend auch letzter geworden. Klar ist das nicht schön, aber fünf Minuten nach der Niederlage haben die Jungs schon wieder gelacht. Und in den letzten beiden Jahren haben wir uns super hochgearbeitet und genießen es jetzt, im oberen Tabellendrittel mitzuschwimmen.

  • Ich glaube, bezüglich der Kinder ist es egal, ob es Tabellen gibt oder nicht. Die kommen schon klar damit.


    Viel problematischer finde ich die Auswirkung von Tabellen auf viele Trainer. Meine Erfahrung ist, dass viele Trainer, besonders im ambitionierten Bereich (Ich teile ein: Breitensport - ambitioniert - Leistungsfußball), innerhalb ihres Vereins oft sehrt stark über den Tabellenplatz definiert werden. Was dazu führt, dass bereits im Kinder-/Jugendbereich sehr stark Ergebnis- und nicht Ausbildungsfußball gespielt wird.


    Deshalb ist jeder Schritt, die Kinder stärker vor "ambitionierten" Trainern und Vereinen zu schützen, die ihren Erfolg vor allem am Tabellenplatz festmachen, ein Schritt in die richtige Richtung.