Von Himmel hoch jauchzend bis zu Tode betrübt

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  • Hallo,

    ich habe in der Suche nichts passendes gefunden, daher ein neuer Thread.

    In meiner aktuellen Mannschaft habe ich einen Spieler, an dem ich verzweifel.

    Meine Wahrnehmung:

    Der Spieler ist oft unkonzentriert. Im Training erzählt er während der Übung über diverse Dinge, meist Computerspiele. Es ist dabei egal, ob es sich um Übungs- oder Spielformen handelt. Da er nicht "bei der Sache" ist, misslingen ihm natürlich dann die Aktionen. Er ist zu Beginn des Trainings immer motiviert, freut sich auf das Training. Wenn er dann eine gute Aktion hat, feiert er diese überschwenglich und lautstark. Passieren seinen Mitspielern Fehler, kritisiert er deutlich. Unterläuft ihm selbst ein Fehler, ist er schnell ganz unten und beschimpft sich selbst. Hilfestellungen, auch wenn ich sie noch so vorsichtig formuliere, quittiert er stets mit der gleichen Antwort: Ich weiß, ich bin schlecht. Bei der nächsten geglückten Aktion ist er aber sofort wieder oben auf. Trainingsbeteiligung ist sehr hoch, er fehlt nur, wenn er wirklich krank ist.

    Bei den Spielen verhält es sich ähnlich, allerdings wirkt er hier konzentrierter. Er möchte immer im Sturm spielen, um Tore zu schießen. Geht dort auch mit vollem Einsatz zu Werke, oft etwas umgestüm. Läuferischer Einsatz stimmt, obwohl er relativ schnell platt ist. Das hat sich allerdings im Laufe der Saison gebessert. Seine besten Spiele hat er eigentlich in der Defensive gemacht. Dort kann er seine Schnelligkeit ausspielen. Die Technik ist nicht besonders, wird durch die fehlende Konzentration im Training auch nicht spürbar besser. Interessanterweise versucht er dennoch im Zweifel die schwerere Option zu wählen (pro Spiel mindestens ein Fallrückzieherversuch). Das klappt natürlich fast nie und dann ist er wieder mit sich unzufrieden.

    Er ist ein Scheidungskind, was beim Vater lebt. In der Schule wegen seiner großen Klappe eher weniger beliebt. In der Mannschaft ist er akzeptiert. Meist gut gelaunt und spaßig aufgelegt.

    Nach dem letzten Spiel eskalierte sein Verhalten gegenüber den Gegnern. Er beschimpfte die Gegner und zeigte ihnen den Mittelfinger.


    Ich habe mit ihm schon mehrfach unter 4 Augen gesprochen. Mal einfühlsam, mal deutlich, keine spürbaren Erfolge. Sein Vater ist mir keine Hilfe, "da musst du ihm ne Ansage machen", war sein Vorschlag. Wenn ich das mache, macht der Junge komplett zu und fängt an zu heulen.

    Meine Einschätzung ist, dass er ganz wenig Selbstvertrauen hat und eig. sehr unsicher ist. Dies versucht er mit seiner großen Klappe zu überspielen.

    Wir beide haben ein gutes, freundschaftliches Verhältnis.


    Wie bekomme ich ihn überzeugt, dass er mit mehr Konzentration auch mehr Erfolge erreichen wird?

    Vielleicht hat jemand von euch schon einmal einen ähnlichen Kandidaten gehabt?

  • Das kenne ich auch. Allerdings von einem Jungen, Eltern beruflich komplett eingespannt, sehr erfolgreiche Unternehmer.

    Der Junge auf der Suche nach sich selbst und Anerkennung. Selbstwertgefühl (ich bin ok-du bist ok) gleich null, Kompensationshandlungen wie oben von Dir beschrieben. Auch im Hinblick auf Gegner und Schiris(anerkennung der mannschaft mit schlechtem benehmen -bekommen-).

    Zu Dir hat er ja einen guten Draht wie Du schreibst. Selbstwertgefühl über ein -Trau Dir was zu- ist schwierig. Selbstwertgefühl über ein -Ich trau Dir was zu- einfacher. Ich würde Ihm Aufgaben übertragen (Du hilfst mir dabei, dasdie Gruppe die Funino spielt sich vertragen etc.). Erfüllbare Aufgaben ,die Ihm seinen -WErt- zeigen.

    Bei einem Fußballspiel verkompliziert sich allerdings alles durch die Anwesenheit der gegnerischen Mannschaft (J.P.Satre)

  • Habe auch zwei Spieler die ähnliche Charakterzüge aufweisen.

    Sie sind beide Frohnaturen und, meiner Ansicht nach, talentiert.

    Beide sehr "ballverliebt". Am Spiel nehmen sie nur eingeschränkt teil sofern sie nicht selbst im Ballbesitz sind.

    Sollte ihr Dribbling im Ballverlust enden sieht man immer wie die Köpfe sofort runtergehen. Sie schalten ab und/oder ärgern sich.


    Gespräche sind zumeist wirkungslos.

    Der eine blockt sofort ab, da er auch meine Versuche mit ihm Lösungen zu erarbeiten sofort als Kritik auffasst.

    Der andere ist hier aufnahmefähiger. In der Theorie kann er, sowohl unter vier Augen als auch mit der Mannschaft, seine Möglichkeiten auf dem Platz erkennen, jedoch kann er oder will er sie dort nicht umsetzen.

    Anweisungen oder Aufgaben werden im Spiel werden weitestgehend ignoriert, gut da sind sie aber auch nicht die einzigen in unserer Mannschaft.


    Mit Kritik, sei sie auch noch so klein und gut gemeint, brauche ich beiden nicht kommen. Es macht schlicht keinen Sinn. Beide blocken dann komplett ab oder es werden Ausreden gesucht.


    Familienverhältnisse sind bei beiden völlig unterschiedlich, deswegen würde ich da auch keine Vergleiche anstreben wollen.

  • Was meint denn der Vater mit 'du musst eine Ansage machen'? Wie sieht das bei dem Vater aus? Ich befürchte den pädagogischen Supergau.

    Grüße von der Ersatzbank

  • Ohne pädagogische oder psychologische Ausbildung kann man da wohl eher wenig machen.

    Wer weiß, was da alles schief gegangen ist oder noch immer schief geht.


    Den Ansatz von Trainer E finde ich aber richtig gut.

    Selbstwertgefühl über ein - Trau Dir was zu - ist schwierig. Selbstwertgefühl über ein - Ich trau Dir was zu - einfacher.

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!

  • Ich finde schon. - Aber ich habe auch das passende Team dazu! :evil:

    Ich habe mich nicht viele Fußballbücher gelesen, aber es ist wissenschaftlich aufbereitet und nicht nur Übungssammlung.

    Gibt Anleitung und Tipps. Ich finde es schon gut.

    Grüße von der Ersatzbank

  • Meiner ist 11.

    Der Vater meint damit, ich soll ihm - lautstark - klar machen, was ich von ihm will.

    So handhabt er das...

    Ob das so der richtige Weg ist. Meine Tochter braucht auch eine richtige Ansage, aber bitte im angemessenen Ton. Mit Schreien untergräbt man doch seine eigene Autorität. Finde ich zumindest

  • Wenn ich wieder und wieder eingreife und vorgebe, was zu machen ist, wie soll dann ein Spieler lernen, Vertrauen in sich und seine eigenen Entscheidungen zu haben?


    Ich habe ein, zwei Experten, die auch öfters aus der Reihe tanzen.

    Bei denen habe ich aber das Gefühl, dass ihnen Fußball nicht wichtig ist.

    Hier ist der Fall anders gelagert.


    Aber wie Du es beschreibst, scheint der Junge ja Freude am Fußball zu haben.

    Da habe ich auch einen von, der sich zu 100% mit Fußball und der Mannschaft identifiziert, im Training aber oft rumalbert.

    Das Problem ist, dass er fußballerisch (bitte jetzt kein Shitstorm) einfach sehr limitiert ist, auch im koordinativen und kognitiven Bereich sind Defizite vorhanden, zumindest auf den Fußball bezogen.

    Im Spiel kämpft der aber bis zum Umfallen, ist bissig in den Zweikämpfen und gibt keinen Ball verloren.


    Im Training bin ich oftmals verzweifelt, weil die "vermeintlich" einfachsten Dinge nicht funktionieren.

    Bin dann dazu übergegangen, diese einfachsten Dinge noch einfacher zu machen und Ihn explizit zu loben.

    Funktioniert jetzt deutlich besser...