Ich glaub, ich muß hier wohl was richtig stellen!
Also, wenn jemand so langsam ist, dass man ihm beim Laufen die Schuhe neu besohlen kann, dann wird das nichts! Selbst dann nicht, wenn er einen Gegner auf der Salatschale austanzen könnte. Andererseits wird es auch nichts, wenn zwar Schnelligkeit in die Wiege gelegt wurde, jedoch fussballerisches Verständnis fehlt!
Es muß von allem etwas vorhanden sein und bei Talenten sogar überdurchschnittlich viel. Wenn ich z.B. einen antrittsschnellen Spieler hab, der bei jedem Zweikampf umgespustet wird, dann kann er sogar noch schneller werden, er wird bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Denn Fussball ist nicht nur eine Laufsportart, es ist auch eine Kontaktsportart!
Ja, es ist auch richtig, dass es in der Sportdiagnostik auch Sprinttests gibt. Der Hinweis, dass Daten hierzu immer besser sind als der subjektive Eindruck, ist richtig! Allerdings entscheidet sich auf dem Platz, welche Fähigkeit einen Spieler am meisten auszeichnet. Hier gibts teilweise Widersprüche, die die Diagnostik (noch) nicht endgültig klären kann. So findet in der Nachwuchs-Diagnostik das Stellungsspiel wenig Beachtung. Wenn aber z.B. ein Typ wie Mats Hummels seine Postion früher anpassen konnte wie ein Typ Aubameyang, dann wird die Leistung eines Hummels höher einschätzen. Als weiteres Merkmal, welches noch keinen Raum in der Diagnostik gefunden hat, ist die Verletzungsanfälligkeit von besonders sprintstarken Spielern. Hierfür soll man der Typ Robben stellvertretend stehen.
Ebenfalls keinen Einfluß auf das Leistungspotenzial ist die Körpersprache (von Matthias Sammer mal "Siegergen" genannt)! Labil veranlagte Spieler haben große Streuungen in ihren Leistungen, weil sie weitaus mehr auf die Unterstützung ihrer Mitspieler angewiesen sind. Leistungsdiagnostik isoliert jedoch diese Interaktivität, die letzendlich den kleinen Unterschied ausmachen kann, wer ein Spiel erfolgreich gestalten kann.
Leistungsdiagnostik im Nachwuchsbereich wollte sich als zuverlässiges Barometer für günstige Erfolgsprognosen beweisen. Hat es das geschafft, wenn wir in Deutschland über ein 10-faches mehr investieren, um dann schließlich zuzuschauen, wie Portugal (mit 11 Mil. Einwohner weniger als NRW) uns die EM-Schale wegschnappt? Vielleicht ist es auch gut so, dass die Diagnostik die letzten Geheimnisse des Fussballs nicht zu lüften vermag?
Natürlich wird es unterschiedliche Meinungen über die Bedeutung des Sprintvermögens geben. Doch je mehr der Fussball vom Kopf in den Fuß gespielt wird, je größer wird auch die Bedeutung der geistigen Fähigkeiten werden. Allein schon deshalb, um die komplexen taktschen Anforderungen an seine Position hinreichend zu verstehen und jederzeit in Minimalsgeschwindigkeit realisieren zu können. Gerade diese EM hat gezeigt, wie sehr gruppen- und mannschaftsdynamisches Fussballverständnis Einzug in den modernen Fussball genommen hat. Ob wir und das Alles so wünschen, das ist eine ganz andere Sache! Denn auch ich schau mir einen rasanten Sprint gerne mal an anstatt beim endlosen Ballgeschiebe zwischen den Strafräumen die Augen krampfhaft aufhalten zu müssen.