Liebe Trainerkollegen,
natürlich war die 0 : 2 Niederlage gegen Polen bitter und sie zeigt einmal mehr, dass man sich nicht auf Lorbeeren ausruhen darf und die vermeintlich Kleinen jederzeit in der Lage sind, es den Großen zu zeigen.
Auch Manuel Neuer zeigte im Interview seine Enttäuschung, hatte jedoch auch Gründe dafür parat. Unter anderen nahm er das erste Tor auf seine Kappe. Das bei beiden Toren individuelle Defensivfehler von Duhm (1 x hätte er den Ball zur Ecke oder ins Seitenaus köpfen können, statt zurück und 1 x stand er an der falschen Seite, sodass Lewandowski unbedrängt in den torgefährlichen Raum eindringen konnte), sei jetzt mal dahin gestellt.
Mich interessiert vielmehr die anschließende Meinung vom Co-Kommentator Lehmann, der meinte, Manuel habe zu tief gestanden. Das müsse er noch üben! Das auch der derzeit weltbeste Keeper tagtäglich trainiert, sei mal danhingestellt, aber Manuel zu unterstellen, er würde diese Situation grundsätzlich nicht beherrschen, dass halte ich für unangemessen und würde gerne dazu mal eure Meinung hören.
Denn nach meinem Empfinden gab es eine Kombination aus einer nicht optimalen Abwehrsituation. Zunächst einmal hat Manuel sicher nicht damit gerechnet, dass sein Kollege den Ball blind zurück köpft, sodass der Ball sofort wieder auf den nachrückenden polnischen Angreiferfuß landet. Bei Manuel`s Positionsanpassung ( ein wenig mehr mittig) ließ er sich einen Bruchteil einer Sekunde zu viel Zeit. Deshalb konnte er nicht nach vorn zum Ball, sonder mußte er vom kurzen Pfosten in Richtung Mitte schräg nach vorn zum Ball. Hier hatte er keine Chance mehr als Erster an den Ball zu gelangen und konnte auch nicht mehr genug Fläche (Hände über den Ball) über den gesamten Situationszeitraum des Kopfballs bringen, weil seine Sprungbewegung zu seitlich zur Flugbahn des Balls war. Denn der Angreifer hatte nur einen sehr schmalen Torbereich, weil er lediglich die Flughöhe und -geschwindigkeit minimal verändern konnte.
Es war m.E. im Grunde genommen der gleiche Fehler wie beim WM-Finale. Auch hier gefolgte ein mustergültiger Torabschluß durch Götze. Doch weil der argentinische Keeper in dieser Situation seine Position zu spät mittig Torwinkel verändert hatte, bot er zu wenig Torfläche, um angeschossen zu werden. So "huschte" der Keeper durch den schmalen Bereich der Torfläche und Götze durfte sich als Torschütze feiern lassen. Auch am Samstag "huschte" Manuel durch den Bereich der Torfläche, der abzusichern war, weshalb es zum 1 : 0 kam.
Isoliert von der Torentstehung beobachtet könnte man sicher von kleinen Torwartfehlern spreichen. Als überzogene Kritik hier jedoch von einem generellen Problem zu sprechen, bei der der Torwart das grundsätzlich noch üben muß, dass halte ich für übertrieben. Ich denke, gerade im WM-Spiel gegen Algerien hat Manuel Neuer mehr als einmal bewiesen, dass er selbst kapitale Böcke seiner Vorderleute erfolgreich ausbügeln kann.
Und wenn Jens Lehmann am Samstag mal etwas genauer hingeschaut hätte, dann wäre ihm auch aufgefallen, dass Manuel es wie derzeit kein Zweiter die erfolgreiche und intelligente Spieleröffnung mit dem Ball am Fuß beherrscht! Er liegt hierbei um Klassen gegenüber seinen Konkurrenten vorn, die lediglich einen Rückpaß weiterleiten können und schon unter leichtem Gegnerdruck den Ball einfach weit nach vorn bolzen!
Auch hat Manuel den Begriff des "letzten Verteidigers" während des WM eine neue Komponente hinzugefügt, indem er den besten Freistoßschützen ihre Waffe stahl, den Ball mit hoher Geschwindigkeit über eine Mauer ins Tor zu schießen. Denn Manuel stellte erst gar keine Mauer vor oder am Strafraum und positionierte sich mittig. So konnte er den Ball beim Schuß über die gesamte Flugbahn verfolgen!
Mag Jens auch einen kleinen Torwartfehler bei Manuel`s Aktion zum 0 : 1 erkannt haben (den Manuel ja auch bestätigt hat), so empfinde ich die Kritik von oben herab "das muß er noch üben" nicht O.K.
Wie ist eure Meinung dazu?