Privatleben der Spieler geht mich nichts an und ist für mich als Trainer nicht wichtig

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  • Hallo Forum.


    Die obige Aussage habe ich vor kurzem von einem Trainerkollegen gehört. Lange Jahre "im Geschäft", trainiert ab C aufwärts. Ich lasse jetzt mal bewusst die Spielklassen weg.


    Seine Mannschaften sind regelmäßig in oberen Tabellenregionen zu finden und spielen dabei ansehnlichen Fußball. Bei den Spielen seiner Truppe, bei denen ich zugeschaut habe, habe ich ihn als eher ruhigen Vertreter erlebt. Sein Coaching war dabei nach meinem Empfinden im Ton angemessen und vor allem zum passenden Zeitpunkt und spielsituativ passend. Also kein Schreihals oder HB-Männchen. Seine Jungs ( zur Zeit hat er eine C ) hängen an seinen Lippen, wenn er etwas erzählt. Zwei Mannschaften habe ich bis jetzt von ihm erlebt und habe so von außen betrachtet den Eindruck gehabt, dass es von der Stimmung her sehr harmonisch ablief.


    Seine Aussage hat mich dann doch etwas überrascht. Ich fand es als Trainer nicht unwichtig zu wissen, wenn einer meiner Spieler Privat Stress hatte bzw. in seinem Umfeld Veränderungen eintraten. Nun lebe ich hier auf dem Dorf und man kennt das Privatleben der Kinder/Jugendlichen ohnehin und erfährt besondere Ereignisse oder Veränderungen spätestens beim Bäcker oder Kiosk 8)


    Ich fand es deswegen auch nicht unwichtig, um plötzliche Verhaltensänderungen der Spieler richtig einordnen und dementsprechend darauf reagieren zu können. Er jedoch sagt ganz deutlich: "Ich behandele jeden immer gleich. Bei Fehlern korrigiere ich. Dabei werde ich nie persönlich. Warum sollte es da also wichtig sein, was zur Zeit privat bei ihm abgeht ?"


    Ich denke so im Kinderbereich an Trennung/Scheidung der Eltern. Ein tiefer Einschnitt und das dürfte an keinem Kind spurlos vorbei gehen. Soll man sich in diesem Fall besonders um sie kümmern ?


    Im Jugendbereich denke ich gerade jetzt, wo die Jammerlappen verteilt werden, an Sitzenbleiben, Stress mit der Freundin, erfolglose Suche nach Ausbildungsplätzen usw.


    Meine Frage an Euch:


    Was denkt Ihr zu obiger Meinung des Trainerkollegen ?


    Wie handhabt Ihr das ? Ist es Euch wichtig ? Oder ist es allgemein als Trainer wichtig ? Und wenn ihr von privatem Stress wisst, wie reagiert darauf ?


    Bin auf Eure Meinung gespannt.

  • Steini


    leb ja wie du auf dem Dorf, und da bekommt man viel Privates wirklich mit.


    da man die Kids da nicht nur auf dem Trainingsplatz trifft, sondern sich ständig über den Weg läuft, läuft es zwangsläufig zu
    Gesprächen auch abseits des Fussballes.


    Waren mir Probleme bekannt, habe ich die durchaus schon mal angesprochen, bin jedoch nicht dabei nicht in die Tiefe gegangen.


    Ich habe relativ viel Privates gewusst, aber für mich behalten.hatte für mich dann Erklärungen für gewisses Verhalten.


    Habe mich aber nicht besonders um sie gekümmert. Aussnahme waren praktische, den Fussball betreffende Probleme,
    wie z.B. der auswärtige Elternteilbesuch am Wochende, oder Fahrschwierigkeiten.


    mich jetzt aber bei den privaten Problemen, die nichts mit dem Fussball zu tun hatten, einzuschalten war für mich tabu.


    private Probleme kennen ja, Einschalten und Lösen ein klares Nein.

  • Servus Steini,


    Was denkt Ihr zu obiger Meinung des Trainerkollegen ?


    Wenn es so ist wie du es geschildert hast, finde ich es vollkommen ok, wie der Kollege das handhabt.


    Wie handhabt Ihr das ? Ist es Euch wichtig ? Oder ist es allgemein als Trainer wichtig ? Und wenn ihr von privatem Stress wisst, wie reagiert darauf ?

    Ich bin da eher offen. Wenn ich was über die Jungs höre, speichere ich mir das ab und schaue ob es im Training deswegen "Auffälligkeiten" gibt. Wenn ja, frage ich die Spieler warum sie so drauf sind. Wenn sie antworten würde ich mit ihnen darüber sprechen. ABER nur soweit mich das etwas angeht... Wenn sie nicht reden wollen, ist es auch ok.


    Ob es mir wichtig ist oder nicht kann ich schwer sagen. Wenn ein Spieler auch mit privaten Problemen zu mir kommen würde, zeugt das ja von Vertrauen.


    Allgemein und das merkt man ja auch hier im Forum, werden diese Themen ja bedeutender. Heutzutage kann man als Coach Pädagoge, Sozialarbeiter, Psychologe und Erzieher sein.
    Ob man das als Trainer macht, muss jeder für sich entscheiden. Das ist auch der Konflikt den manche Trainer heutzutage haben. Sie kennen noch die Zeit wo es "nur" um Fußball spielen oder trainieren ging. Da gab es zwar auch Scheidungen oder schlechte Noten aber es wurde halt nie so zum Thema gemacht. (Aussage meines JL)


    Von daher kann ich jeden verstehen, der sagt: "ich bin Fußballtrainer und bei mir geht's ausschließlich darum."


    Gruß,
    sb

  • Ich lasse jetzt mal bewusst die Spielklassen weg.

    Das ist für mich genau der springende Punkt. Hier muss man entscheiden ob man im Amateur oder Leistungsfußball trainiert.
    Vorab- wie @sb geschrieben hat, ist es vollkommen okay wenn man so trainiert. Ich allerdings würde dies anders machen,wenn ich im Breitensport trainiere.
    Ich glaube als Trainer ist es zunächst zu wissen wie es dem Jugendlichen geht,welche Probleme er hat - ob man sich dann dort einmischt sollte man selber entscheiden,aber generell wie guenter erstmal alles wissen.
    Der Trainer ist in meinen Augen ab der D-Jugend (aufgrund des Schulwechsels) über die C-Jugend (pubertät beginnt) bis hin zur A-Jugend (erstmaliger Prüfungsstress in Schule und Beruf) immer ein Freund, der mit dem Spielern reden kann,wenn sie möchten.
    Habe aufgrund unseres Konzeptes auch ein Suchtpräventationsfortbildung für die Trainer organisiert, die Dame sprach von ihren Erfahrungen,dass Trainer bei den 13-14 jährigen wesentlich größerer Bezugspunkt sind als Eltern.
    Deshalb halte ich es für wichtig,wenn ein Jugendlicher nach Hilfe fragt soll er die auch,so ich kann, bekommen -ansonsten könnten sie ein wenig abgeschreckt sein.
    Im Leistungssport hingegen hat der Trainer andere Aufgaben,er muss selektieren, Talente erkennen und speziell fördern.
    Beispiel Stützpunkttraining,bei E-Jugend alt - wo man ja sehr persönlich sein sollte, da Kinder diesen bezugspunkt brauchen. Beim Stützpunkt heißt es aber immer wieder "Herr XY.. weißt DU ob ..."
    Auf meine Nachfrage, erklärte der Stützpunkttrainer ,dass er damit versucht die Kinder und sich zu schützen,er darf keine emotionale Bindung eingehen-zumindest nicht so stark wie Ich als Vereinstrainer,trotzdem gibt es erzieherische Aspekte die auch er nicht vernachlässigen darf ( das "DU" )


    Also ich persönlich würde im Amateursport immer ein offenes Ohr für die Spieler haben!
    Im Leistungsbereich weiß ich es nicht,da ich dort noch nicht arbeiten durfte.
    Gruß
    Coke

  • Von daher kann ich jeden verstehen, der sagt: "ich bin Fußballtrainer und bei mir geht's ausschließlich darum."

    Guten Morgen,


    ich bin mir nicht sicher, ob man die beiden "Themenbereiche" so krass auseinander halten kann.


    Steini:


    Dein Kollege will sich nicht einmischen. Es kann aber auch sein, dass er das nicht kann, da er sich dafür nicht kompetent genug sieht. Weil er ja die Jungs gerne hat und die Jungs ihn, kann ich mir nicht vorstellen, dass Privates um die Jungs ihn nicht interessiert.


    guenter:


    Was würdest Du tun, wenn Du feststellst, dass ein 10 jähriges Kind (das Alter ist eigentlich egal, (nein, ich meine nicht Hey Alder, es ist egal :P )) körperlich oder/und sexuell misbraucht wird. Meintest Du schaltest "Dich" nicht ein, oder du übernimmst nix?


    Zu einem konkreten Fall: Bei mir gab es 2 Scheidungen in der Mannschaft: Ich fand es schon wichtig, dass man mit diesen Kindern -mindestens anfangs- "umsichtiger" umgeht. Aber subtil. Ohne große Glocke.


    Gruß,
    Uzunbacak

  • Das ist für mich genau der springende Punkt. Hier muss man entscheiden ob man im Amateur oder Leistungsfußball trainiert.

    Da hast du mMn absolut Recht. Und wenn man vom Breitensport in den Leistungssport wechselt muss einem dieser Unterschied auch klar sein BEVOR man sich entscheidet.
    Eltern und auch die Kinder... wobei die Eltern da mehr Probleme mit haben könnten.


    Gruß,
    sb

  • Ich finde diese Einstellung ok, ...weil


    -ich dem Mann von deinem Erzählen her mehr als zutraue, ...seinen Mann dann zu stehen, wenn es drauf ankommt.


    Bis dahin sich auf das zu Beziehen, was ihn angeht, ist mehr als legitim und klug...sein Resort ist der Fußball....


    statt


    sich als unausgebildeter Leihpsychologe letztlich aufzudrängen, aufzuzwingen, ...sich trainertypisch unheimlich wichtig zu machen auf der stetigen Suche nach Schulterklopfern...wie ich an einem mir besonders aufgefallenen Trainerbeispiel hier aus meinem Umfeld sehen konnte. Dieser rühmte sich wo es ebend ging damit, dass Spieler im ungefähren Alter von 14 oder 15 Jahren sich auch nachts -weil die Freundin schluss machte- wendeten.


    Das ist auf der einen Seite vielleicht ein großes Lob an den Trainer, hier ....für mich eine Überheblichkeit.


    Würde sich ein Spieler an den Trainer den Steini hier beschrieb nachts aus Not wenden....so würde ich dort den Hut ziehen, weil die Vertrauensbasis das so zuließ und er das auf dem stillen Weg.... ohne sich selbst auf die Schulter geklopft zu haben....geschaffen hat.


    Mir hat mal jemand den ich persönlich gut kenne...er ist heute cirka 65 Jahre alt, Pädagoge, der seinen Sohn mit 16 verloren hat (Alkohol, Kiffen...Minusgrade...liegengeblieben...erfroren) gesagt....dass man seinen Kindern nicht ständig auf den Sack gehen sollen. Wichtig sei nur, dass die Kinder dann, wenns drauf ankommt sich selbständig an die Eltern wenden....aus seiner Sicht ausreichend viel richtig gemacht habe...das sei die einzig wichtige Meßlatte.


    Das beziehe ich auf das Traineramt. Ich verschließe mich nicht zuzuhören, einen Rat zu geben, mich auf die Probleme des Einzelnen einzustellen bis einzulassen, Rücksicht zu nehmen und Hilfe zu leisten (durch Gespräche und Tipps)....aber....hierzu schaffe ich im täglichen Ablauf mit den Jungs das Vertrauen...nicht deshalb, sondern generell. Diese Basis sollte man aufbauen für alles. Wer da nur anweist, schimpft, rummeckert, kein Verständnis, keinen Humor hat, nicht die Nerven besitzt, einfach nur eine "Hackfresse" hat -sorry-...an den wird man sich im Bedarffall wohl eher nicht wenden, richtig? Fragen darf man ja mal.... 8)

  • Ich glaube das sind einfach zwei verschiedene "Glaubensfragen" als Trainer. Auf der einen Seite der distanzierte und auf der anderen Seite der nahe, fast schon Kumpeltyp.


    Ich glaube beide Varianten sind absolut gut, haben ihre Vorteile und so. Wichtig ist nur, dass man klare Regeln aufstellt. Speziell bei einer nahen Beziehung zu den Spielern ist es wichtig klare Regeln zu haben, die einfach über allem stehen, aber vor allem auch eine klare Linie beibehält und nicht von Woche zu Woche seine Standpunkte oder Art und Weise über den Haufen wirft.


    Da ich mich eher zu der zweiten Variante zählen würde, fällt es mir natürlich etwas schwerer mich in die Distanzierte Haltung reinzuversetzen. Dennoch auch bei der Kumpeltyp Variante ist es wichtig, sich nicht aufzudrängen, auch wenn man mehr weiß. Die Jungs wissen aber, dass man demjenigen Vertrauen kann, und wenn die möchten auf ihn zukommen können und er dann für einen da ist und hilft, und vor allem dich auch versteht. Ich glaube das ist im Jugendbereich eine ganz große Qualität, die einem weiterhelfen kann.


    Trotzdem ist es glaube ich falsche eine Pro/oder Kontra Liste zu erstellen. Es gibt eben unterschiedliche Arten und diese sind auf ihre Art und Weise absolut gut und richtig. Selbst innerhalb eines Vereines gibt es ja die verschiedensten Typen und aus eigener Erfahrung kann ich das auch bestätigen, dass beide Varianten einen unglaublich guten Job in allen Belangen abliefern, unabhängig auch von der Spielklasse.

  • Steini


    Dein Thema wid zwar als Unterpunkt in einer Reihe von Themen behandelt, jedoch meist sehr oberflächlich. Deshalb ist es m.E. auch ein eigenes Thema wert!


    Weil du schon mal die Liga weggelassen hast, brauchen wir uns auch gar nicht lange daran aufhalten, dass einige besonders ehrgeizige und vermeintlich pflichtbewußte Trainer im Privatleben ihrer Spieler herumschnüffeln würden und am liebsten die "Bettkarte" für ihre Kids einführen würden, damit auch ja alle Spieler ausgeschlafen zum nächsten, noch wichtigeren Punktspiel erscheinen. Wer sich also beim Herumtreiben zu nächtlicher Stunde erwischen läßt oder verpetzt wird, der bekommt die "Ar..karte" und darf zuschauen und ggf. für alle als Strafe sichtbar während des Punktspiels Runden laufen!


    Hier geht es um einen weitaus sensibleren Bereich von persönlichen Informationen. Was, wenn es Opfer einer Straftat wurde, der Tod von Eltern oder Geschwister zu beklagen sind! Da ist die Frage berechtigt: wie verhält man sich als Trainer? Wo ist die Grenze erreicht, in der auch die Mannschaft informiert werden sollte, damit sie in einem Zeitraum, wo ihr Mannschaftskamerad "ziemlich durch den Wind ist", würdevoll mit ihm umgehen, um ihm die Chance zu geben, über den Fussball mit seinen Freunden etwas Trost zu finden und vielleicht Hilfe zu erfahren, über seinen Schmerz hinweg zu kommen.


    Ich glaube, in solchen Phasen, in der sich vermutlich fast jeder erfahrene Trainer einmal befunden hat, merkt man, dass es nicht selbstverständlich ist, gesund und ohne größeren seelischen Schaden durchs Leben zu gehen. Mit einer kurzen Ansprache an die Mannschaft über den schweren Schicksalsschlag eines Spielers sollte man ein Zeichen setzen, dass Fussballspielen nicht selbstverständlich sondern ein besonders großes Glück für den ist, der dafür günstige Rahmenbedingungen in seinem privaten Umfeld besitzt.


    Schulische Probleme oder die Trennung der Eltern haben m.E. nichts auf dem Sportplatz zu suchen und sind allenfalls Themen, die unter sehr guten Freunden ausgetauscht werden.


    Aber mich würde auch gern interessieren, wie ihr es handhabt und darüber denkt?

  • Es kommen bei diesem Thema viele Aspekte zusammen.

    • Wenn ich weiß, dass einem Spieler privat der Schuh drückt, kann ich vieles, was ich auf dem Platz sehe, besser einordnen. Ich kann mich an einen Fall erinnern, in dem der Junge plötzlich nachließ, unkonzentriert wurde, nah am Wasser gebaut hatte. War für den Jungen sehr ungewöhnlich. Ich konnte das nicht einordnen und habe Wochen später von Problemen im Elternhaus erfahren.
    • Gerade bei Trennungskindern hilft einem das Wissen um die aktuelle Situation, das Verhalten der Kinder besser zu verstehen.
    • Auch die schulische Situation spiegelt sich auf dem Platz oft wider.

    Spricht also alles dafür, die private Situation im Auge zu haben?

    • Seit ich nicht mehr meine eigenen Kinder trainiere ist meine Bindung zu den Spielern und ihren Familien deutlich loser. Ich komme aus einem Ort, in dem man sich durchaus kennt - aber man läuft sich auch nicht andauernd über den Weg.
    • Wenn man eine Mannschaft trainiert, in der auch "Auswärtige" sind, wird man generell weniger von denen mitbekommen. Bei einer C-Jugend wie in Steinis Beispiel ist das ja nicht abwegig.
    • Seit ich die Spieler nur ein oder max. zwei Jahre habe, bekomme ich weniger vom Innenleben der Familien mit. Ich lass das aber auch nicht mehr so nah an mich ran.

    Wenn also ein Trainer sagt, dass er alle gleich behandeln will, heißt das ja auch, dass er zu allen gleich viel Distanz oder gleich viel Nähe haben muss. Insofern ist das wohl eine Typfrage.

  • Was würdest Du tun, wenn Du feststellst, dass ein 10 jähriges Kind (das Alter ist eigentlich egal, (nein, ich meine nicht Hey Alder, es ist egal :P )) körperlich oder/und sexuell misbraucht wird. Meintest Du schaltest "Dich" nicht ein, oder du übernimmst nix?

    da sehe ich mich nicht mehr in derTrainerfunktion. Da bin ich verantwortlicher Erwachsener der einschreitet.


    Zu einem konkreten Fall: Bei mir gab es 2 Scheidungen in der Mannschaft: Ich fand es schon wichtig, dass man mit diesen Kindern -mindestens anfangs- "umsichtiger" umgeht. Aber subtil. Ohne große Glocke.

    klar gehe ich da schon umsichtiger vor, nehme gewisse Rücksichten,aber wie du selbst schreibt, ohne an die grosse,Glocken zu hängen, ohne grosse Gespräche zu führen, ohne zu versuchen deren Problemezu lösen. mit einem ganz normalen Umgang hilfts du diesen Kindern am meisten, mit dem unnormalen haben sie zu der Zeit genug zu kämpfen.


    Ich verhielt mich als Trainer gegenüber den mir anvertrauten Kinder /Jungs genauso wie gegenüber allen mir bekannten Kinder,mit denen ich Kontakt habe. Ich bezeichne das als einen ganz normalen Umgang mit Kindern. versucht hab ich das zumindest.

  • Ich habe im Rahmen meines Lehramtsstudiums letztes Semester ein Seminar zum Thema Beratung in der Schule, Umgang mit Krisen bei Schülern, etc. besucht. Nun ist ein/e Trainer/in kein/e Lehrer/in, aber gewisse Parallelen gibt's in der Rolle denke ich schon. Der Tenor dessen, was da in der Psychologie und Sozialpädagogik aktuell ist und wie es an uns als angehende Lehrkräfte herangetragen wurde: wenn man Krisen wahrnimmt, ansprechen. Es dürfte ja denke ich Konsens sein, dass man ein offenes Ohr haben sollte, wenn ein Spieler von sich aus auf einen zukommt. Die Empfehlung hier war aber, auch bei sogenannten stillen Krisen, wenn man sie vermutet, jemanden anzusprechen. Weil es zwar bei persönlichen Schwierigkeiten Phasen geben kann, in denen das Ruhenlassen ein positiver Bestandteil ist, weil aber sonst auch mal gerne Dinge nicht bearbeitet werden, die bearbeitet werden sollten. Ich glaube, dass wir als Trainer in der Position sind, für viele Spieler wichtig genug sind, um die Gelegenheit zu haben, auch mal persönliche Dinge anzusprechen. Das dann aber natürlich als Gesprächsangebot, nicht als Gesprächszwang, mal vorsichtig antesten, ob es da, wo man Gesprächsbedarf vermutet, wirklich welchen gibt.


    Ich sehe das nicht als Verpflichtung eines Trainers, aber man hat glaube ich manchmal die Chance, jemand positiv zu beeinflussen. Kann man ruhig ergreifen, natürlich mit dem Bewusstsein, dass es nicht die eigene Verantwortung ist, Probleme von Spielern zu lösen. Außerdem wichtig dabei: nicht zum Krisensucher werden. Wenn man's nur geil findet, möglichst viele Probleme überall aufzuspüren und zu bearbeiten, am besten auch dort, wo gar keine sind, dann wird's mindestens so schlecht wie beim Gegenpol, bei dem überhaupt kein Platz für persönliche Dinge ist. Und: man ist (in den meisten Fällen) kein Psychologe. Das sollte man auch nicht verwechseln.


    So weit die Haltung, wie sie in entsprechender Literatur für Lehrer empfohlen wird und wie sie aus meiner Sicht weitestgehend auf Trainer übertragbar ist. Mit meiner persönlichen Haltung deckt sich das. Die liegt wahrscheinlich darin begründet, dass ich lange Zeit meiner Jugend und als junger Erwachsener mit einer lang andauernden, stillen Krise verbracht habe (zufälligerweise auch wesentlich durch den Fußball ausgelöst), ohne mir dessen aber so richtig bewusst zu sein und mir auch richtig darüber klar zu werden, woran es eigentlich lag. Ich glaube, dass es mein Leben in der Zeit wesentlich positiv hätte beeinflussen können, wenn das mal jemand angesprochen hätte - und durchaus deutlich wahrnehmbare Signale gab es. Das hätte jemand aus dem Freundeskreis sein können, das hätten Eltern sein können, das hätte ein Lehrer sein können - oder eben ein Fußballtrainer. Da ich jetzt selber Fußballtrainer bin, versuche ich halt für solche Dinge auch offen zu sein und vielleicht schaffe ich es mal in einer schwierigen Situation durch vernünftige Hinweise, den Weg von jemandem auch außerhalb des Fußballs positiv zu beeinflussen.

  • fak


    ich will dir nicht deine Illusionen nehmen, aber Seminar ist viel Theorie, und die folgende Praxis vor Ort wird anders aussehen.
    Ist zumindest die Aussage meiner Tochter, die das hinter sich hat auch kritisiert, dass dieser diesbezügliche Ausbildung
    einen zu geringen Raum eingeräumt wird.


    ansonsten finde ich deinen Beitrag sehr gut.


    besonders deinen Hinweis Offen zu sein, aber nicht Suchender ist ein bemerkenswerter Hinweis.


    Der Hinweis auf Vergleichbarkeit Trainer zu Lehrer und Training zu Schule mag sicherlich in einigen Dingen zutreffen.


    Trotzdem gibt es da für mich wesentliche Unterschiede.


    der tägliche und auch längere Zeit Umgang ist bei Schule und Verein nicht vergleichbar, führt zu anderen Grundlagen und Vorraussetzungen.


    ein ganz wesentlicher Punkt ist für mich jedoch der, dass gerade belastete Kinder einen Raum und auch Zeit brauche, in denen
    sie von ihren Problemen abgelenkt werden, diese mal beiseite stellen können. Für mich ist da Training und Spiel ideal zu geeignet.
    für mich wichtig ist genauso, dass sie einen ganz normalen Umgang mit Personen erleben, bei denen diese Probleme
    nicht irgendwo im Raum stehen, dafür kann dann auch der Trainer stehen.


    In der Kinderhilfe mit stark belasteten Kindern ist es ein Ansatzpunkt, solche Zeiten und solchen Umgang gezielt zu schaffen.


    Ich selbst habe zwar schon des öfteren erlebt, dass Kinder Alltagsprobleme angesprochen haben, aber noch nie, dass sie mit
    der wirklichen Problematik, die ja im Inneren ist, mich angesprochen haben.


    Du selbst wärest ja froh gewesen, einen richtigen Gesprächspartner gehabt zu haben. Das siehst du heute so, hast du das damals auch so gesehen? Und vor allem, bist du jemals auf einen zugegangen?


    insgesamt ein schwieriges Thema.

  • Hi,
    bei dem Thema gibts auch Grenzen, logisch.


    Balance zwischen "Wegschauen und blindem Aktionismus" zu finden ist schwierig aber machbar.


    Gruß,
    Uzunbacak


  • Keine Angst, du nimmst mir keine Illusionen...ich bin sowieso der Meinung, dass die Lehrerausbildung an der Uni in Deutschland schlecht ist - bzw, dass es in Deutschland gar keine Lehrerausbildung an der Uni gibt. Man wird irgendwie zu den anderen gestopft, die die inhaltlichen Fächer studieren. Dann gibt's hier und da was in Psychologie, Pädagogik, Soziologie. Aber in den Veranstaltungen wird man in der Regel von Dozenten beschimpft, wenn man vorsichtig anfragt, ob das ganze nicht ein wenig mehr Praxisbezug haben könnte. Ist mir so mehrfach passiert und ich bin wirklich in der Lage, mich vorsichtig zu äußern, also kein Fall von wie man in den Wald hineinruft...Nichtsdestotrotz bin ich aber der Meinung, dass die Grundzüge dessen, was ich da eben beschrieben habe, richtig sind. Obwohl sie aus einem Lehramtsseminar stammen :-).


    Selbstverständlich kann der richtige Umgang mit einem alltäglichen Problem auch sein, dass der Fußball dann der Bereich ist, in dem das keine Rolle spielt. Diese Spieler werden ja die meisten kennen: Schule schwierig, Zuhause schwierig, in der Fußballwelt absolut zuhause, selbstbewusst und fröhlich. Klar, wie gesagt, Klappe halten kann auch mal richtig sein.


    Zu meiner persönlichen Erfahrung: nein, ich hätte das damals nicht so gesehen, zumindest niemals bewusst ausgesprochen. Und es kann gut sein, dass ich, wenn mich jemand angesprochen hätte, gesagt hätte, dass schon alles in Ordnung ist. Aber das hätte trotzdem das Potential gehabt, mir mal bewusst zu machen, dass da ordentlich was schief läuft. Das war mir nämlich nicht richtig bewusst, obwohl es eigentlich offensichtlich war. Es war eine mehr oder weniger durch den Fußball ausgelöste Krise: ich war nur auf Fußball fokussiert, jeden Tag, habe dann Verletzungsprobleme bekommen und bin immer weiter auf den Fußball fokussiert geblieben. Fünf Jahre lang, bis ich irgendwann keine Kraft mehr hatte, dann hab ich's endlich aufgegeben, wieder richtig spielen zu können. Darüber hab ich alles andere vernachlässigt, mich immer weiter zurückgezogen. Aus dem fast schon übertrieben gestylten Mädchenschwarm wurde der zurückgezogene Typ, der äußerlich fast schon verwahrlost aussah. Aus dem guten Schüler mit wenig Anstrengung der mittelmäßige bis schlechte Schüler, der gar nichts mehr gemacht hat. Aus dem Supersportler der träge Typ mit irgendwann deutlichem Übergewicht. Das ganze über fünf Jahre hinweg, in denen mich einfach keiner mal danach gefragt hat, ob es mir wohl nicht so gut geht. Das wäre natürlich von Eltern oder Freunden aus noch viel naheliegender gewesen, aber eine Möglichkeit wäre halt auch ein Lehrer gewesen, oder eben auch ein Trainer. Das ist halt meine persönliche Geschichte, die es beeinflusst, wie ich zu diesen Dingen stehe. Ich will nicht, dass vor meinen Augen jemand total emotional kaputt geht und ich noch nicht mal versucht habe, das mal anzusprechen. Wenn auch mit dem Bewusstsein, dass ich keinen "retten" kann und dass ich für niemanden verantwortlich bin, letzten Endes muss jeder seinen weiteren Weg selbst wählen und gehen. Ich glaube halt aber schon, dass man in gewissen Situationen jemanden in die richtige Richtung schubsen kann. Dem wirst du ja auch grundsätzlich wahrscheinlich gar nicht widersprechen.

  • fak


    hatte ja geschreiben, dass ich deinen Beitrag für gut finde, bedeutet für mich auch dass ich dir in der Richtung zustimme.


    deine Uni-Kritik habe ich schon öfters vernommen, scheint also gängig zu sein.andererseits gibt sie zumindest mal eine Grundlage, sich mit der Thematik auseinanderzusetzten zu können.


    deinen geschilderten persönlichen Fall trifft man schon häufige an, wenn auch nicht in der grassen Form und mit den grassen
    Folgen.


    Und da bin ich wohl voll bei dir. Für mich ist es da ein absolutes Muss, als Trainer aktiv zu werden.
    Bei Verletzungen, vor allem bei langwierigen, muss ich als Trainer einen Spieler, egal welcher Alterstufe, unterstützen, und sei es nur
    durch Anteilnahme, tröstend oder einfach nur zuhören,aber nicht nur ein oder zweimal..


    Leider ist es so, dass wenn du spielst, biste wer , und wenn du nicht spielen kannst bist du halt nicht da bist.
    das gilt sowohl für den Verein wie auch den Trainer. Man erkundigt sich zwar, wann du wieder spielen kannst, aber wie es dir
    dabei wirklich geht, wie du dich fühlst, interssiert kaum wirklich jemanden, kannst ja nicht spielen.


    Hab ich auch schon bei einer längeren Verletzung kennengelernt.


    Vielleicht geht man als langjähriger Fussballer später als Trainer mit gewissen Dingen anders um, verhält sich anders, weil man am eigen Laib einiges (falsches) kennengelernt hat.


    dahingehend ist ja auch ein Kritikpunkt bei mir in Bezug auf Sichtungen, Wechsel in Leistungsebenen.
    da gibts im Vorfeld ein totales Bemühen, bei einem Scheitern sind Spieler und Eltern jedoch alleingelassen.


    Nachbetreuung könnte man sowas bezeichen, ein brachliegendes Thema beim Fussball, aber wohl nicht nur dort.

  • fak


    Wie bereits genannt, empfindet man den Druck, etwas Zählbares zu leisten, weil die Gesellschaft nun einmal Ergebnisse (keine Wege dorthin) sehen will. Auf eine kurze Formel gebracht bedeutet das als Trainer: "nach unten treten und nach oben buckeln"! Aber natürlich gibt das keiner so offen zu, sondern versteckt es hinter bestimmten "ehrbahren" Zielen!


    Hat man jedoch diese Phase überwunden, dann erkennt man, das ich der eigenen Schwäche die wahre Stärke liegt! Man erkennt die Motive Dritter, die hinter dem Druck liegen. Man mag es Enttäuschung nennen, aber es ist gleichzeitig auch das Ende einer Täuschung!
    Man mag sich über einen Fehler ärgnern, doch töricht ist es nur, den gleichen Fehler ein zweites mal zu machen!


    Es ist deshalb wichtig, als Mensch wie als Trainer mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, nicht nach Fehlern anderer zu suchen, aber zu erkennen, wenn jemand ein "offenes Ohr" braucht. Meist hilft schon ein gutes Zuhören und ein, zwei Anmerkungen. Denn wenn Derjenige schon längere Zeit mit dem Problem allein herumläuft, dann hat er sich vermutlich schon irgendetwas zurück gesponnen, was jenseits aller Realität ist.


    Wie leicht man selbst einmal in die Lage kommen kann, Hilfe zu brauchen. Dann ist man froh, Freunde zu haben, die ein "offenes Ohr" haben!

  • Naja es kann dich auch richtig anfressen, wenn du zuviel mitbekommst. In einem Alter, wo die Kinder klein sind, dreht sich viel um schule, evtl. Krankheiten und wenn man Pech hat familienprobleme, die bis ins absolute extrem gehen. Man nimmt alles auf, kümmert sich oft, ganz blöd wird es, wenn man es in dieeigene Familie einschleppt.


    Die Jungs werden älter, die Probleme auch: Schule, Arbeit, Alkohol, evtl. Drogen, Gewalt, Vaterschaften, sogar der "heilige Krieg" in Syrien. Will man das alles wissen? Kann man das überhaupt alles handeln? Möchte man das bei seinem Hobby alles mitnehmen?


    Ich nicht (mehr), zu vielschichtig, zu nervig, zu intensiv. Wenn ich gefragt bin, stehe ich mit Rat und Tat zur Seite, sonst halte ich mich zurück. Ich muss nicht alles mitkriegen, obwohl das leicht wäre. Aber was soll man alles tun, neben den eigenen Kindern, der Frau, dem Job, etc.?

  • Erstmal vielen Dank für Eure Meinungen und Ansichten.


    Da ist richtig was zum Grübeln dabei. Besonders lange hab ich über den von TW-Trainer angesprochenen Aspekt " ab wann sollte die Mannschaft davon wissen" nachgedacht. Man bekommt es ja im Vertrauen gesagt. Wenn aber die Mannschaftskameraden nichts davon wissen und ihren Teamkollegen kritisieren, weil er keine Leistung mehr bringt, lustlos wirkt, ständig mies gelaunt ist usw. kommt man ja wirklich ins Überlegen. Sag ich es ihnen damit sie es einordnen können ? Und wenn ja, wie ? Ohne ihn ? Im Mannschaftskreis ? Habe ja schon einige Trainerjahren auf dem Buckel. In einer solchen Situation bin ich aber nie gewesen. Konnte das immer mit dem jeweiligen Spieler alleine regeln. Meist war es so, dass sie 'ne Pause brauchten. Da konnte ich dann nicht mehr machen als ihnen mitzugeben "Kein Thema. Du bist hier jederzeit wieder willkommen und ich würd mich freuen." Bisschen wenig, aber irgendwo stößt man ja auch an seine Grenzen.


    Oder das Posting von siebener. Wie viel will ich eigentlich wissen bzw. mitkriegen ? Schwierig.

  • Steini


    Ab dem mittleren Jugendbereich haben die Kids sich soweit sozialisiert, dass sie ihre Mitspieler nicht nur als Spielkameraden, sondern auch als Menschen mit einem Charakter wahrnehmen. Tritt dort ein Ereignis ein, was ein Trauma auslöst, dann können sie ein stückweit mithelfen, das der Fall nach unten nicht so tief wid. Sie können mithelfen, dass der Mensch aus ihrer Mitte wieder zu einem normalen Leben zurück findet. So können sie auch verstehen lernen, dass soetwas jedem passieren kann und lernen, dass es nicht so schlimm ist, hinzufallen. Das es aber ganz wichtig ist, schnell wieder aufzustehen. Sonst verpaßt man noch ein wichtiges Stück des Lebens, nämlich das mit ehrlichen Freunden bei der zweitschönsten Sache der Welt.


    Die Frage ist sicherlich, wie bringt man es ihnen bei. Die Sprache ist sicherlich diejenige der Altersgruppe. Ich denke, es genügen ein paar Worte mit der nötigen Sensibilität, das jedem Einzelnen klar macht, dass einer aus ihrer Mitte ein schweres Schicksal erlitten hat. Es braucht jetzt kein Mitleid, sondern Verständnis, damit die Zeit die Wunden rasch heilen kann. Es hat so in den Fällen, die ich miterleben mußte, noch immer geklappt. Narben bleiben jedoch immer auch zurück. D.h. den Menschen, den man vorher kannte, den gibt es dananch nicht mehr. Er ist ein Anderer geworden, der aber nicht besser und nicht schlechter ist. Der Fussball allein verändert keinen Charakter. Er zeigt allenfalls, wer Einen hat!