Torwart als Aufbauspieler - ist das der Trend in den nächsten Jahren?

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  • Günter


    Flanken des Gegners abzufangen, gehört zu den defensiven Aufgaben eines Torwarts! Die Spieleröffnung gehört zu den offensiven Aufgaben eines Torwarts!


    Dass das alles nicht von heute auf morgen entstanden ist, darüber sind wir uns denke ich einig!


    Als Erfindung lassen sich Dinge beschreiben, die einen deutlichen Entwicklungsschritt beinhalten! Um im Sport zu bleiben, könnte man Bob Fosbury nennen, der mit seiner Sprungtechnik den Hochsprung veränderte. Wenn darauf aufbauend später im Detail Verbesserungen entstehen, so basieren diese auf die ursprüngliche Erfindung!


    Im Fussball ist es sicherlich müßig, über solche Erfindungen zu diskutieren! Wer weiß schon, wer den ersten Fallrückzieher gemacht hat oder aufgrund verbesserter Schutßtechnik den ersten Ball aus dem eigenen Feld ins gegnerische Tor schießen konnte? Waren das überhaupt Erfindungen oder waren es Zufälle? Oder aber resultieren Erfindungen immer nur aus Zufällen?


    Aber kann nicht auch das geänderte Ziel eine Erfindung sein? Nehmen wir als Beispiel die sensationellen weiten und präzisen Abwürfe als Spieleröffnungsvariante von Manuel Neuer. Schon Olli Kahn sagte in einem Interview mal, man habe zu seiner Zeit auch lange Abwürfe geübt. Allerdings mit dem Ziel, den Ball dann direkt ins gegnerische Tor zu werfen. Dies sei jedoch kaum einmal gelungen, weshalb der weite Abwurf kaum Bedeutung gehabt habe. Der Unterschied liegt hier ganz klar im Ziel der taktischen Spieleröffnung! Denn Neuer hat durch seine Variante, die bei hochstehender gegnerischer Abwehr eine Möglichkeit der Spieleröffnung darstellt, das Fussballspiel bereichert.


    Weil wir noch so wenig über den Fussball wissen, ist es auch sehr schwierig, bereits jetzt über Erfindungen zu sprechen!

  • Moin,


    mir ging es bei der Threaderöffnung nicht um das Libero-Spiel (Ablaufen langer oder steiler Pässe des Gegners) oder das Anspiel des Torwartes bei starkem Gegnerdruck/Pressing, sondern um die ganz bewusste Integration ins Aufbauspiel. Ersteres wird doch heute schon konsequent gespielt, letzteres noch nicht.


    Wer hätte vor zwei, drei Jahren gedacht, dass Robben und Ribery defensiv so stark eingebunden werden? Wären van Gaal und Heynkes schon vorher auf die Idee gekommen, hätte es den deutschen Meister BVB vielleicht nie gegeben. Diese Spielweise ist doch nur eine Reaktion auf die Spielweise, die der BVB, Barca und andere initiiert haben. Genauso wird auch "hinten" immer offensiver gedacht und gespielt.


    Ich finde es naiv, davon auszugehen, dass das moderne Torwartspiel schon am Ende seiner Enwicklung ist. Ich vermute einfach, dass in den nächsten Jahren die Spielanteile der Torhüter noch stärker werden. Darauf möchte ich meine Kinder vorbereiten.


    Wie genau das auszusehen hat und wo die Fallstricke liegen, weiß ich nicht. Man muss es halt mal probieren ;)


    Gruß, Christoph

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • Also nochmal das Ganze..., nur etwas anders formuliert...


    Im Breitenfußball und auch Amateurfußball sehen sehr viele, gerade im ausbildungsspezifischen Bereich, den Leistungsfußball
    und den Profifußball als maßgebend an. Die haben ja auch Geld, welches sie gewinnbringend investieren wollen. Was mittlerweile
    nun mehr oder weniger in die Nachwuchsleistungszentren gesteckt wird, als in Spieler aus dem Ausland. Auch in der DFB-Talentförderung
    werden nun langsam, Landesverband für Landesverband, Synergien zusammengezogen, um die Ausbildung der jungen Talente voran
    zu treiben. Sei es im Bezug auf Feldspieler, oder im Bezug auf die Ausbildung von "modernen" Torhütern.
    Alles richtet sich und schaut in den Bereich des Fußballs, wo es um Geld geht. Wo Kapitalisten den Rahmen und die Mittel der
    Ausbildung bestimmen.


    Nun steckt in einem Lizenzverein wie beim FC Bayern viel Geld und noch sehr viel Arbeit. Das Nachwuchsleistungszentrum ist zwar gut,
    aber es steckt noch eine Menge an Verbesserungsmöglichkeiten, um nicht Potenzial zu sagen, drin. Und das haben die Verantwortlichen nun,
    so wie ich mitbekommen habe, langsam auch verstanden. Egal..., solch ein Verein benutzt das Geld, - früher überwiegend für den Kauf von
    ausländischen Topspielern -, heute etwas mehr für die Ausbildung der eigenen Junioren. Es wird sich auf Leistungstests, neueste technologische
    Entwicklungen, psychologische und sportwissenschaftliche Fortschritte bezogen, wenn eine "neue" Ausbildungsmethodik angewendet oder auch
    ausprobiert wird. - Und die ganzen Trainer im Breitensport, sehen dies, machen das einfach nach, frei nach dem Motto: "Wenn die das machen,
    dann wird das schon passen!" Naja, nur kommt man mit dieser Einstellung nicht sonderlich weit. Man muss sich auch eigene Gedanken machen
    und sich dann auch in die Spieler hineinversetzen können.


    Mein Anspruch ist es, einen jungen talentierten Torhüter gemäß seinen Möglichkeiten und Rahmenbedingungen, an das höchstmögliche von ihm
    leistbare heranzuführen. Und dies gelingt nur, wenn man sich auch in das Angriffsspiel miteinbezieht. Ob nun risikofreudig oder nicht, ist dabei
    erstmal egal. Gerade das Angriffsspiel wird für den "modernen" Torhüter immer wichtiger und auch zukünftig ein wesentlicher Bestandteil in der
    Ausbildung dieser sein, da dies ab einem gewissen Niveau einfach vorausgesetzt wird. Wie in der Statistik, im vorherigen Beitrag, aufgezeigt
    hat der Torhüter von durchschnittlich 50 Ballkontakten, lediglich 15 in der Raum- und Zielverteidigung. Die anderen 35 gehören dem Spielaufbau
    und Angriffsspiel an. Sei es durch Bodenabschläge, präzise Abwürfe, Hüftdrehstöße oder von mir aus auch Drop-Kicks. Bei jeder Aktion, hat die Mannschaft,
    welche einen mitspielenden Torhüter in den Reihen hat, einen enormen Vorteil gegenüber der Mannschaft, die einen passiven Torhüter hat. Denn in
    jeder angriffseinleitenden Aktion des Torhüters, oder zumindest bei Ballbesitz, hat die Mannschaft einen Spieler mehr auf dem Feld, als die andere.


    So ist es unteranderem zu erklären, dass zwei wirklich gute Torhüter von einem Bundesligisten verglichen wurden und einer abgelehnt wurde.
    Wirklich gut im Sinne von Zielverteidigung, Raumverteidigung und Coachingverhalten. Was letzten Endes den Unterschied ausgemacht hat,
    weshalb der eine ins Nachwuchsleistungszentrum aufgenommen wurde und der andere nicht, war das mitspielende Denkverhalten und die
    technischen Möglichkeiten, die solch ein Spieler dann auch unter Drucksituationen hat. Es reicht bei weitem nicht mehr, dass der Ball einfach ins
    Aus geschlagen wird, sondern auch unter Druck muss der Ball beim Mitspieler ankommen. Oft in den Kreisklassen, Kreisligen und selbst in der Verbands-
    liga sehr häufig zu sehen. Und jedes Mal schlage ich die Hände über meinem Kopf zusammen...


    Mannschaften, welche heute durch das Lenkverhalten des Gegners, auf eine Seite gedrengt werden, damit diese dort dann pressen können,
    haben bei einem guten mannschaftstaktischen Pressing keine kontrollierte bzw. sinnvolle Möglichkeit den Ball nach Vorne zu spielen. Also nicht so,
    dass sich der Ball ohne einen hohen Wiederverlust, durch direkte Druckgabe des Gegners, oder durch das ungenaue Zuspiel, in den eigenen Reihen halten
    lassen würde. Hier können sich dann sicherlich individualisten mal durchwurschteln, in der Regel ist hier dann allerdings der Torhüter die Anspielstation
    Nr.1. Hierfür muss dieser nachrücken und einen enormen Raum abdecken, was aber durch die Antrittsschnelligkeit aber nur selten ein Problem ist.
    Nun kann der Torwart das Spiel verlagern, die Drucksituation lösen und schauen was zu machen gilt.
    Durch das Antizipieren diverser Situationen vom Torhüter ausgehend, werden nicht nur in der Championsleague, Bundesliga usw. viele Torchancen vereitelt,
    sondern auch viele Bälle in den eigenen Reihen gehalten. Wer sich, gerade im unterklassigen Fußball oft zu sehen, mal ein Spiel anschaut, in dem vermeintlich
    gleichstarke Mannschaften gegeneinander spielen, die Torhüter aber unterschiedlich ausgebildet wurden, weil der eine auch offensiv mitdenkt und der andere
    nur die Ziel- und eben noch so die Raumverteidigung kennt, wird feststellen, dass die Mannschaft, mit dem mitdenkenden Torhüter besser und sauberer agiert.
    Er erspart seinen Jungs viel Laufarbeit und zusätzliche Kraftaufwände. Entweder durch das Coaching und Stellen, oder durch das direkte Eingreifen.


    Ich stelle hier mal die These auf: Man muss kein gutes reaktives Bewegungsverhalten haben, sondern hauptsächlich antizipieren können, mitspielen können
    und coachen können, um ein guter Torwart zu sein bzw. die Voraussetzungen dafür zu stellen.
    Nun seid ihr dran...


    PS: das reaktive Bewegungsverhalten ist nicht gleichgestellt mit dem Reflex, denn die Reflexe kann man nicht ausbauen/"trainieren", die Reaktionsfähigkeit jedoch schon!


  • Hallo Christoph,


    ich finde es super, dass Du dir dahingehend Gedanken darum machst, wie und weshalb Du deine
    Kinder und Jugendlichen ausbilden möchtest. Besonders dann noch, weil es in diesem spezifischen
    Fall, deine Torhüter betrifft.


    Das Aufbauspiel durch den Torhüter, ist in der aktuellen taktischen Spielentwicklung, ohne gegnerisches Pressing nicht von Nöten.
    Grundsätzlich wollen wir als Mannschaft den direkten und schnellsten Weg zum gegnerischen Tor suchen und dieser Weg ist durch
    Steilpässe und durch die Mitte. Idealerweise mit so wenig Ballkontakten wie möglich. Dies ist aber nur dann möglich, wenn der
    Gegner offen steht und am Besten gar nichts macht, aber wo ist dies schon der Fall. Daher müssen wir versuchen, durch das verbreitern
    des Spielfeldes, die Gegenspieler möglichst weit auseinander zu ziehen, um Freiräume zu schaffen. Dort kann dann ein weiterer hineinlaufen,
    oder dann eben der Ball in die "Gasse" durchgesteckt werden. Da dies oftmals gar nicht mehr klappt, da die Mannschaft als kollektiv darauf schon
    eingestellt wurde, ziehen die eigenen Mitspieler diese "Löcher", um dann systematisch in diesen freigewordenen Raum stoßen zu können.


    Wir als Torhüter haben in der Regel eine enorme Übersicht, über das Spielgeschehen und erkennen sehr oft bereits im Voraus, wie sich eine
    Spielsituation entwickeln wird. Schaffen wir diese Entwicklung nun so früh wie möglich zu erkennen und unsere Mitspieler zu warnen, so haben
    wir bereits den ersten Ball gehalten. Es kommt nicht auf die Torchance drauf an, sondern auf die Entwicklung dort hin.
    Daher ist der Trend, den ich verfolge, der auch in der Zukunft eintreten wird, das Vermitteln von inhaltlich korrektem Coaching der Mitspieler,
    der Spielanalytik und dem Stellungsspiel.


    Ich erachte das Coaching als sehr sehr wichtiges Mittel, um Torchancen bereits im Vorfeld zu verhindern. Das und noch weitere Dinge, lege ich
    meinen Jungs und Mädchen in der DFB-Talentförderung nahe, erkläre und zeige anhand von Beweisen auf, wieso und weshalb dies so wichtig ist.
    Ich weiß für mich, warum und weshalb, wichtig ist, dass die Jungs und Mädchen als Torhüter, dies auch erkennen und alles versuchen, um so gut
    wie möglich zu coachen.
    Es hat keine Aussagekraft, ob jemand sagt: "Du hattest heute ja nicht viel zu tun!", denn daran erkenne ich schon, dass der mir gegenüber
    stehende 0,0000 Ahnung vom Torwartspiel hat und beschäftige mich dann auch nicht weiter mit dieser Person.
    Und das vermittle ich auch meinen Torhütern.


    Wie ich das mache, bleibt allerdings mein Geheimnis! ;)
    Nur so viel, es klappt sehr gut. Weiteres kannst Du dir sicherlicher auch erarbeiten. :)

  • Bereits das Ajax der 70 er mit Michels und Cruyff legte Wert auf einen mitspielenden Torhüter/spieler. Da die Abwehr weit aufrückte, musste der Torspieler den Raum dazwischen auffüllen und weit vor seinem Kasten postiert sein, um als "Libero" Bälle abzufangen (ohne Hände). Wenn ein TS so spielt und quasi als halber Feldspieler agiert, macht es auch nichts so Cuyff wenn mal ein Ball durchgeht. Alles also schon mal dagewesen, bzw. in den NL schon lange praktiziert (z.B. van der Saar).
    Überhaupt muss ich die fussballerische Ausbldung und das Konzept der NL als vorbildlich ansehen. Kein land der erde schafft es bezogen auf die Einwohnerzahl, diese Menge an Weltklassespielern hervorzubringen.


    Gruss DTV

  • @DTV
    Es geht hier nicht um das bloße Abfangen länger Bälle. Und ein weit vor seinem Tor stehender Torwart ist noch lange kein Indiz für eine offensiv ausgerichtete Spielweise seinerseits.


    TRST
    Coaching wird mMn auch in der Ausbildung der Feldspieler zur Zeit noch viel zu stiefmütterlich behandelt. Da ist noch viel Luft nach oben. Gerade gruppentaktische Abläufe lassen sich mit gleichzeitiger Schulung des individuellen Coachings intensiver und nachhaltiger optimieren. Mit " Klatsch und Dreh" schon ein guter Ansatz des DFB in der Schulung, aber noch viel zu wenig.


    Hier reden wir aber von E. Ist für korrektes Coaching in Verbindung mit korrekter Analyse bzw. dem vorausschauenden Erkennen von Situationen zu früh. Erst Recht wie im vorliegenden Fall im Rahmen des Mannschaftstrainings. Find ich zumindest.

  • mir ging es bei der Threaderöffnung nicht um das Libero-Spiel (Ablaufen langer oder steiler Pässe des Gegners) oder das Anspiel des Torwartes bei starkem Gegnerdruck/Pressing, sondern um die ganz bewusste Integration ins Aufbauspiel. Ersteres wird doch heute schon konsequent gespielt, letzteres noch nicht.


    Ich verstehe Dich hier nicht mehr. Für mich ist ein guter TW der Libero von gestern, was z.B. defensiv das Erlaufen von tödlichen Pässen durch die Schnittstelle der Kette angeht...und offensiv sollte der TW in der Lage sein, eine Eröffnung zu gestalten, statt nur den langen Abschlag zu beherrschen. Wer dieses Niveau im Breitensport einigermaßen spielen läßt, ist schon ziemlich weit...so sehe ich es. Allein das zu versuchen ist klasse...zeigt Sachverstand und Mut. Das noch ab der Jugend altersgerecht zu fördern, ist die Kirsche von Claudia Bertoni auf dem Sahnehäubchen des Kuchens ;) ...machbar....auch auf Kreisliga Niveau....aber für viele offensichtlich nicht....ach ja...."Wenn man das Spielerpotenzial nicht hat"...kommt dann meist als Ausspruch. Ich sage..."Wenn man als Trainer das Fachwissen und den Mut nicht hat", tja, dann gehts wohl nicht für die Spieler. :thumbup: Sein Team von der F bis zur A auf das Verteidigen im Raum, ...das Pressingspiel zu schulen, erfordert einen solchen TW, alles andere ist taktisch eine Dummheit (also auf Raumdeckung zu spielen, und einen TW zu haben, der auf der Torlinie klebt)....so sehe ich es! Dennoch....von daher einerseits Hut ab vor der Erkenntnis und der Neugierde darauf.


    Im Gegensatz dazu aber auch angemerkt:


    Ich finde es naiv, davon auszugehen, dass das moderne Torwartspiel schon am Ende seiner Enwicklung ist. Ich vermute einfach, dass in den nächsten Jahren die Spielanteile der Torhüter noch stärker werden. Darauf möchte ich meine Kinder vorbereiten.


    Naja, ...alles gut...finde ich wirklich gut. Der letzte Satz gefällt mir nicht so. Du hast im unzitierten Teil davor herausgestellt, wie toll das der BVB, Bayern usw...."meistern". Ich wollte das meinen Jungs beibringen der grundsätzlichen Sache wegen. Sie dahin zu führen, wie es die benannten Profis so machen, ist für mich kein Ziel, weil mein Fachwissen und die Möglichkeit der Jungs als Team hierauf nicht gegeben sein wird und zudem vermutlich in den kommenden 120 Jahren keiner meiner Spieler dort mitspielen wird. Dabei bedenke ich, dass einer meiner Spieler der D jüst zum BVB wechselte.


    Dabei bedenke ich, dass der Grundauftrag/die Grundphilosophie...die du ja auch hegst...viel wichtiger ist. Ich weiss nicht, ob ich das richtig überbringe was ich sage möchte. Ist nicht als Vorwurf gedacht, sondern vielmehr so als Appell gemeint, trotz vieler guter Ansätze auf dem Teppich zu bleiben.

  • Hallo,


    per Zufall bin ich auf die Analyse eines Spiels aus dem Jahr 2011 gestoßen: http://www.r-quadrat.net/44quadrat/?p=334
    In wie weit das auf den Jugendfussball übertragbar ist, ist natürlich fraglich, aber ich finde man sollte da als Jugendtrainer nicht zu engstirnig sein und durchaus den Mut haben, Neues zu probieren...


    Gruß, Christoph

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • @Schimmi


    Man sollte nicht alles, nur weil es aus England kommt, gleich abwinken! Denn englische Trainer liegen nunmal aktuell nicht so im Trend! Auch mag manches, was auf der Insel gut funktioniert, für den "Kontinent" nicht die gleiche Wirkung haben. So mag es für den engsichen Fussball ausreichen, einen ballsicheren spanischen Keeper zu verpflichten, um diesen als zusätzlichen Feldspieler beim Spielaufbau mehr Ballkontakte zu gönnen. Jedoch ist die Idee: Überzahl durch Torwart beim Spielaufbau schon mindestens 30 Jahre alt! Denn da wurde die Amsterdamer TW-Schule gegründet!


    Das Problem, ob man den Torwart fallweise als vollwärtigen Feldspieler umfunktionieren kann, beginnt schon damit, dass ich spontan keinen Profi-Keeper wüßte, der die Qualität eines Profi-Feldspielers. Natürlich gilt dies auch umgekehrt. So banal es klingt, es sich nun einmal zu einem gewissen Teil unterschiedliche Anlagen und Fähigkeiten erforderlich. Deshalb würde dem Keeper dann unter Gegnerdruck der Ball häufiger vom Fuss springen. Dieser einmalige Ballverlust wäre auch kaum mehr durch Ball-Rückeroberung auszugleichen, sondern würde zum Gegentor führen.


    Deshalb ist man bislang beim Kompromis des mitspielenden Torwarts gekommen. Er ist als zusätzliche Anspielstation gedacht. Angespielt werden soll er jedoch nur, wenn er nicht unter Gegnerdruck steht! Durch eine bessere Ausbildung im Nachwuchsbereich gelingt es jedoch, die Abstände (in der Tiefe und Breite) zwischen Torwart und seinen Feldspielern immer kürzer werden zu lassen. Aber genauso, wie man im eigenen Strafraum den ballführenden Gegner kompromißlos vom Torabschluß abhält, soll der Keeper seine Kernaufgabe zur Verhinderung von Toren gerecht werden. Wenn er zusätzliche, neue Aufgaben erhält, dann geschieht dies immer gleichzeitig auch in der Abschätzung neuer Risiken.


    Weil jedoch bereits beim Eventcharakter des Profifussballs "no risk no fun" gilt, dürfen wir uns immer wieder über neue Experimente freuen, von denen hin und wieder auch mal eines gelingt!

  • Mich stört dabei aber die Rolle des mittleren Abwehrspielers. Er ist nicht ins Aufbauspiel integriert, sondern reiner Ausputzer und fast nur defensiv aktiv. Entweder fliegt der Ball über ihn hinweg oder an ihm vorbei. Meine Überlegung wäre versuchsweise auf 2-1-3 umzustellen, wobei der Torwart die raumfüllende Rolle des zentralen Abwehrspielern mit übernimmt, die zwei Verteidiger sich breit anbieten. Wir hätten dann vorne einen Spieler mehr und könnten vor allem die Flügel effektiver bespielt.


    Zur Grundfrage sehe ich es für den Bereich der G, F und E so....im Prinzip sogar für die D....weil ich es dort so gehandhabt habe (bei Turnieren), dass ein TW der ersten Mannschaft der jeweiligen Jugend als Spieler ausgesucht werden sollte. Er muß meiner Ansicht nach als Spieler so talentiert sein, dass er mit dem Teamkollegen mitspielen könnte. Das meine ich so nicht aus der Meinung heraus, das der gewinndenkende Trainer weniger Bauchkneifen hat, das richtig später auch aktiv zu tun (Rotation auch beim TW).


    Zum Zitat....habe ich eine F oder E ist es zweifelhaft, ob sie die Spieleröffnung überhaupt wirklich verstehen...


    Ferner der Gedanke, dass ich persönlich von meiner Philosophie her denen nichts vorgeben möchte...sondern sie müßten es -ala Horst Wein- erarbeiten und zwar in Trainings die ich entsprechend ausdenke und über eingefrorene Situationen und Fragestellungen entsprechend gestalte. Dann sieht man sehr schnell ob die Spieler beispielsweise einer F geistig der Sache folgen können. Entsprechend kann ich das ja versuchen und schaue mir bewußt an, ob sie folgen können. Schrecklich fände ich es nach meiner heutigen Auffassung denen zu sagen das wir das nun so oder so machen und baste und dann vermutlich noch am Rand stehen und austicken wenn es nicht klappt...weil wieder was abverlangt wird, was sie in diesem Fall geistig noch nicht in der Lage wären zu tun!


    Wichtigstes taktisches Merkmal wäre für mich als Dirk C.....wir greifen ALLE (wir wollen alle Tore schießen) an und verteidigen ALLE.


    @Schimanski....entsprechend finde ich eine Spieleröffnung die sie erarbeiten und verstanden haben fußballerisch einfach klasse gelöst und viel wertvoller als lange dumme Abschläge die die meisten Torwarte eh nicht hinbekommen.


    Zu deinem im Zitat beschriebenen Problem würde ich dem Innenverteidiger dazu geradezu aufmuntern und ermutigen dass er ...wenn sein Bauch es ihm sagt...durchaus mal mit dem Ball in den freien Raum dribbeln soll und wenn es geht, soll er mal abziehen...oder den tödlichen Pass (den man über Trainingsformen forcieren kann) spielen kann/könnte usw.. Dazu dann -ala Horsti die Frage an die beiden "Aussen-VT" was sie ...wenn sie sehen das der Innenverteidiger MAL....vorprescht...tun könnten, damit ??? dieses oder jenes nicht passiert (z.B: denfensiv mitgehen und absichern). So würde ich es jedenfalls machen....so bin ich auch in der D vorgegangen und das hat gut geklappt und hat mir Spass gemacht.

  • bezogen auf Kinderfußball finde ich auch, daß man zukunftsträchtig ausbilden sollte. Es muß halt kindgerecht bleiben.


    Bei "F" oder "E"-Kindern finde ich es vom Ansatz besser, den Feldspielern die Torwartanforderungen näherzubringen, als festen Torleuten das Feldspiel schmackhaft zu machen.


    Warum nicht öfter die TW in Trainingsübungen oder Spielen wechseln. TW-Übungen schulen die Koordination, Übersicht und Fitness eines jeden Spielers -->Vielseitigkeit in diesem Alter.


    Der Grundstein kann schon jetzt gelegt werden durch mehr Aufmerksamkeit auf die TW-Position im bereits bestehenden Training.
    Z.B. sollte der TW nach einer Parade (beim 7 Meter-Schießen oder in einer normalen Trainingsübung) ,egal ob er ein Tor kassiert hat oder gehalten hat, den Ball nicht frustriert oder übercool oder gedankenverloren irgendwohin schlagen (beobachte ich zu gefühlten 90%), sondern ihn je nach Vorgabe entweder mit dem Fuß oder Auswurf oder Zurollen exakt an einen festgelegten Empfänger servieren.
    Bei Feldspielern machen wir uns immer Gedanken über die Anzahl der sinnvoll genutzten Ballkontakte. Beim TW lassen wir sowieso vorhandene Gelegenheiten sinnlos verstreichen. Dazu bräuchte es nicht mal Erfahrung im TW-Training.
    Will sagen, über weiterführende Taktik kann man sich dann Gedanken machen, wenn man die Basics perfekt bedient hat.


    Eine perfekte Übung ist z.B. 2 gegen 2 oder 3 gegen 3 mit "fliegendem Torwart", der nach jedem Tor wechselt. Hier verschwimmen die Positionen "Feldspieler" und "TW".


    So, das war´s.


    Jedes Ding hat drei Seiten: Eine die du siehst, eine die ich sehe und eine die wir beide nicht sehen.

  • @Schimmi


    In der "Amsterdamer Torwartschule" hat Frans Hoek vor über 25 Jahren aus Torlinenhütern Torraumspieler zu machen. U.a. entstammt dieser Schule mit Edwin van der Sar ein ehemaliger Nationalkeeper, der für seine besonderen Fähigkeiten des Mitspielens zur Überzahlbildung in der Abwehr stand. Schaut man sich die Profikeeper in der niederländischen Ehrendivisie an, so findet man auch heute noch Spuren dieser Ideen wieder, den Torwart aktivier ins Spiel einzubinden.


    Doch damals, wie heute wird ein Torhüter als "Pressingopfer" sofort attackiert! Warum ist das so? Sind es die fehlenden individuellen Qualitäten mit dem Ball am Fuß, die ihn vom Rest der Mannschaft unterscheiden oder ist es, weil der Gegner durch Zweikampfgewinn unmittelbar ein Tor erzielen kann?


    Sicherlich ist es eine Mischung aus beidem! Denn ansonsten hätte sich in der "Evolution des Fussballs" der "fliegende Torwart" herauskristallisiert!


    Jedoch sind wir bei der Weiterentwicklung des modernen Torwarts noch sehr weit von seinen theoretischen Möglichkeiten entfernt! Natürlich wäre es auch besser, wenn der Keeper auch mit dem Ball am Fuß genauso stark wäre, wie seine Vorderleute! Denn statt "nur" zu dirigieren, dann könnte er seine Defensive noch besser unterstützen.


    Dies würde eine dramatische Veränderung in seiner systematischen Ausbildung über den gesamten Jugendzeitraum bedeuten. Sie dürfte nicht bereits im mittleren Jugendbereich in eine Torwart-Spezialistenausbildung münden, sondern frühestens nach Ablauf der Jugendzeit. Es würde eine noch deutlichere Abkehr vom heutigen Gewinndenken zu einem Ausbildungsdenken auf dieser Position beinhalten! Dafür hätte man nach Ablauf der Ausbildung aber einen Torwart mit mehr Allroundfähigkeiten!


    Wir sind gerade erst dabei, die mittel- und langfristige Ausbildung vor das kurzfristige Erfolgsdenken zu stellen. Auch, wenn sich die Rahmenbedingungen geändert haben, müssen noch die Inhalte der Ausbildung angepaßt werden. Auch ist eine Zuverlässigkeit innerhalb des Ausbildungsgebietes von Nöten. Denn wenn Torwart A von Verein X zu Verein Y wechselt, dann dürfen dort keine anderen Ausbildungsmaximen vorhanden sein!

  • bei den kollegen der spielverlagerung ist übrigens gerade ein artikel erschienen, der sich "torwartkette" nennt. sehr interessant...

  • Ich würde im Jugendbereich so früh wie möglich damit anfangen den Torwart mit zu integrieren im Spielaufbau...... auf jeden Fall ist das für mich die Zukunft

    Mit Sportlichem Gruß....

  • bei den kollegen der spielverlagerung ist übrigens gerade ein artikel erschienen, der sich "torwartkette" nennt. sehr interessant...


    Da war wohl jemand schneller. Finde den Artikel "Torwartkette" auch sehr interessant und vor allem hilfreich!

    "Don't forget to love your haters. They keep you motivated."

  • Auch, wenn ich bei den Torwartaufgaben noch reichlich Potenzial sehe, kann ich euch nicht ganz beipflichten, wenn ich mir das Schaubild mit dem Torwart auf einer Höhe zwischen seinen beiden Innenverteidigern in der Spielaufbauphase sehe. Denn das wäre, wenn es noch ein wenig weiter vor dem eigenen Strafraum stattfindet, schon der "fliegende Torwart."


    In der Position zwischen oder seitlich neben den IV sehe ich eher den "abkippenden 6-er", sowie ihn bereits verschiedene Bundesliga-Clubs spielen. Anders als bei parallel agierenden 6-er gibt es hier einen eher defensiv und einen eher offensiv ausgerichteten 6-er.


    Bei der Spieleröffnung kippt der definsiv ausgerichtete 6-er zwischen oder neben seinen beiden IV ab, um für sie anspielbar zu sein. In dieser spieloffenen Position hat er bei Ballannahme Mitspieler wie Gegner im Blick. (Bei höhen stehenden 6-er hätte er die Gegenspieler im Rücken.) Gleichzeitig läuft der offensiv ausgerichtete 6-er in den freien Raum zwischen den gegnerischen beiden Reihen. Er kann so direkt einen Paß in den Angriff spielen, sodass das Mittelfeld rasch überbrückt wird.


    Ein Torwart kann meistens nur nach außen spielen, da ein Fehlpass im Zentrum dem Gegner sofort einen Torabschluß ermöglicht. Steht der Keeper im Moment des Fehlpasses noch hoch zwischen seinen IV, so wird die gesamte Innenverteidigung durch einen einfachen Lupfer ausgehebelt.


    Aus diesen Gründen kann ich dieser besonders offensiv ausgerichteten Variante der Torwartkette wenig Begeisterung abgewinnen.

  • Wir haben im letzten Spiel ein Tor gefangen, weil mein Torwart einen Pass durch die IV durch auf den 6er gespielt hat, der aber abgefangen und verwertet wurde. Meine Konsequenz daraus ist allerdings nicht die von TWTrainer, die dem Spielaufbau des Keepers da misstrauische gegenüber steht. Ehrlich gesagt wünsche ich mir, der Keeper wäre durch die Mitte durchgebrochen (beide gegnerischen ST haben die IV breit gedeckt) und hätte dann in guter Passnähe beide 6er als Anspielstationen gehabt. Mit einem gutem Fussballer im Tor halte ich es für möglich, dass die Bälle sicher durch die Mitte gespielt werden können.