Faires Verhalten dem Schiedsrichter gegenüber = Faires Verhalten der eigenen Mannschaft gegenüber?

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  • Ich bin am Rande des Spielfelds eher ruhig. Das gilt insbesondere in Richtung Schiedsrichter. Ich sage vielleicht mal 2-3 mal im Spiel etwas in ruhigem Ton, in der Regel kommentiere ich Schiedsrichterentscheidungen gar nicht. Allerdings ist meine Beobachtung, dass gerade in den unteren Klassen Schiedsrichter unterwegs sind, die nur dann etwas entscheiden, wenn sie durch Geschrei dazu gezwungen werden. Sonst pfeifen die lieber gar nichts. Nun habe ich eine ziemlich faire Mannschaft, die im Normalfall kaum mal meckert und die in Zweikämpfen recht fair ist, tendenziell zu körperlos. Heute dann wieder erlebt: gegnerische Spieler treten in die Beine, wenn der Ball weg ist - keine persönliche Strafe. Ständig Foulspiele, die nicht geahndet werden. Von der gegnerischen Bank kommt Geschrei bei jeder Aktion, die halbwegs nach Foul aussieht und jedes Mal wird gepfiffen. Dann habe ich heute, entgegen meiner sonstigen Art, auch mal angefangen, in Richtung Schiri zu kommentieren, mehrfach. Meine Jungs dann dementsprechend auch. Das gab dann zwar postwendend zwei gelbe Karten für Meckern, hatte aber auch den Effekt, dass der Schiri angefangen hat, auch eher Freistöße für meine Mannschaft zu pfeifen und dann sogar mal persönliche Strafen ausgesprochen hat (wobei eine gelbe Karte für einen absichtlichen Tritt in die Beine eines Spielers, der gerade seitlich in den Sechzehner eindringen will...nun ja...aber immerhin). Das war heute dann nur eine weitere Erfahrung die mich in dem Eindruck bestärkt, dass es bei 90% der Schiedsrichter so ist, dass diejenigen, die am meisten Theater machen damit für sich günstige Entscheidungen herbeiführen. Und so schaffen sich Schiedsrichter genau die Atmosphäre, die sie eigentlich nicht haben wollen.


    Was ich mich nur als Trainer frage: ist es nicht eigentlich vor diesem Hintergrund meine Aufgabe, meine Mannschaft mit einem entsprechenden Theater zu unterstützen? Ich habe das Gefühl, dass meiner Mannschaft durch meine ruhige Art am Rand regelmäßig Nachteile entstehen. Aber es kann doch nicht die Lösung sein, dann auch ständig am Rand rumzuschreien? Das ist halt eine Atmosphäre, auf die ich eigentlich keinen Bock habe. Frage mich aber, ob ich das nicht machen muss, weil ich sonst meinen Spielern eben einen Nachteil verschaffe. Wie geht ihr damit um?

  • Hallo fak.
    Ich erlebe ebenfalls, dass die Schiedsrichter in den unteren Ligen fast immer pfeifen, wenn von außerhalb gerufen wird, dass es ein foul war. Das ist ein Problem des Schiedsrichters, weil er unsicher ist und nicht weiß, was er machen soll. und wenn dann von außen noch Geschreie kommt, dann steht der Schiedsrichter unter druck und es wird hektisch. nicht nur für den Schiedsrichter, sondern auch für die Spieler, da sie wissen, dass sie sich viel bei dem Schiedsrichter erlauben können und dann das Spiel viel intensiver und härter wird. Bei guten schiedsrichtern wirst du das nicht erleben, dass er auf die zurufe von außerhalb reagieren wird.


    Nun zu deinem Problem. Ich bin ebenfalls ein stiller Trainer, der Schiedsrichterentscheidungen akzeptiert und ihn nicht anmeckert. Aber wenn ich weiß, dass man den Schiedsrichter unter Druck setzen kann durch meine Zurufe, dann würde ich das schon machen, weil es ja um den Sieg deiner Mannschaft geht und du ja nicht wegen den schlechten Schiedsrichterentscheidungen verlieren willst.


    LG Assonanz

  • In der Trainerausbildung hieß es mal ... Ligahöhe = Schiedsrichterfähigkeiten. In deinem Fall untere Klassen = "schlechter" SR.


    Ich persönlich neige nur dann dazu etwas zu sagen, wenn permanent nur gegen meine Jungs gepfiffen wird. Ansonsten müssen es die Jungs auch ohne den SR schaffen ein Spiel zu gewinnen. Ich möchte den Job eines SR nicht machen. Jedes Wochenende gibt es ja unzählige Zuschauer, die es ja besser könnten. :D

  • Ist ja logisch, dass je nach Spielklasse auch das Niveau der Schiedsrichter dementsprechend ist. Zumal da auch wieder der Mangel an Schiedsrichtern reinspielt, der darin begründet liegt, dass erstens die meisten Vereine keine Schiedsrichter ausbilden und zweitens im schlechten Umgang mit Schiedsrichtern. Ich habe schon mehrfach drüber nachgedacht, auch Schiedsrichter zu werden, weil's mir prinzipiell Spaß macht. Ich habe aber halt keinen Bock, mich jedes Wochenende von Vollidioten anschreien zu lassen oder im Zweifelsfall am Ende noch eins auf die Fresse zu bekommen. Weil ich da durchaus eine gewisse Empathiefähigkeit habe verhalte ich mich ja Schiedsrichtern gegenüber vernünftig. Mich stört dabei auch gar nicht so sehr, dass die Schiedsrichter schlecht sind. Was mich stört, ist der sich verstärkende Eindruck, dass - je schlechter man sich den Schiedsrichtern gegenüber aus meiner Sicht verhält - man desto bessere Entscheidungen für sich bekommt. Man muss als Trainer von draußen reklamieren und die Spieler müssen möglichst immer laut schreien, wenn sie gefoult werden. Dann wird gepfiffen und dann gibt es auch mal persönliche Strafen. Unterlässt man das, pfeifen die meisten Schiedsrichter eher nicht. Wenn ich in der Situation eine faire Mannschaft habe, habe ich ein Problem. Ich kann entweder darauf einwirken, dass meine Mannschaft weniger fair spielt. Oder halt auf den Schiedsrichter einwirken. Dritte Option: jede zweite Woche mit dem Gefühl aus dem Spiel gehen, dass man benachteiligt wurde (und ich neige da wirklich als Person nicht zu, mich ständig benachteiligt zu fühlen, es ist tatsächlich der Situation geschuldet, nicht meinen Charaktereigenschaften). Eigentlich habe ich mich für letzteres entschieden, weil ich es trotz aller Nachteile für richtig halte. Ich zweifele aber halt momentan daran, ob das so richtig ist.

  • Ich habe eher die andere Erfahrung gemacht. Dass Schiedsrichter, wenn sie von der Seite angemacht werden, unwillkürlich gegen die Mannschaft pfeifen, die sich daneben benimmt. Ich bin der Meinung, dass faires Verhalten von der Seite die Schiedsrichter eher positiv beeinflusst, was ich auch richtig und verdient finde... Logisch, dass ein Schiri auch Sympathie und Antipathie verspürt. Aber ich habe auch bisher kaum Spiele als Trainer erlebt, bei denen die Aggressionen so extrem waren, dass sich der Schiri persönlich bedroht fühlte.
    Unterschiedliche Reaktionen der Schiris liegen sicher auch an den unterschiedlichen Persönlichkeiten.

  • Ja, es gibt Schiris, die eher gegen die meckernde Mannschaft pfeifen. Aber in meiner Wahrnehmung trifft man öfter den unsicheren Schiri, der sich (bewusst oder unbewusst) durch Rufen ("Foul", "Abseits") im Sinne des Rufers beeinflussen lässt.


    Wie soll man damit umgehen? Ehrlich gesagt, finde ich das extrem schwer. In einer guten Welt würde ich meine Klappe halten und einen unsicheren Schiri nicht noch durch Rufen weiter unter Druck setzen. Aber dann muss man auch bereit sein, mit seiner Mannschaft auch schreiende Ungerechtigkeit klaglos hinzunehmen. Und man muss es aushalten, dass der Gegner vielleicht weniger Skrupel hat und sich so einen großen Vorteil verschafft. Ich bin in der Beziehung recht froh, dass ich "nur" noch Spielervater und daher etwas weiter weg vom Geschehen bin.


    Grüße
    Oliver


    PS: Ich habe als Student mal einige Jahre eine Damen Volleyball-Mannschaft traininert. Damals habe ich anfangs durchaus bewusst versucht, den Schiri durch gezielte Rufe in meinem Sinne zu beeinflussen. Ich habe das erst dann gelassen. als meine Frauschaft sich bei mir beschwerte, denn meine Rufe brachten sie aus der Konzentration. Hat mich damals sehr überrascht, aber ich habe mich natürlich gefügt :) .

  • Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich unsichere Schiris (im unteren Nachwuchsbereich sind bei uns fast nur junge, unerfahrene Schiris im Einsatz) eher durch lautstarke Interventionen beeinflussen lassen, für die Mannschaft des brüllenden Rumpelstilzchen zu pfeifen.
    Weil ich meine Spieler dazu bringen möchte die Klappe zu halten, kommentiere ich fast nie, außer wenn es wirklich haarig wird (gezielte Tritte von hinten etc.j Mich nerven einfach die Spieler, die später jede Entscheidung kommentieren werden und so möchte ich meinen Kinder mal nicht erleben.
    Wenn ich kurz davor bin zu explodieren ( was zum Glück nur selten vor kommt) sage ich mir dann: es geht um 3 Punkte in der untersten Kinderliga, nicht um Millionen, nicht um meinen Job als Trainer.
    Ich habe dann einfach die Hoffnung, dass meine Kinder irgendwann zu so gut sind, auch ohne "echten" Schiri zu gewinnen.

  • Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich unsichere Schiris (im unteren Nachwuchsbereich sind bei uns fast nur junge, unerfahrene Schiris im Einsatz) eher durch lautstarke Interventionen beeinflussen lassen, für die Mannschaft des brüllenden Rumpelstilzchen zu pfeifen.Weil ich meine Spieler dazu bringen möchte die Klappe zu halten, kommentiere ich fast nie, außer wenn es wirklich haarig wird (gezielte Tritte von hinten etc.j Mich nerven einfach die Spieler, die später jede Entscheidung kommentieren werden und so möchte ich meinen Kinder mal nicht erleben.
    Wenn ich kurz davor bin zu explodieren ( was zum Glück nur selten vor kommt) sage ich mir dann: es geht um 3 Punkte in der untersten Kinderliga, nicht um Millionen, nicht um meinen Job als Trainer.
    Ich habe dann einfach die Hoffnung, dass meine Kinder irgendwann zu so gut sind, auch ohne "echten" Schiri zu gewinnen.


    Der letzte Punkt ist natürlich auch wichtig. Meine Mannschaft verliert zur Zeit viel, fast nur, sonst würde ich womöglich etwas entspannter damit umgehen. Wenn du dann als Letzter gegen den Vorletzten verlierst, unter anderem weil ein Schiedsrichter, der sein erstes Spiel pfeift, nach massivem Geschrei der gegnerischen Trainer und Betreuer einen Elfmeter wegen hohem Bein (...) gibt und sich aber durch sachliche Hinweise darauf, dass das Freistoß und keinen Elfmeter geben müsste, nicht davon abbringen lässt, weil er sich ja nicht von außen beeinflussen lässt...und man dann die Woche danach einen Schiedsrichter hat, der einen vor und nach dem Spiel von 53 Jahren Schiedsrichtererfahrung und davon, wie wichtig Anstand doch im Sport ist, vollquatscht und sich aber dann die ganze Zeit von Spielern des Gegners auf unmögliche Art vollabern lässt, lautstarke Aufforderungen zum Zeitspiel von Spielern an Mitspieler in keiner Weise ahndet und bei mehreren absichtlichen Tritten von hinten in die Beine allenfalls mal Foul pfeift...nun ja, dann wird's irgendwann schwierig, das hinzunehmen. Ein Problem ist natürlich genau das, was du beschreibst - die Spieler folgen einem dann. Ich habe jetzt im letzten Spiel dann erstmalig Schiedsrichterentscheidungen laut kommentiert und schon fingen meine Spieler auch damit an. Das will man so nun auch nicht.

  • Als Trainer rufe ich dem Schiedsrichter während des Spiels überrhaupt nichts zu. Tritt die Situation ein, dass ein Brülltrainer es tatsächlich schafft einen Vorteil für sich und seine Mannschaft "heraus zu schreien", nutze ich die Halbzeitpause und erkläre den Sachverhalt dem Schiedsrichter. Einen habe ich mal vollen Ernstes gefragt, ob ihm mit der Schreierei geholfen sei. Denn wenn dem so ist kann ich das natürlich auch machen. Bei vielen Schiedsrichtern passiert das ja auch unbewusst und wenn man ihn mal darauf sensibilisiert sehen sie dass meist auch in einem anderen Licht.
    Nach der Pause, wenn der das erste Mal wieder loslegt rufe ich ihm sinngemäß sowas wie "lass doch mal den schiri in ruh und kümmer dich um deinen Kram!" Und zwar so, dass der Schiedsrichter dass auch mitbekommt. Wirkt Wunder!

    I've missed more than 9000 shots in my career. I've lost almost 300 games. 26 times, I've been trusted to take the game winning shot and missed. I've failed over and over and over again in my life. And that is why I succeed. (Michael Jordan)

  • Dann möchte ich auch noch einen kurzen Erfahrungsbericht dazu beisteuern. Es war die einzige Situation an die ich mich erinnern kann, wo es zu einem kleinen Disput mit Elternteilen aus meiner Mannschaft kam.


    Wir haben mit einer E-Jugend ein Auswärtspiel bestritten. Wie in diesem Jugendbereich üblich kam der Schiedsrichter vom Heimverein. Dieser Schiedsrichter war zu dem Zeitpunkt 14 Jahre alt und hatte gerade seinen Schiri-Schein bestanden. Der Trainer der Gäste-Mannschaft hat das ganze Spiel über lautstark auf den Schiedsrichter und seine eigene Mannschaft eingeredet.


    Meiner Meinung nach hat der Schiri eine sehr gute Figur abgegeben und hat trotz seines jungen Alters auch noch sehr kindgerecht gepfiffen. Nun stand es in der letzten Minute 5:5. Einer meiner Spieler kommt im gegnerischen Strafraum zu Fall und der Schiedsrichter pfeift Elfmeter. Daraufhin stürmt der gegnerische Trainer auf den Platz, beschimpft den Schiedsrichter und fordert von ihm, dass dieser seine Entscheidung zurücknehmen soll. Der Schiedsrichter nimmt seine Entscheidung zurück und gibt Freistoß für die gegnerische Mannschaft. Der Gegner nutzt die Verwirrung, schlägt den Ball lang nach vorne und erzielt das 6:5. Unmittelbar danach pfeift der Schiedsrichter das Spiel ab.


    Ich bin dann nach Spielschluss direkt zum Schiedsrichter, der kurz vor dem Heulen war, und habe ihn für seine sehr gute Leistung gratuliert (ernsthaft!). Er hatte meiner Meinung nach wirklich eine sehr gute Partie hingelegt. Daraufhin waren 2 Elternteile ziemlich sauer und fragten wie man sich bei so einem Schiedsrichter auch noch bedanken könnte. DIe Aufregung hat sich dann aber auch schnell wieder gelegt.


    Wenn ich heute darüber nachdenke hätte ich das Gespräch mit dem Schiedsrichter sicherlich erst später gesucht. Zudem wäre eine Mitteilung über die Vorkommnisse an den Staffelleiter vielleicht auch eine gute Idee gewesen.


    Trotzdem bleibe ich dabei, dass der Schiedsrichter in dieser Situation keine Schuld trägt sondern eindeutig der gegnerische Trainer. Welcher 14-jährige kann in sich in seinem ersten Spiel schon gegenüber einen gestandenen Trainer aus dem eigenen Verein durchsetzen?