Mannschaft bricht nach Gegentor häufig ein

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  • Hallo,

    ich wollte heute mal zu einem Thema eure Meinungen bzw. Hinweise erfahren.

    Ich trainiere ein E-Jugend, die überwiegend aus 16er Jahrgang besteht. Am Anfang der Saison sind wir in eine zu starke Qualistaffel einsortiert worden, sodass wir in den ersten Spielen zum Teil sehr hohe Niederlagen gegen Altjahrgänge (18:2, 13:0; 11:1) kassiert haben. In diesen Spielen waren die meisten meiner Jungs total überfordert. Später wurde es etwas besser, verloren haben wir aber trotzdem.

    Nun sind wir in einer Staffel mit angemessenen Gegnern und hatten hier auch schon Erfolge. Eine Sache bei meiner Mannschaft ist aber sehr auffällig, sobald meine Mannschaft in Rückstand bzw. ein Gegentor kassiert gerät, kippt das Spiel meist recht schnell. Auch wenn wir vorher gleichwertig oder sogar überlegen waren, bekommen wir nach dem ersten Gegentor weitere Gegentore. In 5-10 Minuten kann es dann schnell 4:0 oder 5:0 stehen. Man kann die Unsicherheit oft förmlich spüren. Meist sehen die Gegentore dann auch so aus, häufig sind es so richtige Eiertore.


    Hat jemand Tipps, wie man dieses Thema mit Kindern angehen kann?


    Gruß Atzeikke

  • Ich erzähle dir nichts Neues wenn ich sage: Kopfsache!

    Gegentore gehören zu Spielalltag.

    Also am Selbstbewusstsein arbeiten.

    (ja 5 Euro ins Phrasenschwein)

  • Wie dschibi schon geschrieben hat, alles Kopfsache.

    Sprich viel mit den Kindern und bereite sie darauf vor, dass sie auch mal in Rückstand geraten können.


    Ich nutze manchmal die Spiele der regionalen 2. bzw. 1. Liga Teams oder der Nationalmannschaft um Dinge in der Mannschaft anzusprechen. Ein aufgeholter Rückstand kann da genau so Thema sein wie eine schnell ausgeführte Ecke die zum Tor geführt hat.

  • Kopfsache klar. Aber ausgelöst durch?

    Das wäre ja mal genauer zu analysieren um geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten.


    Häufig sind ja die Eltern das Gegenteil von hilfreich. Achte mal darauf, mit welchem Mindset die Spieler von ihren Eltern in Empfang genommen werden. Es geht ja nicht eben selten im Auto in die 3. Halbzeit mit Spieltagsanalyse. Sollte hier das Problem liegen, braucht es eher einen Elternabend...


    Es könnte aber auch ein diffuses "ungerecht" in den Köpfen sein. Darauf reagieren Kinder in dem Alter sehr empfindlich, so dass sie die nächsten Minuten wie paralysiert sind. Das könnte man z.B. trainieren mit einem Spiel: "Team A führt 2:0". Mach das mal und guck dir die Reaktionen an. Wer packt das Kampfschwein aus, wer motzt/resigniert oder reagiert über? Und beobachte auch, dass diese Ansage ans bevorzugte Team was macht. Mit diesem Mindset geht auch der Gegner ans Werk, wenn er ein Tor gemacht hat.



    Wir hatten beim Volleyball immer ein Spiel für den Kopf: wir spielen immer nur die nächsten 5 Punkte. Und wenn der Satz/ das Spiel dann noch läuft, die nächsten 5 Punkte... usw. Jede Phase des Spiels sollte eben die gleiche Wertigkeit bekommen und nicht nur die letzten 5 Punkte.
    Beim Fußball ist das ähnlich. Jede Ballaktion ist die nächste, wichtige. Leider verändert sich das Coaching auch mit dem Spielstand.


    Die Spieler stehen auf dem Platz und geben gefühlt 100%. Du als Trainer siehst aber nur 60% (gemessen an den Möglichkeiten der Einzelnen). Würde es helfen, wenn man den Spieler sagt: "wir sind nur bei 60%, auf geht's jetzt!"? (oder man gönnt dem Team 80%, fürs Gemüt)

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!

  • Das es sich bei dem Problem um eine Kopfsache handelt, ist mir natürlich klar. Die Frage die ich mir stelle ist, welche Möglichkeiten habe ich, um den Jungs dabei zu helfen die nötige mentale Stärke zu entwickeln einen Rückschlag wegzustecken und weiter an Ihre eigene Stärke zu glauben.

  • Kopfsache klar. Aber ausgelöst durch?



    Kopfsache dadurch, dass man in der Quali die Hütte vollbekommen hat. Und obwohl man im weiteren Verlauf selber besser wurde trotzdem immer noch die Hütte vollbekommen hat.
    Das Problem hier gleich wieder woanders zu verorten ist doch Quatsch.

    "Wir haben heute 1:11 verloren."
    "Wir haben heute 0:18 verloren."
    "Wir haben heute 2:12 verloren."
    "Wir sind jetzt etwas besser, aber haben 1:15 verloren."
    "Wir sind jetzt etwas besser, aber haben 1:10 verloren."
    "Mensch, grad stand es noch 0:0, aber jetzt hat der Gegner das erste Tor geschossen!"

    Mit anderen Worten: die 8-9jährigen Kids haben bisher gelernt: "Egal was wir machen, wir verlieren!"


    Und dein Fazit ist: "Unbedingt gucken ob das an den Eltern liegt!"

  • Meine Behauptung wäre: Zu einem Profi Kampfsportler muss man geboren werden. Man kann daran arbeiten, aber 2-3 tapfere Sätze reichen nicht, um einen Kämpfer zu formen.


    Die mentale Widerstandskraft / Resilienz wird sicher verbessert, wenn grundsätzlich oft gewonnen wird, bzw. wenn eben diese Situationen mehrmals durchlaufen werden im Laufe der Jahre und Rückstände gedreht werden.

    Ich weiß irgendwie blöder Rat und auch nicht super überraschend.


    Trotzdem bestimmt das mentale Setting / Veranlagung jedes einzelnen Spielers und dann natürlich des Teams als Gesamteinheit, was passiert bei einem Rückstand. Viele Spieler sind einfach nicht dafür gemacht, um nach einem Rückstand besser zu spielen.

    Vermutlich wird die deutliche Mehrheit aller Teams schlechter werden nach einem Rückstand und schaffen dann auch den Turnaround nicht mehr. Einige wenige Teams schütteln sich und legen noch eine Schippe drauf.


    Psychologische Arbeit über Jahre, anders wird es nicht gehen und ruhig bleiben, da die Thematik aus meiner Sicht ganz normal ist. Druck wird nicht helfen...

  • Im Kinderfußball hat es oftmals was mit den Zusammenstellungen der Teams zu tun.

    Drauf achten, dass die Teams in den richtigen Staffeln spielen und so zusammengesetzt sind, dass möglichst ausgeglichen gespielt werden kann.

    1:18 oder 0:15 verliert man meist nicht nur wegen dem Kopf, sondern da sind dann meist auch qualitativ große Abstände zum Gegner sichtbar, die die eigenen Kinder dann resignieren lässt.

    Die Kinder sollten möglichst immer das Gefühl haben mithalten zu können. Bei Spielständen mit mehr als 10 Toren Abstand, hat meist nur ein Team am Spiel teilgenommen, das andere Team stand nur vor dem eigenen Tor.


    Dann ganz klar die Eltern auch instruieren, welch Wirkung die "dritten Halbzeiten auf den Rückfahrten" auf die Kinder haben können!

    Wenn der Fußball zu hoch in den Familien aufgehangen wird, dann wird die Wichtigkeit eines Spiels in immense Höhen gehoben. Das baut Druck auf das Kind auf. Manche Kids können damit gut umgehen, andere Kids zerbrechen regelrecht daran.


    Zudem ist das Coaching sehr wichtig.

    Viele Trainer coachen bei einem positiven Spielstand deutlich mehr als bei einem negativen Spielstand. Ich habe Trainer erlebt, die aktiv anfangen zu coachen und mit jedem Gegentor immer ruhiger werden und bei mehr als 5 Toren Abstand resigniert nur noch an der Seite stehen, obwohl die Kids da gerade die Hilfe bräuchten.


    Also, Teams die stark unterlegen sind brauchen auch vom Coaching her viel Hilfe.

    Positives Zureden, setzen von kleineren Zielen (wir versuchen nur 5 Gegentore zu fangen/die zweite Halbzeit zu gewinnen/wenigstens 1-2 Tore zu schießen) und konkrete Hilfestellungen sind gerade bei großen Rückständen sehr wichtig.

    Wenn man mit 5-10 Toren führt braucht man nicht viel coachen. Aber bei großen Rückständen brauchen die Kids eure Hilfe von der Seite, und sei es nur zum Motivieren

  • Danke für dieses Feedback. Und das hilft jetzt dem TE wie?
    Auch wenn du die dritte Halbzeit nicht wahr haben willst, ist sie da. Sie wirkt.

    Wenn du geschickt fragst, dann erzählt gerade diese Altergruppe ausführlich nach dem Motto: "der Papa hat gesagt... solange der Mika mitmachen darf kann das ja nichts werden. Außerdem brauchen wir feste Positionen. Dieses ständige rotieren ist nicht gut. Kein Wunder dass wir nur verlieren."


    Ich argumentiere schon seit Jahren, dass die Staffeln mindestens(!) halbjährlich umgestellt werden müssen. Leider kann das jeder Kreisfürst für sich festlegen. Mit zum Teil absurden Regeln. So wird hier in einem Kreis (ich wohne auf einer Kreisgrenze) in der C-Jugend umgesteckt. Nur in der C-Jugend.
    Im Nachbarkreis habs dieses Jahr erstmalig ne Qualirunde für die B, und in der E-Jugend wird nach der Hinrunde neu sortiert. In der D und C hat man wieder Pech, wenn man Pech hat. Was für ein Durcheinander.


    Denn natürlich ist eine Saison gelaufen, wenn man abgeschlagen letzter ist aber wer die Liga haushoch anführt, profitiert auch nicht. Denn irgendwann machts auch keinen Spaß mehr 18:1 zu gewinnen. Übrigens ist dieses Zementieren das Hauptgegenargument gegen Tabellen in der Jugend. Aber da laufen ja fast alle Sturm.

    Die Lösung wäre das Hammessystem und ich habe beim DFB mal nachgefragt, warum man das nicht über die gesamte Jugend ausrollt. Daraufhin bekam ich eine qualitativ minderwertige Antwort einer "Praktikantin": "Vielen Dank für den Input!"
    Da hat der DFB ein nahezu perfektes System (welches allerdings ohne Meister der Kreisklasse 7 auskommen müsste); wird aber nicht genutzt.

    Mit den Besten zu siegen kann jeder. Du musst es mit allen können!

  • Ich würde mir folgende Fragen stellen:

    - kann ich das Verhalten auch im Training beobachten? Falls nein, kann ich es im Training erzeugen?

    - gibt es Regelmäßigkeiten für das 1. Gegentor? (z.B. zu einer bestimmten Zeit, bei bestimmten Aktionen)

    - habe ich Einfluss auf den Spielmodus? Der Eingangspost hört sich für mich nach Fußball 7 und einem Ligaspiel am Wochenende an. Kann ich bei mir im Kreis auch anders melden?


    Was kann ich beeinflussen und was kann ich trainieren?

    Die 3. Halbzeit werdet ihr nicht beeinflussen können - höchstens ihr Fahrt mit dem Mannschaftsbus oder selbst die Kinder nach Hause.

    Trainiere ich den Kopf? Trainiere ich Frustrationstoleranz/Widerstandsfähigkeit?