Jugendfußball rentiert sich nicht

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  • Eine bewusst provokante Überschrift, und ich lasse mich hier auch gern widerlegen, da ich das noch nicht komplett überschaut habe, aber je mehr ich in die Verzahnung zwischen Jugendfußball und Seniorenfußball eingebunden werde, komme ich leider, leider zum Schluss, dass der Jugendfußball für eine ambitionierte Fußballabteilung finanziell eigentlich nicht rentabel ist.
    Ich möchte hier nicht über das reden, was den Kindern und Jugendlichen geboten wird, soziale Arbeit usw, das ist schon klar, mir geht es allein um den finanziellen Aspekt.

    Es kann auch sein, dass das daran liegt, dass ich mich mit dem ganzen Regularien für den Erwachsenenfußball nicht so auskenne, ich lasse mich also wirklich gern verbessern, aber so ist im Moment meine Sichtweise:

    - Eine Fußballabteilung wendet nach Abzug der von Jugendlichen entrichteten Beiträge die Summe X pro Jahr für den Nachwuchs auf.

    - Ein nicht geringer Teil der Nachwuchskicker hört früher oder später wieder mit diesem Sport auf, wechselt den Verein etc., das ist abgeschriebenes, totes Kapital

    - Nun nehmen wir an, dass pro Jahr einige Spieler in den Seniorenbereich kommen. In diese Spieler ist also die Summe Y über die Jahre hinweg reingeflossen (und man muss ja auch das Geld mitrechnen, das in die Jugendlichen investiert wurde, die aufgehört haben!).

    - Jetzt ist es aber nicht so, dass diese Spieler aus Dankbarkeit und Vereinsbegeisterung alle umsonst spielen, sondern die verlangen ja ebenfalls die Summe Z als "Gehalt" pro Monat, mittlerweile wird ja in fast allen Klassen etwas gezahlt.

    Und das ist doch genau der Knackpunkt: Im Prinzip muss ich für jeden Spieler die Summe Z als Gehalt aufwenden, egal ob ich ihn nun selber ausgebildet habe, oder ihn nach seiner Jugendzeit von einem anderen Verein hole. Kommt er aber auch noch aus meiner eigenen Jugend, habe ich zusätzlich noch die Summe Y (also das Geld, was er über seine gesamte Jugenzeit gekostet hat) zu tragen.

    Es ist doch viel rentabler, wenn ich sage, dass ich GAR KEINE Jugend ausbilde, spare also die Summe Y ein, und nehme einfach Jugendspieler anderere Vereine, und zahle ihnen die Summe Z, die ich ja sowieso auch an meine Jugendspieler zahlen muss.

    Es rentiert sich auch nicht die Spieler auszubilden, da die gezahlten Ausbildungsentschädigungen zu gering sind und die Spieler ja wenn überhaupt nur Einjahresverträge als Lizenzspieler abschließen.

    (Ich weiß, dass es keine Jugendspieler gäbe, würden alle so handeln (tun sie ja aber nicht) und ich weiß auch, dass man bestimmte Mindestanzahlen an Jugendmannschaften unterhalten muss).

    Bitte? Korrigiert mich einer??? Bitte bitte?



  • Zitat:


    Chris schrieb am 22.04.2008 11:39
    Es ist doch viel rentabler, wenn ich sage, dass ich GAR KEINE Jugend ausbilde, spare also die Summe Y ein, und nehme einfach Jugendspieler anderere Vereine, und zahle ihnen die Summe Z, die ich ja sowieso auch an meine Jugendspieler zahlen muss.



    Die Sache ist nicht so einfach, wie du sie darstellst. Es gibt in unserem Landesverband (Sachsen-Anhalt) für Mannschaften, die mindestens auf Verbandsebene (ab Landesklasse) spielen, die Pflicht, eine eigene Jugendabteilung bzw. Jugendspielgemeinschaft zu unterhalten. Würden diese Vereine dies nicht tun, dann würden sie automatisch in die höchste Spielklasse auf Kreisebene zwangsabsteigen. Von daher kann man sich das nicht aussuchen, ob man Jugendspieler ausbildet oder nicht - und ich find das gut so.

    Gruß
    Sven

  • Also genau aus rein finanziellen Gründen sollte man eigene Jugendarbeit betreiben.

    Neben dem von "everysinglelady" genannten Grund, gibt es weitere.

    Ein eigener Jugendspieler hat generell eine gewisse Vereinstreue und wird im Regelfall keine finanziellen Ansprüche stellen.

    Hier ein Link zu den Ablösesummen im Amateurbereich in Bayern: http://www.bfv.de/de/100543/vi…mungen_fuer_amateure.html . Wenn man also keine Jugend hat, kostet das richtig Kohle.

    Und ein Jugendspieler wird vielleicht auch mal eine Aufgabe im Verein übernehmen (Jugendtrainer, Ehrenamt etc.).

    Und wie schon erwähnt von meinem Vorredner. Ohne Jugendarbeit kann nur Kreisklasse oder drunter spielen.

    Hier die Regeln dazu in Bayern:

    § 8 Weitere Zulassungsvoraussetzungen
    (1) Vereine, die zum Herren-Verbandsspielbetrieb zugelassen werden wollen, müssen zugleich eine Junioren- oder Juniorinnen-Mannschaft zum Spielbetrieb melden, und zwar Vereine
    a) der Kreisliga mindestens eine,
    b) der Bezirks- und Bezirksoberliga mindestens zwei und
    c) der Landesliga und Bayernliga mindestens drei.
    (2) Vereine der Frauen-Bayernliga müssen mindestens über eine Juniorinnenmannschaft verfügen.
    (3) Der Nachweis ist nur dann erbracht, wenn die erforderliche Zahl von Mannschaften bis zum 1. Mai des laufenden Spieljahres am Verbandsspielbetrieb teilgenommen haben.
    (4) Spielgemeinschaften werden nur Vereinen der Kreisliga angerechnet.
    (5) Vereine, die die vorgenannten Zulassungsbedingungen nicht erfüllen, haben eine Ausfallgebühr zu entrichten, und zwar
    a) Vereine der Kreisliga und der Frauen-Bayernliga 100 €
    b) Vereine der Bezirks- und Bezirksoberliga 200 €
    c) Vereine der Landesliga und der Bayernliga 400 €


    (6) Vereine, die im folgenden Spieljahr das Soll an Junioren/-innen-Mannschaften wiederum nicht erfüllen, werden in dieser Saison mit einem Punktabzug von drei Punkten belegt und haben wiederum eine Ausfallgebühr zu entrichten und zwar a) Vereine der Kreisliga und der Frauen-Bayernliga 200 €
    b) Vereine der Bezirks- und Bezirksoberliga 400 €
    c) Vereine der Landesliga und der Bayernliga 500 €

    (7) Vereine, die im darauffolgenden Spieljahr die in den Absätzen 1 und 2 genannten Voraussetzungen wiederum nicht erfüllen, werden im nächsten Spieljahr in die nächstniedrigere Spielklasse eingereiht. Hat der Verein einen Tabellenplatz erreicht, der zum Aufstieg berechtigt, so entfällt sein Aufstiegsrecht; er verbleibt in seiner Spielklasse. An seine Stelle tritt der Nächstplatzierte. Steht der betroffene Verein auf einem Abstiegsplatz, wird er im nächsten Spieljahr zwei Spielklassen niedriger eingeteilt. An Relegationsspielen darf er nicht teilnehmen; er kann auch nicht durch andere Vereine ersetzt werden, sondern er steigt ab.
    (8) Absatz 6 gilt in gleicher Weise für Vereine, die in den nachfolgenden Spieljahren ihren Pflichten nicht nachkommen.
    (9) Die vorgenannten Maßnahmen werden von dem für den Verein zuständigen Bezirks-Ausschuss, für Vereine der Landesligen und Bayernliga vom Verbandspräsidium getroffen.

  • Hallo Chris, da haste Dir aber mal so richtig gedanken gemacht, gutes Thema!

    Ich sehe das so:

    Der Verein ist ein eingetragener gemeinnütziger Zusammenschluss von Menschen, die in diesem Fall ein sportliches Ziel verfolgen. Die Gemeinnützigkeit dürfte zu finanziellen Vorteilen führen (Abgaben usw. fallen teilweise weg/es gibt aus gewissen Quellen Gelder, die Stadt unterhält die Flächen usw.). Im Gegenzug verpflichtet sich der Verein, den Gedanken -Gemeinnützigkeit- zu leben.

    Im Umkehrschluß sehe ich als LEIHE aber auch, dass hier eine Art Unternehmen geführt wird. Da werden sechsstellige Summen in einem Kleinstadtverein -resultierend aus Mitgliedsbeiträgen- jongliert und bewegt.

    Ich hatte mal in einem Streitgespräch mit einem Repräsentanten unseres Vereines zu gewissen Themen ein 2 Stundengespräch. Als überzeugter Vertreter des unteren Jugendbereiches der den Breitensport lebt "und vom Spitzensport träumt" kamen dann so Sätze wie

    -"Die alten Herren kosten nur Geld"
    -"Die 1. Mannschaft bringt kein Geld ein"
    -"Was sollen wir mit soviel Jugendmannschaften, das ist mir zuviel, das bringt nichts und kostet nur Geld und Arbeit. Wir bilden aus, die anderen holen uns die guten Spieler dann weg"
    -"Mich interessiert nur die XXX Mannschaft, .....die ist unser Aushängeschild!"

    Hier habe ich mich sehr erschrocken über die Sichtweise des Chefs. Der Fisch stinkt zuerst am Kopf. Da werden auf offiziellen Verantstaltungen immer alle gelobt "Toll was ihr da macht, danke" usw., der feuchte Händedruck eben. Wenn ich mir das wieder vor Augen führe, könnte ich wohl kotzen und solchen Leuten auf Maul hauen!!! Das ist Grund wiederlich, verlogen und einfach gemein. Da hätte ich Lust, dessen Arbeit zu übernehmen und anders zu machen. Dazu fehlte mir aber nun wirklich die Zeit, dass könnte ich ebenso wie viele andere nicht leisten. Deshalb wird dann auch wieder in die andere Richtung gelobt und an diesen Leuten festgehalten, ....man findet ja keinen anderen, tztzt

    Das Wort -Ablösesumme- hört man auch immer öfter. Da geht ein Spieler und der Verein -sei er auch noch so klein-, denkt darüber nach, ein Ablösesümmchen für die gute Ausbildung zu bezahlen. Ich weiss nicht, ob da tatsächlich Gelder fließen, meine Nase sagt mir jedoch, dass dem so sein könnte. Wenn ich einen Spieler aus der untersten Jugend bis nach oben trainiere und der Heimatverein ihm für seine Leistungsklasse leider leider keine Mannschaft bieten kann, finde ich es nicht verwerflich, wenn der Verein in diesen Fällen -sagen wir mal- eine Kostenpauschale erhalten würde.

    Ob sich das mit den Grundsätzen eines Vereines -sprich: Gemeinnützigkeit- verträgt, bleibt für mich dahingestellt.

    Bei uns im Ort gibt es einen Nachbarverein, der spielt im Bereich B und A Jugend in der Landesliga. Der Unterbau dieses Vereins ist bestimmt nicht schlecht, jedoch muß man sagen, dass der Verein bei dem ich als Trainer tätig bin, da den besseren Ruf hat. Wir verfügen im unteren Bereich über ca. 30 Prozent mehr Mannschaften. Mehr Mannschaften = mehr Trainer = mehr Kosten.

    Wir arbeiten daran, aus dieser großen Spielermasse eine Essenz zu erhalten, die dazu führt, auch höher mitspielen zu können. Ich glaube mittelfristig, dass der andere Verein noch nie so in Gefahr war, dass wir zur Konkurenz werden könnten. Dann würden unsere guten Spieler vielleicht bei uns bleiben und denen fehlen. Ob diese Rechnung so auf geht, wird die Zeit zeigen. Bis jetzt hörte man aber über Jahrzehnte vom Mitbewerber ....."toll wie ihr ausbildet, macht schön so weiter, wenn Eure Spieler dann reif sind, holen wir sie ab." Das hört man immer so durch die Blume und vereinzelt, rein faktisch hatten diese Leute aber recht. Gruß Andre

  • Heikeles Thema, schließlich geht es um Geld.

    Auch hier wieder die Aussage es gibt kein richtig und falsch !!!

    Es ist immer eine Frage des Blickwinkels, und der ist bekanntlich sehr unterschiedlich.

    Reden wir hier über Bundesligisten, die über ausreichend Kapital verfügen, oder über die Kreisligamannschaft von nebenan?

    Woher will den der Standardkreisklassenverein das Geld nehmen, um oben in der Tabelle anzugreifen und sich z.B. zu einer Verbandsligamannschaft zu entwickeln? Sponsoren werden immer seltener, zumindest dort wo es viele Vereine innerhalb einer relativ kleinen Region gibt.

    Von daher kann ich kleineren Mannschaften nur empfehlen auf eine gute Jugenarbeit zu setzen und ihr Potenzial so weit wie möglich zu fördern. Nur so haben sie die Chance, nach und nach sich etwas weiter nach oben z.B. Bezirks- oder Landesliga (im Herrenbereich) zu entwickeln. Die dabei geförderten Kinder bekommen in der Regel weder eine Aufwandsentschädigung (Fahrkostenpauschale etc.) noch ein monatliches Gehalt. Sie sind damit in Ausbildung fast kostenneutral.

    Ein ganz anderes Thema sind die Jugendmannschaften, die ganz weit oben mitspielen wollen (z.B. Bundesliga), oder müssen. Je höher die Ligen, desto höher die damit verbundenen Kosten!. Die Fahrwege und Einzugsgebiete für diese Vereine sind teilweise riesig. Dabei können durchaus Entfernungen bis 200 - 300 km in Kauf genommen werden. Manche Vereine bieten deshalb gleich das ganze Programm (Unterbringung, Schulbetreuung etc.) an. Natürlich reden wir hier über enorme Kosten die kein Normalverein tragen könnte. Komischer Weise unterhalten praktisch alle Bundesligisten diese Möglichkeiten vor und lassen sich das auch den einen oder anderen Euro kosten. Denn eines dürfte jedem klar sein, jeden Star den man selbst entwickelt, den brauch man später nicht für einige Millionen Euro kaufen. Selbst wenn nur alle 2 bis 3 Jahre jemand den Durchbruch ganz nach oben schafft, rechnen sich die investierten Gelder. Mal ganz abgesehen. von den damit verbundenen Erfolgen der Jugenmannschaften und dem damit verbundenem Renomee, welches natürlich dafür sorgt, das weitere neue Jugendliche den Weg zu diesem Verein suchen.

    Alle anderen die zwischen diesen beiden Extremen liegen sollten sich immer sehr genau überlegen wieviel Geld sie in die Jugenförderung investieren wollen oder können. Eines sollte immer klar sein, es kann nur das investiert werden was auch tatsächlich vorhanden ist. Das heißt eine Verschuldung deshalb macht absolut keinen Sinn.

    Wer kämpft kann verlieren - wer nicht kämpft hat bereits verloren

  • Wow, innerhalb so kurzer Zeit eine Menge guter Antworten, auch wenn einige nicht ganz auf das abzielen, was ich eigentlich meine. Ich werde mal konkreter, damit ihr wisst, worum es mir geht:

    - Ich weiß, dass es Bestimmungen gibt, wonach ab Spielklasse X eine Jugendabteilung in Größe Y zu unterhalten ist. Darauf antworte ich: Wenn ich mit meiner provokanten Aussage recht habe, unterhalten wir halt eine möglichst kleine Jugendabteilung mit G- und F-Jugend (die kosten nicht viel) und erfüllen gerade so die Mindestquote.

    - um eins klarzustellen: Ich bin ein Anhänger von Jugendarbeit, aber ich möchte diese Denkweise sachlich verneint bekommen.

    - Mir geht es hierbei generell um Amateurvereine, Profivereine sind ein anderes Thema.

    - Konkreter Anlass ist Folgendes:
    Hier in der Gegend kann man als Spieler in der Bezirksoberliga (ist hier die 6. Liga) problemlos ein paar Hundert Euro einstreichen pro Monat. Gute Kicker kriegen das teilweise sogar 1-2 Ligen tiefer, wenn jemand z.B. aufsteigen will. Will sagen: Es fließt Geld an Spieler im Amateurfußball.

    Nun kommen einige Spieler aus unserer A-Jugend in den Herrenbereich, und die Frage, die sie uns gestellt haben, war: "Wieviel krieg ich von euch?". Das ist die gleiche Frage, die uns andere potenzielle Spieler für unsere Herrenmannschaften stellen. Sprich: Wenn ich die Spieler eh pro Monat bezahlen muss, egal ob sie aus unserer Jugend kommen oder von einem völlig fremden Verein, und sie gleiche Beträge aufrufen (wiel eben anderen Vereine ihnen diese Beträge auch bieten), wo ist dann der Sinn der Jugendarbeit, denn diese Spieler haben uns ja vorher auch noch Geld gekostet?

  • Hallo,

    ich finde das Thema Geld sollte bei Kindern keine Rolle spielen.

    Wenn ein Kind 1-2 Jahre beim Fußball Spaß hatte ist das doch
    vollkommen in Ordnung. Natürlich kommen nur wenige Jugendspieler
    bis zu den Herren durch alle Altersklassen, aber eine Jugendabteilung
    streichen und den Kindern vor Ort den Spaß zunehmen find ich nicht
    in Ordnung.

    Sch... auf das Geld, Hauptsache die Kinder hatten ihren Spaß!

    Gruß,
    Michael

    Fußball-Power

  • Super-Trainer: Wir sind uns da einig, das sind aber genau die Antworten, die ich eigentlich nicht haben wollte. Ich will das Ganze einfach mal nüchtern emotionslos kaufmännisch betrachtet haben. Denn es ist so, dass einige Vereine diese Einstellung haben, dass man am besten gar keine Jugendmannschaften macht, da sich das nicht lohnt. Wenn das System das finanziell zulässt, und meiner Meinung nach tut es das im Moment, müsste man am System etwas ändern, um Jugendarbeit RENTABEL und LOHNEND zu machen.

    Daher meine Frage: Sehe ich das falsch, oder ist Jugend im Moment tatsächlich unrentabel?

  • Zitat:


    Chris schrieb am 22.04.2008 15:24

    - Konkreter Anlass ist Folgendes:
    Hier in der Gegend kann man als Spieler in der Bezirksoberliga (ist hier die 6. Liga) problemlos ein paar Hundert Euro einstreichen pro Monat. Gute Kicker kriegen das teilweise sogar 1-2 Ligen tiefer, wenn jemand z.B. aufsteigen will. Will sagen: Es fließt Geld an Spieler im Amateurfußball.

    Nun kommen einige Spieler aus unserer A-Jugend in den Herrenbereich, und die Frage, die sie uns gestellt haben, war: "Wieviel krieg ich von euch?". Das ist die gleiche Frage, die uns andere potenzielle Spieler für unsere Herrenmannschaften stellen. Sprich: Wenn ich die Spieler eh pro Monat bezahlen muss, egal ob sie aus unserer Jugend kommen oder von einem völlig fremden Verein, und sie gleiche Beträge aufrufen (wiel eben anderen Vereine ihnen diese Beträge auch bieten), wo ist dann der Sinn der Jugendarbeit, denn diese Spieler haben uns ja vorher auch noch Geld gekostet?




    Nun muss ich aber auch fragen: Kann sich Euer Verein das überhaupt leisten, Spieler zu bezahlen ? Habt Ihr hierfür die Sponsoren und Geldgeber ?

    Ich kann Dir nur direkt aus unseren Verein berichten. Wir haben ein paar Jahre in der Landesliga gespielt. Dort hatten wir einen Abteilungsleiter, der Unsummen an privaten Geldern in den Verein gepumpt hat, um gute Spieler an Land zu locken. Dieser Abteilungsleiter hat eines Tages die Lust verloren und hat sich nach und nach zurückgezogen. Eine andere Person wurde dann Abteilungsleiter und war der Aufgabe nicht gewachsen, hat den Spielern die gleichen Summen zugesagt wie zuvor. So kam es, dass irgendwann der finanzielle Supergau kam. Die Spieler verließen den Verein nach und nach und stellten Forderungen. Der Verein ist gerade noch der Insolvenz von der Schippe gesprungen.

    Der Spielbetrieb konnte aber nur noch Aufrecht erhalten werden, da Jugendspieler einspringen mussten. Diese haben den Verein am Leben erhalten. Wir sind dann dreimal in Folge (Bezirkoberliga bis in die Kreisliga) abgestiegen und haben seitdem nur noch auf eigende Jugendspieler bzw. heimatnahe Spieler, die keinen Cent kosten, gebaut. Mittlerweile sind viele ehemalige Jugendspieler, die zwischenzeitlich den Verein verlassen hatten, zurückgekehrt und wir spielen inzwischen wieder in der Bezirksliga mit der Option, in diesem Jahr in die Bezirksoberliga aufzusteigen.

    Die damaligen Schulden haben wir durch intensives Arbeiten wieder zurückgeführt und wir geben nur noch das aus, was wir Einnehmen. Die Hauptausgaben fließen in den Jugendbereich. Hier wird in qualifizierte Trainer investiert.

  • Ja, wir haben ein paar kleine Sponsoren, prinzipiell zu wenige, aber das geht ja fast jedem so. Was ich aber sagen will ist: Hier zahlen selbst Bezirksligisten und Bezirksoberligisten guten Spielern mehrere Hundert € im Monat! Ist das bei anderen nicht so?


    Oder die Umkehrfrage: Spielen alle Jugendspieler bei euch dann für umsonst in den Herrenmannschaften?

    Einmal editiert, zuletzt von Chris ()

  • Konkrete Antwort:

    Eine Jugendabteilung/die Jugend ist solange unrentabel, wie sie mehr kostet als sie einnimmt. Die Jugendmannschaft/Abteilung im Breitensport ist nicht auf Gewinn ausgelegt ist, sondern eher auf Kostendeckung, im besten Fall ein leichtes Plus.

    Ich kenne keine Jugendabteilung die sich rentiert, von daher von meiner Seite ein glasklares: Nein, du siehst das nicht falsch, ich sage sogar, eine Jugend ist nicht nur im Moment, sondern schon immer unrentabel. Es ist wie in der freien Wirtschaft, man investiert! Das finde ich ganz normal.

    Auf einer Mitgliederversammlung habe ich mal am Rande vernommen, dass die Abteilung nicht großartig im Plus arbeiten darf. Kann sein, dass ich mich da verhört habe, würde aber bestätigen, dass ein Verein Gemeinnützigkeit pflegen muß, dazu gehört mit Sicherheit kein finanzielles Gewinnstreben.

    Wie ich weiter oben bereits berichtet habe, gibt es da in den Vorständen offensichtlich private Meinungen, die werden aber meiner Ansicht nach in den Breitensportvereinen nicht gelebt, wie denn auch, Kohle haben sie alle nicht.

  • Das ist richtig, dass man keinen großen Gewinn erwirtschaften darf. Aber du sagst, es wäre eine Investition in die Zukunft. Von der erwartet man ja kaufmännisch, dass sie sich auszahlt. Wenn ein Jugendspieler aber irgendwann mal gut in der 1. Mannschaft spielt, und 300 € im Monat kostet, fahre ich doch immer noch besser mit dem gleich starken Spieler, der 300 € im Monat kostet, und NICHT bei mir ausgebildet wurde, weil er mich ja NICHT die Ausbildung noch ZUSÄTZLICH gekostet hat.

  • Ich habe verstanden, was Du meinst, nur glaube ich, dass Du da den falschen Ansatz setzt. Der kleine Verein schaut immer hoch zu den Sternen (Aufstieg). Man investiert in die Jugend durch Arbeit, moderne Jugendarbeit und hofft, das die Saat aufgeht. Wie ich nun gelernt habe, hat der Verein im Prinzip die Verpflichtung eine Jugendabteilung zu pflegen. Wie groß die ist??? bleibt dahin gestellt.

    Unsere Spieler der ersten Mannschaft erhalten kein Geld. Die besseren Spieler sind zum Nachbarverein. Ich denke sie erhalten dort ein paar Euro. Unser Verein hat definitiv keine Kohle bekommen. Wir haben also ausgebildet und die wirklich guten Leute abgegeben. Der Nachbarverein pflegt auch eine Jugendabteilung, steuert diese aber so, dass die Jugendarbeit -zumindest nach Aussen hin- "als nicht so gut" darsteht, wie die unsere. Ich glaube, dass ist teilweise unbewußt so, weil man will ja dort gar nicht so groß sein, man hat die Trainerprobleme wie wo anders auch, das Platzangebot ist begrenzt und was soll man schon mit Spielern aus einer F oder E 7 anfangen. Da sollen sich doch Vereine wie der unsere mit "rumschlagen".

    Also, wenn ich sage, ...eine Investition in die Zukunft...meine ich dass aus sicht unseres Breitensportvereines ohne finanzielle Hintergründe.

    Bezogen auf dein letztes Statement zu meiner Einlassunge hier:

    Ich glaube und meine auch zu erkennen, dass es Eben Vereine gibt, die so denken und aus diesem Denken heraus, ihre Kuckuckseier in fremde Nester legen. Ist ja auch nicht dumm, wenn auch irgendwie verwerflich. Darüber ärgert man sich dann und denkt sich Strukturen und Neuerungen aus, um da irgendwann mal ein P wie Pause vorzuschieben. Das wird nur leider immer wieder von Leuten, die den gesamten Umpfang nicht verstehen oder die es nicht ansatzweise Interessiert geblockt. Man läuft immer wieder ins Nichts (Sichtungstrainings/Koordinatoren/neues Denken im Bereich Sponsoring und und und).

  • Zitat:


    Chris schrieb am 22.04.2008 16:03
    Ja, wir haben ein paar kleine Sponsoren, prinzipiell zu wenige, aber das geht ja fast jedem so. Was ich aber sagen will ist: Hier zahlen selbst Bezirksligisten und Bezirksoberligisten guten Spielern mehrere Hundert € im Monat! Ist das bei anderen nicht so?


    Oder die Umkehrfrage: Spielen alle Jugendspieler bei euch dann für umsonst in den Herrenmannschaften?




    Ja es spielen alle bei uns umsonst, mit Ausnahme von Fahrtkostenersatz, der gezahlt wird. Vielleicht ist auch die Konkurrenzsituation nicht so groß.

    Ein Verein ist gemeinnützig und von daher darf er nicht gewinnoptimierend arbeiten, es muss natürlich kostendeckend arbeiten. Wenn Du also eine Kalkulation machen willst, dann bist Du schon wieder im Profibereich angesiedelt.

    Ein Verein, der keine Jugendarbeit machen will, weil sie zu viel kostet, ist kein gemeinnütziger Verein mehr, sondern ein wirtschaftlich denkendes Unternehmen.

    Und eines sollte Euch auch klar sein. Wenn es ein Jugendspieler aus Eurem Verein vielleicht einmal zu einem Profi schaffen würde, dann würde Euer Verein erheblich finanziell davon profitieren.

  • Glaube, dass man schon ca. 400'000 - 600'000 EURO pro Junior investieren muss. Also ist ausbilden immer noch besser als einkaufen, da man ein Junior nachher im Spitzenfussball auch für mehr als 600'000 EURO verkaufen kann.

    Es gab ja auch schon Spielertransfers die über 100 mio. EURO kosteten. Da hat sich die Ausbildung wahrscheinlich gelohnt.
    Ausserdem würde ich dann den Spielergehalt, schon noch separat budgetieren und dabei die Ausbildungskosten separat halten.

    Grüsse
    TRPietro

  • Diese letzten Zahlen kann ich nicht nachvollziehen. Wenn wir pro Nachwuchsspieler 400.00 € investieren müssten, dann wären wir nach einem Jahr pleite. Außerdem kriegt kein einziger Amateurverein 600.000 € wenn ein Spieler Profi wird.

    Das ist aber auch genau der Punkt, Hattabi meinte ja auch, dass es sich lohnen würde, wenn ein Spieler Profi wird. Tut es aber dummerweise nicht!

    Wir hatten 2 Spieler in den letzten 5 Jahren, die von uns zu Profivereinen gewechselt sind, für die gab es jeweils so zwischen 3.000 und 8.000 € Ablöse. Super...

    Das ist übrigens meines Wissens auch nicht frei verhandelbar wie im Profibereich, sondern der Wechsel von Amateurverein zu Profiverein ist ebenfalls nach Tabellen festgelegt.

    Ich bleib also nach wie vor (leider) dabei:

    Für eine Fußballabteilung, die mit ihrer 1. Mannschaft Erfolg haben will, rentiert sich eine Jugendabteilung nicht.

    Ich kann genauso gut Spieler einfach so von anderen Vereinen übernehmen, die ich NICHT ausgebildet habe - das kostet mich im Endeffekt weniger Geld.

  • Zitat:


    Chris schrieb am 23.04.2008 09:50
    Diese letzten Zahlen kann ich nicht nachvollziehen. Wenn wir pro Nachwuchsspieler 400.00 € investieren müssten, dann wären wir nach einem Jahr pleite. Außerdem kriegt kein einziger Amateurverein 600.000 € wenn ein Spieler Profi wird.

    Das ist aber auch genau der Punkt, Hattabi meinte ja auch, dass es sich lohnen würde, wenn ein Spieler Profi wird. Tut es aber dummerweise nicht!

    Wir hatten 2 Spieler in den letzten 5 Jahren, die von uns zu Profivereinen gewechselt sind, für die gab es jeweils so zwischen 3.000 und 8.000 € Ablöse. Super...

    Das ist übrigens meines Wissens auch nicht frei verhandelbar wie im Profibereich, sondern der Wechsel von Amateurverein zu Profiverein ist ebenfalls nach Tabellen festgelegt.

    Ich bleib also nach wie vor (leider) dabei:

    Für eine Fußballabteilung, die mit ihrer 1. Mannschaft Erfolg haben will, rentiert sich eine Jugendabteilung nicht.

    Ich kann genauso gut Spieler einfach so von anderen Vereinen übernehmen, die ich NICHT ausgebildet habe - das kostet mich im Endeffekt weniger Geld.




    Lieber Chris,

    Deine Meinung werde ich wohl nicht umstimmen können und es geht auch nicht um die von Dir genannten Beträge, sondern um die FIFA-Transferbestimmungen, die zweifelsohne etwas kompliziert sind und hier nachzulesen sind

    http://www.dfb.de/uploads/medi…A_Reglement_Spielerst.pdf



  • Chris liegt völlig richtig, aus finanzieller Sicht lohnt sich die Jugendarbeit nicht, wenn die eigenen Jugend später zu anderen Vereinen wechselt, oder falls sie es bis zu den eigenen Herrenmannschaften schaffen und die Hand innerhalb des eigenen Vereins richtig aufhalten. Kaufmännisch rechnet es sich ehr die Jugendspieler anderer Vereine mehr oder weniger zu kaufen.

    Aber das gilt für viele Bereiche des Lebens, wo sich eine Kosten-Nutzen Gegenüberstellung nicht lohnt. Wer immer eine Kostenrechnung hinter solchen Dingen stellt, wird z.B. gezwungen keine eigenen Kinder in die Welt zu setzen. Da jedes Kind mehr Geld kostet als es einbringt, würde die Menschheit bald ausgestorben sein!

    Soviel zur Logik per Kostenrechnung.

    Chris hast du eigene Kinder ;) ? Ich habe 3 und die kosten garantiert mehr als ich jemals ersetzt bekommen kann. Mein Stadardspruch: Jedes Kind kostet mich soviel wie ein Haus. Bin ich weil ich mich trotzdem für Kinder entschieden habe ein dummer Mensch, oder kann ich nicht richtig rechnen?

    Vieleicht beantwortet dieser Vergleich deine Frage nach dem Sinn und Unsinn des Lebens ein wenig ;) .

    Wer kämpft kann verlieren - wer nicht kämpft hat bereits verloren

  • Da möchte ich dazu Stellung nehmen und zwar mit unterschiedlichen Punkten.

    1.
    Wer Jugendarbeit nur unter finanziellen Gesichtspunkten betrachtet, ist in selbiger absolut fehl am Platz. Viel wichtiger als irgendeine sportliche Ausbildung oder eine "Transportquote" in die Aktiventeams ist doch die soziale Erziehung der Kinder und die positiven Auswirkungen für den weiteren Lebensweg. Alles andere (gute Ausbildung durch altersgerechtes Training, viele eigene Spieler in den Aktiventeams etc.) ist ein "optimales Nebenprodukt" guter sozialer Arbeit.

    2.
    Jugendarbeit kann sich sehr wohl rentieren. Ich bin Jugendleiter und B2-Trainer eines Vereins mit 19 Jugendteams. Unser Jugendkassier notiert ganz genau alle Ausgaben, die wir haben. Wir decken diese mehr als üppig durch unsere Veranstaltungen wie Jugendhallenturniere oder ein Jugendfußballcamp mit über 180 Kindern.
    Würden wir anderes mit einrechnen (Beiträge, Zuschüsse, Mithilfe bei Abteilungsveranstaltungen, etc.), machen wir durch Jugendarbeit sogar einen größeren finanziellen Gewinn.

    3.
    Jugendarbeit hat so viele nichtmonetäre Nuancen, z.B. Identifikation der Spieler der Herrenteams mit dem Verein, bei dem sie spielen, oder die positive Reputation bei Gemeinde/Stadt, etc etc., dass ich Chris' Darstellung für stark vereinfacht halte bzw. es meine Meinung ist, dass Jugendarbeit nicht in Zahlen ausgedrückt werden kann.

  • Ich hab auch ne passende Frage dazu.

    Chris, warum bist du bei deinem jetzigen Verein Trainer? Es gibt bestimmt einen anderen Verein, der dir für deine Arbeit mehr zahlen würde.

    "Alles, was ich sicher weiß über Moral und Pflicht, verdanke ich dem Fußball!"


    (Albert Camus)




    "Der Fußball ist für mich ein Mikrokosmos der gesamten Gesellschaft. Alle Prozesse, die in der Familie, in der Großfamilie, in der Kleinfamilie, in irgendeinem Unternehmen ablaufen, finde ich auch im Fußball."



    (Christoph Daum)