Heute möchte ich über meinen Werdegang und vor allem meine Erfahrungen bei der Elite-Jugend-Lizenz des DFB berichten. Sollten interessierte Leser vor der Frage stehen, Zeit und Geld in diese Lizenz zu investieren, kann mein Bericht vielleicht eine Hilfestellung geben. Und wenn nicht, ist er vielleicht trotzdem interessant.
Motivation
Meine Laufbahn dürfte eine relativ klassische hier im Forum sein. Irgendwie bin ich als recht junger Bursche mit 16 Jahren in einen Trainer“job“ in der F-Jugend des Vereins gerutscht. Aus den Anfängen erwuchs Begeisterung und Leidenschaft und über die Jahre habe ich von den Bambinis über die E5-Junioren bis zur A1-Jugend und D-Mädchen alles trainiert, was möglich war. Nebenher war ich noch 10 Jahre Jugendleiter des Vereins.
Lange Jahre habe ich mich nicht um Weiterbildung geschert. Heute schäme ich mich dafür, früher Spieler mit Sprüchen wie „du verfolgst ihn bis aufs Klo“ versorgt zu haben. Aber ich kannte es leider nicht anders. Als ich plötzlich mit meiner Mannschaft gegen ein Team verlor, das nicht besser war, aber taktisch einfach deutlich weiter, begann ich nachzudenken und mich zunächst über das Internet schlau zu machen. Recht bald wuchs dann der Wunsch, beim Fußballverband mein Wissen in einen Schein umzusetzen sowie weiteres Wissen zu erwerben.
C-Lizenzen
Zunächst habe ich die „C-Lizenz Breitenfußball, Profil Jugend“ erworben. Hier ging es hauptsächlich um Trainingsgrundsätze, sehr einfache taktische Grundlagen, technische Grundlagen, etc. Dieser Schein war kein Problem, aber den bekommt auch jeder, der geradeaus denken kann.
Drei Jahre später schließlich habe ich mich für die Eignungsprüfung des „Trainer C Leistungsfußball“ angemeldet. Dies mit Bauchschmerzen – denn im Alter von 16 Jahren hatte ich das aktive Fußballspielen eingestellt. Einen Pass über 10 Meter bekomme ich noch hin – aber ein Chipball mit links meinerseits ist eine Gesundheitsgefährdung aller Mit- und Gegenspieler. Lange Rede, kurzer Sinn – bei 35 Grad in einer Halle kam mir wohl eine wiedergewonnene Ausdauer zugute und ich schaffte die Eignungsprüfung wohl knapp. Die darauffolgende C-Lizenz-Ausbildung, absolviert in Württemberg, ist mir in sehr guter Erinnerung. Ich lernte sehr viel, vor allem Grundlagenwissen in Bereichen, die man in der täglichen Arbeit nicht von selber lernt. Jeder Ausbildungsinhalt wurde immer eingeordnet in die Bausteine Technik, Taktik, Kondition und Koordination; alles wurde methodisch aufbereitet, man bekam ein sehr gutes Skript, und so weiter.
Vor der Prüfung hatte ich Angst, weil umgerechnet das eigene Fußballkönnen 20% der Note ausmacht und mir früh klar war, dass ich weitermachen wollte, d.h. mindestens 10 von 15 Punkten zu erreichen hatte. Mit nur wenig Punkten im Fußballkönnen musste ich von vornherein in allen anderen Bereich gut bis sehr gut abschneiden. Gott sei Dank gelang das und die Lizenz und die Qualifikation zur nächsthöheren Stufe wurde erreicht.
DFB-Elite-Jugend-Lizenz
Bald nach der C-Lizenz habe ich mich um die Anmeldevoraussetzungen gekümmert und die zwingende Hospitation beim DFB-Stützpunkt absolviert.
Ich absolvierte die Lizenz dann im Oktober und November 2015 an der Sportschule Edenkoben in der Pfalz. Frohen Mutes fuhr ich dorthin, die Motivation war hoch; und erfreulicherweise war ein Kamerad aus meinem Verein ebenfalls mit dabei und belegte mit mir das Doppelzimmer. So konnte man sich immer austauschen.
Dann war aber bereits die Begrüßung ein Schock. Der Lehrgangsleiter hatte vier Anweisungen auf ein Flipchart geschrieben. Nr. 4 war: „Lebenslauf abgeben“. Keiner hatte sich so recht getraut, aufzustehen, deswegen lagen alle Bögen eben noch am Platz. Wir durften uns dann erstmal anhören, wie wir denn den Kurs bestehen wollten, wenn wir schon so einfache Anweisungen nicht umsetzen könnten... Der Kerl war wohl auf einem Seminar in „künstlicher Autorität“. Es kam heraus, dass er den Lehrgang gar nicht hätte halten sollen, aber der eigentlich vorgesehene Referent kurzfristig ausgefallen war. Er hatte wohl schlicht keine Lust.
Fußballerisch war unser Kurs „krass“. Ein ehemaliger Nationalspieler, ein ehemaliger Champions-League-Spieler, ein ehemaliger Bundesliga- und aktueller Drittligaprofi, mehrere ehemalige Zweitligaprofis – und mittendrin ich Holzfuß.
Nach einem eher uninspirierten kurzen Methodikvortrag, der in Breite und Tiefe deutlich hinter dem in der C-Lizenz gelernten zurückblieb, ging es dann ans Verteilen der Gruppenarbeiten für die Woche. Für mich erstaunlicher- und erschreckenderweise war dies von Montag bis Donnerstagmittag das einzige Vorhaben. Jeweils fünf Trainer wurden in Gruppen eingeteilt und mussten dann im Laufe der Woche bis Donnerstagmorgen aufeinander aufbauende Trainingseinheiten zu den zugeteilten Themen (darunter z.B. „Kreise“ (!) (=Rondos), „Ballbesitzspiel“, etc. ) halten. Eine Theorie-Lerneinheit oder Vermittlung von Stoff seitens des Referenten zu diesen Themen fand nicht statt. Dies ist wohl das Konzept der Ausbildung – die Trainer sollen voneinander lernen. Nur: In der Kürze der Zeit geht das gar nicht in der entsprechenden Tiefe. Das Konzept der C-Lizenz, zu einem Thema zunächst theoretische Grundlagen zu legen und dann praktische Beispiele auf dem Platz zu geben, fand ich viel viel besser.
So etwas wie ein Skript oder ein roter Faden der Ausbildung war den ganzen Lizenzlehrgang über nicht erkennbar. Vorträge mussten wir uns selber auf Stick vom Vortragenden besorgen und dann untereinander per E-Mail austauschen.
Bereits am Montagabend waren mein Kamerad und ich mehr als entsetzt, wir überlegten abzureisen. Man investiert hier 1500 € und drei Wochen Urlaub, und dann so etwas... Letztlich entschieden wir uns aber die Sache durchzuziehen.
Zur Umsetzung der Übungen standen uns die ganze 12 Hütchen (!) für den Übungsaufbau zur Verfügung. Mehr war wohl nicht organisierbar. In meiner zu leitenden Trainingsübung habe ich aus lauter Verzweiflung noch Eckfahnen und Leibchen zu Hütchen umfunktioniert. Fast wie ganz früher im Dorfverein...
Der Ton des Referenten blieb die ganze Woche über mehr als fragwürdig.
Am Donnerstagmittag verabschiedete sich der Referent, die verbleibende Zeit bis Freitagmittag wurde durch externe Referenten zu Themen wie „Psychologie“ gefüllt. Das war gut und interessant.
Die zweite Woche war dann der ursprünglich geplante Referent da. Er war menschlich deutlich angenehmer und auf dem Platz auch zugänglicher. Leider blieb das pädagogische Lehrkonzept gleich. Bis Mittwoch wurden wieder Themen zugeteilt und Gruppen gebildet, die dann Trainings halten mussten.
Wenigstens gab es nun auch genug Trainingsmaterialien.
Am Mittwoch und Donnerstag wurde die Lehrprobe simuliert. Hierzu reisten auch zwei DFB-Lehrwarte an, die auch in der Prüfungswoche dabei sein sollten. Beide waren menschlich sehr, sehr, sehr fragwürdig. Einer davon, „Mister B-Lizenz“ (ich nenne keine Namen, aber manche werden wissen von wem ich rede), war dermaßen katastrophal, ich war wirklich sprachlos. Ein Selbstdarsteller, wie er im Buche steht, vollkommen egomanisch, keinen Widerspruch duldend (einer aus dem Kurs hatte fachliche Widerworte gewagt – oh je...). Wieder war die Entscheidung zu bleiben eine sehr schwierige, aber ich traf sie trotzdem.
Der Donnerstagmittag und Freitag wurde wieder mit interessanten Gastvorträgen gefüllt.
Dann begann die Prüfungswoche. Die ging bei mir ziemlich in die Hose. Bereits halb krank angereist, wurde es vor Ort nicht besser.
Die schriftliche Prüfung war noch gut (11 Punkte wurden es dann), aber bereits die mündliche Prüfung war ein Schock. Hier sollte ich ein Video analysieren, hatte auch den wohl anzusprechenden Fehler im defensiven Doppeln erkannt, hielt dann aber das Video früher an, um eine aus meiner Sicht dort nicht optimale Aufstellung zu thematisieren. Daran wurde dann so lange herumdiskutiert (wobei „diskutiert“ hier hieß, ich durfte keinen Satz ausreden, sondern mir wurde ständig ins Wort gefallen), dass wir bis zu den eigentlichen Thema zeitlich gar nicht mehr kamen.
Die Lehrprobe war auch mehr schlecht als recht. Dies aber aus eigenem Verschulden. Gewisse taktische Themen konnte ich einbringen, aber die Aufstellung meiner Spieler war zu „unspielgemäß“. Dies wurde in meiner Nachbesprechung auch zurecht kritisiert.
Beim Aufwärmen zum Abschlussspiel zog ich mir dann eine Zerrung in der Wade zu. Da Nichtmitspielen = Nochmalantanzen heißt, biss ich auf die Zähne und spielte 2 x 20 Minuten mit Zerrung. Die folgende Woche war dann sehr sehr lustig...
Schlussendlich schaffte ich die Lizenz – aber nicht mit Qualifikation zur A-Lizenz.
Das war mir aber mehr als egal – denn zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir längst geschworen, ganz gewiss keine 2000 € und dreieinhalb Wochen nochmal bei einem derartigen Saftladen zu investieren.
Das ist – leider – auch mein Fazit des DFB-Elite-Jugend-Lizenzlehrgangs. Die Zeit ist hochintensiv: Man trainiert körperlich ca. fünf Stunden am Tag, sitzt bis spät am Abend an den Gruppenarbeiten und hat dazu – zumindest war es bei mir so – Motivationsprobleme, weil man den Sinn hinter dieser Art von Menschenführung und pädagogischer Leitlinie nicht erkennt.
Ich hoffe, ich halte ehrgeizige Trainer durch meinen Bericht nicht von der Lizenz ab. Den es gilt wie immer: Das ist nur ein Schein. Wichtig ist, was ihr draus macht.
Über Berichte, Zustimmung, Widerspruch, Diskussion würde ich mich freuen.