Alles anzeigenIch hatte in der F- und E-Jugend einen Spieler mit Geburtsdatum 29.12. In meinem Jahrgang hatte der so die Position 10 von 12 bei der Leistungsfähigkeit. Wäre sein Geburtsdatum 2 Tage später gewesen, dann hätte er im nächsten Jahrgang wahrscheinlich Position 3 von 12 gehabt.
Und das wirkt sich jetzt genau wie aus, wenn du alle Spieler gleich behandelst, also dafür sorgst, dass alle Spieler die gleiche Einsatzzeit bekommen und jeder mal anfangen darf? Vielmehr kann sich besagter Spieler mit und gegen größere vielleicht viel besser entwickeln, als wenn er immer der Beste wäre... wer weiß!
Natürlich ist mir geläufig wie ein Stichtag funktioniert und auch ich hatte in meinem Leben deshalb schon Nachteile. Aber das lässt sich halt nicht immer vermeiden. Denn neben dem Geburtsdatum gibts auch viele andere Faktoren. Ich bin zum Beispiel für die höchsten Ligen im Volleyball zu klein, da kannste Talent haben wie du willst...
Eine komplett gerechte Welt wird es wohl nicht geben
Der Vorteil rollierender Stichtage wäre, dass besagter Spieler beide Erfahrungen machen kann.
Mal ist er der jüngste und ggf. kleinste und müsste sich gegen die stärkeren durchsetzen. Nach der Rotation wäre er bei den Älteren / Größeren und hätte die Erfahrung seine körperliche und ggf. spielerische Überlegenheit auszuspielen.
Beide Erfahrungen sind wertvoll.
Mit festen Stichtagen bleibt er immer der Kleine, der gegen die Großen kämpfen muss, dabei bleibt einiges v.a. im spielerischen Bereich liegen, weil der Spieler seinen Fokus verständlicherweise darauf legt die körperliche Unterlegenheit zu kompensieren.
Gleiches nur umgekehrt, gilt aber auch für den im Januar geborenen Spieler.
Der hat zwar in seinem Jahrgang den Vorteil der körperlichen Überlegenheit und wird vielleicht auch mehr gefördert, weil er subjektiv gesehen einer der Besten ist, ihm fehlt aber der "Druck" (bitte die Formulierung nicht falsch verstehen!) den körperlich stärkere Gegner auf ihn ausüben um sich weiterzuentwickeln. Auch für ihn besteht bei festen Stichtagen trotz Förderung die Gefahr, dass er stagniert, und sein ganzes Potential nie ausschöpfen kann.
Beispiel aus eigener Erfahrung:
Mein Sohn (1. Quartal) hat als U7-Spieler bereits in der U8 mitgespielt, weil er schon länger dabei war als die gleichaltrigen Kollegen und dort ein regelmäßiger Spielbetrieb gewährleistet war. Als U8 Spieler hatten wir gemischte 2009er/2010er-Mannschaften, da spielte er in der leistungsstärkeren. Er war in beiden Fällen der stärkste Spieler seiner jeweiligen Mannschaft, erzielte viele Tore, aber seine Priorität im Spiel lag darin seine Schnelligkeit zu nutzen um sich gegen die größeren Gegenspieler "durchzubeißen". In der Folgesaison spielte er parallel in U9 und U11, weil beide Teams an verschiedenen Tagen spielten. Für seine Entwicklung war das das beste Jahr. Freitag in der U9 in einer Spielstarken Mannschaft agierte er als Ballverteiler im Zentrum oder Verteidiger im Aufbauspiel, hatte aber immer wieder die Möglichkeit auch mal durch Vorstöße zum Torerfolg zu kommen. Samstags in der U11 war er der Konterstürmer, der sich gegen zwei Jahre Ältere Verteidiger durchsetzen konnte.
In den beiden Saisons danach spielte er dann durchgängig mit seinem 2010er-Jahrgang. Fest hochziehen zu den Älteren wollte ich ihn nicht, weil die Mannschaft in seinem Jahrgang spielstärker war und er da auch sozial besser verankert war. Parallel in zwei Teams zu spielen war aufgrund des Spielplans nicht möglich.
Die beiden Saisons hat das Team sehr erfolgreich bestritten, mein Sohn ist aber gefühlt eher stagniert bzw. die Entwicklung lief deutlich langsamer als zuvor. Das kann z.T. einfach normal sein, lag aber sicher auch ein Stück weit an Unterforderung durch schwache Gegner, Corona und der Tatsache, dass er sich spätestens wenn Spiele entschieden waren eher zurückgenommen hat und die Mitspieler agieren ließ um im Team nicht als der "Ego-Zocker" zu gelten. Speziell sein Durchsetzungsvermögen und das "ständig auf Sendung sein" hat darunter etwas gelitten.
Spürbar wurde das nach dem Wechsel ans NLZ, wo er zu Beginn Schwierigkeiten hatte die Intensität im Training und Spiel anzunehmen und gegenüber seinen Mitspielern oft einen Schritt zu spät kam oder gar nicht ins Spiel kam, weil andere permanent den Ball forderten, während er es von früher gewohnt war, dass der irgendwann automatisch bei ihm landet.
Positiv ist, dass er das sehr schnell selbst erkannt und seine Unzufriedenheit (im Gegensatz zu früher, wo er trotzig dicht gemacht hätte) in Trainingsfleiß umgewandelt hat, so dass er pünktlich zum Saisonstart wieder fast der Alte und mit den Mitspielern mindestens auf Augenhöhe ist. Er kann seine Stärken im Spiel einbringen und hat sich in kurzer Zeit zum Leistungsträger entwickelt, obwohl in der Vorbereitung einige Spieler deutlich auffälliger agierten als er.
Damit will ich nur sagen, dass es neben gutem Training, Spaß und einer homogenen Mannschaft für die Entwicklung der Kinder trotzdem immer wichtig ist, dass sie mal an Grenzen stoßen die sie erweitern müssen und dann aber auch wieder zurück in die Komfortzone kommen in der das was man sich neu erarbeitet hat reifen kann.
Ich kann aber let1612 generell vollkommen zustimmen, dass die rollierenden Stichtage im Leistungsbereich sehr sinnvoll sein können, im Breitensport aber eher zu Unmut führen würden, weil hier die Priorität oft mehr auf dem sozialen Aspekten, also Zusammenhalt in der Mannschaft liegt, als auf der individuellen Entwicklung der Spieler.