Du sprichst das aus, was eigentlich sehr viel wichtiger ist, als die Leistungsmessung am Stichtag X!
Deshalb wiederhole ich es gerne, was ich vor einiger Zeit mal über Torleute gesagt habe: wenn einer gut ist, dann darf er ruhig groß oder klein sein.
Wenn Kinder auf dem Bolzplatz spielen, dann haben sie auch keine Probleme mit ihren Spielkameraden, selbst wenn die Unterschiede größer sind, als man sie im Vereinsfussball vorfindet. Denn ehe die Spielkameraden den Unterschied bemerken, ist er schon vorbei. So kann ich mich in meiner Jugendzeit an einen Gegenspieler erinnern, den ich nicht wieder einholen konnte, wenn er im Dribbling an mir vorbei war. Aber es waren ja noch genügend andere dabei, mit denen ich mich messen konnte. Später ist dieser Junge dann U 16 Nationalspieler geworden und ging zu Werder Bremen in die 1. Bundesliga. Im Nachhinein ein Trost für mich, aber damals hat es mich ein wenig gewurmt, dass ich total chancenlos war. Doch wir waren gute Kumpels und das war sehr viel wichtiger als wenn ein Trainer entschieden hätte, wer überhaupt nicht gegeneinander spielen darf. Denn man darf dabei nicht vergessen, dass Kinder sehr viel voneinander lernen.
Die Kinder beschreiben sich meist gegenseitig sehr viel besser als es die Erwachsenen (Trainer und Eltern) aus ihrem Blickwinkel können. Ferner gehört es zur Persönlichkeitsentwicklung dazu, dass sich die Kinder in der Gruppe entdecken und ganz andere Selektionsmerkmale für passend oder oder nicht passend finden als wir Erwachsene es sehen.
Solange die Kinder keine Probleme mit bestimmten Spielern haben, brauchen auch die Erwachsenen sich darüber keine allzugroßen Gedanken zu machen.
Falls die Einteilung nach physischen Merkmalen ein Ausgleich für den RAE-Effekt darstellen sollen, so ist diese ungeeignet. Denn sie liegt dem Trugschluß zugrunde, dass dieser Vorteil ewig währt. Jedoch besagten Vergleiche mit älteren Jahrgängen, dass der RAE-Effekt mit der Zeit verschwindet. Diese Tatsache ist Beleg dafür, dass die Talentanlagen und -entwicklung nicht vom Geburtsdatum abhängen, viele Trainer jedoch lieber sofort als später gewinnen wollen!
Um dem RAE-Effekt erfolgreich zu begegnen, sollten die Stichtagssichtungen abgeschafft und durch Zeitraum-Beobachtungen ausgetauscht werden. Denn bei einer Stichtagssichtung (Sparkassen-Cup) ist bis auf wenige Ausnahmen kaum zu erkennen, ob die präsentierten Fähigkeiten auf gute Heimtrainerfähigkeiten basieren oder besondere Veranlagungen ursächlich für die überdurchschnittlichen Leistungen sind? So kommt es m.E. nicht so sehr darauf an, was ein Kind am Stichtag X präsentieren kann, sondern wie schnell es welche Fortschritte unter geänderten Rahmenbedingungen erzielt! Letzteres ist auch der Grund dafür, warum unsere Niederländischen Nachbarn prozentual sehr viel mehr Talente für höchste Ansprüche ausbilden können.
