Halt eine Grundsatzfrage: Was ist höher zu bewerten? Vereinsinteresse oder das Interesse des Einzelnen?
Ja, das ist wohl genau der Punkt!
Denn bei deinem Beispiel (A-Jugend-Spieler wechselt in den Seniorenbereich) handelt es sich wohl um Volljährige im Sinne des Gesetzes. Sie dürfen ohne Begleitung von Erwachsenen Autofahren, sich ohne deren Einwilligung einen Beruf aussuchen dürfen und eine Famiie gründen. Sie dürfen über ihr Wahlrecht indirekt auch über Gesetze entscheiden, die sich bis ins Privatleben auswirken.
Wie paßt hier eine Bevormundung und ein Zweifel, den Umfang der privaten Entscheidung nicht hinlänglich verantworten zu können, in dieses Bild? Noch zumal es nicht einmal um eine lebenswichtige Entscheidung handelt, sondern lediglich die Frage, ob man zukünftig im Verein A oder B spielen möchte? Ob dieser junge Mensch auch für den Verein A oder B spielt, richtet sich sicherlich nach dem Grad der Identifikation, die man ebenfalls nicht erzwingen kann, sondern allenfalls durch geeignete Rahmenbedingungen so gestalten kann, dass jedes Mitglied das Gefühl hat, dort fair behandelt zu werden.
Man kann die Sorge der Vereine nach Planbarkeit zwar verstehen. Ich denke mal, dass überall dort, wo man partnerschaftlich im Verein miteinander umgeht, im beiderseitigen Einvernehmen gute Entscheidungen getroffen werden. Eine bevormundende Regelung wäre eher kontraproduktiv, da sie suggeriert, der junge Erwachsene könne noch nicht für sich die beste Lösung wählen.
Die Klage an einem Zivilgericht mit anschließender Rücknahme bestimmter Regelungen wäre in meinen Augen für die Vereine die schlechteste Lösung, weil in ihrer Folge weitere Rechsunsicherheit der Vertragspartner im Vereinsleben entstehen könnten. (Sowohl im Fall des SV Wilhelmshaven, der nunmehr gegen den DFB wegen finanzieller Schäden aufgrund eines nicht berechtigten Zwangsabstiegs kläagt, wie auch bei der Bemessung der Aufwandsentschädigung im Falle von Toni Kroos werden noch Jahre bis zum endgültigen Abschluß ins Land gehen. Es kann auch nicht im Sinne der Verbände sein, wenn über einen längeren Zeitraum Rechtsunsicherheit herrscht!)
Einen Erwachsenen gegen seinen ausdrücklichen Willen zu zwingen, nicht den Ort seiner Hobby-Aktivitäten selbst bestimmen zu könne, die Vorstellung mag für dem Sport Aussenstehende nur schwer nachvollziehbar sein, entspricht sie wohl kaum den Geschäftsgeflogenheiten in der Freizeitbranche, in der die Flexibilität einer Entscheidungsänderung ein besonders starkes Angebotsargument ist.
Ich sehe in einer Korrektur, bei der der Verein und das einzelne Mitglied gleiche Rechte erhalten als erstrebenswerte Lösung an. Im Detail heißt dies, von einer Kann-Regelung bei der Sperre und der Aufwandsentschädigung eine bessere gemeinsame Lösung zwischen den Vertretern der Verbände, Vereine und Aktiven zu suchen. Denn bei der Entwicklung der aktuellen Regelungen wurden die Aktiven gar nicht beteiligt, was Ursache für die starke Beschneidung ihrer Rechte war.
Man wird sich, ob man will oder nicht, an liebgewonnene und manchmal leider auch zu bequemen Handlungen neigende Handlungsweisen verabschieden müssen. Denn sonst wird die Vereinsflucht noch stärker anwachsen, obwohl der Deutsche bekanntlich ein Gewohnheitstier ist!