Auftaktbewegung

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  • Hallo, ich kann mich noch grob in der Jugend an die Auftaktbewegung erinnern, dass ich mich vom Gegner vor der Ballannahme lösen soll.

    Nun schaue ich mir diverse Übungen an und da ist oft eine Vorwärts Bewegung oder aber eine Vorwärts/seitwärts Rückwärts Bewegung.

    Wie handhabt ihr dass. Gerade im Bezug auf Klatsch/Dreh oder Ballannahme und Mitnahme?

    Und wann fordert der Passempfänger den Ball, bevor er sich in Bewegung setzt??


    VG

  • Der Verbandssportlehrer bei dem ich meine Lizenz gemacht habe sagte uns am ersten Tag: Auftaktbewegung ist out, das wäre der Trend der Nullerjahre gewesen.


    So weit würde ich nicht gehen wollen, aber es kommt mMn auf die Position an. Jedoch sehe ich die klassische Auftaktbewegung wie sie im Trainingsbetrieb oft angewendet wird eher kritisch, da es in meinen Augen effektiver ist Kontakt mit dem Gegner zu suchen und ihn leicht nach hinten zu schieben und dann entgegenzukommen als die 2-3 Schritte in den freien Raum zu machen.


    Außenverteidiger brauchen eine Ähnliche Bewegung, die aber sehr stark von der Gegnerbewegung abhängt. Wenn der IV den Ball hat und etwas Platz, sollte der AV hochschieben, sobald der Druck durch den Stürmer kommt: entgegengehen


    ZMs können die Auftaktbewegung im Spielaufbau verwenden um kurzzeitig Druck von der Kette zu nehmen und dem Spiel mehr Tiefe zu verleihen. Durch die Bewegung werden 2-3 wichtige Meter gewonnen, die darüber entscheiden wie weit er aufdrehen kann, da häufig Gegenspieler im Rücken mitkommen.


    Die Offensiven Außen oder ein Stoßstürmer sollten sich nach Möglichkeit seitlich absetzen um dann den Ball Richtung Tor mitnehmen zu können. Bewegungen in Richtung Ball machen wenig Sinn für die Außen, weil ein Durchbrechen schwieriger ist. Man kann es dann anwenden wenn der Gegner sehr tief steht und der AV überläuft.


    Eine weitere, sehr spezifische Anwendungsweise wäre für mich der Stürmer in einem 4-1-4-1 bzw 4-1-2-3 der als Wandspieler agiert und dann den Ball festmacht bzw auf die Achter klatschen lässt.

    "Der Chef auf dem Platz ist die Spielsituation" (Karsten Neitzel)

  • Als "klassische" Auftaktbewegung wurde das kurz kommen - lang gehen, bzw. lang andeuten und kurz kommen vermittelt, sowie das seitliche Pendant dazu. In Reinform sieht man so etwas in der Tat selten. Im Kern geht es aber doch darum, durch eine der Ballan- und -mitnahme vorgeschalteten Aktion Raum und damit Zeit zu gewinnen.

    Diese vorgeschaltete Aktion ist aus meiner Sicht abhängig von der Spielsituation. Mal ist zielführend im Anschluss aufzudrehen, mal ist zielführend kurz zu kommen, klatschen zu lassen und damit im Rücken Räume für die Mitspieler freizuziehen.

    Daher versuche ich nicht "die" Auftaktbewegung zu vermitteln, sondern bei den Kinder das Verständnis zu entwickeln, warum eine Aktion von Vorteil sein kann und welche Möglichkeiten es gibt. Ich sehe es ähnlich wie bei den Finten. Es gibt nicht "die" richtige Finte, sondern es hängt von der Spielsituation ab, welche erfolgsversprechend ist.

    Die Frage, wann fordert der Empfänger den Ball, ist sicherlich auch individuell zu beantworten. Ich habe Teams gesehen (vornehmlich ältere Jahrgänge) wo Kommando und Freilaufverhalten in der Tat abgestimmt waren.

    Bei meiner Truppe versuche ich eher vom Passgeber aus zu vermitteln. Ich fordere die Passgeber auf, darauf zu achten, dass sie in den gegnerfernen Fuß spielen. Vereinzelt klappt das schon mal ;)

  • Mir ist bekannt, was in den Trainerlehrgängen und in den NLZs als Auftaktbewegung geschult wird bzgl. Körperkontakt. Aus meiner Sicht ist das jeweils ein klares Foulspiel: es fehlt die Ballnähe ;) (auch wenn die Schiedsrichter das oft nicht pfeifen)

    Regelkunde: "Als Zweikampf gilt der Kampf um Raum in Ballnähe mit Körperkontakt, jedoch ohne den Einsatz von Armen und Ellbogen."


    Die nächste Frage, die sich mir stellt: wann brauche ich eine Auftaktbewegung? Sobald ich 2-3 Meter Platz habe, brauche ich sie nicht. Bei Manndeckung: Ja - und wer spielt heute noch Manndeckung?


    Was kommt nach der Auftaktbewegung? Freilaufen? Ich würde mehr Wert legen auf das Freilaufen - ist effizienter.

  • Also, die Auftaktbewegung ist weiterhin Teil des Fußballs und auch wichtig. Sie ist ein bisschen außen vor geraten, da heutzutage sehr viel im Raum gedeckt wird und viele Spieler diese Art des Freilaufens nicht so oft brauchen. Dennoch müssen kluge Lauffinten besonders für Positionen die oft in Manndeckung geraten trainiert werden. Für Stürmer ist sie essenziell und gute Stürmer zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf engstem Raum durch geschickte Bewegung ein paar Zentimeter gewinnen um einen Abschluss zu ermöglichen.
    Davon mal abgesehen sollte man als Spieler immer versuchen seine genaue Absicht zu verbergen sonnst wird das Verteidigen zu einfach.
    Trainieren kann man sie sehr gut im Kontext des 1 gegen 1 bei der der Angreifer auf den Ball wartet. Spielformen bei denen Manndeckung vorgegeben wird trainieren eine Auftaktbewegung und Lauffinten sehr gut. Man muss bloß entsprechend coachen.

  • Ich bin auch der Meinung, eine Auftaktbewegung KANN ein großer Vorteil sein, sofern sie sinnvoll eingesetzt wird.


    Ich habe damals einen JG in der U13 und dann in der U14 gehabt, mit denen habe ich es folgendermaßen gemacht, ich kann mich noch ganz gut erinnern:

    - zu Beginn war die Auftaktbewegung etwas, dass wir bei jeder Übung mit eingebaut haben. Man täuscht jeweils mit einer Bewegung in die entgegengesetzte Richtung zum gewollten Pass einen Laufweg an und bewegt sich dann in die eigentlich gewünschte Richtung.

    - irgendwann saß es, dass in jeder Übung eine Auftaktbewegung gemacht wurde, in Spielformen/im Spiel gelang der Transfer natürlich nicht

    - es stand also der nächste Schritt an, wir mussten das "Auswendiggelernte" ins Spiel transportieren

    - es gab eine "Kurzschulung" zu diesem Thema mit der Mannschaft, auf welchen Positionen einen Auftaktbewegung Sinn macht.

    Die Jungs nannten dann einige Varianten:

    - Stürmer täuscht an, dass er lang geschickt werden möchte und kommt dann entgegen

    - AV der eng gedeckt wird lässt sich nach hinten fallen und geht dann nach vorne, wenn der Gegner mitgeht, ansonsten sei er hinten eine Anspielstation für den IV (das dies schon die Auftaktbewegung mit dem weiteren Freilaufverhalten verbindet habe ich dann bewusst nicht erwähnt.

    - AM kommt diagonal ins Zentrum und geht dann außen lang weg bzw. anders herum

    - ZM: hier wurde es spannend und die Jungs waren sich uneinig, da hier ein Ballverlust gefährlich sei. Hier spielt man ja nicht hin, wenn der ZM-Spieler nicht frei sei. Ich half den Jungs, indem ich sie fragte, was denn das eigentliche Ziel der Auftaktbewegung sei und schnell kamen die Jungs darauf, dass es ja darum geht durch das Täuschen des Laufweges "frei" zu werden.

    Die Jungs kamen dann zu dem Entschluss, dass die Richtung der Auftaktbewegung von der Distanz zum Gegner abhänge und man bei engerer Deckung die Auftaktbewegung in Richtung des Gegenspielers machen sollte, damit dieser Rückwärts mitgehen oder sich drehen müsse und anschließend der Ball in die gewünschte Richtung gefordert werden könne.


    Ich sagte den Jungs, dass ich es gut finde, dass sie sich selber auf solche Ideen gekommen seien und wir dies einfach mal so ausprobieren würden. Es gab zunächst Abstimmungsschwierigkeiten, da der Passgeber immer mal wieder auf eine Auftaktbewegung reinfiel und den Ball dann zum Gegner spielte. Insgesamt dauerte dies (ich finde es ist auch sehr Anspruchsvoll!) eine längere Zeit, aber die Jungs versuchten sich durch Auftaktbewegungen einen Vorteil zu verschaffen.

    Gegen Ende der zweiten Saison kamen wir dazu, dass der ein oder andere sich "beschwerte", dass sich zwei Spieler mit der Auftaktbewegung im Abschlussspiel oft in den Gegenspieler bewegen und diesen wegschieben. Dass dies der nächste Schritt sein kann, haben wir dann kurz angeschnitten, jedoch nicht mehr thematisiert. Ich fand es jedenfalls super, dass der ein oder andere selber erkannt hat, wie man seinen Vorteil noch vergrößern kann!