Gutem Spieler zum Wechsel raten?

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  • Hallo zusammen,


    ich überlege seit längerer Zeit, ob ich einem talentierteren Jungen meiner Dorfmannschaft C-Jugend zum Wechsel raten sollte. Zur Situation: Wir sind eine ganz normale Kreisliga C-Jugend Mannschaft mit wenigen Ausreißern nach unten und oben.
    Bis auf den oben genannten Spieler. Er ist eigentlich in allen Bereichen den anderen Spielern überlegen (Spielintelligenz, Technik, Agressivität) und das obwohl er ein Jahr jünger als die anderen Jungs ist. Ich denke, dass er in seinem Jahrgang ein bis zwei Klassen höher spielen könnte.
    Meine Überlegung dazu ist, dass er in einer anderen Mannschaft natürlich auf höherem Niveau trainieren und spielen könnte. Auf der anderen Seite ist er bei uns aber auch als Führungsspieler gefordert. Dadurch wird er im Spiel oft gesucht, hat viele Ballkontakte und muss ständig Entscheidungen treffen. Da ist eben die Frage, ob das in einer höherklassigen Mannschaft auch so der Fall wäre. Der Spieler fühlt sich wohl in der Mannschaft.


    Nun frage ich mich trotzdem, was wohl das Beste für seine Entwicklung wäre.


    Wie seht ihr das? Hat jemand vielleicht schon Erfahrungen mit ähnlichen Fällen gemacht?

  • Wenn der Spieler sich bei dir wohlfühlt, warum soll er dann wechseln? Hast du das Gefühl im nichts mehr beibringen oder ihn nicht genug fordern und fördern zu können?


    Ich verstehe diese ganzen Gedankengänge nicht. Warum soll eine "kleine Dorfmannschaft" nicht auch mal einen Spieler solcher Klasse halten können? Warum muss jeder Spieler mit dem kleinsten Ansatz von Talent direkt zum nächst größeren Verein? Muss man aus jedem Spieler wirklich immer alles rauspressen und eine Profilaufbahn anvisieren?
    Ja ich weiß...Fragen über Fragen. Aber so was geht mir durch den Kopf, wenn ich so was lese.


    Gruß!

  • So sehe ich das auch. Von einer Profilaufbahn sind wir hier im übrigen weit entfernt. In meinem Beispiel geht es eher um höherklassigen (im Vergleich zu uns) Jugendfussball. Nun kenne ich einige Jungs, mit denen ich früher zusammen gekickt habe, die alle irgendwann gewechselt sind. Auf lange Sicht hat es ihnen eher nicht geschadet. Die können sich heute ihr Studium teils nebenher mit Fussball finanzieren.
    Versteh mich nicht falsch, ich würde den Spieler nur liebend gerne halten. Nur frage ich mich, ob ich das eher aus Egoismus so sehe oder nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Gunner1886 ()

  • @Gunner1886
    Ich verstehe deine Gedanken bezüglich "Messen mit gleichen in jedem Training" sehr gut. Auch ich denke das es bisher keinem der mir bekannten Spieler geschadet hat sich in einem höheren Team zu versuchen. Selbst die Spieler welche sich nicht durchsetzen konnten haben in der Regel sehr viel gelernt.


    Allerdings sprechen wir hier immer von freiwilligen Wechseln bzw. aus Eigenmotivation. Darin liegt in meinen Augen ein sehr großer Punkt. Ein Spieler welcher selbst den Wunsch hegt sich auszuprobieren ist auch sehr viel eher bereit den geforderten Aufwand zu betreiben. Und sei es nur die gesteigerte Intensität und Einsatz in jedem Training. Daher sehe ich in einer Empfehlung oder sogar einem "zum Wechsel raten" eine große Gefahr. Macht der Spieler "nur weil du meintest es wäre gut" wird er mit Rückschlägen sicher anders umgehen als wenn er es sich selbst beweisen möchte.


    Daher:
    Reisende kannst du nicht aufhalten => Wer wechseln möchte (egal wohin) sollte wechseln dürfen.
    Gute Spieler die bleiben wollen => Ermutigen und Möglichkeiten aufzeigen allerdings auch die Anforderungen nicht verschweigen. Nur so kann der Spieler selbst den Wechselwunsch entwickeln und wird es dir später danken.
    Spielern von dir aus zum Wechsel raten => maximal 50/50 Chance. Gerade zu Beginn wird es im neuen Team Rückschläge (Bankplatz usw.) geben welche der Spieler durchstehen muss. Hierzu ist aber seine eigen Überzeugung nötig welche durch dein Zutun zwar verstärkt aber in den seltensten Fällen entwickelt werden kann.


    Gruß
    Torsten

    "Im KiFu gillt: Nicht das Training ist die Vorbereitung auf das Spiel, sondern das Spiel ist die Fortführung des Trainings."

    - (Quelle: unbekannt)

    "Der Grund, warum wir Fußball gucken, ist keine Zahl und kein Ergebnis, sondern ein Erlebnis."

    - (Quelle: paderball.com)

  • @Gunner1886
    Hat der Spieler den Wunsch geäußert?
    Fühlt er sich wohl bei dir?
    Würdest du es als Auszeichnung für deine Trainertätigkeit sehen, wenn der Junge höherklassig spielt?

    Den Wunsch geäußert zu gehen hat er nicht. Allerdings hatten wir des öftern darüber geredet, dass er von höheren Teams angesprochen wurde. Damals konnte er sich das auf jeden Fall vorstellen, irgendwann den Schritt zu machen.
    Als Auzeichnung würde ich es eher sehen, wenn er nicht geht. Da ich den Spieler seit klein auf kenne, haben wir beinahe ein freundschaftliches Verhältnis.

    Daher:


    Reisende kannst du nicht aufhalten => Wer wechseln möchte (egal wohin) sollte wechseln dürfen.
    Gute Spieler die bleiben wollen => Ermutigen und Möglichkeiten aufzeigen allerdings auch die Anforderungen nicht verschweigen. Nur so kann der Spieler selbst den Wechselwunsch entwickeln und wird es dir später danken.
    Spielern von dir aus zum Wechsel raten => maximal 50/50 Chance. Gerade zu Beginn wird es im neuen Team Rückschläge (Bankplatz usw.) geben welche der Spieler durchstehen muss. Hierzu ist aber seine eigen Überzeugung nötig welche durch dein Zutun zwar verstärkt aber in den seltensten Fällen entwickelt werden kann.

    Das kann ich gut nachvollziehen und hat mir auf jeden Fall geholfen. Die selben Befürchtungen habe ich eben auch, zumal er von seiner Familie leider wenig Unterstützung erwarten könnte (bzgl. Fahrten zum Training etc.) Ich denke, dass ich in der Angelegenheit erstmal die Füße still halten und abwarten werde. Wird er von sich aus den Wunsch hegen, werde ich es so handhaben wie du es hier beschreibst.

  • @Gunner1886
    Zusammengefasst: der Spieler selbst hat nicht ausdrücklich einen Wechselwunsch geäußert, das familiäre Umfeld lässt die erforderliche Unterstützung nicht unbedingt erwarten, er ist ein guter Kicker, aber kein Talent für ein NLZ, folglich würde er mit dem Wechsel zu einem "besseren" Breitensportverein seine Chancen mal in Liga 1 bis 3 zu landen wenn überhaupt nur unwesentlich erhöhen, er fühlt sich im Team wohl und hat ein gutes Verhältnis zu seinem Trainer. Warum solltest du ihm also zu einem Wechsel raten? Bei guter Entwicklung kann er später auch in der Landesliga oder Oberliga noch etwas Geld fürs Studium dazu verdienen oder aber mit seinen Kumpels noch viele Jahre gemeinsam kicken.

  • @Gunner1886
    Zusammengefasst: der Spieler selbst hat nicht ausdrücklich einen Wechselwunsch geäußert, das familiäre Umfeld lässt die erforderliche Unterstützung nicht unbedingt erwarten, er ist ein guter Kicker, aber kein Talent für ein NLZ, folglich würde er mit dem Wechsel zu einem "besseren" Breitensportverein seine Chancen mal in Liga 1 bis 3 zu landen wenn überhaupt nur unwesentlich erhöhen, er fühlt sich im Team wohl und hat ein gutes Verhältnis zu seinem Trainer. Warum solltest du ihm also zu einem Wechsel raten? Bei guter Entwicklung kann er später auch in der Landesliga oder Oberliga noch etwas Geld fürs Studium dazu verdienen oder aber mit seinen Kumpels noch viele Jahre gemeinsam kicken.

    Schön so viele Meinungen zu hören, die in diese Richtung gehen. Außerhalb dieses Forums wird da meist ein anderer Standpunkt vertreten (so mein Eindruck).
    Danke euch allen

  • @Gunnar1886
    Einerseits freue auch ich mich darüber, dass hierbei sachlich diskutiert wurde. Denn wenn man mal ein paar Jahre zurück blickt, dann gab es durchaus hitzige Debatten darüber, dass ja Trainer und Eltern einem Talent Steine in den Weg legen würden, wenn sie es denn nicht umgehend höherklassigen Vereinen anbieten würden.


    Allerdings scheint mir die Zahl derer, die ihr Kind wie sauer Bier diesen Vereinen anbieten, wo sie schon vom ersten Tag einem Leistungsdruck ausgesetzt werden, stetig abzunehmen, weil in ihnen die Einsicht gewachsen ist, dass dabei ganz schnell der Spaß und damit die freiwillig erbrachte Leistung verloren geht.


    Andersherum geben sich Vereine bei den Kindern, die sie sich selbst ausgesucht haben, scheinbar größere Mühe und üben bei der Ausbildung mehr Geduld aus, was allen Beteiligten insgesamt zu mehr Erfolg verhilft.


    Einerseits ist es von großem Vorteil für die NLZ, wenn dort aufgrund geringerer Unruhe im Umfeld aufgrund sorgfältiger Selektion die jahrelange Arbeit in einem größerem Maße ihre Früchte trägt. Denn welcher NLZ-Trainer ärgert sich nicht darüber, wenn der Sprung in den Seniorenbereich bei fast allen Spielern mißlingt, weil man scheinbar auswärtigen Profis mehr Erfolg zutraut? Andererseits geht man nunmehr auch andere Wege, in denen Talente über einen längeren Zeitraum beobachtet und erst dann geholt werden. Denn auch ihnen dürfte auf Basis eigener Erfahrungen früherer Jahre aufgefallen sein, dass ein "first in - first out" die Mühen einiger Jahre an Ausbildung ein teurer Spaß wird, wenn nicht eine genügend große Anzahl von Talenten sich für höchste Aufgaben empfehlen kann.


    Was noch fehlt ist eine "ganzheitliche Betrachtung als Individuum" im Entwicklungsprozeß, um isolierte Stichtags-Selektionsverfahren zu überwinden. Denn wer, wenn nicht der Trainer selbst, kennt seine Spieler am besten und erkennt, ob sie dabei gerade einen guten oder schlechten Tag hatten. Deshalb sollte in der Arbeit zu den NLZ-Trainern eine größere Vertrauensbasis geben, um so unnötige Unruhe zu vermeiden, Druck aus dem Kessel zu nehmen und sich gemeinsam auf die nächsten Schritte zu konzentrieren. Denn Großes kann nur dann gelingen, wenn man gemeinsam daran arbeitet! Das setzt gegenseitiges Vertrauen und Respekt voraus.


    Wenn auch dieses Forum dazu beigetragen hat hier mehr Transparenz für Hilfesuchende zu schaffen, dann freut es mich besonders!

  • Ich habe hier keine richtige Antwort. Ich kann nur aus Erfahrung sprechen und dazu mein Bauchgefühl hinzunehmen.


    Als Vater und Trainer von drei fußballspielenden Söhnen habe ich


    -mich besonders als unwissender unerfahrener Trainer der auch noch Vater war besonders gebauchpinselt gefühlt wenn der Sohnemann oder auch ein anderer Spieler von anderen Trainern oder gar vom Stützpunkttrainer gelobt wurde.


    -es gab eine Zeit, da habe ich unterschwellig gemeint, dass ich als Trainer einen sehr großen Beitrag daran hatte, dass ein Spieler sich verbesserte.


    Heute denke ich in dieser Frage, dass mein Anteil sehr klein ist...viel kleiner als ich das meinte. Ich denke bei meinem heutigen Wissen, dass vieles von dem was die Kinder im Laufe der Zeit plötzlich machten auch OHNE mein Trainerzutun gemacht hätten. In positiven Dingen habe ich max. dafür gesorgt, dass es vielleicht 2, 4 oder 8 Wochen eher so entstand und durch Übung brachte man sie vielleicht in dem Sinne schneller an die Marbarkeit. Andererseits denke ich, ob DAS EHER Ziel war/sein sollte, denn es wäre sowieso gekommen...nur einige Tage später. Das Eher erscheint mir heute restlos unwichtig, weil mir der Tabellenplatz im Kifu heute egal ist. Da ich dennoch erfolgsdenkender Trainer bin und nicht aus meiner Haut krieche, habe ich mir dann auferlegt, dass ich mich an die Kifumerkmale strikt halten wollte (Spielzeiten ziemlich gleich, kein Ausschließen, Rotation, altersgerechte Trainings, kein Gebrüll am Platzrand). Zudem legte ich mir auf, dass mein Team nicht den letzten Platz belegen sollte, sehrwohl dort spielen durfte, wo sie hingehören.


    -ich hatte einen Spieler der über drei Jahre beim BvB in der Jugend spielte. Der fuhr drei - viermal die Woche täglich 240 Km und das, obwohl wir in der D selbst in der Bezirksliga spielten und er hier vor Ort die hier gute Stützpunktförderung erhielt. Heute endete das beim VFL Osnabrück....20 km von uns entfernt. WAS hat er in den zirka drei Jahren BvB und wofür gelernt...frage ich mich heute...was hatte er davon.


    -wenn ich heute sehe, wer so in der Liga hier vor Ort spielt und welchen Fun die teilweise untereinander und teilweise abseits des Fußballs miteinander genießen....dann muß ich sagen, das mein Spieler hiervon nichts mitbekommen hat. Er hing im Prinzip immer als soziales Neutrom im Nichts ....und nochmals die Frage...wofür?


    -und dazu mein Gefühl als Elternteil/Vater...der sieht, wer denn so zum Gymnasium geht, dort aber eigentlich um längen nicht hingehört. Da wird schon Schule bis 15.30 Uhr gemacht und man sagt, dass damit alles erledigt sei und dennoch werden die Koten dann noch zum Musikunterricht und zur Nachhilfe geprügelt...alles für den Managerposten, der vermutlich niemals kommt und bezogen auf den persönlichen Charakter des Koten auch nicht passt! DAZU dann noch der Druck im Sport...also dort, wo sie sich einfach mal fallen lassen könnten und das geben könnten, was SIE zu geben in der Lage wären und frei geben wollen.


    Das wiederum machen dann aber Trainer und sau dumme Eltern wieder kaputt und schädigen so den Verein.


    Fazit/mein Fazit aus 12 Jahren Fußball und 22 Jahren Vaterschaft:


    Mich kann jeder von den ganzen Fuzzis des Stützpunkts...der LZ`s oder der Papst sonst wo. Mich - so ich wieder als Trainer anfange - interessiert das zukünftig nicht mehr und bis ich gefragt würde, gäbe ich auch keinen Laut mehr aus, der auch nur im Ansatz darauf hindeuten würde, dass ich stolz auf mich oder sonst wen wäre, wenn einer meiner Spieler in Timbuktu am Ölberg spielen würde. Da wollen andere glänzen und letztlich Schulterklopfer bis Geld einholen...aber bitteschön ohne mein zutun.


    Erst wenn ein talentiertes Kind den nachweislich EIGENEN Willen zum HÖHERKICKEN ehrlich äussert, würde ich mal telefonieren.


    Meistens sind es die Eltern die da fungieren und impfen. Dagegen ist zu steuern. Ich bediene die Jungs mit Fußball und einer geilen für sie unvergessenen Zeit und sonst nix. Und wenn ein Hüpertalent in meinen Reihen glücklich spielt und sei es, dass er eigentlich unterfordert ist...er aber Spass daran hat, weil die soziale Seite einfach auch enorm wichtig ist...das soll es so sein!!!!! und bleiben. DAS ist mit Geld und Gold nicht aufzuwiegen und auch nicht mit einer vermeidlichen Fußballprofilaufbahn. Dieser junge Spieler wird auch ohne das gestärkt und stolz und als Leader in SEIN Leben starten, davon gehe ich aus.

  • Ich habe hier keine richtige Antwort. I

    Da gibt es wohl auch keine einzige Antwort, sondern lediglich Einschätzungen. Je jünger das Talent ist, je weniger ist eine Erfolgsprognose möglich. Und wie ein Kollege schon sagte, solange man nicht genauso gut erklären kann, warum es Talente nicht geschafft haben, nützen auch die Erläuterungen über die Talente, deren Wünsche in Erfüllung gingen, wenig!


    Eine positive Lebenseinstellung kann aber helfen, Angebote über neue Aufgaben als Herausforderung zu sehen, so dass auch im Falle eines Scheiterns nicht gleich die Welt zusammenbricht, sondern sachlich analysiert weitere Wünsche durchaus realisiert werden können.

  • Hast Du den Jungen denn schon mal zu einer Sichtung einer Auswahlmannschaft geschickt?
    Und ich habe schon erlebt, dass ein überragender Spieler das Mannschaftsgefüge auch stören kann und alle anderen sich nur noch auf den einen Spieler verlassen ohne sich selbst in der Verantwortung zu sehen. Dementsprechend ist dann auch oft genau dieser eine Spieler "schuld" an sieg oder Niederlage. Das kann Spieler auch überfordern. Will heißen: Wenn du glaubst es täte dem Jungen UND Deiner Mannschaft gut wenn er wechselt, dann kannst Du ja mal - Einverständnis der Eltern und des Jungen vorausgesetzt - ein Probetraining vereinbaren.

    Grüße von der Ersatzbank