Euer Weg zur kompakten Defensive

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  • Zur Taktik im Jugendfußball:
    Ehrlich gesagt, wenn man vier Mal(!) die Woche trainiert und die Kinder in der 10. Klasse Kant und Goethe lesen lässt und in einigen Bundesländern schon mathematisch integrieren (das lernen einige Bundesstaatler auf der Uni), warum sollen sie dann nicht begreifen, wie man in der Gruppe agiert? Meine Schwestern haben mit 11-12 komplexe Turn- und Tanzvorführungen in der Gruppe gemacht, das hat weit mehr Anspruch an Timing, Laufwege und Abgestimmtheit als das Defensivspiel im Fußball. Pressing ist doch keine Raketenwissenschaft. Irgendwann sollte das Defensiv-1:1 sitzen, und das ist jetzt auch kein so ausuferndes Thema, dass man Kinder damit jetzt jahrelang beschäftigen kann. Ich glaube, dass das geistige Vermögen von Kindern und gerade Jugendlichen zum Teil grob unterschätzt wird. Wenn ein Erwachsener sich so viel schwerer als ein Jugendlicher tut, neue Dinge zu lernen, warum sollen gerade die Senioren Taktikinhalte besser verarbeiten können als z.B. D-Jugendliche. Wenn man die Taktik nicht apodiktisch vermittelt, sondern die Spieler da abholt, wo sie sind, dann hat eigentlich jede taktische Maßnahme einen so einleuchtenden Sinn, dass man auf den Mund gefallen sein muss, um das nicht zu verstehen? Soll man den Weg ins Zentrum versperren, um diffizil mit der falschen Neun zu doppeln, oder fängt man sich aus der Mitte nicht einfach die meisten Tore, weil man da gut schießen kann? Eben. Bei meiner Mannschaft klappt das Pressing beileibe nicht perfekt, aber bei gerade mal 2 Trainingsterminen in einer der unteren Ligen klappt es verhältnismäßig gut, weil die Jungs den Sinn dahinter verstehen. Ich glaube, dass viele Jugendliche uns an Urteils- und Denkvermögen sogar übertreffen, weil wir nur mit unserer Erfahrung wuchern können und uns abgesehen davon geistig zur Einseitigkeit spezialisieren, während die in der Schule ein krasses Programm von Sprachen und Naturwissenschaften abspulen, dass es (rein etymologisch) sinnvoller wäre, die Schule "Universität" zu nennen, weil hier wirklich die "universitas" gelehrt wird. Jugendliche sind aufnahmefähig für mehr Zeug, als wir uns das vorstellen können.

  • Sehr schön geschrieben Daddln.
    Ich glaube auch nicht, das es etwas damit zu tun hat das die Burschen es nicht verstehen, sondern mit der Geschwindigkeit in der die Informationen verarbeitet werden müssen.
    Umso höher die Spielklasse wird umso weniger Zeit hat der einzelne, die Situation zu erfassen, zu bewerten, zu entscheiden und schlussendlich zum handeln. Und exakt hier sehe ich das Problem - braucht der Gegner für die Spielverlagerung zwei Pässe statt einen und wird min. einer davon erst mit dem 2. oder 3. Kontakt verarbeitet dauert das bedeutend länger. Diese Zeit hat dann auch die Defensive mehr um sich zu sortieren und zu handeln.


    Friere ich eine Situation ein, erleben viele Spieler diesen "Aha"-Effekt, den sie sehen - das ihr Stellungsspiel nicht stimmt, verstanden haben Sie es im Kern somit - nur im Eifer des Gefechts können sie es aus diversen Gründen wie visueller Wahrnehmung, Handlungs- oder Reaktionsschnelligkeit nicht in vollem Umfang umsetzen. Bleibt also die entscheidende Frage - wie kann ich meine Spieler hier noch besser unterstützen?


    P.S: Tolle Diskussion - macht heute enormen Spaß mit euch über das Thema zu sprechen!!! Danke dafür!


    Grüße
    Zodiak

    „Erfolg ist ein Geschenk – eingepackt in harte Arbeit." (Ernst Ferstl)

  • ja fußball ist beileibe kein teufelswerk, DaddInZockn, da gebe ich dir recht.
    vermutlich können unsere jungs dies schnell begreifen, wenn ihnen das entsprechend vermittelt wird.
    und daran hakt es sicher oft: schonmal ein coaching von talentierten fußballlehrern verfolgt und verglichen?
    das ist etwas, das muss man können. mit gut gesetzten worten, körpersprache und timing.
    voll auf der höhe und gut geschult, das fehlt doch vielen trainern bei aller begeisterung für unseren fußek.
    wie sollen sie das auch können, scheine hin oder her, es ist für die meisten doch nur ein hobby oder leidenschaft.


    was das pressing angeht habe ich eine beobachtung gemacht: sicher ist es vermittelbar, wie es funktioniert.
    kein ding, das lernen die jungs ohne probleme und überwiegend halten sie sich auch daran.
    aber, wenn es gemacht wird, dann meistens volle kanne und nur in den ersten 20 minuten.
    dann schießen sie vermutlich auch ein tor, aber dann ist sense. warum auch immer, es hat gründe.
    es geht ja nicht darum, wie man es macht, sondern wann.
    es geht um den takt, den chef, das kommando, das blinde vertrauen den kollegen gegenüber.
    wenn der trainer sagt, alle geben von anfang an vollgas und setzen den gegner unter druck,
    im mittelfeldpressing oder angriffspressing, pressingopfer usw. dann machen die das, solange sie können.
    und solange es klappt, wenn nicht, dann hören die nämlich auf, das erste bausteinchen wackelt, wenn es zb. immer hinterlaufen wird
    oder aus disziplinlosigkeit, was weiss ich. und das ist der knackpunkt.
    ich muss das situationsbedingt einsetzen, dem spiel angepasst und über volle 90 minuten.
    und zwar alle. das zu vermitteln, das durchzuhalten, das ist ein ziel, was ich nicht erreichen kann im breitensport.
    selbst in der leistungsklasse nicht, never! habe ich noch nie gesehen.
    irgendwann ist die disziplin weg, meistens schon mitte der ersten halbzeit bei dieser spielweise.


  • vermutlich können unsere jungs dies schnell begreifen, wenn ihnen das entsprechend vermittelt wird.
    und daran hakt es sicher oft: schonmal ein coaching von talentierten fußballlehrern verfolgt und verglichen?


    Bei uns im Verein hat mit Ralf Santelli jetzt ein Fußballlehrer angefangen und unterstützt die diversen Jugendmannschaften. Die Coolness und Abgeklärtheit mit wenigen Worten das richtige, mit der perfekten Geste in ruhigem Ton rüber zu bringen ist beeindruckend - und die fehlt mir auf diesem Niveau noch!


    Ich bewundere das Coaching in seiner Tiefe, Intensität und Perfektion im Detail - ich schaue aktuell so viele Einheiten von ihm an wie möglich - und in den kommenden Wochen legt er Hand an mein Team an - so viel wie ich aktuell auf dem Platz lernen darf ist eine Wucht!!!


    Grüße
    Zodiak

    „Erfolg ist ein Geschenk – eingepackt in harte Arbeit." (Ernst Ferstl)

  • Zodiak


    Ich gebe dir recht, dass man an den Jugendleistungsfussball eine weitergehende Ausbildung verlangt als im Breitensportbereich. Während im Breitensportbereich die Ausbildung auch nach dem Wechsel in den Seniorenbereich noch nicht abgeschlossen ist, sollte im Leistungs- und vor allen Dingen im Profibereich mit der Entlassung aus der U 19 die Ausbildung abgeschlossen sein soll, sodass der Einsatz im Seniorenbereich nahlos möglich ist.
    Es gibt keine Hektik, aber auch keine Zeit zu vertrödeln, weshalb die an dich gestellten Anforderungen für den Bereich des Leistungsfussballs durchaus gerechtfertigt sind. Wichtig dabei ist zunächst einmal ein altersgerechter, roter Faden.


    Für mich wäre eine ballbesitzorientierte taktische Umstellung für eine U 16 zu früh. Aber wie du schon beschreibst, ist eine Taktik auch immer Liga- und Gegnerabhängig. Wenn der Gegner erkennt, dass er im 1 : 1 bessere Chancen hat, weil er schnelle und robuste Angreifer hat, dann wird dein Team nicht 80 Minuten lang in Schnittstelle deiner Innenverteidigung geschlagene Bälle verteidigen können. Da nützt erst einmal nur als Sofortmaßnahme eine tiefer gestaffelte Abwehr. Deine Jungs können keinen Druck auf den Ball ausüben, wenn sie permanent mit dem Gesicht zum eigenen Tor verteidigen müssen. Selbst, wenn sie den Ball bekommen, wissen sie nicht, was hinter ihnen los ist, sodass der Spielaufbau nicht optimal gestaltet werden kann. Denn da ist außer dem Torwart niemand mehr mit einer offenen Spielstellung.


    Wenn ich da zurück denke, dann habe ich seinerzeit ähnlich gedacht wie du. ich war detailbesessen und habe zu wenig an das Wesentliche gedacht. Zum Wesentlichen gehören nun einmal die Gegner. Selbst, wenn ich meinen Stil und meinen Weg gehen möchte, kann ich deren Taktik und Stärken nicht gänzlich ignorieren.


    Vielleicht findest du in den nächsten Tagen einmal die Muße, dich ein stückweit vom Trainings- und Spielalltag deiner Mannschaft zu entfernen, um die Situation etwas neutraler zu betrachten? Denn wie seinerzeit Rainer Bonhof schon sagte: "Fussball spielt sich zwischen den Ohren ab. Dieses Brachland sollte hin und wieder neu bepflanzt werden."

  • Vielleicht findest du in den nächsten Tagen einmal die Muße, dich ein stückweit vom Trainings- und Spielalltag deiner Mannschaft zu entfernen, um die Situation etwas neutraler zu betrachten? Denn wie seinerzeit Rainer Bonhof schon sagte: "Fussball spielt sich zwischen den Ohren ab. Dieses Brachland sollte hin und wieder neu bepflanzt werden."


    Wird währende der Vorbereitung natürlich nur bedingt möglich sein. In allem was du geschrieben hast gebe ich dir recht.
    Mein bisheriges Fazit ist es, die Handlungs- und Reaktionsschnelligkeit der Spieler weiter zu fördern. Und in der Rückrunde mit den aus den Hinspielen gewonnen Erkenntnissen die Gegner besser einschätzen und bespielen zu können ;)


    Ich denke es liegt weniger an Methodik oder Trainingsintensität.


    Grüße
    Zodiak

    „Erfolg ist ein Geschenk – eingepackt in harte Arbeit." (Ernst Ferstl)

  • Zodiak



    Mein bisheriges Fazit ist es, die Handlungs- und Reaktionsschnelligkeit der Spieler weiter zu fördern.


    Das dürfte auch aus meinen Erfahrungen heraus ein guter Weg sein. Denn Positionssicherheit bedeutet, dass man alle Aufgaben zunächst einmal erkennt (Scannen des ballnahen Raumes) und unverzüglich darauf reagiert.


    Es kommt ja hier im Forum nicht so häufig vor, dass Themen im Leistungsfussball diskutiert werden. (Also alle Trainer im unteren Jugend- und Breitensportbereich jetzt mal wegklicken! :D ) Deshalb habe ich noch ein paar Fragen, die mir in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig erscheinen:


    1. Gegnerbeobachtung
    Selbst auf die Gefahr hin, dass "Coever" jetzt wieder sagt, das ist kein "Jugendfussball" möchte ich noch gerne von dir wissen, wie du/ihr das mit der Gegnerbeobachtung macht? Machst du lediglich Notizen zu jedem Gegner, gegen die ihr in der Hinrunde gespielt habt oder fährt auch jemand, bevor ihr gegen diesen Gegner spielt, zur Sichtung wo die Stärken und Schwächen des nächsten Gegners liegen?


    2. Taktische Mannschaftseinstellung auf Basis der Gegnerbeobachtung
    Denn zum Leistungsfussball zählt auch die taktische Einstellung des Teams. Wenn das Spiel begonnen hat, dann ist es zu spät, denn dann sollen sich die Jungs ganz aufs Spiel konzentrieren. Da ist es normal, dass auch mal was schief geht und dafür ist dann auch das nächste Training wieder da.


    3. Spielanalyse
    Daraus resultierend noch eine Frage: wie und wann machst du die Spielanaylse mit deinen Jungs? Erzählst du ihnen gleich, was nach deiner Meinung gut war und was man besser machen kann oder fragst du zunächst durch die Runde, was jeder von sich glaubt gut gemacht bzw. noch besser machen zu können? Wenn letzteres der Fall ist, was sagen deine Jungs?

  • Interessante Fragen, hier meine Antworten:


    zu 1:
    ich mache mir im ersten Spiel gegen jeden Gegner Notizen und spreche mit den Vorjahrestrainern dieser Liga im Verein ggf. die einzelnen Vereine/Teams durch. Manche sind für ihre Spielweise bekannt manche weniger. Ich schreibe mir dann auch auf Grund der Sichtungsarbeit für den Stützpunktkoordinator, wer (Nummer, Name, Position) die besten/auffälligsten Spieler beim Gegner sind. Dazu notiere ich mir Spielsystem, Pressingverhalten, Schwachstellen usw. Mangels Zeit und da das ganze ja noch "nebenbei" geht fährt keiner von uns zu direkten Konkurrenten. Natürlich beobachte ich Spiele im Landkreis auf niedrigerem Niveau (mehr Scoutingarbeit)


    zu 2:
    mit den aus dem Hinspiel gewonnen Erkenntnissen versuche ich natürlich dann Fehler abzustellen bzw. Schwachstellen zu bespielen und Stärken effektiv zu bekämpfen. Der FC Ingolstadt hat bei uns in der Liga zum Beispiel einen alles überragenden Spieler, der im Spiel gegen uns 2 Freistöße direkt verwandelt hat, einen Elfmeter herausgeholt hat und uns allgemein Knoten in die Beine gespielt hat. Klar muss sein, Fouls in Tornähe gegen den FCI zu vermeiden und der Spieler bekommt natürlich eine "Sonderbewachung"


    zu 3:
    Nach dem Spiel kommen wir vor dem Auslaufen kurz zusammen, ich reflektiere grob was mich gestört hat und was mir gefallen hat. In der "Nachbearbeitung" mache ich mir dann Gedanken, tausche mich mit meinem Co Trainer aus und ggf. auch Trainern aus dem Verein die zugeschaut haben. Im ersten Training nach dem Spiel nehme ich mir dann 10-15 Minuten um die Kernthemen anzusprechen. Einige Spieler nehme ich mir auch während der Trainingswoche zur Seite und gebe direkt Rückmeldung - bietet sich gerade mit den einzelnen Aufgaben die Spieler von mir bekommen an.


    Ich finde es übrigens sehr schade, das tiefergehende Gespräch im Bereich Leistungsfußball so selten sind, kann mir natürlich auch denken, das es nur für einen Bruchteil wirklich relevant ist - ich kenne aber min. 2 Trainer aus dem Forum persönlich die selbst im Leistungsbereich tätig sind, aber nur teilaktiv sind :)


    Grüße
    Zodiak

    „Erfolg ist ein Geschenk – eingepackt in harte Arbeit." (Ernst Ferstl)

  • Zodiak


    Ich finde es auch ein wenig schade, dass der Leistungsfussball hier so kurz kommt. Aber vielleicht gibt eine größere Resonanz, wenn Uwe die Rubriken eingeführt hat?


    So, jetzt zu deinen Anmerkungen


    zu 1. Wie spielt der Gegner
    Es in jeder Saison im Leistungsfussball wieder das selbe Wettrennen um die schnellstmöglichen Fortschritte in der Spielanlage. Erfahrene Trainer wenden dabei ihre bewährten Methoden an und gehen dabei ein geringeres Risiko als die "Frischlinge"! Aber gerade diese Trainer sind die Würze der Liga und für mich ist es auch kein Wunder, warum sollte Trainer hin und wieder einen "Durchmarsch" hinlegen. Doch für jeden Trainer sind die Möglichkeiten limitiert. Wenn man ein Ausnahmetalent hat, dann hat der in der Hinrunde noch den Kopf frei, um seine Vorteile für die Mannschaft in die Waagschale zu werfen. In der Winterpause kommen dann schon die Souts der großen Vereinen mit verlockenden Angeboten. Um sich einigermaßen über das aktuelle Leistungsvermögen zu informieren, ist es am besten, wenn man sich mit frischen Informationen versorgt. Hat man zum Trainer des letzten Gegners einen guten Draht, dann kann ein Telefon reichen. Wenn nicht, dann kommt man nicht umhin, einen Kollegen dorthin zu entsenden, wenn man selbst keine Zeit hat.


    zu 2. Wie geht man mit gegnerischen Top-Angreifern um?
    Eine Sonderbewachung ist immer der letzte weg, denn dieser Spieler ist durch seine Aufgabenbindung kaum in der Lage, auch offensive Aufgaben (z.B. Spielaufbau) zu übernehmen. Mein Vorschlag: diesen besonders starken Angreifer ins Abwehrverhalten einzubinden. D.h konkret nur bei gegnerischem Ballbesitz stellt dein ballnaher 6-er den Passweg und dein IV den Ballweg für diesen gefährlichen Angreifer zu. Ist dein Team in der Offensive am gegnerischen 16-er rücken deine beiden IV näher zusammen, wobei einer den Passweg und der Andere absicherend den Laufweg für den gegnerischen Angreifer zustellt. Bei eigenen Ballbesitz agieren der IV und der 6-er ganz normal!


    zu 3. Spielanalyse
    Die Analyse vor der Mannschaft unmittelbar nach dem Spiel habe ich mir abgewöhnt. Denn man ist auch nur ein Mensch, weshalb die Emotionen hin und wieder den klaren Verstand ein wenig benebeln können. Bei einigen Spielern mag überschwängliche Freude oder zornige Verärgerung über sich oder die Mannschaft die Kontaktdrähte zum Gehirn ebenfalls blockieren.


    3.1. Zeitpunkt der Spielanalyse
    Ich mache die Anlayse zu Beginn des nachfolgenden Trainings. Zwischenzeitlich habe ich genügend Zeit die Eindrücke des Spiels zu verarbeiten und mich mit Trainerkollegen über deren Eindrücke auszutauschen.


    3.2. Ablauf der Spielanalyse
    Die Analyse läuft jedoch etwas anders ab, als vermutlich bei den meisten von euch.


    3.2.1. Vor eigenem Kommentar Abfrage an die Spieler
    Ich frage zunächst in der Runde, wie jeder Einzelne seine eigene Leistung beurteilt.
    Für die bekannten Spieler ist es immer auch ein Vertrauensbeweis, dass sie ihre Sicht der Dinge darstellen können. Man erkennt, wie häufig man seinen eigenen Augen nicht trauen konnte, weil sich in der hohen Geschwindigkeit manches doch anders abgespielt hat, wie man glaubte. Dieser "zweite Blick" ist jedoch sehr wichtig zur Gewinnung von Erkenntnissen und dem Wissenstransfer. Sonst bekommt der Spieler einen Hinweis, der beim nächsten Spiel aber "in die Hose geht", weil man nur einen Teil der Situation erkennen konnte.


    3.2.2. Erwartete und unerwartete Reaktionen der Spieler
    Immer, wenn es neue Spieler in der Mannschaft gibt, ist man von deren Reaktion überrascht. Weil zunächst einmal Scheu davor herrscht, vor der versammelten Mannschaft auch über eigene Schwächen zu sprechen, nehme ich die erst ziemlich zum Schluß dran. Normal ist in dieser Anfangsphase, das Spieler ihre eigenen Leistungen bewußt oder unbewußt falsch einschätzen. Entweder schätzen sie sich zu negativ oder zu positiv ein. Dann gibts noch die, die gar nichts von sich selbst preisgeben wollen und immer nur vom "wir" der Mannschaft sprechen.


    3.2.4. Der "zweite Blick"
    Genau, wie man sich seine Meinung erst dann bildet, wenn man mindestens 2 unterschiedlichen Seiten gehört hat, sollte man seinen bzw. den Blick des Kollegen mit denen der Spieler abgleichen. Im Verlaufe dieser Anlayse identifizieren sich die Spieler damit, weil sie den Worten der Trainer und Kollegen die Bedeutung zumessen können. Diese Nachhaltigkeit durch das Verständnis der Situationen wirkt sich auf die weitere Entwicklung der Spieler positiv aus. Denn Fussball findet zunächst einmal im Kopf und dann mit den Füssen statt.


    4. Integration der Spielanalyse als Übung oder Spielform ins Training
    Bei der Spielanalyse unmittelbar nach dem Spiel kann man leicht den Eindruck gewinnen, man habe nun alles zum Thema gesagt und nimmt es auf die leichte Schulter. Aber der Schlußpunkt ist nicht die Analyse, sondern das trainieren von Verbesserungen durch geeignete Übungen und Spielformen. Denn ich integriere nach Rücksprache mit den Trainerkollegen und Spielern diese Punkte durch Übungen und Spielformen ins Training. So macht man die Analyse glaubhaft und so gewinnt sie an Wert. Denn sie hat zu konstruktiven Verbesserungen geführt. Eine Analyse als Bedürfnis, sich als Trainer "Luft zu machen" mag ein emotionales Bedürfnis sein, reicht aber für den Leistungsfussball nicht aus. Denn anders als im Breitensport gibt es Ziele und Zeiträume, in denen diese Ziele bestmöglich erreicht werden sollen.


    4.1. Trainieren heißt Improvisieren
    Natürlich braucht es Zeit und Erfahrungen aktuelle Erkenntnisse ins Training einzubinden. Auf "sonnenklare Defizite" kann man sich fürs Mannschaftstraining gut vorbereiten. Für "versteckte Defizite" bietet sich das Kleingruppentraining an. Denn dabei kann man sehr viel besser auf den Einzelnen eingehen und die gewünschte Spielsituation präzise provozieren. Um rasch Fortschritte zu erzielen bietet sich widerum das interaktive Training (Frage in der Situation: warum hast du das jetzt so gemacht ... wie könnte man es noch anders bzw. besser machen ...bzw. probier es mal so, wenn Spieler nur mit den Achseln zuckt ...) an.


    4.2. Durch Improvisation im Training selbst hinzulernen
    Eigenanspruch im Leistungsfussball ist es auch, sich selbst weiterzuentwickln, um wachsende Herausforderungen anzunehmen. Dazu genügt nicht ein Zeitplan und nicht eine häufige Kontaktaufnahme mit interessanten Ansprechpartnern. Dazu gehört zunächst einmal die Weiterentwicklung eigener Trainerfähigkeiten. Ein Teil ist die Lizenz, der andere ist der Transport von Fachwissen. Das Aneignen dieses Wissens ist bei jedem Menschen individuell anders. Eine recht gute Methode ist das Abspeichern von Lösungsbildern im Langzeitgedächtnis. Lösungsbilder einer Situation ergeben sich in jedem Training. Sie können beim späteren Bedarf bei ähnlichen Situationen wieder hervor geholt werden. Wie sagt man so schön: Was man im Kopf hat, das braucht man sich nicht noch extra aufzuschreiben.


    Sorry, ist mal wieder viel zu lang geworden!

  • Mir erscheint deine Methode der Reflektion als sehr zeitintensiv, was mich persönlich etwas abschreckt! Ich versuche möglichst viele Einzelgespräche "zwischendrin" zu führen - die Führungsspieler im Team äußern ihre Meinung regelmäßig in der Spielanalyse.


    Kommenden Montag werde ich mal die von dir angesprochene Methode anwenden ;)


    Grüße
    Zodiak

    „Erfolg ist ein Geschenk – eingepackt in harte Arbeit." (Ernst Ferstl)

  • Zodiak


    Die Zeitintensität der Anlayse hängt davon ab, ob man "auf Kurs ist" oder nicht! ist man in seinem Plan und bekommt die Bestätigung im Training und auf dem Platz, dann ist das eine sehr kurze Angelegenheit.


    Bei meiner früheren Methode war es ebenfalls so, dass sich die, die ihren Senf dazu geben wollten, geäußert haben. Es ist aus den bereits genannten Gründe jedoch wichtig, den Blick vom Urheber einer Situation selbst zu bekommen, um sich ein besseres Bild davon zu machen. Außerdem besteht meine Mannschaft nicht aus 3 - 4 Spielern. Es kann auch nicht die Einzelgespräche (führe ich bei den aus der Anlayse resultierenden Spieler auch) ersetzen. Denn es ist wichtig, dass alle Spieler des Teams diese Informationen mitbekommen. Sie haben Auswirkungen auf alle anderen Spieler, denn jeder hat ja offensive und devensive Aufgaben. Sie sind nur unterschiedlich gewichtet.


    Würde mich freuen, wenn du die Ergebnisse der geänderten Analyse-Methode hier reinstellst. :)

  • Ohne jetzt alles gelesen zu haben: Hast du schon mal versucht, einen Abwehrchef zu ernennen? In einer U16 sollte man ja langsam spielintelligente Spieler finden vielleicht hast du da ja einen, der entsprechende Situationen erkennnt.


    Dieser könnte dann aus der IV raus ein bisschen mithelfen, dass die Ordnung bestehenn bleibt.


    Ist wahrscheinlich nicht die 100 Prozentige Lösung, aber vielleicht ein kleiner Schritt.

  • Zodiak


    Wie du sicher bemerkt hast, schreibe ich kaum noch etwas. Hier sind mitlerweile ganz viele Trainer, allen voran Andre und Ralf Klohr, die sich für den kindgerechten Fußball einsetzen.
    Ich schreibe in dem Forum nur noch, sobald etwas, meiner Meinung nach, zu sehr aus dem Ruder läuft.

    Zitat

    Dirk
    Das du als Coerver Verfechter auf die Technik aus bist, weiß ich doch ;) - ich selbst trainiere massiv Technik mit den Jungs. So ist bei jeder Einheit 15-20 Minuten Passspiel sowie Ballan- und Ballmitnahme integriert - auch die Individualtaktik kommt bei weitem nicht zu kurz. Jedoch muss ich ein Team, das im nächsten Jahr eben wieder in der zweit höchsten Jugendspielklasse spielt auch wert auf die taktische Ausbildung legen.


    Bei mir kommt deine Antwort so an: "Ja, ja der Dirk, der muss ja als Coerver Coach auf die Wichtigkeit der Technik hiweisen!"
    Hier habe ich nicht als Coerver-Coach geantwortet, sondern als Kenner und Verfechter des DFB Konzeptes geantwortet.


    In den letzten 3 Jahren durfte ich mir von ca. 25 verschiedenen NLZ die A- und B-Jugendmannschaften ansehen.
    Dabei ist mir aufgefallen, dass sich nicht ein einziges NLZ in der Praxis an das DFB-Konzept hält. Hier herrscht unglaubliches Ergebnisdenken vor. Vor allem Trainer, die Mannschaften in der mittleren und unteren Regionen der Tabelle betreuen, halten sich kaum noch an eine Empfehlungen.
    Manchmal kommt es mir vor als wenn die Trainer(Achtung mindestens DFB-A-Linzenzinhaber) nur ihr eigenes Schaulaufen durchführen, immer in der Hoffnung, dass sie endlich als Trainer entdeckt und zu Höheren berufen werden.
    Dort wimmelt es von ehemaligen Profis, die niemals verstehen werden, warum einige Spieler ihrer Mannschaft Probleme mit ihren taktischen Vorgaben haben. Diese Profis oder auch "Möchtegern Profitrainer" waren in ihrer Jugend höchstwahrscheinlich mit mehr Talent gesegnet als die Spieler die sie jetzt trainieren, Sie werden sich niemals in die jugendlichen Spieler hineinfühlen oder -denken können um zu verstehen, wo sie mit ihrer Ausbildung ansetzen müssen. Diese Aussage gilt auch für die allermeisten Trainer, die nicht im Profibereich gespielt haben, sich aber im NLZ und im hochklassigen Jugendfußball austoben dürfen.


    Warum werden den Spielern die komliziertesten System und Taktiken in so jungen Jahren gelehrt- obwohl sie sich noch in einem geistigen Reifeprozess befinden.
    Wer sagt denn, dass ein geistig noch nicht so weit entwickelter Spieler in Seniorenbereich mit einmal der taktische Überflieger wird? Hier wird dann lieber dieser Spieler aussortiert und auf externe Spieler zurückgegriffen. In den Zuliefervereinen sind dann wohl doch die besseren Trainer- oder?


    Statt den Jugendlichen das taktische "1 x 1" zu vermitteln, werden hier super tolle Systeme ausprobiert nur damit man nicht absteigt, oder den Anschluss an die Spitze nicht verliert, oder damit "Trainertalent-Scouts" auf einen aufmerksam werden.


    Was spricht denn gegen das vom DFB vorgeschlagene und auch sehr gut begründete 4:3:3 oder das 4:4:2?
    Haben hier die Trainer der NLZ und die Trainer der hochklassigen Mannschaften nicht zugehört-- oder sind die Theoretiker des DFB, bei denen sie die Ausbildung durchlaufen haben alles nur Stümper?


    Was ist denn an den DFB Empfehlungen aus der Sicht des Ausbilders so schlecht, das man mit den Jungs die tollsten Senioren Systeme einstudieren muss?

    Ein Kind trainieren heißt nicht, eine Vase zu füllen, das heißt, ein Feuer anzuzünden

    Einmal editiert, zuletzt von Dirk Coerverfan ()

  • Dirk - komme gerade vom Training habe mir ein Bier aufgemacht und will die Füße hochlegen - danke für deine Antwort, ich werde im Laufe des Wochenendes darauf eingehen ;)


    Danke dir fürs Verständnis!


    Grüße
    Zodiak

    „Erfolg ist ein Geschenk – eingepackt in harte Arbeit." (Ernst Ferstl)

  • Wie versprochen meine Antwort ...


    Das große Problem ist, das die NLZs ihre eigenen Konzepte haben die zum großteil von den Trainern der ersten Mannschaft vorgegeben werden. Diese definieren dann auch ein durchgängiges System für die einzelnen Jugendmannschaften. Bei uns soll beispielsweise aktuell im 4-1-4-1 und/oder im 4-2-3-1 gespielt werden. Gegen den Ball spiele ich aber wie geschrieben ein 4-4-2 um das Zentrum kompakt zu halten.


    Für mich ist das DFB Konzept nicht das perfekte Konzept, den so wie ich dir schon damals in Nürnberg gesagt habe, kann es für mich kein straffes Konzept geben das andere Themen oder Methodiken ausgrenzt. Aus meiner Sicht muss ein Konzept einen gewissen Rahmen im


    - technischen
    - taktischen
    - persönlichen


    Bereich aufweisen und diese müssen je nach Altersstufen unterteilt definiert werden. Der individuellen Entfaltungsmöglichkeit und begleitenden Themen wie Coerver oder Life Kinetik, die je nach Trainerteam vorhanden sind sollten dynamisch mit einfließen.


    Wir haben beispielsweise im Kleinfeldbereich ein Konzept das komplett auf Coerver Elementen und der technischen Ausbildung der Kicker aufbaut.
    Im Übergangsbereich geht es primär um Individualtaktikische Ausbildung und ab U15 nehmen taktische Elemente massiv zu. Da wir aber 3-5 mal die Woche trainieren und zum großteil technisch gute Spieler haben, kommt hier die Ausbildung des einzelnen meiner Meinung nach nicht zu kurz.


    Ich war kein Profi und wäre bei weitem zu schlecht gewesen - ich glaube einschätzen zu können was die Jungs umsetzen können und was nicht. Ich finde es absolut nicht vermessen, auch tiefergehende taktische Elemente zu vermitteln, den die Aufnahmefähigkeit der Spieler ist hoch genug. Da wir in den vergangenen Jahren als Schnittstelle in den Profibereich dienen und über 30 Spieler zu den Vereinen nach München (1860, FCB und Unterhaching - teilweise auch Wacker Burghausen) abgegeben haben - kann sowohl die technische als auch die taktische Ausbildung nicht so schlecht gewesen sein. Das es überall Raum für Verbesserung und Optimierung gibt, ist unbestritten.


    Zu guter Letzt: Nein so fasse ich deinen Post nicht auf, ich weiß sowohl das du DFB Konzept und Coerver vertrittst - wir sind uns nicht unähnlich, ich aber für meinen Teil halte das DFB Konzept für "nett" und eine gute Stütze, aber nicht für der Weisheit letzten Schuss.


    Grüße
    Zodiak

    „Erfolg ist ein Geschenk – eingepackt in harte Arbeit." (Ernst Ferstl)

  • Dirk


    Das mit den NZLs ist mir auch aufgefallen, aber es ist doch keineswegs verwunderlich, dass die Konzepte, die man beim Trainerschein lernt, schnell wieder verflogen sind. Im Fußball sind so viele Dickköpfe unterwegs, die ihre eigene Meinung mitbringen und sich nur durch die Ausbildung quälen, um am Ende einen Wisch in der Hand zu haben. Ich glaube auch nicht zu 100% an all das, was einem immer vorgekaut wird. Aber ich denke man sollte es als Stütze sehen, als Erweiterung des eigenen Horizonts, einige Dinge übernehmen, einige ändern oder ganz rausschmeißen. So entsteht eine eigene Philosophie, aber wie gesagt, man sollte es schon annehmen, was man gelehrt bekommt.


    Allerdings würde ich dir im Punkt taktische Schulung widersprechen. Taktik ist nur Logik, die man selbst jüngeren Jugendlichen einfach beibringen kann. Die Frage ist nur, wie du es erklärst. Wenn ich meiner U 13 erklären möchte, dass wir nach Ballverlust immer ein kurzes Gegenpressing spielen, um uns dann zurückzuziehen, dann darf ich mich nicht hinstellen und so einen Vortrag halten, wie ich es im Seniorenbereich tun würde. Viel mehr muss ich bildlich sprechen. Dann verstehen es selbst meine Jüngsten. Und vor allem auf dem Platz trainieren, die Taktiktafel bringt einen kein Stück weiter.


    Was mir aber eigentlich am wichtigsten war bei diesem Post: Halte Jugendliche nicht für blöd. ;)

    Zitat

    Warum werden den Spielern die komliziertesten System und Taktiken in so jungen Jahren gelehrt- obwohl sie sich noch in einem geistigen Reifeprozess befinden.


    Auch in einem geistigen Reifeprozess kann man ein Spielsystem verinnerlichen. Wichtig ist dabei nur Konstanz und ein guter Trainer, der sich auf das Wissen seiner Mannschaft einstellt und Schritt für Schritt macht. Dann kann man auch ein 4-1-4-1 spielen - egal was der DFB empfiehlt. Wieso man das unbedingt möchte, steht auf einem anderen Blatt.

  • Ich sehe das so, dass Zodiak eigentlich kein Problem hat. Junger Jahrgang in höherer Liga und geht dort nicht unter, prima.


    Ich schließe mich ansonsten den Ausführungen von Dirk und auch Siebener an. Diskutieren kann man das ja mal, aber die Frage steht halt im Raum ob es sinnvoll ist so taktisch im Detail schon in der B auszubilden. Wenn sie das nun auch noch beherrschen....WAS willst du denen dann in der A Jugend -also in der letzten Etappe der Ausbildung...kurz vor den Herren- beibringen....WAS? Benenne mir doch mal ein NEUES Thema danach...mir fällt keines ein, sorry.


    Wäre es eine A....oder Herrenmannschaft,...


    rein fußballerisch gesehen ist das für mich ein Problem in Sachen -eine Taktik zu erkennen...sie zu lesen...und auf sie zu vertrauen...dadurch dass ich über die negative Erfahrung irgendwann erkennen kann...was die Schwäche ist und war...um sie dann abzustellen in der Lage bin-.


    Um diese negative Erfahrung sie erkennen zu lassen...käme mir hier die Idee im z.B. im 1 Angreifer : 2 Verteidiger....dann 2 Angreifer gegen 3 Verteidiger und später dem 3 Angreifer gegen 4 Verteidiger bis zum 3 bis 4 Angreifer gegen 5 - 6 Verteidiger (zwei Sechser)....die Lücken beim "Breitstehen" zu erkennen. Dabei wäre auch wichtig, dass der VT mal Angreifer ist, damit er den Tödlichen spielt und erkennt wo das Problem ist.


    Ich kann besser im Rahmen der Gruppentaktik auf diesem Gebiet arbeiten, um das Grundproblem aufzudecken, gerade bei einem Jungjahrgang B in einer solchen Liga...aber auch überhaupt. Ich glaube das das so effektiver ist. Im großen Verbund das Problem zu erkennen...zu fühlen...spreche ich ab, entzieht sich meiner Denke und meinem Bauchgefühl. Da wird -wenns gut läuft- etwas abgespult, das der ein oder andere Einzelne vielleicht so nicht versteht...nachfühlen kann. Genau das wären die Spieler, die dafür sorgen, dass die Lücken spätestens dann unter Druck entstehen.


    Zudem der Gedanke, das auch das Umschalten von Angriff auf Verteidigen (Verteidigen geht beim Stürmer los) in die Prüfung des Problems einzubeziehen ist. Frage wäre vor meinem geistigen Auge, ob die Flügelspieler bei Ballverlust auf "zurück und eng" umschalten?


    Um dahin zu kommen, würde ich in den Fokus stellen, im Prinzip Themen der C-Jugend aufzunehmen und nachzuarbeiten, um das Puzzle frühestens im zweiten Jahr B nochmals zusammen zu setzen. Der Herrentrainer dürfte dann zur A Jugend gastieren ;) .

  • Dirk


    Ich kann dir in den meisten Punkten recht geben, dass es auch im Jugendleistungsfussball statt um Ausbildung um den Aufbau eines Netzwerks zur eigenen Karriereplanung geht. Aber spätestens in der A-Lizenzausbildung wird auch vom DFB darauf aufmerksam gemacht. Schon allein aus dem Interesse heraus, auch zukünftig genügend qualifizierte und engagierte Trainer zu bekommen, von denen sich ein paar später für die DFB-Fussballlehrer-Lizenz entscheiden. Dafür wird schon bei der Auswahl der Kandidaten wert gelegt.


    Was die Trainer und Vereine allerdings daraus machen, dass ist eine ganz andere, eigene Sache. Wie im realen Leben bekommen auch dort Trainer, die lediglich in kurzen Erfolgszeitrahmen denken, gerade von denen die besten Noten, die sich am wenigsten darum scheren. Sie sind auch nicht zu einer Qualitätsbeurteilung gezwungen, weil die Auswahl an "Trainer-Frischfleisch" groß genug ist. Es ist in der Tat ein Haifisch-Becken mit seinen eigenen Gesetzen. Wobei als oberstes Gesetz: "wer Erfolg hat, der hat recht" fast immer gilt.


    In den Niederlanden werden fast alle Jugeänd-Teams im ab dem C-Jugendbereich bis einschließlich A-Jugend nach dem 4 : 3 : 3 trainiert. Dies hat den Vorteil, dass jeweils auf das vorhandene Wissen aufgebaut werden kann. Ferner bietet dieses recht offensive System die Möglichkeit, die individuellen technischen Qualitäten noch besser zu formen, als es eine defensivere Systemeinrichtung.


    Auch ein 4 : 4 : 2 oder von mir aus ein 4 : 2 : 3 : 1 würde weitaus weniger Probleme machen, wenn man dabei bliebe, statt bei der U 16 schon nach dem Vorbild des "Championssiegers" spielen lassen zu wollen.


    Das Problem ist, wie bei fast allen Dingen des Lebens, dass die jeweiligen Aussagen nur und bestimmten Voraussetzungen funktionieren. Verknüpft man jedoch mehrere Aussagen miteinander, so erweckt dies für den Laien hohe Kompetenz, für den Fachmann kräuseln sich die Nackenhaare.


    Wer aber nicht "mit den Wölfen heult", der hat es schwerer und muß sich jeden einzelnen Pluspunkt seiner Arbeit erkämpfen. Da haben es die unter den Schreibtischen der Vereinsmanager hockenden Speichellecker weitaus einfacher. Denn sie wissen ihr fehlendes Know-How durch Kritik an der Arbeit Anderer geschickt zu verdecken. Warum sollte es im Fussball auch anders zugehen als in anderen Wirtschaftskreisen?


    Ach ja, da gibt es ja noch die Jugend. Sorry, tut mir leid, die kommt nicht darin vor! Dafür hat man allerhöchstens den "nervösen Daumen", der mal nach oben und mal nach unten zeigt. Formschwankungen, wie sie eigentlich während der Jugend normal sind, werden nicht verziehen. Weil es auch um sehr viel Geld geht, suchen die Scouts der großen Vereine unermüdlich nach noch unentdeckten Talenten.


    Wenn man sich mit der Ansicht einer taktischen Gruppe im Jugend-Leistungsfussball auseinander setzt, dann kann es nicht schaden, sich mit dem Jugendleistungsfussball insgesamt auseinander zu setzen, um die Rahmenbedingungen zu erkennen und seine sinnvollen Schlüsse daraus zu finden.


    Dennoch muß man seinen eigenen, autentischen Weg gehen, darf keine Angst vor Fehlern haben. Einer der häufigsten Fehler ist es, schon zu früh und zu sehr ins Detail zu gehen, statt zunächst einmal zu schauen, wo man die Mannschaft abholen muß und wohin es realistischerweise in der nächsten Zeit gehen kann.

  • Andre
    Was ich ihnen neues beibringen soll in der A Jugend? Da geht es nicht um Neuigkeiten, sondern um die Heranführung an den Herrenbereich, der sich sowohl im Breitensport als auch im Leistungssport von der Athlethik und auch der Geschwindigkeit nochmal deutlich unterscheidet. Das Tempo im höheren Alter wird ja nicht langsamer sonder eher höher und dann erst anfangen auf taktische Elemente einzugehen halte ich persönlich für zu spät.


    Was spricht dagegen Taktik nicht anzusprechen?
    Soll ich Spielern die bei einer falschen Ballannahme wissen wo der Fehler liegt zum 1000x sagen das sie de Ball im Zentrum treffen müssen, das Fußgelenk stabilisiert sein soll, das Standbein in Passrichtung zeigen soll und der Fuß sauber nachschwingen muss? Das haben die meisten bei uns im Blut - die Wissen genau was sie bei einem schlechten Ball falsch gemacht haben.


    Stellungsfehler erkennen sie oftmals noch nicht bzw. laufen sie freiräume zu spät an - warum also nicht genau da das Coaching drauf abzielen lassen?


    Ich rede hier nicht vom tief taktischen Themen, sondern von einer kompakteren Defensive die ich erreichen möchte um die atlehtische Unterlegenheit zu kompensieren.


    Vor dem gestrigen Spiel waren wir gemeinsam beim Nudeln Essen und haben im Anschluss 90 Minuten gemeinsam an einem Flipchart - Positionsprofile erarbeitet - dabei gab es zwei grobe Unterteilungen mit Ausnahmen - die ware Zentrale Spieler, Außenbahnspieler. Dabei habe ich durch geschickte Fragestellungen das richtige Wissen aus den Jungs herausgekitzelt und aufgeschrieben.
    Im Spiel haben wir das gegen einen Gegner, der viele lange diagonale Bälle geschlagen hat sehr gut umgesetzt - ich habe mein Team bisher noch nicht so kompakt verteidigen sehen.


    Und im heutigen Training habe ich die Spieler der Reihe nach, nach ihrer Meinung zum Spiel gefragt und selbst beim letzten von 18 Anwesenden Spielern (15 waren im Spiel dabei) kam noch ein Punkt den die anderen vorher nicht angesprochen hatten.
    An dieser Stelle ein herzlichen Dank an dich TW-Trainer - war sehr interessant, aufgrund der Zeit aber nicht jede Woche so ausführlich möglich - war aber sehr interessant zu sehen, das die Spieler als kollektiv eine sehr ähnliche Sicht hatten und Fehlerquellen gut identifizieren konnten.


    Das heutige Training war trotz der 0:3 Niederlage gestern (2x langer Ball verschätzt 1 gegen 1 auf TW und ein TW Fehler) extrem produktiv und die Spieler haben viele der gestern angesprochenen Dinge auf das 4 gegen 4 adaptiert.


    Ich behaupte einfach mal meine Spieler mit dem was ich verlange nicht zu überfordern - Taktik gehört für mich ab U15 immer mehr dazu, nicht tieftaktisch analysiert wie auf den einschlägigen Portalen, aber einen groben Plan und einem Konzept sollte das ganze folgen.


    Ich freue mich auf eure Teilnahme an der Trainertech - diese Themen lassen sich herrlich bei einem guten bayerischen Bier diskutieren :)


    Grüße
    Zodiak

    „Erfolg ist ein Geschenk – eingepackt in harte Arbeit." (Ernst Ferstl)

  • Ich habe in den letzten beiden Trainingswochen (8 Einheiten und zwei Spiele) extreme Fortschritte gemacht.
    Neben einem sehr kompakten Zentrum, klappt es situativ auch, den Signalball vom AV flach auf den AM zu provozieren.
    Im ersten Spiel haben wir gegen einen körperlich überlegenen Gegner eine Liga tiefer 0:3 verloren. Dabei ist zu sagen, das dieses Team zu keinem Zeitpunkt an einem Spielaufbau interessiert war. Durch das zu spätze absetzen nach hinten bei einem langen oder diagonalen Ball wurden wir mehrfach überrant. In der ersten Halbzeit haben wir es nicht geschafft die gegnerische Viererkette unter Druck zu setzen, da die Spieler nicht mutig genug waren um vorne auch Druck auf die Verteidiger auszuüben.
    Im zweiten Spielabschnitt hat dies wesentlich besser funktioniert.
    In 3 Trainingsspielen im 8 gegen 8 bis 11 gegen 11 gegen die eigene U17 (eine Klasse höher Tabellenführer) haben wir einmal 0:4 und einmal 0:1 verloren - wobei beim 0:1 der Gegentreffer aus einem direkt verwandelten Freistoß resultierte und die anderen Gegentore groteske individuelle Schnitzer in der Zweikampfführung bzw. im Spielaufbau waren.
    Dadurch, das die Spieler diese komprimierte "Schulung" im taktischen Bereich erhalten haben, haben sie einen enormen Schritt gemacht - im gestrigen Spiel gegen einen unterklassigen Gegner, kam es zu keinen Chancen die aus dem Spielaufbau oder durch lange Bälle entstanden sind. Lediglich bei ruhenden Bällen wurden wir 2-3 mal überrannt und haben in der Nachspielzeit so auch das einzige Gegentor kassiert.
    Im letzten Test vor der Punkterunde gilt es gegen einen gleichwertigen Gegner diesen positiven Trend zu festigen.


    Interessant war zu sehen, das auch nach dem gestrigen Spiel und den Trainingsspielen die Spieler in der offenen Feedbackrunde positiv überrascht davon waren wie "einfach" es doch sein kann.


    Übrigens habe ich nun die Regel, lange Bälle die wir springen lassen und Bälle die in unserem Strafraum bei Standarts aufspringen bedeuten 20 Liegestütze für alle Spieler im Training ;) - das hört sich drastisch an, hat aber gefruchtet - die Jungs setzen sich besser ab und gehen in die Bälle. Welch ein Diktator ich doch bin :)


    Grüße
    Zodiak

    „Erfolg ist ein Geschenk – eingepackt in harte Arbeit." (Ernst Ferstl)