Ralf hat mir diesen offenen Brief gesendet:
Liebe Mitglieder des Forums,
ich lese hier immer mal wieder, dass es Verständnisprobleme mit dem Umgang der FairPlayLiga gibt. Mir ist das bewusst, denn die FPL/der Kinderfußball ist keine heile Welt.
Ich sehe die FairPlayLiga ganz einfach: Kinder spielen Fußball.
Ich möchte, dass die Kinder ungestört spielen können, was voraus setzt, dass Erwachsene respektvollen Abstand zum Spielfeld halten und die Kindertrainer ihrer Aufgabe gerecht werden und den Kindern bei Schwierigkeiten helfen. Mehr nicht!
Bei der Aufgabe der Kindertrainer ist mir wichtig, dass die fachliche Kompetenz der Trainer nicht in den Vordergrund gestellt wird. Ich bin der Überzeugung, dass im Kinderfußball JEDER seinen Platz findet, sofern er ein Herz für Kinder hat.
Ich sehe die FPL mit Trainer als eine Qualitätssteigerung zum „alten“ Bolzplatz. Ich sehe die FPL als „modernen“ Bolzplatz. Die Trainer haben in erster Linie einen Betreuungsauftrag. Auf dem modernen Bolzplatz können sie dafür sorgen, dass alle Kinder gerecht behandelt, also nicht benachteiligt, werden.
Wenn sie es drauf haben, können sie die Kinder sogar konfliktfähig machen. Was passiert denn schon, wenn sich Kinder beim Kinderfußball auf dem modernen Bolzplatz streiten? Ist da schon mal Blut geflossen? Ich gebe zu, dass dies ein hoher Anspruch ist in einer Welt, in der man fordert, dass Kinder Regeln einhalten, die viele Erwachsene vergessen haben. Wer ist denn heute noch Vorbild?
Ich glaube an die soziale Kraft im Fußball und wenn das Geschwafel über Fairplay einen Sinn haben soll, dann muss es im Kinderbereich seinen Anfang nehmen und gelebt werden. Ich glaube nicht daran, dass Profis Vorbilder im sozialen Sinne sind. Profis können maximal sportliche Vorbilder sein. Die Vorbilder der Kinder sind wir. Du und ich!
Ganz wichtig ist mir Folgendes. Ich bin der Überzeugung, dass (fast) jeder Erwachsene das Beste für die Kinder möchte. Keiner möchte den Kindern schaden! Ich sehe das Problem im Kinderfußball jedoch in der Projektion der Wünsche von Erwachsenen in die Welt der ihnen anvertrauten Kinder. Ob dies Trainer, Vereinsverantwortliche oder Eltern sind, ist an dieser Stelle egal. Diese Projektion nimmt den Kindern ihre Realität und sie werden behandelt wie kleine Erwachsene. Das sind sie aber nicht, sie sind Kinder, die Zeit zur Entwicklung brauchen und ein Recht auf Ausbildung haben.
Ausführungen über Trainer, die ergebnisorientiert denken und arbeiten erspare ich mir. Die FairPlayLiga bietet allerdings auch denen die Möglichkeit es nächste Woche besser zu machen. Kinderfußball gibt jedem, jede Woche eine neue Chance!
Was vielen Kindern heute fehlt, ist eine verlässliche Orientierung und klare Grenzen. Der Kinderfußball hat die Möglichkeit, einen großen Teil dieser Orientierung zu leisten. Wie? Ganz einfach. Wenn Kinder unfair sind/spielen, muss der Trainer Einhalt gebieten, die Grenzen aufzeigen. Das ist der Anspruch an Kindertrainer bzw. an die Arbeit mit Kindern. Das ist der Anspruch an Erziehung! Wenn Erwachsene allerdings auf „Siegen“ ausgerichtet sind und Unfairness im Kinderfußballspiel einfach laufen lassen, schlimmer noch, dass sie Unfairness einfordern, dann ist auch der Kinderfußball als Chance für die Kinder vertan!
Dass Kinder gewinnen wollen, darüber sind wir uns einig. Dass Kinder ein Spiel oder auch eine Niederlage besser verarbeiten als Erwachsene ist, denke ich, auch klar. Wenn die Erwachsenen die Kinder aber ständig mit Ergebnissen konfrontieren, ist es nur logisch, dass Kinder dieses Denken übernehmen.
Als schlimm empfinde ich den Irrglauben, dass Kinder sich an die rauen Sitten der modernen Welt schon früh gewöhnen müssen. Ich bin der Meinung, dass Kinder erst einmal groß und stark werden müssen, damit sie die Welt, die wir ihnen bieten, auf Dauer verkraften zu können, um nicht an unserer Hinterlassenschaft zu scheitern.
Ziel der FPL ist es, die Erwachsenen für den Kinderfußball zu sensibilisieren. Die FPL ermöglicht es, den „Wettspielbetrieb“ unter möglichst kindgerechten Bedingungen durchzuführen. Ziel der FPL ist es, mit möglichst wenig Veränderung, möglichst viel für die Kinder zu erreichen. Ich bin der Meinung, dass Wettspielbetrieb, auf dem modernen Bolzplatz für Kinder sehr fördernd sein kann.
Ich träume nicht davon, dass die Erwachsenen es schaffen, die Kreativität der Kinder zu fördern und ihre Ideen mit in die Regeln des Spieles einzubauen (z.B. 3 Ecken, ein Elfer). Das konnten Kinder auf dem „alten“ Bolzplatz. Da aber Kinder beim heutigen Kinderfußball nicht selbst bestimmen, wird dies unmöglich bleiben.
Der alte Bolzplatz ist Vergangenheit. Lasst und doch die Erkenntnisse, was auch schon damals schief gelaufen ist, gemeinsam nutzen und lasst es uns auf dem modernen Bolzplatz besser machen.
Es gibt Vorbilder! In Krisengebieten, wie z.B. in Israel, Nordirland oder Kolumbien, nutzt man die soziale und integrative Kraft im Fußball, um mit Kindern, Jugendlichen und sogar mit Erwachsenen Konfliktmanagement zu betreiben. Die Projekte heißen „Football for Peace“ und „Futbal por la Paz“. Diese Aktionen waren Vorbilder für die Aktion Balance 2006, die im Vorfeld der WM 2006 in vielen Landesverbänden durchgeführt wurde.
Ich bin nicht naiv genug, um in unserer aufgeklärten, zivilisierten Gesellschaft noch an Wunder zu glauben. Ich glaube an die Kraft der Kinder und an die unglaubliche Kraft im Fußball. Ich glaube auch daran, dass ich aus Fehlern lernen und es morgen besser machen kann.
Liebe Mitglieder des Forums, ich bin euch allen und Uwe sehr dankbar. Ich habe unglaublich viel von euch gelernt und kann euch sagen, dass die FPL ohne euch nicht das wäre, was sie heute schon ist.
Weiterhin viel Spaß mit dem Fußball wünscht euch Ralf
Viele Grüße
Ralf Klohr
PS: Ich bin kein Forenspezialist und kann mich den Diskussionen im Forum nicht stellen. Dazu finde ich nicht genug Zeit und bin auch nicht oft genug im Internet.