110% Training oder "Im Training etwas mehr als im Spiel abverlangen"

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  • Hallo Chris


    ich hab gerade gesehen, dass du online bist.


    ich vermisse bei einigen Themen hier deine Stellungnahme.


    gerade ich finde, dass du im Gegensatz zu vielen von uns hier, die Themen nicht so subjektiv, sondern mehr von Aussenstehnd (zumindest mein Eindruck)
    betrachtest.


    Günter

  • An der Stelle ist es an der Zeit Unteroffizier Celotti (hatte nen italienischen Vater) zu zitieren als wir - zum Zwecke der Grundausbildung - um 5 Uhr morgens (November) im Voralpenland einen Fluß watend durchquerten: "Wenn Sie denken, sie können nicht mehr, haben Sie höchstens 75% ihrer Leistungsfähigkeit erreicht."


    Da is was dran. So ein Arschloch er unter'm Strich auch war.

  • Diejenigen Trainerkollegen, die im Training etwas mehr abverlangen als im Spiel, was genau tun die, um das zu erreichen? <----- Ist für mich eine glasklare Frage, sorry.


    Beispiel: Sommerpause 2008. Ich hatte in der vorherigen Saison mit meiner E - in meinem damaligen Ergebniswahn - alles im Kreis abgeräumt: Meisterschaft (Endspiel 10:1!!!), Pokalsieg, HKM-Meister. Zudem sowohl in Halle als auch auf dem Feld die jeweiligen Endrunden der hiesigen Landesmeisterschaft erreicht - als "Dorfverein". Ich verlangte damals in jedem Spiel 120% und ließ das bei "Notwendigkeit" auch jeden im Umkreis von mehreren 100 Metern hören...kein Scheiß! Im Training verlangte ich immer höchste Konzentration, ließ aber auch Späßchen zu...ausnahmsweise. Wir waren gerade in die D aufgestiegen, drei Jungs meines "Erfolgs"Teams hatten aber die Seiten gewechselt...in einen Nachbarverein, dessen Trainer im Prinzip noch bekloppter tickte als ich. Tja, der wurde halt "nur" Vorrundenzweiter - hinter uns, schied im Pokalhalbfinale aus...gegen uns...allerdings mit einigen 99ern, die E blieben. Er und sein Team waren also die großen Titelaspiranten der kommenden Saison, weil wir waren ja nun D, dazu hatte er einen unserer 99er bekommen. Unser Verhältnis untereinander war/ist sehr gut, man respektierte sich, wobei ein gewisser Konkurrenzkampf unübersehbar war - logisch bei zwei bescheuerten E-Trainern!


    Nun war ich wegen der drei besagten Wechsel, die mich sehr trafen, und zudem sehr kugen Ansichten in diesem Forum zu einem Sinneswandel geraten - ich begann meine Philosophie ernsthaft zu hinterfragen, denn diese hatte ganz offensichtlich eine große Mitschuld an den Abgängen. Der zuvor beschriebene Trainer rief mich an, wegen eines Testspiels und er fragte nach meinen Trainingsmethoden...meine Jungs waren ja schließlich DIE "Guru's". Ich erklärte ihm, immer und alles mit Ball zu tun, jede Minute ohne Ball sei eine verlorene (was ich immer noch meine und auch umsetze). Er entgegnete, er müsse so richtig Zug in die Truppe kriegen....Kondition bolzen....bedingungslosen Einsatz (110% ?) in jedem Training/Spiel verlangen. Damit das auch klappen würde, ließ er 3-4mal trainieren, mitunter samstags. Zudem durften seine Jungs vor jedem Training - quasi zum Warmmachen - 2 x 400m nach Zeit laufen, was auf 3 x 400m gesteigert werden sollte. Ohne Ball natürlich! Spätestens da begriff ich, wie bescheuert ich bis dahin gedacht hatte, wenngleich ich derartige Praktiken nie abverlangt habe. Im Übrigen verzichtete ich auf einen Test und mahnte dessen Methoden an. Nach nur einer Saison ist einer der 3 Jungs zurückgekehrt mit dem Hinweis des Vaters, dass der besagte Trainer "einen an der Matte" hätte. Das wusste ich aber schon 1 Jahr zuvor.


    Was ich sagen will ist, dass ich absolut mit Andre's Ansicht mitgehe: Wer 110% Einsatz im Training im KiFu abfordert und alles "nötige" dazu veranlasst, kann nur von Ergebnisdenken gesteuert sein! Deshalb stellt sich mir die Frage nach dem WIE gar nicht, sondern die Fragestellung an sich hat im KiFu nichts, aber auch gar nichts zu suchen! Wenn du aber EIGENSTÄNDIGEN Ehrgeiz meinst, den die Kinder VON SICH entwickeln sollen (was ich befürworte), dann verweise ich auf den Wettkampfcharakter im Training: Altersgerechte Übungen, versteckt in entsprechenden Spielen. Da entwickeln die Kinder ihren individuellen Ehrgeiz (oder auch nicht) - so ist meine Erfahrung und so halte ich das auch weiter.


    PS: Im übrigen habe ich gestern einen meiner C-Spieler kurz wegen dessen Einstellung im Training ermahnt...kritisiert - vor allen anderen. Er nahm die Übung (1 vs 2) nicht ganz ernst und ließ ein wenig den "Null-Bock" raushängen. So etwas dulde ich natürlich nicht, ich betonte aber (diesen Thread im Kopf), dass ich bestimmt keine 1000% einfordern werde, aber den notwendigen Ernst schon!

  • guter beitrag, trainer 2005.
    neuer aspekt: ernsthaftigkeit versus 110 prozent.
    disziplin sage ich dann mal dazu, die verlange ich auch, neben jeder menge spass.

  • Schöner Beitrag, Trainer2005, und mal im Ernst: Wie oft geben diejenigen 110% im Leben, die es auf dem Platz von ihren Spielern verlangen?
    Ich kenne da nicht so viele...

    Das einzige, was wirklich gerecht verteilt ist, ist die Intelligenz.
    Ich habe noch nie jemanden sagen hören, er hätte zu wenig davon.

  • Zitat


    Germancoach:


    Ich bitte folglich weiter darum, mir zu schreiben, wie man das Training so gestalten kann, dass die Kinder beim Spiel bestimmte Situationen nicht mehr als Druck empfinden, weil sie im Training sowas schon ähnlich oder gar mit 10% mehr geübt haben.

    Zunächst einmal hatte ich den Thread auch so interpretiert, dass sich "110% im Training" und die Richtlinien des Kifu ausschließen. Aber dieser Hinweis von Dir schafft die Verbindung: wenn Du im Training systematisch Kompetenzen UND Spaß am Fußball vermittelst (und hier sind die DFB Richtlinien nun einmal ein sehr gutes Handwerkszeug), werden die Jungs auch beim Spiel Spass am Fußball haben und weniger Druck empfinden.


    Also: wenn ich im Training Ballannahme und Ballmitnahme systematisch und regelmäßig im Rahmen der methodischen Reihe schule und dabei zunehmend Druck aus den Parametern Gegner, Raum und Zeit einarbeite, dann hat der Spieler Spaß dran, wenns im Spiel auch unter Druck klappt - und noch mehr, wenn der Trainer es mitkriegt und entsprechend lobt.


    Und wenn ich sehe, mit welcher Selbstverständlichkeit und Seelenruhe manche Spieler (vor allem Abwehr und Torhüter) mittlerweile auf engem Raum den Ball annehmen und eine sinnvolle Anschlussaktion bringen ist das genau der Effekt. Und das sehe ich vereinzelt auch schon bei den Spielern, die erst seit einem knappen Jahr mit uns trainieren und vorher erhebliche Mängel hatten. Die Jungs müssen einfach das Vertrauen in ihre Fähigkeiten haben und wissen was sie können und was nicht (und dafür sind Training und Trainer da !!!!)


    Übrigens vermeidet man auch dadurch Druck im Spiel, wenn man als Trainer nicht schon vor der Ballannahme anfängt zu schreien, wo der Ball hinsoll und bei missratenem Versuch direkt weiterschreit. (Da sind wir uns vermutlich alle einig).


    Ich erinnere mich an eine Leitlinie aus dem Trainerlehrgang, die ich versuche sehr gewissenhaft umzusetzen: Im Training darf man alles einfordern (gemäß der Richtlinien), auch korrigieren und kritisieren (gemäß der Richtlinien). Im Spiel ist Kritik fast tabu, denn das Spiel ist der Gradmesser, wie gut mein (!) Training ist. Wenn etwas nicht klappt, muss ich erst die Verantwortung bei mir suchen, und dann bei den Spielern.


    (Hat allerdings beim letzten Hallenturnier wieder nicht ganz so gut geklappt, die beharrliche Weigerung eines Stürmers, sich bei gegnerischem Ballbesitz an der Verteidungsarbeit ernsthaft zu beteiligen (anstatt nur ein bisschen Alibibewegungen zu machen), haben mir direkt am Spielfeldrand ein paar emotionale Ausbrüche beschert.) Ich lerne ja auch noch (!)

  • Zitat MichaMittelfeld:



    Zitat

    Übrigens vermeidet man auch dadurch Druck im Spiel, wenn man als Trainer nicht schon vor der Ballannahme anfängt zu schreien, wo der Ball hinsoll und bei missratenem Versuch direkt weiterschreit. (Da sind wir uns vermutlich alle einig).


    ...hier im Forum vielleicht. In der Praxis rennen mir noch zu viele "Trainer" am Spielfeldrand rum, die dies wohl nicht begreifen. Da sie meist nicht in der Lage sind, im Training eine vernünftige Ballan/ - mitnahme zu schulen bzw darauf wohl keinen Wert legen, haben wir hier eine klassische Überforderung der Kinder im Spiel.