Moin zusammen,
ich habe mittlerweile schon seit Wochen immer wieder Trainingseinheiten mit meinem Team, in denen ich die Leistungsbereitschaft einiger meiner Jungs extrem grenzwertig finde. Kurz zur Situation: Ich (22 Jahre, Trainererfahrung in der Kreisliga-A-Jugend und Bezirksliga-B-Jugend, schon langsam in den Vorbereitungen zur im Sommer zu absolvierenden B-Lizenz) habe mit einem Trainerkollegen vor knapp zwei Monaten mit dem Aufbau einer neuen (=momentan nicht am Spielbetrieb teilnehmenden) B-Jugend begonnen. Zu Beginn war er Cheftrainer und ich sein Co, mittlerweile ist er für die vereinseigene A-Jugend verantwortlich und ich habe mir selbst einen Co für die nun meine B-Jugend-Mannschaft geholt. Ob die B-Jugend zur neuen Saison gemeldet werden kann, ist fraglich. Wir haben momentan 11 Spieler und das Problem, im Verein keine C-Jugend zu haben, die uns notfalls unterstützen könnte. Es gibt zwei Spieler, die leistungstechnisch in die A-Jugend gehören und dem gegenüber einige Anfänger. Demzufolge ein großes Leistungsgefälle, das in der aktuellen Zusammensetzung insgesamt in der B-Jugend gnadenlos abgeschossen werden würde.
Mit meinen bisherigen Teams (vor allem der A-Jugend) bin ich gut ausgekommen, die Jungs kamen gerne zum Training und haben dort auch gut mitgezogen, die Übungen/Spielformen liefen eigentlich immer sehr schnell, auch wenn es sich um eine leistungsschwache Mannschaft handelte, die in der Kreisliga (unterste Liga) hoffnungslos überfordert war.
Aus dieser damaligen A-Jugend kommt nun auch mein aktueller Co-Trainer (war damals mein Torwart), der sich riesig gefreut hat, als ich ihm angeboten hatte, mich als Co-Trainer unterstützen zu können. So schlimm oder unausstehlich scheine ich also damals nicht gewesen zu sein...
In meinem jetzigen Team ist die Trainingsarbeit aber des Öfteren echt sehr anstrengend. Die Gründe sehe ich auch nicht (mehr) hauptsächlich bei mir. Die ersten Einheiten, nachdem ich zum hauptverantwortlichen Trainer "befördert" wurde, liefen recht schlecht. Die Schuld hierfür nahm ich seinerzeit komplett auf meine Kappe, weil ich die gewählten Übungen/Spielformen im Nachhinein als zu komplex eingestuft habe und ich diese noch dazu etwas umständlich erklärt habe. Das habe ich den Jungs so auch in der nächsten Einheit gesagt und die entsprechenden Konsequenzen (=leichtere Übungen) gezogen. Daraufhin lief es besser und ich war einige Wochen lang soweit zufrieden.
Heute war dann aber wieder eine Einheit, wo ich mich frage: "Was kannst du eigentlich?", "wie willst du die Jungs überhaupt motivieren?" "Wie willst du überhaupt IRGENDJEMANDEN motivieren?" o.ä.
Es ging schon im Aufwärmen los, dass die Jungs von Beginn an ihren oft zu sehenden Standfußball zeigten. Ich nahm einige Variationen dieses (klick) Videos. Spieler durchnummerieren, 1 passt zu 2, der zu 3 und so weiter. Im weiteren Verlauf sollte der Schwierigkeitsgrad dann erhöht werden (Klatschen lassen, Ballübergaben, Spiel über den Dritten). Der Ablauf war klar, ich wies die Jungs darauf hin, das gesamte Feld zu nutzen und permanent in Bewegung zu sein. Gebracht hat es nichts. Die Erklärung der Übung war recht kurz, dennoch schaffte es ein Spieler, während meiner Erklärungen mit dem Ball zu spielen. Dass ich das nicht sehen möchte, habe ich in vorigen Einheiten mehrmals erklärt; heute durften sie also (zum ersten mal) daraufhin kollektiv eine Runde laufen und danach in das Aufwärmen einsteigen, was dann wie gesagt kompletter Standfußball war.
Die heutige Passform habe ich bereits exakt so in meiner damaligen A-Jugend durchgeführt. Problemlos. Heute hingegen kamen nach knapp zehn Minuten schon Kommentare á la "ich hab keinen Bock, mich 'ne Stunde warmzumachen", oder "ich will endlich Torschuss machen".
Mit der Zeit bin ich heute auch zum ersten Mal echt resigniert und war ratlos, was ich tun sollte. Ich habe spontan dann die geplanten Spielformen (versch. Überzahlspiele mit Felderwechseln) ausgelassen und bin direkt in eine Spielform auf ein Großtor gegangen, um die Motivation irgendwie steigern zu können. Gespielt wurde 4-gegen-4 mit 2 Neutralen. Nach 5 gespielten Pässen darf das ballbesitzende Team durch Dribbeltore aus dem Spielfeld ausbrechen und den Abschluss auf das Großtor suchen. Soweit die Theorie. Praktisch hatte ich auch dort wieder viel Standfußball, die Dribbeltore wurden ignoriert (es wurde einfach irgendwie und irgendwann Richtung Tor gerannt), teilweise spielte sich alles in extrem engen Raum ab (Bubiliga lässt grüßen). Das Coaching habe ich zu diesem Zeitpunkt echt schon aufgegeben (Fehler, aber wahrscheinlich menschlich), weil an diesem Tage irgendwie zwecklos. Stattdessen stand ich wie gesagt recht sprachlos am Rand und versuchte noch während der Spielform erfolglos, die Ursachen dieser Einstellung zu finden.
Da also auch besagte Spielform nicht so recht funktionierte, habe ich die Jungs zusammengeholt und gefragt, was sie sich konkret für die restliche Trainingszeit wünschen. Antwort: "Torschuss. Eine Reihe bilden und einer legt ab." Ich übergab die Organisation also an die Jungs und sah zu. Als sie nach fünf Minuten immer noch nicht in der Lage waren, irgendetwas zu organisieren, rief ich sie abermals zusammen und ließ ein weiteres Mal abstimmen, was sie die restliche Zeit machen möchten. "Abschlussspiel". "Okay, dann macht mal, 20 Minuten gebe ich euch noch dafür".
Das Organisieren bekamen sie soweit hin, die Intensität ließ weiterhin zu wünschen übrig - war aber zumindest annähernd in einem Bereich, den ich ohne gefühlten Nevenzusammenbruch akzeptieren kann.
Zum Schluss übernahm ich nochmal das Kommando. Ich erklärte den Jungs, dass wir das Training für heute abhaken und nächste Woche nochmal in Ruhe aufarbeiten werden. Ich denke da an einen Fragebogen (was gefällt dir an Trainer/Team/Training, was kann besser werden?), einen konditionellen Teil ohne Ball mit einem freien Spiel als Abschluss, während dem ich mit meinem Co die ausgefüllten Fragebögen durchgehen werde und mit den Jungs im Anschluss an das Spielchen besprechen werde.
In Einzelgesprächen mit einigen Jungs nach dem Training kam heraus, dass sie die Schuld dieser allgemeinen Unruhe/Lustlosigkeit bei einem Spieler sehen, der zwei Wochen nicht beim Training war und die anderen mit seiner Art (kommentiert und diskutiert sehr viel, oftmals lustlos) wohl mitreißt. Der Gedanke kam mir auch schon im Vorfeld und wurde also aus dem Team heraus bestätigt.
Wie gesagt: Ich hinterfrage mich grundsätzlich zuerst immer selbst, gerade wenn die Probleme bei mehreren Spielern gleichzeitig auftreten. Logisch. Aber einige Probleme existierten auch unter meinem Vorgänger bereits. Ein Testspiel gegen die vereinseigene A-Jugend vor einigen Wochen zeigte zu meiner Co-Trainer-Zeit den exakt identischen Standfußball und dieselbe absolute Lustlosigkeit. Da denke ich also nicht, dass die alleinige Schuld bei mir liegt. Zumal sich diese Lustlosigkeit auch in freien Spielen am Ende eines Trainings zeigt. Da wird teilweise mit verschränkten Armen über den Platz geschlendert oder sich direkt irgendwo hingestellt.
Auch wenn ich eine komplett simple Passübung erkläre (Passquadrat, im Uhrzeigersinn zum nächsten spielen, verschiedene Variationen) und ein nicht-deutsch-sprechender Spieler als einziger (!) die Übung fehlerfrei auf die Kette bekommt - liegt das dann wirklich noch an mir?
Momentan habe ich den Eindruck, die Spieler wollen wirklich 90 Minuten ohne Nachdenken aufs Tor ballern. Nur bringt sie das halt nicht weiter (die Quittung würde dann in den Ligaspielen nächste Saison kommen) und ist das auch überhaupt nicht mein Anspruch.
Letzte Woche kam dann das aus meiner Sicht sehr attraktive Angebot eines anderen Vereins, nächste Saison dort die B-Jugend zu übernehmen. Der dortige Kader ist bereits vollständig, spielt als überwiegend junger Jahrgang aktuell um den Bezirksliga-Aufstieg mit und im Verein sind Jugendteams in allen Jahrgangsstufen vorhanden. Also deutlich bessere Bedingungen als bei meinem momentanen Verein, dazu kommt ein überragender Kunstrasenplatz.
Letztlich werden mein Co und ich dieses Angebot wohl annehmen. Dennoch würde mich trotzdem eure Meinung zu meinem aktuellen Problem interessieren. Für Tipps jeglicher Art bin ich dankbar. Sind das Schwankungen, die auf Kreisniveau hinzunehmen sind? Was kann ich besser machen? Wie würdet ihr - wenn überhaupt - das heutige Training mit dem Team reflektieren und welche Konsequenzen ziehen?
Viele Grüße