"Gegenmittel" Pressing

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  • Hallo zusammen,
    Ich trainiere eine A-Jugend in der Kreisliga. Jetzt, ca 6 Wochen vor Saisonende haben wir noch alle Karten in der Verlosung um die Meisterschaft. Wir sind aktuell dritter, 1 Punkt hinter dem zweiten, 5 Punkte hinter dem ersten. Und dabei noch 1 Spiel weniger als die beiden. Gegen beide Teams müssen wir noch ran.


    Ein Grund warum wir da stehen wo wir stehen ist unser aggressives Pressing und Gegenpressing. Eigentlich kein Gegner kam damit gut klar. Wir selber mussten uns so einem aggressiven Pressing NOCH nicht aussetzen.


    Nun geht es in die heiße Phase der Saison wo die ein oder andere Mannschaft das Risiko im Spiel vermutlich erhöhen wird und dementsprechend höher verteidigen, aggressiver Pressen wird.


    Ich möchte meine Mannschaft darauf vorbereiten.
    Habt ihr Ideen wie ich die Jungs "Pressing resistener" machen kann? Bzw. Solche Situationen trainieren kann? Oder wie sehen eure Strategien gegen pressing aus?
    Klar, der lange Ball ist immer eine Option. Aber mit Sicherheit meistens nicht die beste.


    Vielen Dank schonmal für eure Meinungen!

  • Letzten Endes musst du immer irgendwie aus der Enge raus. Das kann eben der lange Ball sein, oder auch eine Spielverlagerung (oder ggf. mehrere). Was die beste Lösung ist hängt ja auch immer davon ab, was genau der Gegner macht. Also ob das irgendwie geplant ist oder eher vogelwild und bei letzterem dann, was ich in der Kreisliga in der Regel eher erwarten würde, insbesondere wenn es nicht regelmäßig gemacht wird, welche Fehler dabei enstehen. Eventuell presst die gesamte Mannschaft so stark, dass hinter der letzten Linie Raum entsteht, der mit einem langen Ball anspielbar ist - dann ist der lange Ball die beste Lösung, zumindest wenn ihr halbwegs schnelle Spieler vorne habt. Eine andere oft gesehene Variante ist, dass einige Spieler vorne angreifen und die anderen zurückbleiben und so ein Loch zwischen zwei Mannschaftsteilen entsteht. Da kann man dann auch gut reinkommen, mit langen Flachpässen, wenn sich da Spieler von dir entsprechend anbieten. Wenn dir tatsächlich eine geplante Strategie begegnet (eine Mannschaft bei uns, C-Jugend auf Kreisebene, spielt gelenktes Angriffspressing, gegen die haben wir letzten Samstag gespielt), dann kann man darauf natürlich gezielt reagieren. Bei mir war das letzten Samstag so, dass ich die beiden IVs die Seiten hab tauschen lassen, um den mit dem besseren Flugball auf der Seite zu haben, die sie frei anspielen lassen. Das hat auch dahingehend funktioniert, dass der Gegner ganz vorne keinen Ball erobert hat. Allerdings war es mit dem besseren Flugball an dem Tag leider nicht ganz so weit her...aber gut, dafür trainieren wir auf Kreisebene :).


    Sofern du nicht auf spezifische Dinge eingehen kannst, die du beim Gegner kennst (und auch das würde ich bei dem Trainingsumfang und den üblicherweise vorhandenen Fähigkeiten auf Kreisebene nur in geringem Maße machen) geht es um grundsätzliche Dinge, also aus meiner Sicht kein klein-klein wenn der Gegner presst oder Dribblings, sondern möglichst weiträumiges Spiel und wenn möglich Spielverlagerungen. Wenn ihr aber ständig presst habt ihr das doch sicher auch trainiert und die Spieler haben selbst eine gewisse Erfahrung damit, wie sie sich dagegen am schlauesten verhalten!?

  • Hi @Butze
    Gegenmittel heisst Ballruhe. Trainiere viel in Spielformen mit Überzahl im Ballbesitz und Schwerpunkt beim Coaching Dreiecksbildung, sodass die angepressten Spieler Anspielmöglichkeiten haben. Dabei weise die angreifenden Spieler an, im Verbund zu pressen. Nimm erst ein großes Spielfeld, sodass die angepressten auch durch eine kurze Täuschbewegung ausweichen könnten und so im Ballbesitz bleiben. Entscheidend sind Deine beiden 6er ( die Du bei dieser Thematik haben solltest ). Die müssen als Anspielstationen ständig in Bewegung sein. Dann das Spielfeld nach und nach verkleinern ( Raumdruck ).
    So lernen die Spieler auch in Pressingsituationen ruhig zu bleiben und es spielerisch zu lösen.


    Das geht allerdings nicht von heute auf morgen.

  • Die gängige Praxis ist wohl das Abkippen eine Mittelfeldspielers, um Überzahl in der ersten Aufbaulinie zu haben. Wichtig sind dann die Folgebewegungen in den höheren Zonen. Auch da müssen Spieler sich von ihren Positionen lösen und das Loch des Mittelfelspielers auffüllen, ansonsten leidet dein Spiel unter Verbindungsmangel und die Bälle werden dann doch wieder gebolzt.

    C 1 Viktoria Buchholz


    Auf jede Mannschaft, die in Schönheit stirbt, kommen hundert, die in Hässlichkeit sterben – kein Grund also, sich auf Hässlichkeit zu fokussieren.
    Martin Rafelt

  • Euer Pressing habt ihr euch im Training erarbeit. Du kannst grundsätzlich die gleichen Trainingsformen verwenden, coachst halt nun die Defensive. Würde die Kette im Verbund mit den 6ern und den TW gegen die Offeniven spielen lassen. Würde aber eher in Gleichzahl anstatt in Überzahl agieren lassen. Die konkrete Strategie würde ich von den Spielern abhängig machen. Sind die 6er ballsicher, dann kann einer abkippen. Spielen die IV gute Verlagerungen, dann wäre das ein geeignetes Mittel. Kann der TW kicken, dann binde ihn mit ein.

  • @Butze


    Schön, dass du dich mal wieder meldest. Jetzt bist du also schon in der A-Jugend angekommen. Meinen Herzlichen Glückwunsch!


    Weil das "Gegenpressing" als Unterform des "Angriffspressing" unverzüglich nach Ballverlust im gegnerischen Drittel angewandt wird, will man den Ball bereits zurück erobern, noch bevor ein gegnerischer Mittelfeldspieler "abkippt", um mehr Tiefe und eine Überzahl beim Spielaufbau zu erreichen. Wichtig ist beim "Gegenpressing", dass alle ballnahen Spieler des eigenen Teams die Situation sofort erkennen und handeln, indem sie an mindestens 3 Seiten den Paßweg des Gegners "zulaufen". Damit wird entweder ein Rückpaß zum gegnerischen Torwart oder ein weiter, unpräziser Paß provoziert. Wird unpräzise zurück gepaßt, so droht ein Eigentor, ein Eckball oder ein unpräziser Paß des Torwarts zum Gegner. Wird unpräzise weit nach vorn gepaßt, so gelangt man gleich wieder in Ballbesitz und ist aufgrund der Konstellation mit 1- 2 Pässen wieder vor des Gegners Tor.


    Weil jedoch Angrifspressing immer auch ein hohes Risiko birgt, lassen sich nicht über die gesamte Spieldauer präzise weite Pässe in die eigenen Schnittstellen vermeiden. Hat der Gegner dazu noch schnelle und abschlußsichere Angreifer sowie einen guten Keeper mit ausgeprägtem Stellungspiel, kann es trotz hoher Ballbeistzquote und Zweikampfdominanz zu Niederlagen kommen.
    Meist hat der Gegner lediglich einen "brandgefährlichen" Mittelstürmer. Den könnte man durch kleine Veränderungen erfolgreich am Torabschluß hindern. Dazu sollte sich ein IV vor den Angreifer positioniren, um den gegnerischen Paßweg zuzustellen, während sich der andere (schnelle IV) rechtzeitig und weit genug (min. 5 m hinter Angreifer) absetzt, um den gegnerischen Laufweg zuzustellen. Rechtzeitig heißt: Torwartabschlag oder wenn ein Gegner Anlauf zum Ball nehmen kann, um einen weiten Paß zu schlagen.


    Beide AV können hoch stehen, um den Angriff zu unterstützen, da sie bei dieser Konstellation mit einem Mittelstürmer hinten nicht gebraucht werden, sondern nur beim gegnerischen Angriff über die Außenbahnen früh attackieren.


    Wie du rasch erkennst, sind es lediglich kleine Veränderungen in der Defensive, die jedoch goße Wirkung bei der Absicherung haben. Wenn deine Jungs das Gegenpressing bereits gut beherrschen, dann macht ihnen Taktik Spaß, sodass sie auch diese Hinweise rasch verstehen.


    Viel Erfolg bei der Meisterschaft!

  • Vielen Dank für eure Antworten!
    Im großen und ganzen waren das Sachen die ich mir auch schon mal so zurecht gelegt hatte. Ich wollte einfach mal noch eine zweite Meinung hören. Am Sonntag steht der erste wichtige Duell an. Wir gegen den aktuell zweiten. Meine Prognose ist, dass der Sieger dieses Spiels am Ende Meister wird. Aber was ist im Fußball schon planbar! ich werde euch berichten wie es gelaufen ist.


    Gruß, Butze

  • Dann schon mal viel Erfolg Butze!


    Zieht Euer Spiel durch und komme nicht mit etwas Ungewohnten bzw. Neuen für Deine Spieler kurz vor einem so wichtigen Spiel daher. Da sorgst Du nur für Unruhe.


    Außerdem werden Eure Gegner (soweit ich das verstanden habe, sind die ja noch ein paar Punkte vorne) sicherlich nicht auf Teufel komm raus ein aggressives Pressing oder Gegenpressing spielen.


    Besinnt Euch auf Eure Stärken.
    Um ein gegnerisches Pressing zu überspielen, darum kannst Du Dir dann nächste Saison eine Liga höher Gedanken machen. Dann solltest Du auch genügend Zeit haben, dass bspw. in der Vorbereitung zu trainieren (wie von Grätsche bereits erwähnt, lässt sich das im Training ja einfach kombinieren: Stürmer spielen Pressing wie gewohnt, Du coacht die Abwehr).


    Also, viel Erfolg

  • Zieht Euer Spiel durch und komme nicht mit etwas Ungewohnten bzw. Neuen für Deine Spieler kurz vor einem so wichtigen Spiel daher.

    Für mich ist jedes Spiel wichtig :D genug, im Training mit "Gewohntem" zu starten, um ins "Ungewohnte" zu wechseln! Aber das sollte sicher immer auch im Einklang mit den Wünschen der Mannschaft sein.