Probleme bei Standardsituationen des Gegners

Du bist noch kein Trainertalker? Registriere dich kostenlos und nehme an unserer Community teil!

Du bist Trainertalker? Zur Anmeldung
  • Guten Abend liebe Community,


    möchte euch um eure erfahrenen und durchdachten Meinungen bzw. Ratschläge bitten.


    Folgende Ausgangssituation:


    Ich trainiere seit fünf Jahren einen 2004er-Jahrgang, mit dem wir fussballerisch auf Regionalebene die Nummer 1 sind. Aktuell spielen wir in der D-Jugendkreisliga gegen ausschließlich Ältere (2003er), stehen ungeschlagen auf Platz 1 und wollen in die Gruppenliga aufsteigen, um dort nächstes Jahr auf höchstem D-Jugendniveau mit der gleichen Mannschaft spielen zu können.


    Wir haben in meinen Augen allerdings eine gravierende Schwäche, die sich insbesondere gegen den Altjahrgang leider deutlicher bemerkbar macht. Standardsituationen!
    Bei jedem Eckball/Freistoß oder auch einer hohen Flanke "trauen" wir uns nicht wirklich hochzuspringen und mit dem Kopf dagegen zu gehen.
    Zum Verständnis: Meine Spieler haben bei Ausführung der Ecke allesamt die richtige Position, verteidigen nahe am Mann, haben den Blick Richtung Gegenspieler UND Ball und verteidigen vom Tor weg. Sobald die Ecke jedoch gespielt wird, verlieren wir unseren Gegenspieler (nach einer leichten Körpertäuschung) aus den Augen und es herrscht Chaos pur. Oftmals segelt der Ball durch den Fünfer und nix passiert (Unser Torwart hat noch Probleme beim Rauslaufen und präferiert es, lieber auf der Linie zu bleiben). In anderen Fällen kommt der gegnerische Spieler frei zum Kopfball oder zum Schuss. 75% aller Gegentore fangen wir nach Standardsituationen (direkte Freistöße und Elfmeter dazugerechnet).


    Wie bekomme ich diese Schwäche in den Griff?


    Gemäß der Ausbildungsziele des DFB war Kopfball bereits Schwerpunkt in meinem Training und die Jungs beherrschen das Kopfballspiel auch eigentlich gut (in der Offensive gelingt auch der ein oder andere Treffer). Daran kann es also nur bedingt liegen. Trainingseinheiten in Sachen Timing habe ich ebenfalls schon probiert, aber in meinen Augen scheint es mehr eine "Kopfsache" (Wortspiel.. ). Wir verlassen uns auf den anderen und schauen zu sehr auf den Ball und wundern uns, wenn er über uns drüber segelt).


    Habt ihr Trainingsideen oder ist es Erfahrungssache? Kommen womöglich die zweifellos vorhandene körperlichen Nachteile des Jungsjahrgangs zum Tragen?


    Danke für eure Hilfe! :)

  • @KingJames9


    Erst mal Glückwunsch zu deinem Team. Ich drück dir die Daumen, dass es mit dem Aufstieg klappt.


    Wenn ich mich recht entsinne gehts beim Kopfballtraining lediglich um das Erlernen der Technik, häufig verbunden mit der Übung per Kopf ein Tor zu erzielen. Der Anreiz, per Kopfball ein Tor zu verhindern wird hingegen eher selten behandelt.


    Wie ich deinen Ausführungen entnehmen kann, bekommen es deine Jungs irgendwie nicht hin, dort zu sein, wo der Ball beim Eckball oder Freistoß hin geflankt wird und auch der Keeper ist häufig überfordert, wenn sich in der Landezone des Balles eigene wie gegnerische Spieler aufhalten.


    Nun könnte man natürlich den Keeper soweit trainieren, als dass er zentral geflankte hohe Bälle entweder fängt oder unter gleichzeitigem Gegnerdruck faustet. Einerseits ist diese Landezone besonders gefährlich für ein gegnerisches Kopfballtor und andererseits muß man lediglich 1 Person trainieren.


    Allerdings muß ich selbst als TW-Trainer davon abraten, es dabei bewenden zu lassen, weil davon die anderen Defensiv-Spieler nicht verbessert werden. Hier gibts 2 Möglichkeiten: eine schnelle und eine langsamere Verbesserung.
    Zunächst die Schnelle (Achtung @Andre nur auf eigene Gefahr :D weiterlesen, da es gegen DFB-Richtlinien verstoßen könnt)
    Jeder Spieler bekommt ein "Planquadrat", für das er beim Kopfball zuständig ist. Der Vorteil ist, dass der betreffende Spieler fast immer sicher weß, wann er zum Kopfball gebraucht wird. Er wird also weder seine Pupillen auf "Zuschauer-Modus" umstellen noch wird ihm ein eventuell zugeordneter Gegenspieler davon rennen können.


    Der Nachteil: ein Trainerfuchs wird diese Methode rasch erkennen und seine Spieler zu deinem kleinsten und kopfballschwächsten Spieler beordern. Dem kannst du nur bedingt entgegen wirken, als das du bei der Verteilung der Planquadrate die kopfballstärksten Spieler ins Zentrum beorderst. Denn aus spitzem Winkel oder aus größerer Distanz sind Kopfbälle nicht so gefährlich.


    Jetzt die Langsamere Methode:
    Integriere in dein Training Übungen mit dem Schwerpunkt Kopfball-Abwehr. Von Vorteil ist es wegen der geringen Streuung und dem gewünschten Lerneffekt, wenn der Ball zunächst geworfen wird. Erst, wenn die nötige Sicherheit vorhanden ist, kann man zunächst mit Gegnerdruck und schließlich auch schießen (statt werfen). Der Phanasie für Übungen sind dabei kaum Grenzen gesetzt.


    Allerdings wird die Wirkung nicht von längerer Dauer sein, denn ab der C-Jugend wird durch das Einsetzen der Pubertät und dem sich stark veränderden Längenwachstum erneut diese Aufgabe auf dich warten. Aber wenn du erst einmal eine gute Methode für dein Team gefunden hast, dann gibt es bestimmt individuelle Anpassungen, mit denen man die gewünschten Veränderungen herbei führen kann.

  • Nur kurz:
    Das Problem ist ja nicht das Kopfballspiel, sondern das richtige Verhalten/Bewegen in der Aktion.
    Vor der Ausführung stehen sie richtig zu Ball und Gegner, aber mit der Ausführung gucken sie scheinbar alle zum Ball und verlieren ihren Gegenspieler aus den Augen.
    Wahrscheinlich ganz besonders, wenn diese sich Richtung länger Pfosten im Rücken des Gegenspielers absetzten.


    Deine Spieler sollten vor allem ihren Gegenspieler verteidigen, ihn mindestens so stören/mitspringen, dass diese keinen einfachen klären Ball aufs Tor bringen können. Wenn da einer mit echten Gegnerdruck höher oder besser zum Ball geht, ok, ist dann halt gutgemacht.
    Aber frei darf keiner sein.


    Selbst wenn alle nur ihren Gegner verteidigen und der Ball deshalb komplett durch den Strafraum fliegt, dann ist es kein Gegentor.
    In der Regel wollen dann doch alle den Ball bekommen, verschätzen auch aber oder der Ball wird verlängert und dann kommt der frei stehende Gegner an den Ball.


    Ich bekomme mit meinen Teams eigentlich nie solche Gegentore, auch wenn wir körperlich oft unterlegen, da jünger sind.
    Einfach, weil jeder seinen Mann verteidigt.
    Umgekehrt schießen wir viele Tore durch Ecken. Viele Jungs können gute Flugbälle, diese auf den zweiten Pfosten und da steht oft einer frei, weil er sich dahin bewegt hat.
    Und ich trainiere nie Standardsituationen, sage nur obige Dinge ein paar Mal an.

    "Wenn zwei Menschen immer der gleichen Meinung sind, dann ist einer von ihnen überflüssig." Winston Churchill

  • Ich find den Ansatz von TW-Trainer im Raum zu verteidigen bei 12 Jährigen auch eine gute Idee. Vor der Ecke stehen die Abwehrspieler zwar beim Mann, aber häufig sehe ich dann, wenn der Ball vorm Tor ist, diese Zuordnung nicht mehr. Schließlich kommt es auf den Ball an und der wird in dem Alter nicht so genau serviert, also haben Verteidiger und Angreifer doch die gleiche Chance, warum soll ich dann reagieren und nicht agieren? Wenn ich in meinem Raum zum richtigen Zeitpunkt hochgesprungen bin mit der Bewegung vom Tor weg, habe ich schon viel geleistet und habe eine klare Aufgabe. Nimm mal mit dem Handy die Ecken auf und zeig es den Jungs. Wer ist wirklich in der Luft, geht zum Ball oder ist am Mann?

    Geht natürlich auch anders!

  • Raumdeckung vs Manndeckung bei Ecken ist ein Thema, das man allgemein diskutieren kann, eher nicht so spezifisch für eine Kleinfeldmannschaft.
    Beides hat Vor, aber auch Nachteile.


    Wenn ein Angreifer zB einläuft, dann hat er einen Bewegungsvorsprung, kann höher springen und ist im Raum schwer zu verteidigen.
    Raumdeckung hat vor allem ( eigentlich nur) den Vorteil, dass die Angreifer keinen Spieler wegblocken können, aber mal ehrlich, ist das in der Jugend von Bedeutung?
    Das ist dann doch eher etwas für das gehobene Niveau.



    Aber davon ab, halte ich in der Ausbildung von Raumdeckung deshalb weniger, weil erstens das echte gegnerorientierte Verteidigen ausgebildet werden sollte und zweitens Raumdeckung gerne alles genannt wird, was quasi Passivität bedeutet.mal ehrlich, die meisten Spieler stehen dann nur passiv rum.


    Den Gegenspieler wirklich eng zu verteidigen, ist extrem aktiv.

    "Wenn zwei Menschen immer der gleichen Meinung sind, dann ist einer von ihnen überflüssig." Winston Churchill

  • @Leverkusener


    Da hat @Sir Alex recht. Die von mir beschriebene schnelle Methode soll lediglich eine Zwischenlösung sein, um zunächst einmal eine Verteidigungsaufgabe im ballnahen Zielquadrat zu erkennen, statt orientierungslos oder im Zuschauermodus dem Treiben des Gegners beim Eckstoß tatenlos zuzuschauen. Sie ist daher als "erste Hilfe" zu verstehen, wenn man den gar nicht weiß, auf welchem Weg man das Verhalten positiv beeinflussen kann.


    Auch ist es nicht allein die Körpergröße, sondern die Handlungsschnelligkeit. Denn wenn man schon da ist, wo der Ball hinkommt, dann kann der Gegner diese Position nicht mehr besetzen. Der faire Körpereinsatz (ohne Ellenbogen im Gesicht!) wird ja zu Genüge auf allen anderen Positionen des Spielfelds trainiert und ist auch bei Standards nicht wesentlich anders zu handhaben.

  • Wenn ein Angreifer zB einläuft, dann hat er einen Bewegungsvorsprung, kann höher springen und ist im Raum schwer zu verteidigen.
    Raumdeckung hat vor allem ( eigentlich nur) den Vorteil, dass die Angreifer keinen Spieler wegblocken können,

    Bei diesem Thema kommt mir immer dieses Tor in den Sinn. Wäre das so gefallen, wenn man gegen den Mann verteidigt hätte..? Eh man sich versieht, ist man in einem Planquadrat in Unterzahl.
    https://youtu.be/uAf6zHo67mY

  • Sir Alex schrieb: Wenn ein Angreifer zB einläuft, dann hat er einen Bewegungsvorsprung, kann höher springen und ist im Raum schwer zu verteidigen.
    Meine Antwort: Wenn ein Angreifer zB einläuft, dann hat er einen Bewegungsvorsprung und ist am Mann schwer zu verteidigen.


    Der Abwehrspieler kann eben nur reagieren, ist also automatisch im Hintertreffen, es sei denn er ist auf dem Niveau von Emir Spahic, der hat unsichtbare Hände. Die häufigere Situation ist eine Überzahl an Abwehrspielern.
    Ich sehe die Konzentration auf den Ball als wichtigen Vorteil. Und Tore nach Ecken wird man mit beiden Methoden nicht verhindern, wenn die andere Partei das bessere Kopfballspiel hat oder einfach einen Kopf größer.


    Einfaches Ziel: Alle Abwehrspieler waren bei der Ecke mit beiden Beinen in der Luft.

    Geht natürlich auch anders!

  • Sir Alex schrieb: Wenn ein Angreifer zB einläuft, dann hat er einen Bewegungsvorsprung, kann höher springen und ist im Raum schwer zu verteidigen.
    Meine Antwort: Wenn ein Angreifer zB einläuft, dann hat er einen Bewegungsvorsprung und ist am Mann schwer zu verteidigen.

    Das stimmt, bei einer mannorientierten Verteidigung ist der Angreifer, der einläuft schwer zu verteidigen, wenn der Ball gut getreten wird.


    Aber, im Raum ist der ABwehrspieler eigentlich chancenlos, wenn der Angreifer einläuft, damit deutlich höher springen kann. Wenn der Ball dann nicht "optimal" auf einen Verteidiger fliegt, sondern zwischen eben diese, hat der Angreifer leichtes Spiel.



    Und zum Punkt, der Abwehrspieler kann bei Manndeckung nur reagieren:
    Das ist zwar irgendwie schon richtig, aber genau hier gibt es diverse Niveauunterschiede, was wirklich eng am Mann verteidigen bedeutet. (nicht nur bei STandrstsituationen).
    Natürlich darf der Abwehrspieler nicht nur (wenn auch richtig positioniert) neben dem ANgreifer stehen und wenn dieser sich in Bewegung setzt, überrasscht sein, erst danach anfangen seine Bewegung zu starten, nur hinterlaufen.
    Er muss schon die ganze Zeit auf den Fussballen stehen, g Körperkontakt herstellen (damit er erstens den optimalen Laufweg versperrt, der Angreifer 2 Meter mehr laufen muss, um den Abwehrspieler zu umlaufen und zweitens auch haptisch die Bewegung des Angreifers wahrnimmt.) Das bedeutet vor der Ausführung permanentes Verändern der eigenen Position, volle Aufmerksamkeit, Aktivität, etc.
    Und dann ist es möglich, dass beide fast gleichzeitig zum Sprung ansetzten, der Verteidiger zumindest auch dann Körperkontakt hat und der ANgreifer beim Abscluss entscheidend behindert wird. Und das reicht zumeist ja aus. Wenn nicht, ok, dann ist es halt so, das ist dann auch einfach Qualität des Angreifers.


    Und es stehen ja auch ein paar Spieler zusätzlich im Raum, da man ja Überzahl hat. Vor allen Spielern, um einen zu flachen Ball vor das Tor abwehren zu können, steht immer ein freier Abwehrspieler, der muss da hin. Dazu zumeist noch am ersten Pfosten.
    Bei der Raumdeckung brauchst du jeden Mann, deshalb fehlen da zB auch oft die SPieler auf der Linie, zB bei Deutschland.


    Im Raum verteidigt, auch auf höchstem Niveau, kommt es regelmäßig vor, dass ein ANgreifer völlig frei zum Abschluss kommt. Und das ist dann meist auch ein Gegentor.



    Dieser Punkt, also Vor bzw. Nachteile ist doch eigentlich unstrittig, oder?
    Warum dennoch manche Teams mit Raumdeckung spielen, ist eben vor allem der Punkt des Blockstellens. Das ist die größte Gefahr bei der Manndeckung.
    Ein gutes Beispiel dazu ist Deutschlands 1:0 bei der Wm gegen Brasilien. Da wurde Müllers Gegenspieler von Klose(?) weggeblockt und Müller kam so völlig frei zum Abschluss.

    "Wenn zwei Menschen immer der gleichen Meinung sind, dann ist einer von ihnen überflüssig." Winston Churchill

  • @Follkao


    Dein Video paßt dazu wie "die Faust aufs Auge". Da sind Jorgi`s Buben von den Spaniern wirklich auf dem falschen Fuß erwischt worden. Dabei konnten gleich mehrere Spanier frei zum Kopfball laufen und einige unserer Nationalspieler schauten tatenlos zu. Auch, wenn es erst 6 Jahre her ist, werden seither noch intensiver Details per Video-Analyse studiert, um hier und da noch ein paar Stärken und Schwächen des Gegners zu entdecken.


    Man sieht, wie komplex dieses Thema werden kann! Deshalb sollten wir es im unteren Jugendbereich erst mal so einfach wie möglich halten. Denn da geht zunächst einmal darum, für Standards einfache Lösungen zu trainieren, die die Kinder im Spiel probieren sollen. Welche der vorgenannten Methoden und Details man anwendet, das sollte jeder selbst ausprobieren. Denn nicht nur Kinder, sondern auch Trainer lernen beim Ausprobieren.