"Sonntagsschuß" oder "haltbar"

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  • Liebe Trainerfreunde


    Die Championsleague ist gerade man in seine erste Gruppenphase gekommen, das gibt es bereits heftige Diskussionen darum, ob Tore aus größerer Distanz generell haltbar sind oder ob die Positionsveränderung beim nunmehr höher stehenden Keepers dieses Risiko bei gut getimten Distanzschüssen billigend inkauf genmmen wird.


    Gleich 2 mal (Barca, Piräos) mußten Keeper mit scheinbar normalen TW-Positionen hinter sich greifen. In beiden Fällen gab es einen seitlichen Distanzschuß, wodurch der hinter dem Keeper zu verteidigende Torraum nicht besonders breit, dafür aber besonders tief war.


    Wir sehen solche Tore aus kürzerer Distanz Woche für Woche, aber die Experten stellen hier keine Verbindung zu den Distanzschüssen her, weil sie generell der Meinung sind: wenn ein Ball lange genug in der Luft ist, dann muß ihn der Torwart haben! Zwar sagst Ter Stegens Trainer, er habe schuld, weil er seinem Keeper befohlen habe, so hoch zu stehen. Aber sollte der TW nach eurer Meinung die Distanz zu seinem Tor davon abhängig machen, ob der Gegner zentral oder seitlich angreift, weil ja die Tiefe des Torraumes unterschiedlich ist?


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    Ein weiteres Kapitel im TW-Spiel gab gestern Manuel Neuer seinen Kritikern und Bewunderern auf: Zwar führte die Szene nicht zum Gegentor, aber Manuel Neuer versuchte gestern einen Ball abzulaufen, bei dessen Sprint ihm noch nicht klar sein konnte, ob der Ball ins Tor- oder Seitenaus gehen würde. Als er erkannte, dass der Ball ins Seitenaus gibt, provozierte er ein gegnerisches Foul, statt den Ball vor dem Gegner ins Aus zu schießen um so einen schnellen Einwurf des Gegners zu verhindern. War das schlau oder nur eine für ihn glückliche Situation.


    Wie sind eure Meinungen dazu?

  • Zunächst einmal habe ich leider die Situationen aus dem Bayernspiel noch nicht gesehen.
    Aber das Ding gegen Rom war echt ein unfassbares Ding, Florenzi war bedrängt und quasi im Aus.


    Ich denke so ein Tor bekommt Ter Stegen in seiner Karriere höchstens noch einmal.
    Deshalb denke ich nicht, dass man deshalb das Torwartspiel grundsätzlich anfechten sollte.
    Ich bin leider kein Experte des Torwartspiels, aber ich denke Ter Stegen sollte schon so stehen, da er ja für die Innenverteidiger die Passoption nach dem Ballgewinn aufrecht erhalten will.



    Noch zu der Situation von Neuer: Wenn es so war wie beschrieben ist es mir eine Spur zu krass, wir haben alle sicherlich schon so viele Außenverteidiger gesehen, die beim Versuch ein Foul zu provozieren kläglich gescheitert sind, da sollte der Hüter der letzte sein, der das versucht..

  • Im Hinblick auf das Tor von Thomas Müller fiel mir das milde Urteil von Olli Kahn auf, der (aus meiner Erinnerung möglichst wortgetreu zitiert) sagte: "heutzutage wird vom Torwart verlangt, weiter vor dem Tor zu agieren". Olli Kahn wies nämlich darauf hin, dass sich der TW eher an Lewandowskis Position orientierte, den Müller mit der verunglückten Flanke eigentlich anspielen wollte (was dieser ja auch bestätigte). Ich hatte im Hinblick auf Olli Kahn das Gefühl, dass er die Situation vor zwei Jahren noch deutlich strenger beurteilt hätte im Sinne von "Den muss er klar haben".


    Ich kann die jeweiligen Situationen im Detail nicht beurteilen, würde aber von meinen Torhütern ein variables vertikales (vor und zurück) Spiel "verlangen" (d.h. im Rahmen der Möglichkeiten darauf hintrainieren) mit hoher Konzentration darauf, ob der ballführende Spieler ggf. zu wenig Druck hat, so dass er zwischen Distanzschuss und Pass in die Tiefe abwägen kann (Das Thema "Gegendruck" ist dann auch eines für die Verantwortung der gesamten Mannschaft an solchen Gegentoren). Dieses Abwägen zwischen Distanzschuss oder Pass in den (bei Antizipation eines Distanzsschusses dann notwendigerweise größer werdenden) Raum zwischen Verteidigern und TW wird Torhüter auf absehbare Zeit recht stark fordern. Wie @dRose schon richtig sagt: Florenzi war beim Torschuss unter Druck. Das ist auf dem Niveau eben eine zusätzliche Gefahr: Die Jungs können es auch unter hohem Druck. Eine klare Handlungsanweisung oder gar Trainingsausarbeitung vermag ich daraus nicht zu geben.


    Als Breitensport-Trainer achte ich auf entsprechende Übungsmöglichkeiten und dass der TW mein Vertrauen hat, sich in diesen Situationen seinen persönlichen Erfahrungsschatz aufzubauen - und dass die ganze Mannschaft das auch weiß und möglichst verinnerlicht.

  • Was ich mich frage: Der Ball ist doch sehr lange unterwegs. Wäre es für den TW nicht möglich, seine "falsche" Position noch zu korrigieren und 3 oder 4 Schritte zurück zu machen, bevor er abspringt?


    Irgendwie sieht das für mich als Laien immer ein bisschen so aus als starrte der TW zu lange wie das Kaninchen auf die Schlange, bis es dann zu spät für die Rückwärtsbewegung ist.


    Mir ist dabei durchaus klart, dass diese Rückwärtsbewegung extrem schwer ist. Aber ich muss es ja auch nicht können :D .


    Grüße
    Oliver

  • Erst einmal vielen Dank für eure Antworten.


    Ich will`s noch mal mit anderen Worten versuchen, den Unterschied zwischen einem seitlichen und zentralen Schuß zu erläutern. Dazu möchte ich die weitaus häufigere Situation eines 1 gegen 1 Duells zwischen Angreifer und Torwart beschreiben.


    Hierbei ist es ja so, dass der Keeper beim zentralen Angriff weiter aus seinem Tor muß, um genügend Torfläche zustellen zu können, während die Distanz zum eigenen Tor beim von der Seite andribbelnden Angreifer wesentlich kürzer ist, weil auch die zuzustellende Torfläche kleiner ist.


    Wenn jetzt also dieses Stellungsspiel auch auf die Distanz übertragen würde, dann dürfte der Keeper weiter aus seinem Kasten, wenn der Gegner den Ball im zentralen Mittelfeld führt und müßte sich etwas tiefer positionieren, wenn der Gegner den Ball seitlich führt.


    Allerdings ist hierfür die Begründung gegenüber der Kuzrdistanz eine Andere. Denn der gefährliche Distanzschuß kann nur ein hoher Ball sein, dessen Flugbahn eine andere ist als ein Schuß aus kurzer Distanz.


    Deshalb ergibt sich beim seitlichen Angriff eine andere Torfläche (sie ist viel tiefer, aber nicht so breit), die man nicht mehr zustellen kann. D.h. der Keeper hat nur dann eine Chance, wenn er sich rechtzeitig tief genug positioniert, um den Ball im Sprung abzuwähren. Ob er ihn fängt, faustet oder übers Tor lenkt, ist dann situationsabhängig.


    Hoffentlich hat jetzt jeder Interessierte die Logik dahinter verstanden, dass es durchaus sinnvoll ist, beim seitlichen Angriff etwas näher zum Tor zu stehen als bei einem Frontalangriff? Die Frage ist ja nicht nur, kann der Torwart den Ball halten, sondern wodurch kann man die Wahrscheinlichkeit eines Abwehrerfolges erhöhen?


    Wie ich aber schon beim ersten Beitrag sagte, fallen solche Tore aus kürzerer Distanz fast an jedem Spieltag. Hierbei ist die Schußhärte sehr viel geringer, weil auch kurzer Distanz nur dann ein Tor gelingen kann, wenn die Flugbahn einen hohen Bogen beschreibt (sonst geht der Ball drüber)! Hierbei gibts unter den Experten kaum unterschiedliche Beurteilungen. Allerdings ist man sich bei den Distanzschüssen immer noch uneins!


    Weitere Wortmeldungen sehr erwünscht!

  • Nachdem ich mir das Tor gegen ter Stegen angeschaut habe: NAch dem Schuss tabt ter Stegen ein paar Schritte zurück, hört dann aber irgendwann auf und schaut nur noch dem Ball zu. Ich kann nicht erkennen, ob er das macht, weil er a) nicht mehr glaubt, eine Abwehrchance zu haben oder b) denkt, dass der Ball ohnehin nicht rein geht.


    Unabhängig von der Position stelle ich mir die Frage, ob er nicht entschlossener in die bedrohte Ecke hätte sprinten müssen. Der Ball ist doch lange unterwegs, da kann er doch etliche Meter zurück schaffen.


    Grüße
    Oliver

  • Zu ter Stegen konkret: Ich bin zwar auch TW-Laie, aber ich denke, @Don Quijote, dass ihm beim Abbruch klar war, dass er den Ball nicht mehr bekommen konnte. Und ich neige dazu, ihm da zuzustimmen. Er hatte beim Schuss den Rücken zum Tor, selbst bei bestem Gefühl für den Raum und optimaler Strafraumbeherrschung kann er da meiner Meinung nach nicht erkennen, in welcher Region des Tores der Ball einschlagen wird. Dazu muss er den Ball ein gehöriges Stück mit den Augen verfolgen, wodurch er dann aber eben nicht in vollem Tempo zurück laufen kann. Würde er hingegen in vollem Tempo zurück laufen, verlöre er den Ball aus den Augen und dieser würde ihn wahrscheinlich spätestens am Fünfmeterraum überholen.


    Nein, ich denke, das Ding war bei Abgabe des Schusses verloren, und ter Stegen hätte tiefer stehen oder zumindest bereits in der Rückwärtsbewegung befindlich sein müssen, um den Ball halten zu können. Wenn man sich die Situation ansieht, so erkennt man aber, dass Barca in der Situation in der Defensive Überzahl hatte: Florenzi wurde bedrängt, im Halbfeld schräg vor ihm kümmerten sich zwei Barca-Verteidiger um einen Stürmer von Florenz, mit Abständen, die den sofortigen Zugriff auf diesen erlaubten, der ballnähere der beiden Verteidiger hätte wohl auch einen Großteil der Zuspiele auf diesen abfangen können. Auf Höhe von Florenzi läuft ein paar Meter weiter innen ein weiterer Barca-Spieler mit, der sogleich verhindern könnte, dass Florenzi nach innen geht. Und von hinten kommt noch ein Barca-Spieler angelaufen. Der gesamte Raum links vom rechten Halbraum (in Angriffsrichtung) ist völlig leer. Das heißt, dass von dort keine Gefahr droht, Florenzi hat dort keinen Abnehmer für einen Pass, den ter Stegen in Liberomanier attackieren müsste. Wäre er richtig auf Zack gewesen, so hätte er das vielleicht erkennen können, dass also aus der Mitte oder von der anderen Seite keine Gefahr droht, dass aber ein Schuss immer möglich ist, und schon mal drei, vier Schritte nach hinten gehen. Dann hätte er vielleicht eine Chance gehabt.


    Aber das wäre zweifelsohne sehr viel verlangt gewesen.

    "Be yourself; everybody else is already taken." (Oscar Wilde)

  • @tobn


    Ich möchte gern in deinem Statement auf 2 Dinge eingehen:


    1. In welcher Reihenfolge sollte der TW hohe, lange Bälle abwehren
    Je nach Schußdistanz bewegt sich ein Keeper entweder in der vorwärts orientierten Rückwärtsbewegung (kürzere und mittlere Distanz) ober mit Laufrichtung zum Tor (längere Distanz) in Richtung der Torlinie. Junioen und Torhüterinnen sollten sogar aufgrund ihrer geringeren Körperlänge bis auf die Torlinie zurück, um so selbst bei Bogenlampe eine gute Chance zu haben, den Ball zu fangen oder übers Tor zu lenken.
    Um eine gute Abwehrchance zu erhalten, sollten die Keeper sich unmittelbar nach der Antizipation eines langen, hohen Balls in Richtung Tor bewegen. Weil (wie hier) beim seitlichen Schuß die Torfläche schmal, aber die Tortiefe sehr groß ist, wäre die weitere Beobachtung fatal, weil er dann vermutlich zu spät käme. Deshalb sollte er sich zunächst auf Zielposition begeben, weil es sich hierbei um eine Zielverteidigung und nicht um eine Raumverteidigung handelt.


    2. Situation richtig erkennen
    Das hast du komplett richtig beschrieben. Allerdings sollte man Bedenken, dass der Keeper nicht die Sicht der Fernsehkamera hat und wesentlich weniger Zeit zur Analyse und Reaktion hat. Jedoch ergibt sich hier durch die Positionen der Mitspieler und der Gegner ein zweiter Grund, warum Ter Stegen besser beraten gewesen wäre, weiter hinten zu bleiben.


    Mich würde allerdings noch interessieren, ob der Distanzschuß deiner Meinung nach trainierbar ist oder tatsächlich ein Sonntagsschuß war? Denn im Gegensatz zum Distanzschuß aus zentraler Position, ist ja hier die Tortiefe deutlich größer! Ich frage deshalb, weil ich nur einen Tag später 2 Tore des selben Spielers gesehen habe, wo die seitliche Position gleich war. Allerdings war die Distanz etwas kürzer. Bei beiden Toren stand der Keeper deutlich vor dem 16-er, als würde er eine Flanke erwarten.

  • @tobn
    Ich möchte gern in deinem Statement auf 2 Dinge eingehen:

    Als Torwartlaie fühle ich mich geehrt. :)


    1. In welcher Reihenfolge sollte der TW hohe, lange Bälle abwehren
    Je nach Schußdistanz bewegt sich ein Keeper entweder in der vorwärts orientierten Rückwärtsbewegung (kürzere und mittlere Distanz) ober mit Laufrichtung zum Tor (längere Distanz) in Richtung der Torlinie.[...]

    Ich hätte mir vorstellen können, das ter Stegen beim Pass auf Florenzi hätte anfangen können, nach hinten zu gehen, weil der Ball zwar noch weit weg ist, aber auf ihn zukommt und nicht mehr von seiner Mannschaft kontrolliert wird. Ob das der Torwartlehre entspricht, weiß ich aber nicht, ist so das, was ich für sinnvoll hielte und wie ich selbst wahrscheinlich agieren würde -- ich, der ich noch nie einen Hechtsprung hingelegt habe, wenn ich Tor gespielt habe, wohlgemerkt..


    Um eine gute Abwehrchance zu erhalten, sollten die Keeper sich unmittelbar nach der Antizipation eines langen, hohen Balls in Richtung Tor bewegen. Weil (wie hier) beim seitlichen Schuß die Torfläche schmal, aber die Tortiefe sehr groß ist, wäre die weitere Beobachtung fatal, weil er dann vermutlich zu spät käme. Deshalb sollte er sich zunächst auf Zielposition begeben, weil es sich hierbei um eine Zielverteidigung und nicht um eine Raumverteidigung handelt.

    Verstehe ich dich richtig: Du kategorisierst Florenzis Schuss als "seitlich" und sagst, deshalb hätte ter Stegen umdrehen sollen und mit dem Gesicht zum Tor dorthin rennen sollen, um sich dann umzudrehen und den einfliegenden Ball abzuwehren? Er müsste im Vorwärtssprint schneller als beim Rückwärtslauf sein, es kann daher schon sein, dass die Gesamtdauer aus Umdrehen, Zurückrennen und wieder Umdrehen geringer ist als die, die er braucht, um die selbe Stelle im Rückwärtslauf, bei dem er den Ball in den Augen behält, zu erreichen. Ob das hier aber auch gereicht hätte?


    2. Situation richtig erkennen
    Das hast du komplett richtig beschrieben. Allerdings sollte man Bedenken, dass der Keeper nicht die Sicht der Fernsehkamera hat und wesentlich weniger Zeit zur Analyse und Reaktion hat. Jedoch ergibt sich hier durch die Positionen der Mitspieler und der Gegner ein zweiter Grund, warum Ter Stegen besser beraten gewesen wäre, weiter hinten zu bleiben.

    Richtig. Ich denke aber, wie du ja wohl auch, dass es eine ziemlich großartige Leistung von ihm gewesen wäre, die Situation so zu erkennen. Ich denke zwar schon, dass man das trainieren könnte, so hätte er ja z.B. in dem Moment, als der Ball von Roma abgefangen wurde und der Ball zu Florenzi gespielt wurde, die Änderung der Spielsituation bemerken können und sich dadurch sofort neu orientieren können. Er hat als Torhüter dazu die beste Position aller Spieler auf dem Platz, ein kurzes Wenden des Blicks um nur 30° nach rechts hätte ja schon gereicht. Ich vermute aber, dass er auf diese Situation überhaupt nicht vorbereitet war bzw. überhaupt nicht mit ihr rechnete.


    Mich würde allerdings noch interessieren, ob der Distanzschuß deiner Meinung nach trainierbar ist oder tatsächlich ein Sonntagsschuß war?

    Ich denke schon, dass auch solche Schüsse trainierbar sind. Ob es sinnvoll ist, darauf viel Zeit zu verwenden, ist die andere Frage, denn die Situation muss dazu ja geeignet sein, sprich der Torhüter muss weit vor seinem Kasten stehen und die Wahrscheinlichkeit, dass der Schuss rein geht, muss höher sein als die Wahrscheinlichkeit, dass man mit der Alternative des schnellen Konters das Tor erzielt. Letztere dürfte in den meisten Fällen höher sein. Bei Florenzi hingegen nicht, weil kein Mitspieler in der Mitte oder auf der anderen Spielfeldseite mit rannte. Er hätte, wenn er nicht geschossen hätte, angesichts der gegnerischen Überzahl den Angriff abbrechen und hinten herum wieder aufbauen müssen. Davon, dass das passiert, gingen bei Barca ja auch offensichtlich alle aus, leider inklusive des Torhüters.


    Denn im Gegensatz zum Distanzschuß aus zentraler Position, ist ja hier die Tortiefe deutlich größer!

    Bei der Entfernung bezweifle ich das etwas. Florenzi ist beid er Schussabgabe nahezu auf der Seitenauslinie und ca. zehn Meter hinter der Mittellinie, der Mittelkreis dient da als Orientierung. Wenn das Feld dort die Normmaße von 105 m x 68 m hat, dann sind es 42,5 m geradeaus zur Torausline und 34 m nach innen zur Tormitte. Das Tor selbst hat ja eine Breite von 7,32 m, zum kurzen Pfosten sind es also 30,34 m, zum langen 37,66 m. Das ergibt gemäß Arkustangens einen Winkel von zwischen 35,5° und 41,5°. Ich würde meinen, dass ein Schuss frühestens bei Überschreiten von 45° als seitlich zu werten ist.


    Ich frage deshalb, weil ich nur einen Tag später 2 Tore des selben Spielers gesehen habe, wo die seitliche Position gleich war. Allerdings war die Distanz etwas kürzer. Bei beiden Toren stand der Keeper deutlich vor dem 16-er, als würde er eine Flanke erwarten.

    Hmm, naja, diese Situationen kenne ich nicht. Hätte es da Abnehmer für eine Flanke gegeben?


    Insgesamt ist es, denke ich, nicht einfach, individuelle Situationen zu generalisieren. Sie müssen ja auch schon oft genug vorkommen können, damit es sinnvoll ist, den Spieler gezielt darauf vorzubereiten. Ob das hier der Fall ist?

    "Be yourself; everybody else is already taken." (Oscar Wilde)

  • @tobn


    1. Rückwärtsbewegung
    1.1. Rückwärtslaufen bei kurzer Distanz
    Bei kurzer Distanz geht der Keeper mit nach vorn gebeugtem Oberkörper auf den Fussballen in kurzen, schnellen Schritten rückwärts. Durch diese "vorwärts orientierte Rückwärtsbewegung" ist er jederzeit in der Lage über Körperspannung und gutem Schwerpunkt zum Ball hochzuspringen, ihn zu fangen oder zu lenken. Im Breitensport sieht man noch häufig eine andere TW-Variante. Hierbei wird beim Rückwärtslaufen auch der Oberkörper in Rückwärts-Laufrichtung gebracht. Aufgrund des ungünstigen Schwerpunkts und fehlender Körperspannung (Körper ist lang ausgestreckt) fällt der Keeper wie eine "Bleiende" nach hinten, ohne den Ball abwehren zu können.


    1.2. Vorwärtssprint bei mittleren, aber besonders bei längerer Distanz
    Hierbei dreht sich der Keeper. Er sprintet mit Höchsttempo in Richtung Tor, jedoch ist der Kopf weiterhin in Ballrichtung, sodass die Flugbahn während der gesamten Zeit genau beobachtet werden kann.


    Ob sich der Keeper umdreht, hängt davon ab, ob er den Ball fangen kann oder aber nur noch im Sprung übers Tor lenken kann. Ist letzteres der Fall wird er die Armseite zum Lenken/Fausten nehmen, aus der der Ball kommt, weil er nur hier im Flug einen längere Korrekturstrecke hat, um sich den richtigen Druckpunkt auszusuchen.


    Die Distanzverkürzung und Ballbeobachtung findet also gleichzeitig statt. Es ist auch ganz wenig TW-Situationen, in denen ein Keeper nicht gleichzeitig den Ball beobachtet und seine Position verändert.


    Tipp: Manuel Neuer besitzt ein besonders variables Stellungsspiel. Beobachte mal genau, wohin er schaut, wenn er in Torrichtung zurück sprintet. Der schaut nicht zum eigenen Tor, sondern fixiert den Ball.



    Trainierbarkeit von langen, hohen Bällen aus seitlicher Position


    Ja, auch ich trainiere mit den Keepern schon viele Jahre diese Bälle. Allerdings war das Motiv ein anderes. Denn es ging hierbei darum, verunglückte Flanken, die zu gefährlichen Torschüssen wurden (vgl. Müllter-Tor im letzen Championsleague-Spiel) abzuwehren.


    Wenn es jedoch zu einem taktischen Mittel wird, dann wird auch der Balldruck noch höher werden, sodass der Keeper noch weniger Reaktionszeit hat. Folge: er muß unterscheiden, ob der ballführende Gegner seitlich oder zentral in die eigene Hälfte eindringt.


    Mal schauen, ob man schon in den nächsten Wochen sowohl mehr Torabschlüsse wie auch ein geänderters TW-Positionsspiel sehen wird. Denn die Entscheidung wird sicher auch davon abhängen, ob man den Treffer als "Sonntagsschuß" wertet oder aber diese Situation für trainierbar hält?

  • Es ist ja nun nicht das erste Mal das gerade Ter Stegen so ein Ding reinkommt. Er nahm ja beim zurücklaufen erst das Tempo raus, als der Ball quasi über seinen Kopf kam, ran wär er nicht mehr gekommen, und vielleicht hat er ja auch gehofft das er vorbeigeht, immerhin ging die Kugel ja an den Innenpfosten. Der Schuß selbst kam ja auch etwas verdeckt, ich meine das bei Schußabgabe auch ein Barca Spieler ins 1 gegen 1 gehen wollte.


    Vielleicht trainiert das er ein oder andere, vielleicht bekommen sie auch gesagt - wenns nicht anders geht probier dein Glück und hau drauf. Ich würde persönlich keine Trainingszeit dafür verschwenden.


    Diese "Patzer" werden uns vermutlich noch lange verfolgen und auch wenn sie eher selten sind, so werden diese durch die mediale Berichterstattung so hochgebauscht das man meint in jedem zweiten Spiel kommt sowas vor. Und verbreitet wird sowas auch schnell, ganz einfach weil die menschliche Schadenfreude sich daran ergötzt wenn auch Klassetorwarte einfach "dumm aus der Wäsche" gucken.

  • @Karotte
    Bei der Auswahl zum Tor des Monats gab es ein Tor aus 83 Metern. Der Keeper war dabei ca. 30 m aus seinem Kasten! Aber es war nicht Ter Stegen! Warum sollte ein Keeper dann, wenn er erkennt, dass er den Ball nicht mehr erreichen kann, dennoch weiterrennen? Man wirft doch auch keinem Goalgetter vor, einer Flanke, die für ihn zu weit ist, nachzurennen?


    Die Frage, ob es ein "Patzer" war und damit der Ball "haltbar", wird uns sicher noch einige Zeit beschäftigen. Denn es geht im Kern darum, ob die Torverhinderung alleroberste Priorität von einen Keeper darstellt oder aber gewisse Risiken bewußt inkauf genommen werden sollen, um bestimmte Spieltaktiken (z.B. Ballbesitzspiel mit hochstehender Abwehr) Priorität genießen?


    Denn sollte es keine Reaktion geben, so wird diese Torvariante verstärkt trainiert werden, weil der Keeper bei diesem Distanzschuß nicht nur die Distanz zum Tor rechzeitig verkürzen, sondern gleichzeitig die größtmögliche Tiefe seines Tores effektiv verteidigen können muß.

  • Wenn dieses verstärkt trainiert wird, hat das zur Folge das der Torwart sich wieder mehr in den Strafraum zurückzieht. Sollte der Gegner dies vermehrt als Taktik einsetzen, wird das Abwehrverhalten sich anpassen und somit das Aufbauspiel wieder mehr über die Viererkette erfolgt ohne Einbindung des Torwarts, ganz so wie in den 90igern als die Viererkette eingeführt wurde und der Torwart noch nicht am Aufbau beteiligt wurde.


    Gerade bei ter stegen war es ja auch eine taktische vorgabe, und selbst wir sagen unseren Jungs oft schießt aus allen Lagen. Für mich wäre der Ball haltbar gewesen wenn der Torhüter in seinem 5 Meter Raum bleibt, aber damit wird im modernen Fußball auch eine Anspielstation bewusst rausgenommen sowie bewusst ein "Loch" zwischen aufrückender Kette und Tor gelassen.


    Wenn ein Torschuss aus 83 Meter Tor des Monats wird, liegt es doch daran das es eher selten vorkommt :) Und nicht der Regelfall ist.

  • Ja, es wird vermutlich in der Weise eine Anpassung des TW-Stellungspiels geben, wenn die Versuche zunehmen, aus diesen seitlichen Mittelfeldpositionen den Torerfolg zu suchen, bzw. noch mehr Tore daraus resultieren.


    Der Keeper wird dann ein klein wenig tiefer stehen als bei zentralem gegnerischen Angriff.


    Ich denke mal, dass sein Trainer bewußt jeglichen Druck von seinem jungen Ersatzkeeper Ter Stegen nehmen wollte, als er sagte, er selbst habe ihm diese hohe Position zugewiesen. Denn kein Trainer gibt seinem Keeper einen "Persilschein", in bestimmten Situationen ein zu hohes Risiko zu wählen. Es sei denn, man gelangt zur Erkenntnis, das es ein "Sonntagsschuß" war und hält daher das Risiko für kalkulierbar gering!