Spieler "hat nur ein Tempo"

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  • Hallo Gemeinde,


    wende mich mal wieder fragend an euch.
    Und zwar Folgendes. Spieler, C-Junioren, dünn und groß, spielerisch stark, aber sehr langsam, was man ihm so nicht zutrauen würde. Des Weiteren sind bei ihm zwischen Dauerlauf und Sprint keine Steigerungen sichtbar. Der läuft angeblich "immer ein Tempo und hat nur ein Tempo", und zwar kein äußerst schnelles.
    Da ich aber von dem Bereich mal wieder (noch!?) keine allzugroße Ahnung habe: Kann man dem Tipps geben?
    Ich meine, Schnelligkeit ist ja weitestgehend genetisch festgelegt (oder doch nicht?), und es geht hier um die physische Schnelligkeiten, Handlungsschnelligkeit hier jetzt erstmal hintergründig behandeln.


    Danke an alle, euer raicoon.

  • raicoon


    Ja, das kenne ich! Während der Hochschulmeisterschaften hatten wir in unserem Team einen Handball-Nationalspieler. Der lief 10,8 Sek. auf 100 Meter und spielte auf der Außenbahn. Der war natürlich schneller als seine Gegenspieler. Doch leider war er technisch nicht so gewahnt, weshalb er hin und wieder vergaß, den Ball im Sprint eng genug zu führen. Da nützte ihm sein Tempo fast gar nichts!


    So, nun zurück zu deinem vermeintlichen Problem! Die Grundschnelligkeit ist im Breitensport-Jugendbereich kein besonders großes und wichtiges Thema, weil es sich durch Wachstumsschübe sowie Gewichtszu- und Abnahme verändert und somit vom Trainer nicht wesentlich beeinflußt werden kann. Hinzu kommen geistige Entwicklungsschübe, die eine signivikante Verbesserung der Situationserkennung beirken. (Dies sind die Gründe dafür, warum sich viele Talente nicht wie gewünscht weiterentwickeln, aber einige Spieler, denen man in jungen Jahren kaum etwas zugetraut hatte, sich in großen Schritten weiterentwickeln.)


    Mein Rat: Lenke deinen Fokus auf die Weiterentwicklung deines Teams, als über temporär unabänderliche Phänome einzelner Spieler zu grübeln.

  • Des Weiteren sind bei ihm zwischen Dauerlauf und Sprint keine Steigerungen sichtbar. Der läuft angeblich "immer ein Tempo und hat nur ein Tempo", und zwar kein äußerst schnelles.


    Durch einen Spurt im Spiel Akzente zu setzen, ist nach meiner Beobachtung eher eine mentale Sache, weniger eine körperliche. Das man dadurch Lücken schafft, Bewegung reinbringt, muss man den Spielern, denen es nicht so liegt der 'Macher' auf dem Platz zu sein erklären und ausdrücklich loben, wenn sie die Initiative nach und nach entwickeln.

  • Ich habe eher den Eindruck dass er nicht kann, und nicht den, dass er nicht will.


    Und als Laie will mich da sowieso nicht allzugroß in den Bewegungsablauf einmischen.


    Werde deinen Tipp dann mal austesten, Thomas!

  • Kurze Antwort: Pubertät


    Längere Antwort: u.a


    bedingt durch die Pubertät diverse physische Probleme:
    - Missverhältnis Rumpf<-> Extremitäten (du schreibst selbst groß und dünn)
    - keine funktionelle Muskulatur um das in Quantität oder Qualität zu kompensieren
    - Umstellung des Hormonhaushaltes, dadurch Probleme Bewegungsimpulse vom Gehirn ausgehend in Kinnetion und Modulation zu steuern
    - ...


    psychische Probleme
    - Findungsphase, geprägt u.a. durch Angst und Verunsicherung
    - mögliche Null-Bock-Phase


    Lösung:
    Durchhalten


  • :thumbup:


    Der Körper ist im C-Jugend Alter im 'Umbau', in der neuen DFB-Fibel 'Ausbilden mit Konzept 2' wird auch sehr ausführlich darauf eingegangen.

  • Durch einen Spurt im Spiel Akzente zu setzen, ist nach meiner Beobachtung eher eine mentale Sache, weniger eine körperliche. Das man dadurch Lücken schafft, Bewegung reinbringt, muss man den Spielern ... erklären und ausdrücklich loben, wenn sie die Initiative nach und nach entwickeln.

    Neben pubertären Entwicklungsschwankungen ist auch das meine Beobachtung bei bisher zwei Fällen (einem Jungen in der D-Jugend und aktuell einem Mädchen aus der B-Jugend). Ich habe sowohl die jeweiligen Spieler darauf angesprochen, dass wir da so ein bisschen daran arbeiten wollen und versucht, bei der Trainingsgestaltung (ohne daraus ein Einzeltraining zu machen) auf die Stimulation von Spurts und Antritten zu achten.

  • Ja, der Kerl sieht extrem schlacksig aus, ist er aber auch schon mehrere Jahre.


    Also guenther, er sieht sehr langsam aus, klar, aber im vergleich zu seinen Mannschaftskameraden fällt er ab. Un das sind nicht alles topathletisch gebaute Typen.


    Das DFB-Buch wollte ich mir mal noch zulegen, danke für den Tipp und die anderen Hilfestellungen. Dann wird durchgehalten!

    auf die Stimulation von Spurts und Antritten zu achten.


    Wie das genau? Das macht mich jetzt ein wenig neugierig...

  • Der läuft angeblich "immer ein Tempo und hat nur ein Tempo", und zwar kein äußerst schnelles.


    folgende Ursachen oder eine Kombination von mehreren fallen mir ein:
    1.) medizinische Gründe, die wir nicht kennen ( Nerven, Muskulatur, Gehirn........)
    2.) Schwäche der Haltemuskulatur und daher muskuläre Dysbalancen aufgrund der schon angesprochenen pupertären Körperentwicklung.
    3.) fehlende Antriebs- oder Willensstärke


    bzgl. Punkt 2 stellt sich die Frage, ob man wie vorgeschlagen nichts weiter machen kann und daher einfach abwarten sollte, bis sich das "Problem" im Idealfall hoffentlich im Zuge der Entwicklung selbst korrigiert?
    Oder man könnte den Standpunkt vertreten :"Ja was soll´s, jeder ist halt nicht zum Sprinter geboren."
    Oder man versucht mit geeigneten Übungen die Muskulatur zu kräftigen und Dysbalancen abzumildern.


    Wie viel Bewegung hat denn der "Schleicher" im restlichen Alltag (Computersitzer oder Jogger ...?)
    Evtl. braucht die "Bohnenstange" mehr Pausen zwischen den Übungen oder in Spielen als momentan "kompaktere" Typen. Das Gehirn lernt auch "langsam" als Lösung.
    Was sagt denn der Spieler selber. Stuft er selbst es als Problem ein?


    Jedes Ding hat drei Seiten: Eine die du siehst, eine die ich sehe und eine die wir beide nicht sehen.

    Einmal editiert, zuletzt von open-minded ()

  • Geht dann nach dem Motto "Ist halt so wie's ist!"
    Ich würde ihm ja evt gerne ein paar Tipps geben, aber gerade zu deinen Punkten 1) und 2) hab ich wenig Ahnung. Deshalb die Frage an euch. Ich meine ich kann ihn auch mal empfehlen, beim Onkel Doc nachzufragen oder einen ausgebildeten Lauftrainer kommen zu lassen...

  • Zitat von »MichaMittelfeld«
    auf die Stimulation von Spurts und Antritten zu achten.


    Wie das genau? Das macht mich jetzt ein wenig neugierig...

    Es ist eigentlich so, dass wir oft Übungen im Training haben, die aufgrund der Trainingsschwerpunkte zwar anders motiviert sind, wo wir die Antrittsschnelligkeit und wechselnde Geschwindigkeiten aber stimulieren können und auch gelegentlich "einfordern":


    z.B.
    1. Staffelwettbewerbe mit wechselnden Geschwindigkeiten (erst Ball eng führen, dann Ball treiben, dann wieder eng führen),
    2. in Spielformen Zeitlimits setzen (nach Balleroberung Abschluss binnen 5 oder 8 Sekunden)
    3. Bei Torschussübungen Raumdruck (Ballan- und -mitnahme in einem abgesteckten Feld mit einer maximalen Zahl von Ballberührungen), ggf. auch noch mit Zeitlimit
    4. Sehr viele Kurzpassspielformen in begrenzten Feldern (Auf Ballbesitz, mit Felderwechsel, 6:3)



    Wir haben übrigens sogar 2 Spielerinnen mit dem Problem, bei Spielerin 1 hat es im bisherigen Saisonverlauf schon sehr gut geklappt, (bin letztens darauf angesprochen worden, was wir denn mit ihr gemacht hätten), bei Spielerin 2 erst in Ansätzen. Die Voraussetzungen waren aber auch unterschiedlich:


    Spielerin 1: athletisch (hat vorher Handball gespielt), koordinativ ausgewogen, fußballerisch ziemlich gut - obwohl sie noch nicht lange im Verein spielt. Lernwillig, hohe Aufnahmebereitschaft
    Spielerin 2: körperlich normal schlank, Rumpfstabilität zunehmend besser, Körperhaltung aber fast immer etwas zu aufrecht und zu "steif", fußballerisch durchschnittlich, unglücklicherweise (;)) mit gutem Stellungsspiel (so dass sie viele erfolgreiche Situationen hat, ohne zu sprinten). Aufnahmebereitschaft wechselhaft, ein bisschen nach dem Motto: "Ein Pferd springt auch nur so hoch wie es muss" (s. Stellungsspiel). Auf Korrekturen reagiert sie oft empfindlich, manchmal aber auch total offen. Langwierige Probleme bei defensiven 1:1, erst letzte Woche so etwas wie ein "Durchbruch".


    Für Fortschritte müssen also mehrere Dingen zusammenkommen: Persönlichkeit des Spielers, Trainer-Spieler-Beziehung, körperliche Voraussetzungen. Bei Dir erschwert um eine Altersstufe, in der die körperliche Entwicklung ohnehin in Bocksprüngen verläuft.

  • Sorry Revilo,


    hab mir deine Lösung zu Herzen genommen ohne den Weg nochmal zu reflektieren. Habe es nur in einem kurzen Satz aufgefasst, was du mir als Lösung angeboten hast.

    Dann wird durchgehalten!

    Also bitte nicht traurig und/oder böse sein... ?(

  • Schön, dass du meinen Beitrag so einfach ignorierst, denn der fasst die "Problematik" zusammen

    nehmen wir mal an du hast die "Problematik" in deiner Aufzählung richtig erfasst, erschließt sich mir dennoch nicht, warum "Durchalten" die richtige, ausschließliche Lösung sein soll :?:


    Jedes Ding hat drei Seiten: Eine die du siehst, eine die ich sehe und eine die wir beide nicht sehen.

  • Ok, ich werde es noch weiter ausführen.
    Was soll man als Trainer machen, wenn die Problematik eine temporäre ist?


    Zu sagen "ok, dann arbeiten wir nur im Schnelligkeitsbereich" ist zu linear gedacht, denn dadurch würden sich (gerade in der wichtigen Entwicklungsphase der Muskulatur) neue Probleme auftuen. Stichwort komplexe Systeme.
    Bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit sich zu verletzten sehr groß ist. Mal abgesehen davon, dass die Trainingszeit eh mehr als begrenzt ist und richtiges Schnelligkeitstraining immense Zeitumfänge benötigt. Es ist also schlicht weg nicht möglich, ohne dabei andere, wichtige Fußballinhalte zu vernachlässigen.


    Lösung:
    "Gutes", abwechslungsreiches Training beinhaltet genügend Aspekte für die Entwicklung der nervösen Informationsverarbeitung und der Ausprägung von fast-twitch Fasern, die für die Schnelligkeit maßgebend sind:


    - Koordinative Anteile (Gehirn <-> Impuls <-> Muskulatur)
    - kleine Spielformen (Beschleunigung, Wahrnehmung, Handlungsschnelligkeit)
    - große Spielformen (zyklische, lokomotorische Endschnelligkeit)
    - Zweikämpfe (Antrieb und Motivation)



    raicoon: Alles ok :thumbup:

  • Ja, ich vestehe, aber was, wenn der Spieler soweit von der Norm abweicht, dass eine Art Krankengymnastik (Physiotherapie) ausserhalb des Fußball notwendig wäre. Ein Kräftigungstraining unter fachlicher Anleitung.


    Oder Thema individuelles Training. Ist es wirklich nicht möglich dass betreffender Spieler während des normalen Trainingsbetriebes an seinem Defizit arbeitet?
    Da er technisch scheinbar gut ist könnte er z.B. während andere Ballannahme oder Passen.....üben, gezielt an sich arbeiten.
    Ein Sportmediziner müsste ermitteln, wo die Ansatzpunkte sind und welche Übungen sich daraus ergeben.
    Leidet der Spieler evtl. sogar selbst unter seiner Langsamkeit, ist erbestimmt auch bereit aktiv mitzuziehen. Evtl. sogar in seiner Freizeit.


    Jedes Ding hat drei Seiten: Eine die du siehst, eine die ich sehe und eine die wir beide nicht sehen.

  • Ja, da bin ich voll bei dir!


    Mein Posting bezog sich auf die "normale Problematik", die eine "durchschnittliche Pubertät" so mitbringen kann und was wir als Trainer wirklich dagegen machen können. Natürlich wäre und ist es immer sinnvoll, sich möglichst breit im Sportbereich aufzustellen, um muskulären Dysbalancen etc entgegen zu wirken. Was sich zum beispiel gut eignen würde, wäre etwa Karate, Judo, oder auch Yoga, Turnen.
    h
    Wenn schon Probleme bestehen, wäre natürlich auch Krankengymnastik, Physiotherapie etc von Nöten. Auch individuelles Training fände ich dann sinnvoll.


    Aber diese "Ergänzungen" liegen dann ja größtenteils außerhalb unserer Verantwortlichkeit, es sei denn wir als Trainer sind in der Lage Kräftigungs/Dehnungsübungen wie Movement Preps, Core Performance, etc wirklich anzuleiten. Aber, mal ehrlich.... wer kann das schon? Dann lieber die sichere Schiene fahren und die Experten konsultieren