Fussball statt Gebolze

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  • Moin Moin, auch ich habe es mal endlichen geschafft mich hier anzumelden, weil ich eine Frage habe die mir unter den Nägeln brennt. Und zwar trainiere ich eine U17 Mannschaft in der Kreisoberliga.


    Sind eine komplett gemischte Truppe, haben 98,99 und sogar 5 2000'er. Wir sind realtiv normal in die Saison gestartet, sprich 1Sieg und 1Unentschieden. Aber was wir mir nicht gefällt ist,dass wir eigentlich unsere Torchancen nur durch lange Bälle und Einzelaktionen erarbeiten. Wir als Trainerteam haben aber eigentlich den Anspruch das Kurzpasspiel in die Mannschaft hereinzubekommen, da es weiterführend auch in der U19 und 1.Männer so praktiziert wird. Im Training lassen wir viel mit Ball machen, versuchen in Trainingsspielen die kurzen Pässe zu forcieren, mit Dreieckbildung, Bewegung ohne Ball etc. Das kuriose ist aber, dass es meist Im Training gut klappt und Sie wunderschön miteinander kombinieren können, aber sobald die 80Minuten des Pflichtspieles beginnen, legt der Schalter um und frei nach dem Motto "Hoch und weit bring Sicherheit". Wir haben das Potential in der Mannschaft ordentlich zu spielen und das auch mit kurzen Pässen, aber es wirkt als hätten die Jungs Angst es umzusetzen.


    Wie kann ich ihnen vielleicht im Training oder sogar im Spiel die Angst davor nehmen? Welche Übungen kann ich da machen, was ist hilfreich?


    Vielen Dank im Vorraus für eure Antworten


    Schueniii :thumbup:

  • Hallo scheuniii,


    ich würde erstmal in Über und Unterzahl Wettbewerbspiel machen, also 4vs4 +4
    sodass die Überzahl Mannschaft auch zu Beginn die Möglichkeit hat ein Passspiel aufzuziehen.


    um das ganze nicht zu trocken werden zu lassen, hilft eine Vorgabe zum Beispiel 10 erfolgreiche Pässe innerhalb der des Überzhalteams und die Unterzahlmannschaft muss ne Zusatzaufgabe machen (im U17 Bereich sicher Liegestütz oder so interessannt.....um es auf zu lockern gehen aber auch Hampelmänner oder mal ein kleines Lied ;)


    positiver Nebeneffekt, die Unterzahlmannschaft wird auch ordentlich Gas geben und so realen Gegnerdruck nachstellen....


    Gruß

    Erfolg hat 3 Buchstaben - T U N

  • Im Training lassen wir viel mit Ball machen, versuchen in Trainingsspielen die kurzen Pässe zu forcieren, mit Dreieckbildung, Bewegung ohne Ball etc.

    Wann habt Ihr mit dem Training für diese Saison angefangen? Welche Übungen macht Ihr? Wie groß ist deren Anteil am Gesamttraining?


    Eine A-Jugend im Nachbarverein (Leistungsklasse, Bezirksliga-Quali nicht geschafft) hat ein ähnliches Problem: Die sind schon seit Juli wieder im Training, haben bereits 2 Freundschaftsspiele, 3 Liga- und 1 Pokalspiel hinter sich. Sie fangen die Spiele mittlerweile so an, wie die Trainer das wollen, aber unter Druck (Rückstand oder ein schwächer eingeschätzter Gegner hält länger als 20 Minuten das Unentschieden) beginnt wieder das Gerenne und Gebolze.


    Will sagen: Es dauert einfach, vor allem wenn sich die Truppe die Spielweise über 1-2 Saisons (im schlimmsten Fall noch länger) "angewöhnt" hat. Da Deine Jungs von Anfang an "bolzen", scheinen sie noch kaum Zutrauen in ihre neuen Fähigkeiten in der "Drucksituation" Ligaspiel zu haben.

  • Hi,


    ich würde versuchen, Trainingsspiele gegen andere Mannschaften durchzuführen und dort mit mehreren Pausen spielen lassen, villeicht 4x20 Minuten. In diesen Spielen ganz bewusst das Thema betonen und entsprechend darauf hinweisen

  • Haben Ende Juli angefangen. Und machen sehr viel Freilaufen/Decken im Überzahlspiel. Oder als Spielform 3-4 Kurzpässe und denn der Pass in die Schnittstelle über Außen. Wie auch vorhin angesprochen Überzahlspiel mit 3Ballkontakten (weil wir natürliche viele Ronaldos drin haben die jeden austricksen oder tunneln wollen). Und im Training klappt es und wenn Sie es im Spiel anwenden bekommen wir den Gegner meist auch super ausgespielt, aber irgendwie merken sie nicht dass es also auch sinnvoller wäre es die ganze Zeit zu machen. Wir weollen ja keine Ballbesitzmaschine im tiki taka stil werden, aber es soll gepflegt und kontrolliert gespielt werden.


    Nach längeren überlegen hab ich auch das Gefühl dass es an unseren Außenspielern liegt. Links wie Rechts haben wir das Glück das wir "überragende Jungs haben die durch Technik und Schnelligkeit eine komplette Abwehr auseinander nehmen können. Aber die werden halt nicht gezielt in Szene gesetzt sondern es wird immer der lange Ball über die Abwehr gehoben mit der Hoffnung, egal in welche Richtung er geht, einer von beiden wird ihn sich schon holen.

  • @schuenii


    Es wurde bereits einiges Hilfreiche dazu gesagt. Ich möchte jedoch zunächst noch kurz zum Verständnis der Unterschiede zwischen Training und Spiel kommen.


    Beim Training wird das Spiel nach den Wünschen des Trainers gestaltet. Auch ergibt sich aus dem Niveau des Teams die Möglichkeit beim Passpiel ohne Gegnerdruck, mit eher passivem Verhalten oder agressivem Gegnerdruck zu arbeiten.


    Beim Punktspiel hat der Trainer jedoch nicht die Möglichkeit das Paßspiel ans Niveau der Mannschaft anzupassen. Da wird das Team vom Gegner gefordert. In den überwiegenden Fällen von langen Päßen ist es so, dass der Gegner das eigene Team zu sehr unter Druck setzt, sodass kein präzises Kurzpaßspiel möglich ist.


    Neben dem generell wahrgenommenen Gebolze aufgrund von Überforderung gibt es jedoch auch Spieler, die zwar im Traininig die gewünschten Leistungen im Paßspiel erbringen, dies jedoch (noch) nicht im Spiel umsetzen können. Dies kann unterschiedliche Ursachen haben (z.B. wurde es vom früheren Trainer so gefordert, wenig Selbstvertrauen in die eigenen Leistungen, usw.) Hier kann man im mentalen Bereich (Mut machen, gelungene Aktionen besonders loben, usw.) sehr gute Ergbnisse erzielen.


    Häufig ist (wie bereits im Thread: 4 - 2 - 3 - 1 Spiel mit B-Jugend im unteren Ligabereich) der Wunsch der Vater des Gedankens. Denn wenn die Erwartungen des Trainers sich zu sehr von der Realität in der Mannschaft fortbewegen, dann kann leicht Enttäuschung oder sogar Frust entstehen. Hier hilft eine Ist-Analyse, was an Fähigkeiten bei den Spielern vorhanden ist. Danach sollte man die Spieler dort "abholen", wo sie sich gerade befinden. Dies gilt für geeigentes Training, aber noch viel mehr an die Erwartungen während des Wettkampfs.


    Genauso häufig herrscht die irrige Meinung, man könne das, was im Training versäumt wurde, im Punktspiel nachholen. Im schlimmsten Falle kann dies dazu führen, dass sich Trainer dazu geneigt fühlen, ihre Spieler "per Joystick" übers Feld zu schicken, weil sie glauben, die hätten schon wieder alles vergessen! Natürlich geräd manches auch in Vergessenheit, aber meistens haben sie es im Training noch nicht verstanden und treffen deshalb beim Spiel noch falsche Entscheidungen. Eine Untervariante hierbei ist, dass situativ mal richtig und mal falsch entschieden wird. Dies ist deshalb besonders schwierig zu erkennen, weil man ein Fehler vom Gegner bestraft wird und ein anders mal nicht. Kurze Notizen dazu können helfen, nach geeigneten Übungen und Spielformen zu diesem Bereich fürs nächste Training zu suchen. Hier wäre es vermutlich das Paßspiel unter Gegnerdruck und Spielformen mit entsprechenden Provokationsregeln (z.B. Anzahl der Ballkontakte begrenzen). Auch die Anpassung des Spielfelds (schmales Feld eignet sich für Pässe in die Tiefe, breites Spielfeld für Pässe in die Breite) kann das Paßspiel unterstützen. Hier bei Soccerdrills und auch sonst gibts jede Menge alters- und leistungsgerechter Übungen im Internet!


    Als Trainer mit noch wenig Erfahrung ist es schwierig, das Spiel nicht mehr nur als Zuschauer emotional, sondern als Trainer auch fachlich zu begleiten. In aller Regel gehen mehr als 2 Jahre ins Land, bis der Blickwinkel für die Traineraufgaben geschärft ist. Diese Zeit sollte man sich auch gönnen, um zu lernen. Es hilft dann auch zwischen den Aussagen von Eltern und Spielern sowie eigenen Erkenntnissen zu differenzieren. Denn längst nicht immer hat das Spielergebnis auch etwas mit den Leistungsfortschritten seiner Spieler etwas zu tun.


    Zwar wäre es mein Wunsch, auch die Trainerausbildung praxisnäher, d.h. mehr am Wettkampf orientiert, zu gestalten. Die Versuche dazu gab es und waren auch erfolgreich. Jedoch ist diese Form der Trainerausbildung zeitintensiver und natürlich auch teurer. Ferner fehlt dafür flächendeckend auch das Personal.


    Bis dahin gilt es sowohl autodidaktisch durch Erfahrungen und Medienrecherche, als auch im Austausch mit Kollegen seine Erkenntnisse zu gewinnen.


    Dieses Forum zeichnet sich dadurch aus, dass Jeder für sich etwas mitnehmen kann, wenn er will!

  • Hi schuenii,


    was mir noch etwas fehlt sind Infos über die Gegner. Angenommen der Gegner macht ein relativ Aggressives Angriffspressing und stellt deine Defensive schon beim Abstoß vorne zu, ist es natürlich auch wahnsinnig schwierig per Kurzpassspiel hinten rauszuspielen. Hierfür benötigt es schon zum einen eine hohe technische Qualität der Spieler, und zum andereren auch eine psychische Druckresistenz bei deinen Jungs. Ich kann die Liga in der ihr spielt von der Rang-wertigkeit nicht einschätzen, aber unterhalb von Leistungsorientierten Fußball ist das dann schon relativ schwer auch durchzudrücken. Da ist in den unteren Klassen das attackieren vorne eben wesentlich einfacher als ein geordnetes und gutes Kurzpassspiel zu implementieren. Und Selbst im Auswahlbereich (Regional) ist das noch schwierig genug. Ich weiß von Stützpunktvergleichsspielen, bei denen die Trainer untereinander ganz klar obligatorisch das Angriffspressing bei gegnerischen Abstößen für beide Teams verbieten um den Spielaufbau überhaupt erst zu ermöglichen.


    Auch ein weiterer Faktor aus der Sicht deiner Spieler ist: Wenn deine Offensiv-Spieler durch die Mittel des langen Balles natürlich so wahnsinnig erfolgreich sind, ist es entsprechend schwierig zu verstehen, wieso man von der Taktik überhaupt abweichen soll, dies erfordert viel Fingerspitzengefühl des Trainers. Denn eins ist ja auch ganz klar: Lange Bälle sind ja nichts verbotenes oder verteufeltes, es ist letztlich auch ein spieltaktisches Mittel.


    Ich erinnere mich an das CL-Finale zwischen Bayern und Dortmund, wo aufeinmal der Kurzpassfußball und Tiki-Taka-Style von damals noch Jupp Heynckes aufgegeben wurde und permanent mit langen Bällen die spitze überbrückt worden ist. Gleiches auch geschehen im DFB-Pokalfinale letztes Jahr bei den gleichen Mannschaften. Das ist letztlich dann auch nochmal auf meinen ersten Punkt zurückzuführen, wie unglaublich schwierig es ist gegen ein aggressives Pressing des Gegners das Kurzpassspiel hinzubekommen. Und wenn es Schweini, Lahm und Co nicht mal eben so einfach schaffen, wie soll es dann auf Kreisebene funktionieren?!


    Letztlich stimme ich aber (gesetz des Falles wir haben den passenden Gegner dazu, oder wir ignorieren den Gegner einfach), dass das ne sehr langwierige Trainingsaufgabe ist, die eben nicht in 3-4 Wochen in den Köpfen der Spieler fest verankert wird. Trainier das bis zum umfallen, und schau mal ob es zur Winterpause erste Erfolge gibt und ziehe dann deine Schlüsse daraus.