Zweite Bälle

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  • Guten Tag,


    ich trainiere momentan eine D2-Mannschaft (fast ausschließlich Spieler aus Jahrgang 2002). Bin eigentlich soweit mit den Spielern zufrieden, dass wir in den Spielen ein gutes Positionsspiel betreiben. Nur eines fällt mir sehr auf, auch schon seit der Hinrunde. Wenn wir Standardsituationen gegen uns bekommen und wir den Ball für das Erste klären und der Gegner den zweiten Ball hat. So kommt es meistens vor, dass wir da nur zuschauen und dem gegnerischen Spieler, der den Ball hat, die Zeit geben, sich den Ball zurecht zu legen und auf das Tor zu schießen anstatt dass wir den ballführenden Spieler attackieren. Da geht das meiste Gefahr auf unser Tor aus. Ich habe in den Besprechungen den Spielern immer wieder gesagt, dass sie auf die zweite Bälle achten sollen und drauf gehen sollen. Aber nein, sie bleiben stehen und schauen nur zu.


    Vielleicht könnt Ihr mir in diesem Punkt helfen, wie ich dieses "Problem" am besten lösen kann. Oder es gibt gute Übungen, die ich im Training anwenden kann, dass es im Spiel nicht mehr so häufig vorkommt?


    Danke schon mal für Eure Meinungen.

  • Ich würde im Training viele Übungen machen, bei denen es eine Anschlussaktion gibt.
    Zum Beispiel, erst als Techniktraining eine Torschussübung und danach soll der Schütze sich direkt umdrehen und im 1 gg 1 verteidigen.

    „Alles, was wir für uns selbst tun, tun wir auch für andere, und alles, was wir für Andere tun, tun wir auch für uns selbst.” - Thich Nhat Hanh

  • Das Problem der zweiten Bälle ist meist dass sich niemand für sie zuständig fühlt, nach dem Motto "Nimm du ihn, ich hab ihn sicher." Meine erste Frage wäre, ob du Gegner- oder Raumorientiert spielst? Und wie die Zuteilung bei Standards ist.

  • Bei Eckbällen decken wir die Gegenspieler und einer besetzt den kurzen Pfosten. Ein weiteres Problem ist auch unser Umschaltspiel. Wenn wir den Ball erobert haben und nach vorne schlagen, schaffen wir es nicht, dass unser Mittelfeld schnell aufrückt. Genauso, wenn wir in der Offensive den Ball verlieren, dass man nicht sofort nachsetzt oder sicher wieder hinter dem Ball zu positionieren. Meist passiert es dann auf Zuruf von mir.


    Aber nun ja, sie haben auch erst das erste Halbjahr hinter sich. Und man kann auch keine Wunderdinge von heute auf morgen erwarten.

  • Ich hatte das gleiche Problem auch vor einer Zeitlang und zum Teil immer noch, wobei es schon wesentlich besser geworden ist. Während wir am Saisonanfang noch regelmäßig den zweiten Ball verpassten, schieben wir jetzt schon sehr gut zum Ball. Ab und zu, kommt es noch vor, dass sich die Spieler gegenseitig anschauen, aber nicht mehr so häufig. Wir spielen generell mit ballorientiertem Spiel, darum kann es sein, dass es auch dadurch besser geworden ist, da sich das Verständnis der Spieler allgemein besser entwickelt hat. Ich habe aber auch immer wieder im Spiel und auch im Training laut die Leute angesprochen, wenn wir solche Aktionen hatten und daurch hat sich dann jemand zuständig gespielt. Mittlerweile machen dies die Spieler selber und geben sich die Kommandos. Dies war jetzt vorwiegend bei Standards oder bei abgewehrten Torschüssen. Bei Ballverlust versuchen wir nun auch gerade schnell gegenzupressen, um den Ball wieder zu erobern. Da läuft das momentan auch noch größtenteils, dass ich von Aussen laut zurufen muss. Aber auch hier ist schon erkennbar, dass sich dies langsam verselbstständigt und die Spieler die Situationen langsam selber erkennen bzw. sich gegenseitig coachen. Also ich glaube, dass am Anfang das Coachen von Aussen wichtig ist, abr nur mit Namenszuteilung und nicht allgemein, weil sich sonst wieder keiner zuständig fühlt und dadurch die Spieler mit der Zeit selber ein gefühl dafür entwickeln. Vielleicht hast du auch einen guten Schlussmann, der viel Spielverständnis hat und dies übernehmen kann.

  • Ich habe in den Besprechungen den Spielern immer wieder gesagt, dass sie auf die zweite Bälle achten sollen und drauf gehen sollen.

    Sozusagen eins meiner Lieblingsthemen: "Sagen" funktioniert nicht, Du kannst allenfalls daran erinnern, was im Training geübt wurde. Der "Zweite Ball" ist eine Form des Umschaltens von Ballbesitz (Abwehr des ersten Balls) auf Ballverlust (Abwehr des ersten Balls zum Gegner)


    Wie reagieren Deine Kinder denn im normalen Spielverlauf beim Umschalten? Sind da alle (!) "gallig" und zeigen Präsenz? Oder gibt es da auch Spieler, die sich abwartend verhalten und erst mal schauen, was der Gegner tut? Bei einer durchschnittlichen D2-Mannschaft vermute ich eher letzteres. Das dürften auch diejenigen Spieler sein, die dann bei "Standardsituationen" nicht schnell genug den Schalter umgelegt bekommen. Mit einem Trainingsschwerpunkt auf den "zweiten" Ball würdest Du dann den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Für den ersten Schritt helfen viele Spielformen mit kleinen Mannschaften und eingebauten Regeln, die das schnelle Umschalten erfordern und fördern.

    Wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege, kann ich Dir auch ein paar Spielformen benennen. "Umschalten" wäre für mich - je nach Voraussetzung mit unterschiedlicher Intensität und Zielsetzung - ein guter Trainingsschwerpunkt in der D-Jugend.

  • Hier wurden ja ein bereits paar Bereiche angesprochen, die wichtig sind. Nicht nur sagen, sondern im Training gezielt das Training darauf ausrichten. Jetzt nicht unbedingt Standards trainieren, aber immer wieder Anschlussaktionen und Umschaltmomente einbauen.


    Auch der Hinweis auf das Verteidigen im Raum wurde ja angesprochen. Hat für mich den Vorteil, dass die Spieler klarere Zuständigkeiten haben. Also bei Eckbällen je einen Spieler zentral am Strafraum, der dann genau für das Stören verantwortlich ist. Konterstürmer steht hoch, eventuell noch die Seite von der die Ecke geschlagen wird besetzen, weil die Wahrscheinlichkeit dass der Ball dahin geklärt wird am größten ist.


    Abgesehen davon wirst du immer in Unterzahl sein, wenn der Ball lang hinaus geklärt wird. Das dein Mittelfeld nach einem langen Befreiungsschlag nach einer Standardsituation schnell draufgeht halte ich persönlich für nicht durchführbar.

    Genauso, wenn wir in der Offensive den Ball verlieren, dass man nicht sofort nachsetzt oder sicher wieder hinter dem Ball zu positionieren. Meist passiert es dann auf Zuruf von mir.

    Das ist dann wieder ein anderes Thema. Wie gesagt bei Standards wäre da für mich eher die individuelle "Wachheit" entscheidend. Hier geht es ja dann schon um gruppentaktische Aspekte. Funktioniert das Absichern, wie steht die Mannschaft allgemein.


    Auch sprichst du hier von zwei Möglichkeiten, sofort drauf vs sich hinter Ball zurückzuziehen. Hier wäre auch wieder die Frage, wissen die Spieler was wann getan werden soll? Wird das im Training explizit trainiert oder nur gesagt? Weil ich denke auch, sagen reicht oft nicht aus. Hier wären Prinzipien für mich wichtig, die den Spielern helfen die richtige Verhaltensweise zu erkennen, z.b. Gegner steht offen ohne Druck, dann fallen lassen oder aber Gegner steht mit Rücken oder isoliert, Ball verspringt, dann Druck. Kann man sehr gut in Spielformen machen und mit An- und Mitnahmetechniken kombinieren.


    Kann man sicher in der D schon einbringen je nach Leistungsstand, wäre für mich besonders ab der C von Bedeutung.

  • Das Thema hier ist zwar schon etwas Älter, ich habe aber erst kürzlich nach einer Spielform für meine Senioren gesucht, welche das Thema Zweiter Ball bzw. Nachrücken im Hauptaugenmerk hat.


    Dazu habe ich das gefunden:


    http://www.fussballtraining.de…aining-des-zweiten-balles


    Gerade die Übung weiter unten sieht dabei interessant aus. Klar wird dort allen voran der weite Ball "provoziert", gerade auch wenn die Abstöße weit herausgespielt werden müssen.
    Zumindest zu unserem normalen "Abschlussspiel", wo ich eigentlich immer ein "flaches Hintenherausspielen" fordere wäre das mal ein anderer Schwerpunkt.


    Eine weitere Variante - auch wenn man keinen Torwart hat - ist das Spiel auf umgekippte Tore, wobei man Tore nur erzielen kann, wenn die komplette Mannschaft beim Erzielen des Tores in der gegnerischen Hälfte ist.
    Der schöne Nebeneffekt dabei ist eben, dass die Abwehr nachrücken muss und es werden automatisch viele Zweite Bälle gewonnen bzw. selbst bei Ballverlust ist man gleich wieder in der Pressingsituation.



    Ich spreche das Thema auch oft an und unterbreche dafür immer wieder Trainingsspiele usw.


    Zweite Bälle sind dabei nicht nur eben diese "Abpraller" bei Standards oder Kläreungsversuche eines IV's per Kopf. Häufig wird ja auch salopp gesagt "wir kommen immer einen Schritt zu spät" oder "wir sind nicht in die Zweikämpfe". Wenn es bei diesen Punkten nicht so läuft hat das meiner Meinung nach immer den gleichen Grund: man agiert nicht sondern man reagiert.
    Die Spieler laufen erst, wenn der IV den Ball wegköpft und sie wissen, wo der Ball hinfällt. Richtig ist es aber schon zu laufen, wenn der Gegner zum weiten Ball ansetzt.
    Anders herum ist es das selbe. Spielt man selbst einen weiten Ball, soll eigentlich sofort kollektiv in die Richtung verschoben werden, wo der Ball mal herunterfällt.


    Ich kann das sehr wohl beobachten, dass meine Spieler das während eines Spiels immer mal wieder vergessen. Ein klassisches Sympthom hierfür ist es ja, wenn die Lücke zwischen Abwehr (inkl. den 6ern) und Angriff (inkl. 10er) zu groß ist, egal ob bei eigenen oder gegnerischen weiten Bällen.


    Ich werde das Thema in den kommenden Einheiten nochmal verstärkt angehen. Dazu versuche ich auch mal die Übung oben. Mal sehen wie das dann angenommen werden.
    Grundsätzlich verstehen die Spieler ja, wie wichtig der "Zweite Ball" ist. Oft schaltet man eben zu langsam im Kopf und läuft erst, wenn es eigentlich schon zu spät ist.

  • Ich hab mal den Link angeklickt und finde diese Übungen recht interessant.


    Natürlich bin ich auch neugierig geworden, was man dort sonst noch so findet und bin auf eine "Definition von Torwart und Torspieler" gestoßen. Allerdings bin ich mit dem Fazit nicht so ganz klargekommen. Einerseits wird zwar der Torspieler als der modere Torwart bezeichnet, andererseits glaubt man, das sicher dieser seine Fähigkeiten ausschließlich als Feldspieler aneignen könnte. Das mag in der Vergangenheit durchaus so gewesen sein, weil viele Torwarttrainer als ehemalige Keeper selbst mit dem Ball am Fuss wenig anfangen konnten. Aber schon Gerry Ehrmann war/ust für seine Schußstärke und -präzision bekannt. Moderne Torwarttrainer sind beidfüssig und können durchaus auch in diesem Bereich ihre Torleute zu mitspielenden Keepern fordern und fördern. Allerdings braucht es dann immer noch Jahre in der Ausbildung, bis diese Nachwuchskeeper gereift in den hohen Seniorenligen ankommen.


    Für mich zählt es nach wie vor zu den elementaren Aufgaben eines Torwarts in der Ballabwehr erfolgreich zu sein, damit er den Ball nicht aus dem Netz holen muß, sondern erst dadurch in die Lage gelangt, sich erfolgreich in eine Spieleröffnung zu integrieren.


    Die Grenze für den modernen Torspieler zwischen kalkuliertem Risiko und Leichtsinn ist fließend, weshalb er wie auch alle anderen Spieler meist am Erfolg/Mißerfolg der Aktion gemessen wird.


    Allerdings habe auch ich die Erfahrung gemacht, dass die Konstellation der Positionen Torwart und Mittelstürmer ein wenig erfolgreicher ist als Andere. Deshalb vermute ich das der besondere Erfahrungsschatz darin liegt, jeweils an entscheidender, aber unterschiedlicher Funktion an finalen Torsituationen beteiligt zu sein?


    Der Keeper, der nur deshalb das Tor hütet, weil er nicht Fussballspielen kann, den gibt es jedoch immer seltener. Das ist auch gut so!