Eine Posse, wie sie sich überall in Deutschland abspielen könnte, hat nun ein vorläufiges Ende gefunden.
Denn seit dem "Bosman"-Urteil, welches das Recht auf die Freiheit des Berufsortes als höher ansah als das Recht an der käuflichen Leistung eines Profis, gibt es allerlei Versuche von Anwälten, sich mit dem Fussball einen Namen zu machen. So auch 2 Anwälte aus dem Deister (bei Hannover), die für einen Streitwert von 600,- € Ablösesumme für einen 15-Jährigen Kicker, der vom Dorfverein Kirchrode zu Arminia Hannover wechseln wollte, jedoch weder Hannover noch die Eltern des Jungen diese Ausbildungsentschädigung an den Heimatverein zahlen wollten. Die Anwälte sahen darin das Grundrecht zur Handlungsfreiheit verletzt und stellten Antrag auf Klage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Im Link: http://www.haz.de/Nachrichten/…icht/Anpfiff-in-Karlsruhe ist der gesamte Beitrag nachzulesen. Hier ein kurzer Ausschnitt:
- Diese Regelung ist nicht hinnehmbar“, sagte Scholz vor zahlreichen Medienvertretern in Hannover. „Es wird die allgemeine Handlungsfreiheit verletzt, da der Spieler nicht selber entscheiden kann, wo er spielt.“ Da die Ablösesumme in den meisten Fällen nicht vom neuen Verein, sondern von den Eltern aufgebracht werden müsse, sei die Regelung zudem diskriminierend. Kinder aus ärmeren Familien würden gesperrt werden, Kinder aus reicheren Familien könnten sich hingegen freikaufen. „Da wird der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt“, sagte Hüttl. -
Der NFV als zuständiger Verband nimmt nun in seiner neuesten Journalausgabe kurz Stellung zum Antrag der beiden Anwälte:
"In der Augustausgabe des Fußball-Journals hatte ich die sehr medienwirksam initiierte Einreichung einer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht seitens zweier Hannoverscher Anwälte kommentiert.
Sinn und Zweck der Beschwerde war die Fragestellung, ob die Vereinswechselbestimmungen des DFB/NFV im Juniorenbereich verfassungskonform sind. Überraschend schnell hat das Bundesverfassungsgericht nunmehr entschieden, die Beschwerde gar nicht erst zur Verhandlung zuzulassen. Ohne in Spekulationen zu verfallen, darf man davon ausgehen, dass diese Entscheidung der offensichtlichen Erfolglosigkeit des Begehrens geschuldet ist. Umso mehr überrascht die in der Presse veröffentlichte Aussage des Prozessbevollmächtigten RA Scholz, der alle Eltern animiert, sich weiterhin gegen die Vereinswechselbestimmungen im Jugendfußball „zur Wehr zu setzen“. Eine solche Aufforderung ist abenteuerlich. Abenteuerlich deshalb, weil Eltern und / oder Vereine in aussichtslose Prozesse mit entsprechendem Kostenrisiko getrieben werden. Es ist bedauerlich, dass RA Scholz offensichtlich nicht willens oder in der Lage ist, eine Niederlage zu akzeptieren und mit ihr entsprechend umzugehen.
Ich wiederhole noch einmal, dass das gesamte Regelwerk in den Verbänden ein dynamisches ist. Hierzu gehören auch und insbesondere die Vereinswechselbestimmungen. Wenn es Handlungsbedarf
gibt, entsprechende Anträge an die zuständigen Gremien gestellt werden und demokratisch legitimierte Mehrheiten Änderungen beschließen, ist dies der richtige aber auch der einzig richtige Weg. Mit dem
Kopf durch die dicke Wand des Bundesverfassungsgerichts hat es erfreulicherweise nicht funktioniert."
Auch, wenn die beiden Anwälte aus ihren Augen geschilderte Praxis anprangern, scheinen mir die Anwälte doch ein falsches Fazit aus dieser Sache gezogen zu haben. Denn hier geht es um eine Lapalie von 600,- €. Dagegen geht es beim SV Wilhelmshaven mitlerweile um über 150.000,- € als Jugend-Ausbildungsentschädigung eines ausländischen Spieler , für den der zahlungsunwillige Verein vom DFB zum zweiten Male einen 6 Punkte Abzug hinnehmen mußte!
Das Ganze wird um so problematischer als das normalerweise mit Jugendlichen gar keine Verträge abgeschlossen werden, weil diese nach dem BGB noch nicht voll geschäftsfähig sind und deshalb nur Verträge schließen dürfen, die frei von dauerhaften Verpflichtungen sind. Es stellt sich deshalb nicht die Frage, ob und wie hoch Ablöseforderungen sein dürfen, sondern ob das Recht des Jugendlichen auf freie Ortsbestimmung für seine Hobby-Ausübung (denn Berufsspieler = Profi ist er ja nicht), höher anzusehen ist als das Vereinsinteresse an den Hobby-Leistungen des Jugendlichen.
Diese Frage ist dann soweit vom Bosman-Urteil nicht entfernt! Denn wenn die freie Ortswahl bereits für Profis nach Ablauf ihres Vertrages gilt, dann könnte diese auch für Hobbysportler ohne Vertrag gelten. Man kann von heute auf morgen seine Vereinsmitgliedschaft kündigen. Aber warum sollte man nicht sein Hobby von heute auf morgen an einem anderen Ort betreiben dürfen?
Diese Klärung hat m.E. rein gar nichts damit zu tun, in welchen Sportgremien wie und wo demokratisch Entscheidungen über Wechselmodalitäten von Vereinen untereinander abgestimmt werden. Auch ist es nicht relevant, wie in über 200.000 Fällen abgestimmt wurde, sondern das Gericht an den Einzelfall zu prüfen. Ob dann daraus ein Präzidenzfall wird, an dem sich viele ähnlich gelagerte Einzelfälle ableiten lassen, ist danach erst zu klären.
Ich vermute, da ist trotz der Ablehnung durch Karlsruhe noch nicht das letzte Wort gesprochen - denn im Sinne der Kinder und Jugendlichen ist das nicht immer, was sich die Vereine und deren Verbandsvertreter ausgedacht haben. Aber die Kinder haben ja leider keine Lobby und sollen (müssen) das hinnehmen, wie andere (die Vereine) über sie entscheiden. Nur gut, das sehr häufig die Vernunft siegt und man sich untereinander einigt!