Anekdote von mir: Sind Mädchen anders?

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  • Sind Mädchen anders?


    Ganz neu bin ich im Trainergeschäft, wenn es darum geht, mehrere Mädchen zu trainieren und gar mit einer reinen Mädchenmannschaft zu einem Freundschaftsspiel zu fahren. Nervöser bin ich und habe alle Sinne auf Empfang, damit mir kein vielleicht so wichtiges Detail entgeht oder gar gleich der berüchtigte „Zickenkrieg“ ausbricht. Ok, ein bis zwei Mädchen erscheinen schon seit der G-Jugend bei meinem Training. Eigentlich, ja eigentlich sind sie bisher von den Jungen nur an der Kleidung bei der An- und Abreise zu unterscheiden gewesen.


    Mit fünf Mädchen beim Training wurde es vor ein paar Monaten schon etwas anders, denn die Mädchen suchen sich und tuscheln zusammen. Worüber bloß? Mit 9-10 Jahren schon über Jungs? Keine Ahnung. Modebewusst sind die jungen Damen und tauschen trotz unterschiedlicher Schuhgröße auch mal vor dem Training das Schuhwerk, weil es farblich einfach besser zum jeweils gewählten Trainingsoutfit passt.


    Dann kommt das erste Freundschaftsspiel gegen den ein Jahr älteren Tabellenführer der D-Jugend, trainiert von der Kreisauswahltrainerin. Noch mehr Nervosität bei mir, doch offensichtlich auch beim Gegner, denn die anderen Mädchen quietschen lautstark vor Freude beim Anblick meines Teams. Ich stelle mir gerade vor, wie anlässlich eines Freundschaftsspiels beim ersten Anblick von unseren Spielern männliche Kicker des Nachbardorfes quietschend durcheinander rennen, das hätte wirklich was.


    Dann beginnt das Spiel und nichts ist anders. Alle 10 Mädchen kämpfen in diesem Freundschaftsspiel nicht wie hüpfende Diven, sondern wie bissige Amazonen. Da wird nicht zurückgezogen und gerannt, was die Lunge hergibt. Diese Mädchen haben das Fußballspielen im Blut, gar keine Frage. Während des Spiels sind sie gar nicht anders und gewinnen verdient.

    [b][color=#990000]"Absolvent der SOCCERDRILLS-ONLINE Kurse BASIS, Ki-Fu und JUGEND-FU."

  • deine "anekdote" zeigt das ganz dilemma unserer gesellschaft: natürlich sind mädchen/frauen anders (und das ist auch gut so) nur nicht in der sache.
    ein bündel von vorurteilen durch aussehen über temperament, bei dir auf dem platz wie auch überall im berufsleben.
    eine frau die sich schick macht, gut aussieht und begeisterungsfähig ihre gefühle zeigt kann einfach nicht so leistungsstark wie ein mann sein, oder?
    erst wenn sie sich burschikus mit uns im dreck wälzen und über unsere witze lachen, sich mit uns gemein machen, akzeptieren wir sie als (fast) gleichwertig.
    vermännlichung oder tritt zurück, weib! ;)


    ha, ich vermisse jedenfalls die zeit, wo meine mannschaft noch eine mixed mannschaft war...

  • Exakt - kann ich nur bestätigen. Im Training wird ohne Atemzug getuschelt, im Spiel wird aber Vollgas gegeben - was auffällt, sie sind keine "Heulsusen":
    Nach nem harten Pressschlag konnte eine den rechten Fuß kaum aufsetzen und humpelte zunächst ein wenig über den Acker "Komm, wir wechseln mal!" "Nee, geht schon wieder!" und lief dann nach zwei Minuten wieder rund (Das war damals in der F). Und das hat den Jungs ordentlich Respekt gelehrt.


    Bei Hallenturnieren bekommen wir auch immer viel positives Feedback für unsere starken Mädels - einige gegnerische Jungs haben nach diversen verlorenen Zweikämpfen einen puterroten Kopf und schauen ganz bedröppelt.


    Aber jetzt kommt die Pubertät, die erste "Freundschaft" ("Tschüß, ich geh dann mal!" -> Dicker Schmatz!) war auch bereits dabei... :thumbup:

    • Offizieller Beitrag

    Ich zitiere mal mit meinen eigenen Worten aus einem noch nicht veröffentlichten Buch einer Bundesligatrainerin, ehem. Nationalspielerin, die sich seit vielen Jahren mit dem Mädchen- und Frauenfußball beschäftigt:


    ....Viele Eltern würden ihre Tochter nach wie vor lieber beim Turnen oder Tennis, Reiten... anmelden....


    .... sie wollen sich mit ihren Freundinnen treffen und mit ihnen Freude am Fußball haben. Der Ehrgeiz eine erfolgreiche Saison zu spielen oder sich zu verbessern, kommt mit dem Spielen und einem guten Training.


    .... sie sind meistens nur zweimal in der Woche im Mannschaftstraining, ansonsten beschäftigen sie sich weniger mit Fußball ... dadurch fehlt es Juniorinnen im Vergleich zu den Jungs oft an Spielintelligenz...


    ... es wird bei den Mädchen auch im Training gerne getratscht und ständig haben sie irgendwelche Neuigkeiten auszutauschen....


    Es liest sich komisch, aber was ist daran schlimm? Wer bereits das Vergnügen hatte ein Mädchen- oder Frauenteam zu coachen, weiß wie toll das ist. Sie sind anders, aber nicht schwieriger als zum Beispiel die coolen pubertierenden Jungs. Also GC: Mädchen und Frauen sind anders als Jungs oder Männer, falls du verheiratet bist, hast du das bestimmt auch schon gemerkt. ;)

  • ich kann Tomminator bestätigen, sind auch meine Beobachtungen.


    darüberhinaus sind mir 2 Sachen besonders aufgefallen


    Mädchen in einer Jungenmannschaft verhalten sich anders, als in einer reinen Mädchenmannschaft.


    Mädchen in einer Jungenmannschaft werden äusserst respektvoll behandelt und der positive Einfluss auf das soziale Verhalten in der Truppe war nicht zu übersehen.


    muss jetzt nicht repräsentativ sein, aber in den Mannschaften meines Sohnes bis einschl. C-Jugend mit verschiedenen Mädchen beobachtet.


    gg

  • @Uwe
    Deine sinngemäßen Zitate könnten fast aus dem Munde einer Britta Carlson stammen. Wer sie mal kennengelernt hat, wird in großem Respekt von ihr sprechen und bemerkt haben, das sie nicht nur über jede Menge Fussballwissen, sondern auch über sehr viel Power verfügt! Ich denke, von ihr können die Talente sehr viel lernen! Aber auch die etablierten Trainer sollten ruhig mal hinschauen, was sie zu sagen hat!


    Nur so ein Beispiel: seit vielen Jahren stehen die Spieler (jung und alt beiderlei Geschlechts) vor dem Spiel oder zu Beginn eines Trainings im Kreis und schieben sich gegenseitig den Ball zu. Wenn sich mal jemand bewegt, dann nur, um den Ball nach einem schlechten Pass wieder zu holen! Und wann kommt soetwas im Spiel vor? Na, allerhöchstens im Standfussball! Aber den will keiner sehen. Deshalb sagt Britta zu Recht: Übungen nicht aus dem Stehen, sondern aus der dynamischen Bewegung heraus sind besser fürs Fussballspiel.

    • Offizieller Beitrag

    TW-Trainer,


    nein, Britta Carlson ist es nicht. Aber vielleicht sollte wir Männer uns an diesen Frauen ein Beispiel nehmen. Welcher Mann würde sowas in einem Buch schreiben? Frauen und Mädchen sind manchmal direkter und ich erinnere mich da zum Beispiel and die Frage einer 15jährigen: "Die X hat gesagt du magst mich nicht mehr, stimmt das?" Jetzt kann man gerade bei Mädchen nie wissen wie die Frage gemeint ist und sollte sich für die Antwort etwas Zeit nehmen. :rolleyes: Dann habe ich mal trainert, im Zweikampf gegenzuhalten. Über ein Elternteil habe ich dann gehört, dass die Mädchen es nicht gut finden, wenn ich ihnen das Foulspiel beibringe und eine kleine Gruppe der Mannschaft hat mir das dann auch so gesagt. Mädchen fragen oft nach dem "Warum?", den Jungs ist das relativ schnuppe.


    Es ist also anders ein weibliches Team zu trainieren, aber nicht besser oder schlechter, ich möchte die Zeit nicht missen.

  • Es ist also anders ein weibliches Team zu trainieren, aber nicht besser oder schlechter, ich möchte die Zeit nicht missen.


    ich habe die Mädchen- und Damentrainer hier im Verein immer bewundert.


    ich glaub man muss auch der Typ Trainer dazu sein.


    ich glaub nicht, dass ich der Typ dazu gewesen wäre, vielleicht dann, wenn meine Tochter Fussball gespielt hätte, und da reingewachsen wäre.


    gg

  • Günter
    Man muß bei der Beurteilung der Traineraufgaben bzw. -erwartungen etwas differenzierter herangehen. Bis einschließlich D-Jugend gibt es beim "Handling" der Mannschaft kaum Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen. Dann splitten sich die Interessen in: doch ehrer sportliches und doch eher kameradschaftliches Interesse. Wobei das nicht generell gilt. Meistens ist es so, das die Mädchen, die sportlich durchaus das Zeug hätten, in C-Jugend Teams bei den Jungen mitzukicken, dort keine Chance vom Trainer bekommen. Sei es aus Unwissenheit oder sei es, das die männerdominaten Trainerliga nichts von Mädchenfussball hält. So habe ich mal miterlebt, wie ein Vollpfosten von einem Jugendleiter einer Anfrage nach dem Zweitspielrecht für eine Keeperin ohne Rücksprache mit der Mädchenabteilung sofort zugestimmt hat, um wieder mal ein Mädchen aus dem Verein loszuwerden! Zum Glück hatte die Mutter des Mädchens Sachverstand bewiesen, so das das Mädchen heute in der B-Juniorinnen-Bundesliga kickt!


    Leider gibt es sehr viele Vorurteile gegen Mädchen und Frauen als Fussballspielerinnen, so Mädchen- und Frauenmannschaften! Da gibt es Vereine mit sehr langer Tradition im weiblichen Fussball.


    Die Fussballzukunft der Vereine ist "weiblich"! Denn aufgrund der sinkenden Jahrgangsquoten der Jungen werden die kleineren Vereine ihre Pforten schließen müssen, wenn sie sich nicht dem wachsenden Interesse der Mädchen nach Fussball öffnen. Mädchen sind selbstbewußter geworden, lassen sich nicht mehr unterbuttern und reagieren sehr sensibel auf Ausgrenzungsversuche!


    Es kann sehr viel Spaß machen weibliche Mannschaften zu trainieren, wenn man Wert darauf legt, das beim Fussball der Spaß an erster, die Neugierde eine Folge daraus ist und schließlich aus dem Ganzen auch der Spaß an der eigenen Leistung entstehen kann.


    Man sollte bei der sportlichen Qualität nicht den Fehler begehen, ihn mit der bekannten Form des athletischen Fussball (Hauruck-Gebolze in den unteren Jungen und Männerligen) zu vergleichen. Ein sensibles Gespür für Fairness zeichnen den weiblichen Fussball aus. Schwalben kommen so gut wie nie vor! Lamentieren von Schiedsrichter-Entscheidungen sehr selten. Insofern ist es auch für den Zuschauer eine angenehme Sportart.

  • @TW


    stimme dir zu.


    auch ich habe festgestellt, dass sich Mädels im Spiel positiver verhalten, nicht nur das weniger lamentieren bei Schirentscheidungen, sonder was mir eaufgefallen ist weitaus weniger wehleiden im Training und Spiel,
    sie bleiben nicht liegen, sondern stehen direkt wieder auf und machen weiter, spielen nicht den Schwerverletzen wie manche Jungs.


    Ich kenn einige Trainer, die froh waren, Mädels in ihrer Mannschaft zu haben und haben diese auch gefördert.


    Zumindest in nicht leistungsbezogenen Mannschaften bin ich ein starker Verfechter, dass die Mädels mindestens bis einschl. D-Jugend in gemischten Mannschaften spielen sollten.
    ab älterem C-Jugendjahrgang erst hab ich die körperliche Überlegenheit von Jungs stärker registrieren können. Ich glaub da scheiden sich dann die Geister.


    auch auf dem hiesigen Stützpunkt waren des öfteren 4 Mädels, hab da kaum wesentliche Leistungsunterschiede festgestellt. Fand deren Mitwirken sehr angenehm und positiv. für die Jungs.


    viele kleinere Vereine sind inzwischen sogar auf die Mädels angewiesen, um entsprechende Mannschaftsstärke zu bekommen. das wird sich sogar noch verstärken. ich sehe das nicht als Nachteil.
    gg

  • Günter
    Gut beobachtet! Es ist sogar vom DFB eine Vorgabe, das Mädchen mit Ambitionen in eine Juniorinnen-Nationalmannschaft zusätzlich in einer Jungen-Mannschaft spielen, wo sie sich besser im körperbetonten Fussballspiel entwickeln sollen.


    Auch ich habe die Beobachtung gemacht, das im Normalfall ab dem älteren C-Jugend-Jahrgang die athletischen Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen so groß werden, das ein gemeinschaftliches Spiel nicht mehr imm sinnvoll ist. Es hängt jedoch auch von den Leistungsligen ab. So spielen besonders starke C-Jugend-Mädchenteams nicht in der Bezirksliga (höher gehts da noch nicht), sondern lieber in einer C-Jugend-Jungen-Staffel auf Kreisebene.
    Eine absolute Rarität sind Mädchen in einer B-Jugend-Jungenmannschaft, denn hier kommen meist sehr viele Faktoren (z.b. keine andere Spielmöglichkeit in Heimatnähe) zusammen.


    Lassen sich zusätzliche Muskelkraft und Körperlänge bei den Jungen für den Fussball nutzen, wirken sich die weiblichen Rundungen negativ aus. Deshalb sind es gerade die besonders schlanken jungen Frauen, die es bis in den Frauen-Profibereich schaffen. Weil beim besonders beim erwachsenen Menschen Muskeln vor Knochenverletzungen schützen, dauert die bei den Frauen weniger zu entwickelnde Muskelkraft meist nicht so lange wie die bei den Männern. Hinzu kommt, das aufgrund anatomischer Unterschiede bestimmte, langwierige Verletzungen (z.B. Kreuzbandriss) häufiger vorkommen.


    Doch sollte man sich davon verabschieden, den männlichen und weiblichen Fussball immer und jederzeit vergleichen zu wollen.


    Vielleicht kommt man ja auch eines Tages auf die Idee, die Abmessungen des Platzes auf die weiblichen Bedürfnisse zu verkleinern, um so das Spiel dynamischer und noch interessanter für den Zuschauer werden zu lassen?


    Aber noch viel wichtiger sind gute Mädchen- und Frauentrainer! Denn, was nicht trainiert wird, kann auch nicht im Spiel gezeigt werden!