Völlig falsche Sichtungskriterien bei der Talent-Auswahl (von LZ/Stp)?

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  • 1. Ein Posten an unserem Sichtungsevent ist ein Hindernisparcours bei dem wir bei jedem Spieler die Zeit nehmen:


    OK, also wohl ein selbstgestricktes Konzept. Finde ich im Sichtungsbereich schon mal super, Löst allerdings nicht das RAE Thema, weil natürlich auch hier gilt, dass die Dezember-Geborenen entsprechend noch nicht so weit sind und damit auch eher "hölzern" wirken.


    Wie gesagt, finde das gut - aber nur, wenn man dafür Normwerte auf Viertel- oder Halbjahresbasis hätte, könnte man den RAE wirklich "herauskontrollieren".


    2. Wir fragen den Spieler immer nach weiteren Hobbies: Ist er nur auf Fussball fixiert haben wir immer ein Fragezeichen. Macht das Kind noch Musik und/oder eine andere Sportart ist das ein Plus. Muss nicht mal in einem Verein sein, wichtig ist einfach dass das Kind möglichst polysportiv veranlagt ist und nicht nur Resultat "einseitiger Züchtung" ist.


    Ok, wenn das so durchgezogen wird, finde ich das gut. Aber: das wird gerne mal gesagt, jetzt kommt die Gretchenfrage ... wenn sich dann das ... Wasserspringen- oder Unihockey-Training, oder die Schlagzeug- oder Musicalschule mit einem der Trainingstermine überschneidet - muss der Spieler sich dann (auch schon im frühen Alter) entscheiden?

  • aber nur, wenn man dafür Normwerte auf Viertel- oder Halbjahresbasis hätte, könnte man den RAE wirklich "herauskontrollieren".


    Das passiert nicht direkt bei der Sichtung, sondern insofern bei der nachfolgenden Selektionsdiskussion mit allen an der Sichtung beteiligten Trainern, dass bei einem "Wankelkandidat" auch der Jahrgang und vor allem die Empfehlung des Herkunftsvereins in Betracht gezogen wird.
    Wenn aber ein Spieler wegen dem RAE bei uns oder im Partnerverein weder spielerisch auffällt noch punktemässig im vorderen Drittel liegt, fällt er leider durch das Raster.
    Gerecht ist dieses "System" bez. RAE damit immer noch nicht, aber nicht so brutal wie sich das manche vorstellen.

  • Das passiert nicht direkt bei der Sichtung, sondern insofern bei der nachfolgenden Selektionsdiskussion mit allen an der Sichtung beteiligten Trainern, dass bei einem "Wankelkandidat" auch der Jahrgang und vor allem die Empfehlung des Herkunftsvereins in Betracht gezogen wird.


    Naja, das hört sich dann wieder sehr nach den Lippenbekenntissen an, die man oft hört - und am Ende sind "zufällig" wieder drei Viertel der Spieler zwischen Januar bis März geboren ...


    Will auch gar nicht behaupten dafür ne Lösung zu haben. Mich interessiert generell, inwieweit normierte oder auch (wie in diesem Fall) nicht-normierte allgemeine motorische Tests/Prüfungen/Aspekte explizit Berücksichtigung finden (abseits von "wir berücksichtigen das dann, wenn wir alle zusammensitzen"). Am Ende ist das ja gleichbedeutend mit der Frage, ob man eher zuminest halbwegs objektivierbaren Messergebnissen oder dem Auge der Trainer vertraut. Ich selbst habe dazu keine abgeschlossene Meinung, glaube aber dass ein Stück mehr objektive Daten im Prozess nicht schaden würden.

  • wenn sich dann das ... Wasserspringen- oder Unihockey-Training, oder die Schlagzeug- oder Musicalschule mit einem der Trainingstermine überschneidet - muss der Spieler sich dann (auch schon im frühen Alter) entscheiden?


    Bei uns ist man gem. Codex verpflichtet uns ausserschulische Verpflichtungen wie Musik, Sport, Zirkus, etc. zu melden.
    Damit genügen wir unserer Verpflichtung gegenüber den Behörden, im Rahmen unserer Möglichkeiten eine Ueberforderung unserer Kinder zu erkennen und entsprechend gegenzusteuern bevor das auf uns als Verein zurückfällt (Gerüchte dass die Kids keine Freizeit mehr hätten etc.) und würden, sollten sich beim Kind Probleme abzeichnen, dann auch proaktiv auf die Eltern zugehen um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.
    Diese Lösungen sind immer sehr individuell. Ein wichtiger Punkt ist dann der Wohnort, resp. die Fahrzeit und die generelle schulische Leistung, resp. Aufwand für die Hausaufgaben.
    Bezüglich anderer Sportarten ist weniger das Training ein Problem (wir haben ab und an Kids die gehen während einer Trainingseinheit ins Karate, Rugby, Schwimmen etc. ) als die Spiele und Turniere am Wochenende, bei denen wir als Verein - um Ueberforderung und Verletzungen vorzubeugen - verbieten, dass ein Kind am gleichen Tag zwei Wettkämpfe bestreitet. Je nach personeller Situation können Spieler aber durchaus an anderen Wettkämpfen oder Veranstaltungen (Kindergeburtstag, Schülerturniere, etc.) teilnehmen. Grundsätzlich aber gilt: dass bei uns der Fussball im VORDERGRUND stehen muss und ein ordentlicher Trainingsbetrieb sichergestellt werden kann. Allenfalls empfiehlt sich eine Verlegung in einen unserer Partnervereine.
    Wir tun das weniger weil wir glauben dass ein Kind nicht zwei Sportarten gleichzeitig machen kann, sondern mehr aus sozialem Druck, wo Eltern es nicht verstehen würden, wenn ihr 100% Kind weiterhin im Dorf trainieren muss wenn ihm ein 50% Kind den Platz im "MutterClub" wegnimmt.

  • glaube aber dass ein Stück mehr objektive Daten im Prozess nicht schaden würden


    Gerade in der kleinen Schweiz muss man wohl kaum jemanden davon überzeugen, dass wir es uns nicht leisten können, Talente zu übersehen.
    Deshalb ist der RAE-Faktor sicher allen bewusst und entsprechend wird versucht damit umzugehen.
    Auf der anderen Seite gibt es eine rein praktische Komponente: Sobald man beginnt Spätgeborenen offiziell oder systematisch Bonuspunkte zu verteilen, ginge das Geschrei - z.b. um die Höhe dieses Bonus - erst wirklich los. Dann kämen die Kleingewachsenen, diejenigen mit Integrationsproblemen (Sprache), Supportpoblemen (keine Elternunterstützung), Webproblemen (schon müde wenn im Training angekommen), etc. ebenfalls mit Bonusansprüchen.
    Darum denke ich, dass das Bauchgefühl einer Selektionskommissionn eine besser Wahl ist, als ein starres System welches jede Benachteiligung bis in der 3. Nachkommastelle hinein abzubilden versucht.

  • @FB


    Wenn ihr keine Talente verschwenden wollt, warum wehrt ihr euch so gegen einen größeren Sichtungszeitraum und gegen ein über den gesamten Jugendzeitraum entwickeltes Konzept, in der alle Jugendtrainer eng eingebunden sind?
    Da gibt es eine Reihe von gemeinsamen Entscheidungen zu treffen!


    1. Für welches Alter und für welchen Radius um den Trainingsort soll gesichtet werden?
    2. Sollen die Talenten zunächst noch im Heimatverein verbleiben und zusätzlich bei euch ein Fördertraining erhalten?
    3. Sollen sich beide Seiten (Trainer - Spieler) einander besser beschnuppern können (nicht jeder der kann, will auch und nicht jeder, der will, kann auch!)
    4. Eltern-Kinder-Coaching: um Mißverständnisse bereits vor der Einigung über eine Jugenförderung mit altersgerechter Entwicklungsunterstützung getroffen werden!


    5. Sollen Trainer an einer Aus- und Fortbildung für sämtliche Altersklassen (und nicht nur für eine bestimmte Altersgruppe) teilnehmen?


    Die Vorteile wären:
    1. Es gibt keinen nervösen Daumen mehr bei "Wackelkandidaten" (wer bleibt und wer geht, entscheidet und verantwortet das gesamte Trainerteam)
    2. Aufgrund geringerer Schwankungen durch kontinierliche Ausbildung über den gesamten Jugendzeitraum können mehr Talente sich für höchste Ansprüche empfehlen
    3. Die Fluktuaion bei Trainern und Spielern dürfte mit Abnahme des täglichen Leistungs- (und Versagens)druck geringer werden, weil man gemeinsame Ziele hat, auf die sich jeder verlassen kann
    4. Kontinuierliche Jugendarbeit auf höchstem Niveau ist die beste Werbung für Spieler sowie interessierte Vereine, wodurch die finanzielle Basis (eher als über Sponorenherrschaft) sichergestellt werden kann



    Der Nachteil ist:
    1. Die Ausbildung der Trainer könnte etwas länger dauern und teurer werden
    2. Selbst ein höheres Ausbildungsniveau gibt keine Erfolgsgarantie, nur eine etwas höhere Wahrscheinlichkeit


    Ich habe mich vor ca. 1 1/2 Jahren mit Vertretern des Schweizer Fussball-Nationalstabs über deren Ideen unterhalten. Dabei kamen sehr viele gute Gedanken ans Tageslicht! Warum tut man sich bei der praktischen Umsetzuung so schwer und verfolgt weiterhin mehr traditionellen Methoden? Gerade ein kleines Land sollte doch flexibler sein?


    Ihr Vereine seit es doch, die die Nationalspieler machen!

  • Wenn ihr keine Talente verschwenden wollt, warum wehrt ihr euch so gegen einen größeren Sichtungszeitraum und gegen ein über den gesamten Jugendzeitraum entwickeltes Konzept, in der alle Jugendtrainer eng eingebunden sind?


    Was meinst du konkret ? Kennst du das Footeco Projekt ?
    Beachte auch dass die Nachwuchsförderung bis und mit U14 vor allem in der Hand der Regionalfussballverbände liegt, welche die Vorgaben des nationalen Verbandes zum Teil noch sehr unterschiedlich interpretieren und umsetzen.
    Eine Verlängerung der Breitensichtung über die U15 hinaus bringt grosse Probleme mit der parallel laufenden Ausbildung, resp. ist man sich mittlerweile auch klar, dass man keine Sozialfälle mehr produzieren möchte, indem man es auch in der Breite zulässt, alles auf die Karte Fussball zu setzen.
    Last but not least ist alles eine Budgetfrage. Top Trainer kosten. Und der CH-Fussball generiert da einfach zu wenig Einnahmen, als dass man sich hier bez. der Breite Deutsche Verhältnisse leisten könnte.


    P.S. Die Ausbildungskonzepte auf nationaler und regionaler Stufe sind durchgängig von der U7 bis zur U21 und daran angelehnt, diejenigen der Top-Vereine meines Wissens auch (kenne die wenigsten im Detail, da nicht öffentlich zugänglich).

  • @FB


    Im Wesentlichen ist der Footeco-Test der Talentmerkmale in Deutschland genauso. Neben den individuell messbaren Fähigkeiten wird dann auch noch geschaut, wie präsent das Talent im Spiel ist und ob es mal eine gute Idee hat. Selbstverständlich ist man sich auch darüber im Klaren, das ein Talent alles etwas früher kann, jedoch im Alter von 12 Jahren natürlich nur jeweils Ansätze davon vorhanden sein können.


    Besondere Merkmale dieser Methode sind das die vermeintlich besonders begabte Kinder in allen Disziplinen besonders gut abschneiden und im Spiel nach wenigen Minuten sofort erkannt werden. Das Problem liegt jedoch darin, dass man die Jahrgänge jeweils auf Mannschaftsstärke auffüllt und die Kinder so gar nicht auf dem höchstmöglichen Level trainieren kann. Denn die Streuung ist viel zu groß! FC Twente scoutet so jährlich ca. 400 Talente im Radius von 70 km um das Förderzentrum, von denen man nach einem halben Jahr intensiver Beobachung für 4 - 6 Talente entscheidet. Überraschend ist, dass vermeintlich hochtalentierte unter den Vermuteten sind (was eine Bestätigung dafür wäre, dass die traditionelle Sichtung nicht total falsch ist), aber auch Talente, die erst auf den 2. und letzten Blick auf sich aufmerksam machen konnten (was gegen die traditionelle Selektionsmethode spricht)!


    Die Frage, warum sich einige Talente erst nach einiger Zeit ins Rampenlicht spielen können, ist so einfach nicht zu beantworten. Da helfen allein das Ablegen von Schüchternheit oder der RAE-Effekt nicht weiter! Auch das soziale Umfeld erklärt nicht alle Fragen einer Weiterentwicklung (oder Stagnation).


    Scheinbar hat jedes Kind einen nie ganz vorhersehbaren individuellen Entwicklungsweg. Deshalb ist es auch für einen Trainer gar nicht so einfach, ein dafür passendes Förderprogramm zu entwickeln. Das gebündelte Know-How eines Trainerteams kann da schon eher Antworten finden. Denn es gilt günstige Rahmenbedingungen für das Kind innerhalb seiner Möglichkeiten zu finden. Über das Kleingruppentraining (deshalb auch ein Trainerteam) sollen die jeweiligen Anreize zur Verbesserung aller fussballerischen Fähigkeiten geschaffen werden. Um die Kinder vom jeweiligen Leistungsstand abzuholen löst man sich von der typischen Jahrgangsförderung (hin zur biologischen Altersentwicklung). Kurz gesagt: das Kind wird jeweils dort abgeholt, wo es gerade körperlich und geistig steht. Trainer und Mannschaftskameraden verstehen sich dabei als Partner und nicht als Lehrer oder Konkurrenten.


    Aber natürlich hast du Recht, dass soetwas in größeren Organisationseinheiten schwieriger zu realisieren ist! Gerade was die Alterszuordnung anbelangt, wird die Überzeugungsaufgabe nicht leicht! Wer wüßte das nicht besser als wir Deutschen!


    Der Punkt ist jedoch, dass man nicht immer warten muß, bis etwas von "oben" kommt, sondern nach seinen Möglichkeiten bereits Schritte voran gehen kann, wenn man davon überzeugt ist!

  • jedoch im Alter von 12 Jahren natürlich nur jeweils Ansätze davon vorhanden sein können.


    Footeco ist ja erst eine Vor-Selektion wo es darum geht welche Jungs die Chance erhalten im Rahmen einer Fussballakademie oder Sportgymnasiums in den Genuss von 7-10 Trainingseinheiten zu kommen ohne Kompromisse bezüglich der Ausbildung zu machen.
    Daneben übernehmen spätestens ab der U15 offizielle und weniger offizielle Scouts das Zepter und spühlen jeden ab dann noch irgendwie spätzündenden Spieler auf den Schreibtisch der jeweiligen Nachwuchs- und Sportchefs der TopVereine. So, denke ich werden wenigstes diese nicht vergessen.
    Was aber nicht genutzt wird, sind die vielen, eigentlich gerade für den intelligenten Fussball benötigten Hochkaräter, die Angesichts der mageren Aussichten jemals oben anzukommen, die Segel von sich aus streichen und ihren Fokus auf die Ausbildung legen. Das Dilemma um genau DIESE Spieler ist für beide Seiten kritisch. Entweder müssen Zukunftsprognosen verlässlicher gestellt werden können (weniger wahrscheinlich) oder dem Spieler müssen im Fall des Scheiterns Alternativen aufgezeigt werden können (Karriere als Trainer, Organisator, Journalist, etc.)

  • @FB


    Der Wunsch nach einer besseren Erfolgsprognose ist nicht neu!


    Jedoch gibt es nach wie vor Probleme bei den Rahmenbedingungen.


    1. Trainerauswahl und Ausbildungsauftrag
    Wenn man den schon ein eigenes NLZ unterhält, dann sollte doch wenigstens hin und wieder mal ein Talent daraus hervorkommen, damit sich das viele Geld auch irgendwie rentiert. Aber genauso fließend und schwammig ist das Trainerpotenzial im Jugendbereich. Für viele ist die Jugend nur ein Trittbrett auf der Trainerlaufbahn, um an die fetten Fleischtöpfe im Seniorenbereich zu gelangen. Es wird auch als "Haifischbecken" bezeichnet, in das ambitionierte Jungtrainer schnelle Erfolge generieren sollen. Entsprechend unbedarft, aber rabiat gehen sie ans Werk.
    Hinzu kommt, dass gerade die finanzschwachen Vereine ihren Nachwuchsbereich dazu benutzen, um über den Verkauf von hochkarätigen A-Jugend-Absolventen zusätzliches Geld in die leeren Kassen ihres Seniorenbereichs zu schwemmen. Ausbildung als Mittel zum Zweck. Wenn Fussball schon in jungen Jahren zu einem Tagesgeschäft mit vielen Zufällen wird, wie will man bei so vielen unsicheren Faktoren eine Erfolgsprognose stellen?


    2. Tabellenplatz statt Kontrolle des Ausbildungsstands
    Weil in der U 19 die Mannschaft der NLZ von Profi-Clubs international besetzt ist, können eventuelle frühere Fehler in der Ausbildung kaum noch korrigiert werden. Wenn die Leistungsträger in auswärtigen Vereinen ausgebildet wurden, mag sich das auf den Tabellenrang positiv auswirken, jedoch sind ohne Kontrollen und Einleitung von Korrekturmaßnahmen die Perspektiven der nachrückenden Jahrgänge als eher negativ zu sehen. Eine frühere, gewissenhaftere Kontrolle hätte Defizite ans Tageslicht bringen können, für dessen Korrektur noch genügend Zeit vorhanden gewesen wäre.


    3. Turbo-Ausbildung bis einschließlich U 19 soll Ausbildungszeitraum weiter beschränken.
    Was sich bereits seit längerem andeutete und gestern bestätigt wurde, soll die Pflicht, sich eine U 23 zu halten, um Späteinsteigern eine Chance zu gewähren, abgeschafft werden.
    Wer es also nicht bis einschließlich der U 19 schafft, der läßt sich seine Talentarbeit durch Ausleihe oder Verkauf bezahlen. Diese Form der "Turbo-Ausbildung" erhöht den Druck auf die Jugendbereiche weiter. Sie gibt aber auch die Möglichkeit, die bisherige Jugendarbeit zu durchleuchten und an den Korrekturschrauben zu drehen. Es steht zu vermuten, dass diese Talente den Amateurmarkt überschwemmen und dort für Einschränkungen der eigenen Bemühungen sorgen werden, weil hier schnelles Geld an den gerade erst Aussortierten verdient werden soll.


    Fazit: Auch wenn wir so tun, als würden wir junge Menschen ausbilden, so bilden wir uns dies doch nur ein. Denn in Wahrheit wollen wir lediglich einen kleinen Bereich, den wir fussballerisch unmittelbar nutzen können. Solange wir uns mit dem Spatz in der Hand zufrieden geben, wird uns die Taube auf dem Dach immer wieder im letzten Moment davon fliegen. Wir verstehen noch zu wenig und wollen manches auch gar nicht verstehen, weshalb die Zukunftsprognose ungewiss ist und die Talentarbeit immer nur als "Stecknadel im Heuhaufen suchen" beschrieben werden darf.


    Natürlich sollte jeder sein eigenes Säckchen schnüren, was er zur Situationsverbesserung beitragen kann. Letzendlich ist die Zieloptimierung es jedoch eine interdisziplinäre Aufgabe der Wissenschaft, des Sports und der Vereine. Je besser die Rädchen ineinander greifen, je vollständiger kann eine Ausbildung gelingen. Es gibt keinen Grund zur Panik, aber auch keine Zeit zu vertrödeln.

  • Am Wochenende lief ein Bericht über eine Sportschule, mit der Schalke 04 eine Kooperation eingegangen ist.


    Was war denn das für ein Bericht? Gibt es den vielleicht in einer Mediathek?

    "Be yourself; everybody else is already taken." (Oscar Wilde)

  • tobn


    Ich bin zufällig auf diesen Sender geraten und habe es mir nicht mal ganz zuende angeschaut, denn so hoch war die Qualität des Beitrags nicht. Der 12-jährige wurde in einer Szene mit Julian Draxler und Benedikt Hövedes gefilmt. Vielleicht hilft dir das weiter?

  • Wenn man den schon ein eigenes NLZ unterhält, dann sollte doch wenigstens hin und wieder mal ein Talent daraus hervorkommen, damit sich das viele Geld auch irgendwie rentiert.


    Es ist wohl eher umgekehrt: WEIL Talente daraus hervorgehen und Geld generieren, werden die Nachwuchs- und Scoutingabteilungen der meisten Vereine der 1. und 2. Liga dauernd ausgebaut und professionalisiert.

  • Für viele ist die Jugend nur ein Trittbrett auf der Trainerlaufbahn, um an die fetten Fleischtöpfe im Seniorenbereich zu gelangen


    Soweit ich das überblicken kann sind die meisten mir bekannten TopTrainer der 1. Ligisten im deutschsprachigen Raum direkt im Seniorenbereich eingestiegen. Die Wenigsten im Jugendbereich und schon gar nicht im KiFu.

  • um über den Verkauf von hochkarätigen A-Jugend-Absolventen zusätzliches Geld in die leeren Kassen ihres Seniorenbereichs zu schwemmen.


    Davon träumen viele Dorfclubs. In der Realität schnappen sich aber die Topvereine ihre Talente schon vor der U15 und damit vor dem substantiellen Geld weg. Die dabei bezahlten "Ausbidlungsentschädigungen" sind höchstens grad mal knapp kostendeckend. Früher gingen da ab und an noch naive Eltern auf den Leim von windigen, oft selbsternannten, Scouts und Vermittlern welche sich Exklusivrechte sicherten um sie dann an Spitzenvereine abzutreten. Diese Zeiten sind vorbei und der Karriere eines Jungens eher hinderlich als fördernd.

  • wie will man bei so vielen unsicheren Faktoren eine Erfolgsprognose stellen?


    Das Problem sind weniger die Erfolgsprognosen, sondern die mangelnde Einsicht und übersteigerte Hoffnung von Spielern, Eltern und weiteren Einflüsterern, dass es, gegen jedes bessere Wissen, gewissen Kids nie und nimmer für den Berufsfussball reichen wird, obwohl sie es mit 90% Wahrscheinlichkeit in die U21 resp. U23 schaffen werden.
    Warum ist ist das so ? Weil von der U15 bis U21 jeweils die gleiche Anzahl Spieler benötigt und darum immer schön weiter nach oben gereicht werden.
    In der 1. Mannschaft - unter der Annahmen, dass ein Spieler im Schnitt 10 Jahre lang spielt - wird aber höchstens ein Zehntel eines Jahrgangs benötigt (Es sei denn, man mache es wie z.B. Red Bull Salzburg die vor allem auf junge Talente setzen). Neun Zehntel sind Ueberschuss (und da sind die internationalen Transfers noch nicht mit eingerechnet).
    Diese 1:10 Erfolgschance ist schlicht und einfach der Tatsache geschuldet, dass ab der U21 (resp. U23 in D) Mannschaften nicht mehr nach Jahrgang sortiert sind, sondern nach reiner Spielstärke und Potential über die nächsten 10 Jahre hinweg.
    Wer zu diesen maximal 10% gehört die es von der U15 eines Leistungsvereins in die erste Mannschaft schaffen hängt von vielen Faktoren ab.
    Ich würde mal sagen
    20% reines Glück
    20% familiäres Umfeld, sozialer Status und Kontakte
    10% Vereinsherkunft/ -Laufbahn
    40% Mentale und soziale Fähigkeiten
    10% Technisches Talent

  • Fazit: Auch wenn wir so tun, als würden wir junge Menschen ausbilden, so bilden wir uns dies doch nur ein. Denn in Wahrheit wollen wir lediglich einen kleinen Bereich, den wir fussballerisch unmittelbar nutzen können.


    Sehe ich nicht so.
    Ich finde es schön dass ich mithelfen kann möglichst vielen jungen Leuten die Chance zu geben an ihrer eigenen Leistung zu wachsen und zusammen mit ebenfalls sportbegeisterten, wachen und intelligenten jungen Menschen gemeinsame Ziele zu erreichen die weit über den blossen Fussball hinausgehen. Es ist genial wenn diese Jungs zusammen mit ihren Eltern schon in Jungen Jahren weit über ihr Dorf hinausblicken dürfen und sich zu recht einbilden können, etwas besonderes zu sein. Sie dürfen Gemeinschaft und Erlebnis erfharen wie es wohl nur wenigen vergönnt ist.
    Dabei ist und muss allen Beteiligten klar sein, dass das eine reine FREIZEIT-Veranstaltung ist, die mit allergrösster Wahrscheinlichkeit mit 20 enden wird. Demzufolge muss auch klar sein, dass Schule und anschliessende Ausbildung immer an erster Stelle stehen muss und (mindestens was unseren Verein betrifft) deshalb auch entsprechende Noten gefordert werden.
    Unter diesem Aspekt liegt die Erfolgschance von der U15 in die U21 zu kommen (Verletzungen und freiwillige Austritte mal ausgenommen) bei guten 90% und ist eigentlich ziemlich absehbar.
    Darüber hinaus ist mit 14 nichts absehbar. Wer DA Absehbarkeit fordert, weil er sie braucht weil er sonst auf der Strasse stünde, ist damit wohl so oder so, auf dem falschen Dampfer.

  • 3. Turbo-Ausbildung bis einschließlich U 19 soll Ausbildungszeitraum weiter beschränken.


    Die Ausbildung ist dann ja nicht zu Ende, sondern muss dann in den Seniorenmannschaften entsprechend fortgesetzt werden (--> vermehrt Freundschafts- und Testspiele wo der Nachwuchs zum Zuge kommt).
    Ich persönlich begrüsse die Vorverlegung des Entscheides pro und contra Berufsfussball auf 18.
    Die meiste werden sich dann nach Alternativen umsehen müssen und hoffentlich noch Zeit haben ihre ganze Energie auf den erfolgreichen Abschluss ihrer eigentlichen Ausbildung zu legen um dann, wie jeder andere auch, ins normale Erwerbsleben einzusteigen. Das Hinauszögern in die U23 generiert unnötige Sozialfälle und persönliche Tragödien.

  • @FB


    Soweit ich das überblicken kann sind die meisten mir bekannten TopTrainer der 1. Ligisten im deutschsprachigen Raum direkt im Seniorenbereich eingestiegen.

    :thumbup:


    Das kann ich nicht bestätigen! Das gibt das aktuelle deutschen Trainerlizenzsystem gar nicht mehr her! Früher konnte man als Exprofi in "Crashkursen" die Lizenzen durchlaufen. Aber diese Zeiten ohne den Nachweis ausreichender, eigener Trainererfahrungen im Bereich des Anforderungsprofils sind endgültig vorbei.


    In den den kleinen Ländern kenne mich mich jedoch nicht so gut aus! Ist es tatsächlich noch so, dass man z.B. in der Schweiz die Trainerlizenz als Exprofi an der Jahrmarkt-Schießbude erwerben kann?


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    Leider ist auch das deutsche Scoutingsystem für die 1. und 2. Bundesliga starken Schwankungen unterlegen. Mal sind es weggebrochene Sponsorengelder, mal fehlen geeignete Kapazitäten. Man kann sogar ins Schmunzeln geraten, wer da so alles als Scout beschäftigt ist. Dabei kann es sich dann wohl eher um Imagewirkung statt um Sachverstand für die Talentselektion gehen.


    Selbst, wenn man insgesamt von einer besseren Jugendarbeit sprechen kann, gibt es einige Vereine, bei denen man in den vergangenen Jahren leider Rückschritte beobachten kann.


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    Einigen Vereinen gelingt es in der Tat ein Plus im Jugendbereich zu erzielen. Manchmal erscheint es, als würde weniger nach Talentpotenzial als nach dem Namen und dem damit verbundenen Image geschaut. Nach wie vor sind es die Briten, bei denen deutsche Talente hoch im Kurs stehen.


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    Ja, die Zeiten, in denen Eltern von hochkarätigen Talenten verars...t werden, sind wohl hierzulande vorbei. Wer das Pech hat, an einen der vielen unseriösen Berater zu gelangen, für den kann die Karriere schon vorbei sein, ehe sie überhaupt begonnen hat. Der Markt ist leider sehr intransparent. Hier kann der Rat eines älteren Kollegen manchmal Gold wert sein.


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    Dennoch gibts bei geschickter Verhandlung des Vereins viel Geld zu verdienen, aber auch bei nicht gründlicher Recherche sehr viel Geld zu verlieren.


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    Könnte sich der Profifussball jedoch annähernd selbst finanzieren, bräuchte man sich nicht in die Abhängigkeit von Sponsoren zu stürzen. Nicht selten bestimmen diejenigen, die die Musik bezahlen auch, was aus einem Verein werden kann.

  • Aber diese Zeiten ohne den Nachweis ausreichender, eigener Trainererfahrungen im Bereich des Anforderungsprofils sind endgültig vorbei.


    DAS schon. Es ist aber nicht zwingend dass du im Juniorenbereich tätig bist. Bei uns in der Schweiz holen sich die Trainer (of Ex-Spieler) die für die Prüfung vorgeschriebene Praxis als Assistent oder stellvertretender Trainer bei einer möglichst hoch klassierten Mannschaft. Ausserdem: nicht mal Pep hat Junioren trainiert. Der hatte bei Barca ein knappes Jahr lang die zweite und dann bereits schon die erste Mannschaft !