Die gute, alte Aufsichtspflicht

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  • Man lernt immer noch dazu...


    Eigentlich gehe und ging ich davon aus, dass sich meine Aufsichtspflicht am Alter orientiert. Richtig, das ist mein Bauchgefühl.


    Sprich, bei G bis E bin ich solange da, bis auch die letzte Mutter vom Einkaufen kommt und bei einer B oder A-Jgd käme ich nicht auf den Gedanken zu warten, denn die Jungs sind
    ja schon 'groß' und wahrscheinlich mit Rad oder Mofa da.


    Wie verhält es sich dazwischen? Sprich, bei D und C-Jugenden?


    Ich hatte jetzt so einen Fall, dass sich eine Mutter, die 20 Minuten nach dem Training noch nicht da war, bitterböse beschwert hat, dass ich ihren Sohn allein gelassen habe.
    Natürlich sollte das nicht passieren, aber ich hab ihn einfach nicht gesehen. Alle, so schien es, waren weg und so ging ich auch. Er war aber scheinbar noch da. Der Junge ist 12 Jahre und hätte ja auch was sagen können.


    Aber wie verhält sich das offiziell? Ich konnte im Netz nicht finden, bei welcher Altersstufe welche Regelung Anwendung findet.


    Wie macht ihr das?

    Das einzige, was wirklich gerecht verteilt ist, ist die Intelligenz.
    Ich habe noch nie jemanden sagen hören, er hätte zu wenig davon.

  • Ich bin der letzte der aus der Kabine geht. Meist nehme ich auch noch ein paar Jungs mit und bring sie nach Hause. Die Kids dürfen auch erst aus dem Sportheim wenn die Eltern da sind, weil man bei unserm Gelände schnell ein Kind aus den Augen verliert!


    Achso, ich hab ne D-Jugend.

  • Zu genau diesem Thema hatte ich vergangenen Juni eine interne Schulung unserer Jugendtrainer organisiert.


    Kurz gefasst:
    Weder das Alter des Aufsichtsführenden noch das Alter der Aufsichtsgeführten ist entscheidend. Wenn man Verantwortung für eine Jugendmannschaft übernimmt, hat man Aufsichtsrecht, seien es Bambinis oder die A-Jugend.


    Man hat immer das Maß an Aufsichtspflicht abzuleisten, das im normalen Maß als sinnvoll erscheint.


    Die Aufsichtspflicht beginnt und endet ca. 20 Minuten vor und nach dem Training, Sonderfälle (z.B. zuverlässige Eltern kommen plötzlich nicht zum Abholen) müssen gesondert behandelt werden.


    Beispiele:

    • Man darf den Achtjährigen nicht über die Landstraße mit dem Fahrrad heimfahren lassen, selbst wenn die Eltern es erlauben.
    • Schließt man vor der Abschlussausfahrt ausdrücklich den Genuss von Alkohol aus, ist man berechtigt, einen dagegen verstoßenden Spieler auf dessen Kosten heim zu begleiten.
    • usw
  • Lesefutter zur Rechtsprechung -> http://www.ksta.de/html/artikel/1233584150539.shtml . Das deckt sich mit Willis Angaben. Zitat daraus:

    Zitat

    Wird ein Kind entgegen der Regel nicht abgeholt , muss der ÜL eine angemessene Zeit warten und ggf. telefonisch nachfragen. Kleinere Kindern sind im Notfall in öffentliche Obhut zu geben (Polizei)! Der ÜL darf ein Kind auch selbst nach Hause bringen oder bringen lassen. Hierüber muss an der Sportanlage aber eine Benachrichtigung hinterlassen werden. Sofern vorgeschrieben sind Kindersitze zu benutzen.

    Demnach hättest Du die 20 min warten müssen (das fällt sicher noch unter "angemessen").


    In der Praxis sehe ich da aber große Risiken für den ÜL. Bei uns sind oft 3 bis 4 Jugendmannschaften gleichzeitig auf dem Sportplatz, mit entsprechend vielen Eltern, Geschwisterkuindern usw. Manche werden abgeholt, andere fahren alleine mit dem Rad oder laufen nachhause. Da verliert man schnell den Überblick. Einfacher ist es in der Halle, da schalte ich das Licht aus (und horche, ob jemand schreit ;)).


    Grüße
    Oliver

  • Sobald die Eltern uns die Kinder übergeben sind wir in der Pflicht. Wenn sie allein kommen solang wie sie auf dem gelände sind, an Trainingstagen. Und wenn einer länger bleibt, dann schicke ich ihn spätestens los wenn ich das Gelände verlasse!

  • Habe mir gerade den Artikel aus der Zeitung durchgelesen (danke dafür) und würde sagen, dass da ne Menge schief laufen kann. Vor allem das BGH-Urteil macht nachdenklich.


    Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Sportlehrerin,
    die mit einer 6. Klasse einen Waldlauf unternahm, einer Schülerin, die
    durch einen herabhängenden Zweig am Auge verletzt wurde, zum
    Schadensersatz verpflichtet ist. Die Lehrerin habe ihre Aufsichtspflicht
    verletzt, da sie die Schüler vor dem Lauf eindringlich hätte darüber
    belehren müssen, dass sie herabhängende Äste achten sollen.

    Das einzige, was wirklich gerecht verteilt ist, ist die Intelligenz.
    Ich habe noch nie jemanden sagen hören, er hätte zu wenig davon.

  • Ja, das sehe ich ebenso. Wenn das so eng ausgelegt wird, hat man als Aufsichtsperson praktisch keine Chance, seiner Aufsichtspflicht in vollem Umfang nachkommen zu können.


    Grüße
    Oliver

  • Sobald die Eltern uns die Kinder übergeben sind wir in der Pflicht. Wenn sie allein kommen solang wie sie auf dem gelände sind, an Trainingstagen. Und wenn einer länger bleibt, dann schicke ich ihn spätestens los wenn ich das Gelände verlasse!


    Nach meinem Kenntnisstand, beginnt die Aufsichtspflicht nicht erst wenn die Kinder den Sportplatz betreten. Die Ausichtspflicht beginnt schon beim Verlassen der elterlichen Haustür. Kommt ein Kind zum Beispiel ohne Absage nicht nach einer angemessenen Zeit zum Training, bist du verpflichtet, ihm hinterher zu telefonieren. Es könnte ja sein dem Kind ist auf dem Weg zum Sportplatz irgendwas passiert und die Eltern denken es ist gut behütet bei dir zum Training erschienen.


    Gruß


    LomexHH

  • Kommt ein Kind zum Beispiel ohne Absage nicht nach einer angemessenen Zeit zum Training, bist du verpflichtet, ihm hinterher zu telefonieren. Es könnte ja sein dem Kind ist auf dem Weg zum Sportplatz irgendwas passiert und die Eltern denken es ist gut behütet bei dir zum Training erschienen.

    Hm, ich meine, es gibt nichts, was es nicht gibt, aber das wäre schon heftig.

    Das einzige, was wirklich gerecht verteilt ist, ist die Intelligenz.
    Ich habe noch nie jemanden sagen hören, er hätte zu wenig davon.

  • Die Ausichtspflicht beginnt schon beim Verlassen der elterlichen Haustür.

    Ist das so bzw. kannst du mir das juristisch handfest belegen? Wie und ob die Kids zum Sportplatz kommen ist doch wohl nicht Sache des Trainers, außer es wird vereinbart, dass der Trainer die Kids abholt. Korrigiere mich, wenn ich falsch liege!

  • Ist das so bzw. kannst du mir das juristisch handfest belegen? Wie und ob die Kids zum Sportplatz kommen ist doch wohl nicht Sache des Trainers, außer es wird vereinbart, dass der Trainer die Kids abholt. Korrigiere mich, wenn ich falsch liege!

    Die Sache ist ziemlich einfach: Die Versicherung deckt den Spieler vom Verlassen der Haustür bis zum Wiedereintreffen ab.


    Beispiel: Der Spieler erscheint nicht zum Training, weil er auf dem Weg verunglückt und in einem Graben liegt, ohne, daß ihn
    jemand findet. Der Trainer denkt sich nichts dabei und fragt auch nicht zuhause nach. Die Eltern bemerken es im Laufe des
    Abends, finden das Kind, welches durch die lange Zeit im Graben nachhaltigen Schaden davon getragen hat --> der Trainer
    hat dann fahrlässig gehandelt.


    Ich treffe folgende Maßnahmen, um bei meiner Mannschaft (D-Jugend) vorzubeugen:
    - Entweder ich oder eine volljährige Bezugsperson ist spätestens 15 Min. vor dem Treffen auf dem Sportplatz/an der Halle
    - Ich führe Buch, welcher Spieler wann zum Training kommt, ob er abgemeldet ist oder unentschuldigt fehlt
    - Ich warte, bis der allerletzte Spieler vom Sportplatz abgeholt wurde/abgefahren ist


    Es fehlen natürlich "immer die Gleichen". Fehlt also ein Spieler unentschuldigt und es passiert der obige Fall, kann ich belegen,
    daß er mehrmals unentschuldigt fehlte - somit bin ich "raus".


    Meine persönlichen Hintergründe:
    - Vor einigen Jahren setzte ich einen Spieler mal in der Hallenpunktrunde länger nicht ein. Der Vater fragte "Warum?". Ich sagte,
    er wäre regelmäßig nicht beim Training dabei. Er sagte "Beweise es!"
    - Ein Spieler kam nicht zum Training. Ich suchte das Gespräch mit den Eltern, die davon ausgegangen waren, daß der Spieler
    zu jedem Termin beim Training war. Ich konnte es anhand meiner Liste belegen...


    Das mag penibel klingen, aber es hat mir schon ein paar Mal weitergeholfen, diese Liste zu pflegen...

    "Hurra, ein Spielzug!!!" (Zitat eines F-Jugendtrainers)

  • Hallo Zw3rG,


    ich hoffe die Antwort von Stefan_K langt dir.... übriegends sehr gut beschrieben Stefan_K.
    Juristisch beweisen kann ich es dir aber nicht, da ich kein Rechtsverdreher bin. Kann mich nur noch an meinen Basislehrgang erinnern, dort referierte eine oder waren es zwei??? Lehreinheiten eine Rechtsverdreherin die genau das Thema der Aufsichtspflicht ähnlich dem Beispiel von Stefan_K darstellte.
    Letztendlich ist es halt fahrlässig und was ein Richter daraus macht, weiß keiner so genau.
    Das gleiche gilt beim Auswärtsspiel, auf gar keinen Fall ohne ein eingeladenes Kind losfahren, nur weil es nicht pünklich zum Treffpunkt gekommen ist. Immer zumindest eine Aufsichtsperson warten lassen und am besten im Handyzeitalter halt hinterhertelefonieren.


    Was ich hier auch schon gelesen habe, falls die Eltern nicht kommen bringt der Trainer Kinder nach Hause. Auch davor hat die Rechtsexpertin sehr gewarnt.
    Kinder haben eine sehr blühende Phantasie und könnten schnell eine Geschichte erfinden die Richtung sexueller Belästigung geht. Daher als Trainer, nie Kinder alleine nach Hause fahren.


    Schweife jetzt vielleicht ein wenig zu weit vom eigentlichen Thema ab, aber selbst die unterschriebene Erklärung der Eltern, ihr Kind hätte einen Freischwimmer und dürfte mit an den Baggersee zum schwimmen mit der Fußballmanschaft, entbindet dich nicht von der Aufsichtspflicht.... und es ist nicht zwingend davon auszugehen, daß das Kind kann auch wirklich schwimmen kann. Eltern könnten auch aus reiner Scham solch einen Zettel unterschreiben, obwohl das Kind eventuell Nichtschwimmer ist.


    Dies sind nur kleine Auszüge an die ich mich noch von der Basisausbildung her erinnern kann, da war noch einiges mehr.
    Will hier aber auch keinem Angst einjagen. Aber eine ordentlich geführte Trainingsbeteiligungsliste sollte schon geführt werden und ein paar Basics sollten schon von einem Übungsleiter zur eigenen Sicherheit eingehalten werden.


    Gruß
    LomexHH

  • Bei Auswärtsspielen wird natürlich kein Kind am gegnerischen Sportplatz zurückgelassen und wenn ein Kind nicht zum Treffpunkt erscheint, telefoniere ich in diesem Fall auch hinterher. Bei Heimspielen beende ich für mich persönlich die Aufsicht mit dem Verlassen der Kabine, wenn sich Spieler danach noch auf dem Gelände /Spielplatz, Gaststätte etc. ) aufhalten, ist das für mich Privatinteresse. Im Training kann ich die Kinder sogar nur bis zum Verlassen des Platzes beaufsichtigen, weil ich fast immer direkt im Anschluß als aktiver Spieler selbst Training habe. Wir sind aber auch auf dem Land, die meisten Kinder kommen mit dem Fahrrad zum Training.


    Wenn ich die vorangegangenen Beiträge lese, scheint es aber tatsächlich so zu sein, dass "böswillige" Eltern dem Trainer, sollte wirklich etwas passieren, gravierende rechtliche Probleme machen können. Insofern würde mich eine definitive Einschätzung eines Fachmann sehr interessieren.

  • Erst mal hole ich den einen oder andern Spieler von zu Hause und bring ihn auch nach Hause in Absprache mit den berufstätigen Eltern!
    Ich bringe auch kein Kind ungefragt nach Hause, alles per Rücksprache mit den Eltern!
    Ich hatte schonmal ne Fall der für mich keine persönlichen Folgen hatte, aber auch ins Auge gehen könnte! Ein Junge der sonst immer, wirklich immer vom Vater gebracht wurde, ist eines Tages ohne Rücksprache mit mir, zum ersten mal mit Fahrrad gefahren und hat prompt ne rote Ampel überfahren! Ging mit Prellungen und Hautabschürfungen noch glimpflich ab. Allerdings stand ich dann auch in der Kabine und hab mich eben gewundert, weil der kleine nicht auftauchte! Seine Eltern waren auch nicht erreichbar, weil sie zu der Zeit schon in der Notaufnahme waren!
    Ein anderer hat statt den Heimweg anzutreten ne Stadtrundfahrt gemacht und kam über 2 Stunden zu spät nach Hause. Die Mutter rief mich aber erst 1 Stunde nach dem Training an, woraufhin ich auch losgefahren bin und das Kind gesucht hab. In den Fällen ist man doch als Trainer der Depp, ohne Rücksprache kan man doch nicht alles vorraussehen. Hab mir dann auch angewöhnt solchen Spezies zu sagen, fahre direkt nach Hause gehe nicht über Los uziehe nicht 4000 Euro ein. Was soll ich noch machen. Kann ja nicht nebenher fahren.

  • Ok, das Kind kommt nicht, ich rufe zu Hause an, erreiche aber keinen und das Kind liegt trotzdem im Graben. Reicht mein nutzloser Anruf aus von der Fahrlässigkeit wegzukommen? Ich kann mir die Antwort denken: Solange anrufen bis man jemanden erreicht, richtig?

  • Lomex, bitte nicht mit gefährlichem Halbwissen bei diesem Thema schreiben.
    Aufsichtspflicht über Kinder, die gar nicht da sind? Also bitte.


    Unser Schulungsreferent zum Thema war ein Amtsrichter a.D.
    Ich habe wie bereits geschrieben mitgenommen, dass im Grunde die Regeln der Vernunft gelten. Und die Vernunft sagt mir dann doch, dass ich nicht dafür haftbar gemacht werden kann, wenn jemand ohne meinen Einfluss einen Verkehrsunfall erleidet.

  • dass im Grunde die Regeln der Vernunft gelten. Und die Vernunft sagt mir dann doch, dass ich nicht dafür haftbar gemacht werden kann, wenn jemand ohne meinen Einfluss einen Verkehrsunfall erleidet.

    Das hört sich zumindest nachvollziehbar an.


    Trotzdem befürchte ich, dass, je nach Richter, wir Trainer ganz schön viele Probleme bekommen könnten.
    Man bedenke das BGH-urteil.


    Oder hat schon mal jemand von euch, vor einem Waldlauf die Jungs über mögliche Gefahren, wie herabhängende Äste, rutschige Stellen oder zu tiefe Pfützen gewarnt?
    Also ich nicht.

    Das einzige, was wirklich gerecht verteilt ist, ist die Intelligenz.
    Ich habe noch nie jemanden sagen hören, er hätte zu wenig davon.

  • Tom, klar ist das so.


    Das ist halt das, was man bei der Ausübung unseres Hobbys in Kauf nimmt.


    Wer am Straßenverkehr teilnimmt, riskiert unverschuldet unter einen Laster zu geraten.
    Wer raucht, riskiert Lungenkrebs.
    Wer Bahn fährt oder fliegt, riskiert Zusammenstöße oder Flugzeugabstürze.
    Wer Fußballtrainer ist, riskiert das Zusammentreffen erhöhter Aufsichts- und Haftungspflicht und gieriger/unvernünftiger Eltern im Schadensfall.


    Ist eben so.

  • JA, aber ich denke das die Eltern auch vernünftig sind und es keine Probleme gibt, wenn ein normales Eltern-Trainerverhältnis vorliegt. Es sei denn man handelt wirklich grob fahrlässig so nachdem Motto: Kletter du mal auf diesen Baum mit den morschen Ästen und hol den Ball runter.

  • Richtig. Für grobe Fahrlässigkeit, wie in deinem Beispiel mit dem morschen Ast, kann man vernünftigerweise belangt werden.
    Unser Amtsrichter führte in der Schulung das Beispiel des vereisten Trainingsplatzes an, wenn der Trainer sagt "das haben wir früher auch immer gemacht, uns hat es auch nicht geschadet..." ;)


    Aber:
    Man sollte als Trainer auch nie unterschätzen, zu welchen Furien Eltern werden können, wenn die eigenen Kinder betroffen sind. Habe ich mehrmals in Situationen erlebt, die ich als normal und undramatisch eingeschätzt habe, die Eltern aber ausgetickt sind.