Beiträge von vangaalsnase

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    Kann man schon machen...dann muss der "freie" Spieler sich durch geschicktes Freilaufen bzw. Lauffinten freimachen, während der andere Spieler den Ball sichert.

    Der Verteidiger kann einfach den dritten Spieler in Manndeckung nehmen. Ist im Rahmen eines Positionsspiels wie dem Rondo schlicht ein Designfehler.

    Verbote finde ich immer schwierig... in einem 5 vs. 2 haben wir gerne 5 Meter außerhalb je Seite ein Kontertor.

    Nach einem Pass muss dann eins der Tore berührt werden.

    Damit ist der Rückpass automatisch ausgeschlossen.

    Prima Übung für den ersten Kontakt und die offene Spielstellung.

    Und ich finde solche Zusatzaufgaben schwierig. Muss ein Spieler nach einem Pass eine Sonderaktion machen (Liegestütze werden ja auch gerne gemacht), fehlt er in aller Regel für die Dauer mehrerer möglicher Pässe. Bei einem Rückpassverbot fehlt er nur einen einzigen Pass. Kann in Phasen mit direkten Passfolgen den Flow zerstören, was ich beim Rückpassverbot noch nicht beobachten konnte.

    Was ich in dem Altersbereich gerne gemacht habe, sind 3v1 Rondos in verschiedenen Variationen. Bspw. dass Du im 3v1 den Rückpass verbietest. D.h. es darf immer nur der Spieler angespielt werden, der vorher nicht den Ball hatte.

    Dann muss der Verteidiger ja nur den dritten Spieler nach dem ersten Pass zustellen. Ist das nicht ein bisschen vorhersehbar. Sorry, falls das schon jemand gefragt haben sollte. Habe die Beiträge nur überflogen.

    Stimme zu. Rückpassverbote finde ich zwar unter bestimmten Voraussetzungen sinnvoll, aber nicht in einem 3-vs.-1.

    Alle Spiele bei denen man schon in einer Überzahl agiert, also Spielformen mit neutralen Angreifern, sind nicht dafür geeignet den Spielern beizubringen wie man eine Überzahl herstellt.

    Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Überzahl im Fußball. Die numerische und die strukturelle. Bei der strukturellen geht es darum, in ballnähe 3-gegen-1-Situationen wie in einem Rondo zu erzeugen. Bernhard Peters mögen 2-vs.-1-Situationen reichen, aber das ist ein anderes Thema. Die Spieler der Überzahlmannschaft können trotz ihrer numerischen Überlegenheit auch ziemlich schlecht aussehen, wenn ihre Strukturen suboptimal sind. Das habe ich bisher bei allen Mannschaften erlebt, die kein Spielformentraining kannten. Erst in Positionsspielformen, wo die ballbesitzende Mannschaft grundsätzlich Überzahl hat, lernen sie, diese Überzahl auch sinnvoll zu nutzen, weil sie dazu im Gegensatz zu Gleichzahlspielformen überhaupt erst die Gelegenheit bekommen. Es geht in erster Linie um das Erkennen der Situation und das dazu passende Erzeugen adäquater Strukturen. Wenn man zugleich die Feldmaße variiert, um den Gegnerdruck zu erhöhen, erzeugt man eine sehr große Situationsvielfalt, die viel implizite Strukturennutzung vermittelt. Insofern widerspreche der obigen Aussage vehement.

    Es gibt nicht die eine Spielform, die das nach einem oder zwei Durchläufen vermittelt. Damit die Spieler Deine Ideen vom Überzahlspiel umsetzen, müssen sie immer und immer wieder mit derartigen Positionsspielen konfrontiert werden. Du musst dafür quasi ein regelrechtes Mindset implementieren. Da reicht es nicht, einmal alle paar Einheiten ein Positionsspiel zu machen. Das muss sich wie ein roter Faden durch Deine Spielidee und somit auch Deine Trainings ziehen. In meinen Vorbereitungen machen Positionsspiele mindestens 65% der Trainingszeit aus.


    Arbeite mit neutralen Spielern, die außerhalb des Feldes entlang der Seitenlinien für diejenige Mannschaft anspielbar sind, die gerade in Ballbesitz ist. Die ballbesitzende Mannschaft wird sich automatisch in Richtung der Neutralen orientieren (müssen), um so eine eigene Überzahl herzustellen und auszunutzen.


    In diesem Post sind ein paar Positionsspielformen (insbesondere Octagon und 4-vs.4+4), die Neutrale entlang der Außenlinien nutzen.

    Ich sehe nicht, warum man für solche Grundsituationen Videos oder Trockenübungen benötigt. Mach einfach ein simples 2-gegen-2 oder Über-/Unterzahlspielformen auf Tore. Ein Team agiert als Abwehrkette im Zweier-, Dreier- oder Viererverbund und muss gegen 3-7 Angreifer das Tor (samt Torwart) verteidigen. Also 3-4 Angreifer gegen zwei Verteidiger+TW, 5 Angreifer gegen Dreierkette+TW und 6-7 Angreifer gegen Viererkette+TW. Es gilt stets die Abseitsregel!

    Dabei sind für die Verteidiger folgende Referenzpunkte zu beachten:

    1. Wo ist der Ball? -> ballseitig verschieben, wobei von innen nach außen (weg vom eigenen Tor) angelaufen wird.

    2. Wo sind meine Mitspieler -> Auf Abstände achten. Nicht alle auf einer Linie stehen, denn wird einer überspielt, sind alle überspielt. Der ballnahe Verteidiger übt Druck aus und muss diagonal nach hinten (Richtung eigenes Tor) abgesichert werden.

    3. Wo sind die Gegenspieler? -> Gegenspieler auf der ballfernen Seite können vernachlässigt werden. Bei Rück-und Querpässen hat man genug Zeit, wieder ballseitig zu verschieben. Ballnahe Gegenspieler werden situativ in den Deckungsschatten gestellt, in Manndeckung genommen oder so man positioniert sich so, dass sie sich nach Ballerhalt nicht aufdrehen können.


    In derartigen Spielformen kommt es andauernd zu Situationen, in denen Zweikämpfe geführt oder Räume zugestellt werden müssen. In Unterzahl ist man automatisch dazu gezwungen, sich im Zentrum zu fokussieren, gegenseitig nach hinten abzusichern und den Gegner nach außen bzw. weg vom Tor abzudrängen. In der Regel erkennen die Spieler von selbst, wie sie das in Unterzahlsituationen hinkriegen. Zumal wir hier von 12-14jährigen sprechen. Wenn sie es nicht hinkriegen, friert man ein und erklärt anhand der konkreten Situation. Wenn man nicht weiß, wie man das coacht, sind die Videos wohl eher für den Trainer als für Spieler gedacht.


    Es gilt, die eigene zahlenmäßige Unterlegenheit zu kompensieren. Werden die dabei vermittelten Prinzipien auf Gleichzahlsituationen übertragen, hat man schon mal eine brauchbare Defensive.

    Hier wurde vor kurzem ein Beitrag über die Nachwuchsförderung in Norwegen geteilt, wo ja seit einigen Jahren nicht mehr nur der Wintersport große AthletInnen hervorbringt. Da heißt es unter anderem: "Children are encouraged to play as many sports as possible, and costs are kept low for parents. Clubs aren’t allowed to keep league standings or even record game scores for children under 13, and there are no individual rankings, travelling teams or national championships for that age group." Dieses Vorgehen deckt sich mit empirischen Befunden der letzten Jahrzehnte und wird endlich auch von den Verbänden des deutschsprachigen Raums angestrebt. Aber das Problem ist dann anscheinend die Wettkampf- und Siegermentalität hierzulande.


    Im besagten Artikel sagt ein norwegischer Ski-Trainer: "The Norwegian mentality is that you should give kids a chance to be kids,". Bei diesem Satz musste ich sofort daran denken, wie vergeblich ich dieses Mindset bei deutschen Nachwuchs-/Kindertrainern suche. Und selbst wenn man einen solchen Trainer hat, sind es Vereinsbosse und/oder Eltern, die es nicht ertragen, wenn ihre 7jährigen Knirpse nicht die Liga anführen. Von irgendeiner Seite kommt immer Druck.


    Es wird ein sehr langer Weg sein, diese fatale Mentalität zu ändern. Ich kann nur hoffen, dass die Verbände dahingehend nicht vom momentan eingeschlagenen Pfad abweichen.

    Sicherlich muss man jeden Verein gesondert betrachten; sogar jede einzelne Mannschaft. Es gibt Vereine, in denen die U17 eine schwache Saison spielt und dann in der kommenden Saison als U18 oder U19 auf einmal zu den besten zählt. Woran liegt das? Sind die Spieler ausgetauscht worden? Liegt es am Trainer? Und mittlerweile mehren sich die Vereine, die sich dem Thema Talentbewertung/-Selektion anders nähern. Da wird es in Zukunft hoffentlich neue Erkenntnisse geben, welche Methoden funktionieren. Ich denke da bspw. an Hoffenheim und Köln, die in dem Bereich neue Wege gehen. Vielleicht kann man daraus effektive Förderungsmaßnahmen ableiten.


    Aber das Wesentliche, was ich aus der Güllich-Studie mitnehme, ist, dass es einfach Unsinn ist, im Bereich bis 14 Jahre zu selektieren. Wie oft liest man von Sichtungen bei Kindern, wo dann behauptet wird, man wisse nach 2 Minuten, ob es zum Profi reichen könnte. Das ist einfach unseriös und schadet allen Beteiligten; insbesondere den Kindern.

    "Die leistungsstärksten erwachsenen Spieler hatten als Kinder eine moderate Trainingsintensität, praktizierten verschiedene Sportarten, spielten länger in ihrem Heimatverein und blieben von den negativen Einflüssen einer frühen Intensivförderung im NLZ verschont. Sie minimierten ihre persönlichen Einschränkungen als Kinder und Jugendliche, während sie ihr langfristiges Entwicklungspotential steigerten."


    Das sollte hier jedem User geantwortet werden, der fragt, ob er seine/n 8jährige/n Tochter/Sohn ins NLZ des Nachbardorfes wechseln lassen soll.

    Es geht ohnehin nicht darum, dass die Jungs einfach irgendwie möglichst viele Pässe "sammeln" sondern dass sie Vorgaben wie offene Stellung, Vororientierung, Freilaufen, Ball nicht totstoppen etc. anwenden.

    You don't say. Aber erreicht man das, indem man nach X Pässen ohne jeglichen Gegnerdruck auf leere/freie Tore spielen lässt? Ich habe solche Varianten schon oft beobachten dürfen und nirgends kam ein ordentlicher Spielfluss zustande. Da von "spielnäher" zu sprechen, halte ich zumindest für gewagt. Spielfluss ist einerseits wichtig für Verbesserungen, weil die Spieler sich andauernd anpassen müssen, um ihn aufrecht zu erhalten. Da kommen wir dann zur Vororientierung, offenen Stellung etc. Spielfluss bedeutet auch Erfolgserlebnisse, weil die ballbesitzende Mannschaft vieles richtig/gut macht. Das wiederum ist eine Voraussetzung für Lernerfolg.

    Andererseits ist der Spielfluss auch ein guter Gradmesser für das Spielerniveau. Wenn meine Spieler es nicht schaffen, den Ball länger in den eigenen Reihen zirkulieren zu lassen, kann ich entsprechende Rückschlüsse ziehen und ggf. durch Anpassungen in den Spielformen gegensteuern. Das geht aber nicht, wenn ich den Spielfluss schon durch das bloße Spielformendesign verhindere.


    Ist der Spielfluss hingegen zu groß, sodass die Verteidiger keine Chance zur Balleroberung haben, muss natürlich ebenfalls angepasst werden, indem man etwa das Feld verkleinert oder die Anzahl der Verteidiger erhöht. Darüber lassen sich Intensität und Druck sehr gut steuern. Die Intensität der Verteidiger kann man auch darüber steuern, dass die ballbesitzende Mannschaft einfach einen Punkt nach X Pässen bekommt, ohne dass unterbrochen wird. Oder man steuert die Besetzung bestimmter Räume, indem man Punkte für Pässe durch gewisse Zonen gibt. Dafür kann man aus Plättchen kleine Dreiecke machen, die als Passtore im Feld fungieren. Aber Tore außerhalb des Feldes - mir ist deren Intention durchaus bewusst - haben im Rondo selten bis nie den erhofften Effekt.

    Am besten sollte die Ballbesitzmannschaft auch die Möglichkeit bekommen irgendwann auf ein Tor gehen zu dürfen. Z.b. nach 6 erfolgreichen Pässen o.ä.

    Das führt in aller Regel dazu, dass der Spielfluss massiv zerstört wird. Die Spieler sollen im Rondo ja die Gelegenheit bekommen, dass der Ball über einen längeren Zeitraum in den eigenen Reihen zirkuliert wird. Auf diese Weise sollen sie viele schnelle Passaktionen in kurzer Zeit bekommen. Nach ca. 6 Pässen ein Tor zu schießen, ist dahingehend kontraproduktiv. Zumal es oft so konzipiert ist, dass die Tore außerhalb des eigentlichen Rondofeldes sind. Das ist für den/die Verteidiger in der Mitte aber unmöglich zu verteidigen und somit letztlich ohne Mehrwert für alle Beteiligten. Denn ein Tor ohne Gegenwehr zu schießen, trainiert nichts und macht auch keinen Spaß. Stattdessen könnte es Punkte für bestimmte Passwege (bspw. Pass von Stirnseite zu Stirnseite) geben, aber ohne dass nach einem solchen Pass unterbrochen wird.


    Ich mache gerne Rondos in zwei angrenzenden Zonen. Erobern die Verteidiger den Ball, versuchen sie, diesen in ihre Zone zu spielen, wo ihre Mitspieler sind. Dort geht dann das Rondo mit vertauschten Rollen ohne Unterbrechung weiter. Diejenige Mannschaft, die zuvor in Ballbesitz war, versucht natürlich, den Zonenwechsel zu verhindern.

    Man könnte dabei eine Art Schachuhr runterlaufen lassen. Also solange man Ballbesitz in der eigenen Zone hat, läuft die Uhr runter. Hat der Gegner den Ball oder man hat den Ball in der gegnerischen Zone, bleibt die Uhr stehen. Wessen Uhr zuerst auf 0 ist, gewinnt.

    Das jeder Trainer seine eignen Prinzipien haben muss, sehe ich ein bisschen anders - gerade im Jugendbereich sollte aus meiner Sicht etwas Kontinuität gegeben sein und die Kinder und Jugendlichen sich nicht in jedem Jahr bei jedem Trainer auf neue Prinzipien einstellen müssen (im Herrenbereich habe ich da in dieser Saison RB Leipzig und dessen Trainerwechsel im Kopf).

    Einheitliche Spielidee: ja; einheitliche Prinzipien: nein.

    Jeder Trainer muss innerhalb einer bestimmten Spielidee trotzdem noch seine eigenen Vorstellungen einbringen dürfen. Zumal mit zunehmender Altersklasse die Prinzipien zwangsläufig detaillierter werden.

    Warum würdest du für Kinder hier nach etwas anderem suchen? Hast du Angst, dass das 1 gegen 1 und seine Zweikampferfahrungen hier auf der Strecke bleiben?

    In einem Altersbereich, in dem noch keine Abseitsregel gilt, kann das ballorientierte Verteidigen nicht einfach nach Lehrbuch übernommen werden. Da muss man einige Anpassungen vornehmen.

    Der erste Punkt aus der Graphik entspricht dem "Prinzip der kurzen Wege": Wer am nächsten zum Ball ist, übt grundsätzlich Druck aus. Abgesehen davon sind das alles Auslöser bzw. Trigger. Insofern sehe ich sie auch nicht als Prinzipien an, sondern eher als Momente, die durch Prinzipien herbeigeführt werden sollen. Oberprinzipien dazu könnten lauten "Gegner in für ihn schlechte schlechte Situationen zwingen" oder "Nachteilige Situationen des Gegners für das eigene Pressing ausnutzen", je nachdem, ob der Gegner die Fehler von alleine macht oder wir ihn dazu zwingen.


    Ich greife mal das Beispiel von luibo auf: Für das Prinzip "Gegner auf den Flügel leiten/lenken" werden Unterprinzipien wie "das Zentrum mittels eigener Überzahl dicht machen" genutzt. Sobald die Mitte zu ist, neigen fast sämtliche Mannschaften dazu, den Ball nach außen zu spielen. Ist der Ball auf dem Flügel, wird dorthin geschlossen verschoben und die Wege ins Zentrum für den Gegner zugemacht. Da gelten dann wiederum die Prinzipien des ballorientierten Verteidigens (für Kinder müsste man da sicherlich andere Prinzipien finden). Wer es auf diese Weise schafft, den Gegner gut unter Druck zu setzen, zwingt ihn in der Regel dazu, dass der Ball entweder unkontrolliert nach vorne geschlagen, nach hinten gepasst, zu langsam oder ungenau gespielt wird. All das führt dazu, dass der Druck noch weiter intensiviert werden kann.


    Es gilt dabei, dass die Spieler lernen, diese Pressingtrigger zu erkennen. Ein weiterer Pressingtrigger bei mir ist, wenn der Spieler am Ball von seinen Mitspielern isoliert ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn er von meinen Spielern umringt ist und sie Deckungsschatten nutzen. All diese Trigger zu erkennen, lernen die Spieler primär in Spielformen, wo sie die entsprechenden Erfahrungen sammeln können und ggf. situativ passend gecoacht werden.

    3. Langsamer Pass - dazwischen gehen: OK - Kinder sollte Geschwindigkeiten und Wegstrecken abschätzen können (E-Jugend).

    Hier gebe ich zu bedenken, dass die Wahrnehmung von Kindern noch nicht ausgereift ist. Kinder im Alter bis zu 11 Jahren haben oft noch Probleme damit, die Geschwindigkeit sich bewegender Objekte korrekt einzuschätzen. Darum haben sie auch Schwierigkeiten, Straßen sicher zu überqueren.


    5. Gegner am Spielfeldrand attackieren. Ja, der Spielfeldrand schränkt die Handlungsalternativen des Ballbesitzenden ein (grob gesagt nur 180 Grad anstatt 360 Grad zur Verfügung). Eine Balleroberung am Spielfeldrand schränkt aber auch meine Handlungsalternativen ein, wenn ich den Ball gewinne. Oft damit verbunden ist auch ein nach außen drängen des Gegenspielers und Ballbesitz durch Einwurf. Das führt zu Standardsituation und geordnetem Gegner und oft zu erneutem Ballverlust, weil viele Mannschaften keine Ideen beim Einwurf haben. Will ich die "Mitte stark machen", müsste der Spieler nach innen gelenkt werden, weil da bin ich stark und habe dann wieder die 360 Grad Möglichkeiten (beim Lenken hilft mir natürlich die Auslinie). Oft stelle ich aber auch fest, dass Kinder/Jugendliche und Erwachsene zufrieden sind, wenn der Angriff unterbunden ist und es Einwurf für den Gegner gibt. Damit habe ich den Ball allerdings nicht gewonnen - aufgrund der Ideenlosigkeit beim Einwurf habe ich allerdings eine hohe Wahrscheinlichkeit den Ball zu gewinnen.

    Gutes Beispiel dafür, warum jeder Trainer seine eigenen Prinzipien erstellen muss. Deine Bedenken ggü. der Balleroberung auf dem Flügel sind durchaus nachvollziehbar. Da musst Du als Trainer entscheiden, ob Du die Nachteile in Kauf nimmst und über weitere Prinzipien kompensierst, oder ob Du sie eben nicht in Kauf nimmst und stattdessen den Gegner ins Zentrum leiten willst. In diesem Falle wäre der fünfte Punkt kein Triggermoment für Dich und Dein Team.


    6. Gegner mit dem Rücken zum Tor angreifen. Auch ja, allerdings unter der Prämisse kein Foulspiel. Das sind aus meiner Sicht die dümmsten Fouls, wenn der Gegner mit dem Rücken zum Tor steht - jeder Freistoß ist vorteilhafter für den Gegner. In den unteren Klassen und in der Jugend führt das aber häufig zu Fouls. Wie geht ihr damit um und wie versucht ihr das zu verhindern?

    Auch hier kann man unterschiedliche Vorlieben vertreten. RB Salzburg sagt bspw. "Foul bricht Pressing". Wenn gefoult wird, ist ja sofort der Druck des Pressings weg. Der Gegner kann sich wieder sammeln und erlangt die Kontrolle zurück. Pep Guardiola lässt hingegen bewusst foulen, wenn der Ball nach einer gewissen Zeit nicht sofort wieder zurückerobert wurde. Auf diese Weise gibt er seinen (gegen)pressenden Spielern die Möglichkeit, sich hinten kompakt zu ordnen und nimmt dem Gegner die Möglichkeit, schnellen Raumgewinn zu erzielen. Also muss auch hier jeder für sich selbst entscheiden, was er bevorzugt.

    Beispielsweise das Prinzip: Mitspieler unter Druck helfen - Mitspieler ohne Druck = Wegbleiben. Das ist ein sehr allgemeines Prinzip, wodran sich jeder Spieler ein wenig orientieren kann (Kommt beim DFB meine ich auch vor). Sagen wir der linke Innenverteidiger ist unter Druck und wir trainieren das Prinzip. Bedeutet es für die ballnahen Spieler rechter Innenverteidiger, linker Verteidiger, Sechser die Passdistanz zu verkürzen und somit gleichzeitig Gegenspieler zu binden. Die Spieler auf der nächsten Ebene, linker Mittelfeldspieler und Zehner, Schnittstellen besetzen und Passdistanz verkürzen und die letzte Ebene können durch tiefe Laufwege unterstützen. Also vieles in einem Prinzip drin mit der simplen Frage, wie kann ich meinem Mitspieler in diesem Moment helfen. Ich denke solche Oberprinzipien sind im Kinderbereich gefragt und dann die Kreativität der Kinder gefragt, um die Prinzipien zu füllen.

    Allgemeine Prinzipien brauchen zwingend Unterprinzipien. Das obige Beispiel zeigt ja, wie komplex jede Situation ist. Wir müssen dann schon wieder weitergehen und fragen, welche Unterprinzipien gelten, damit wir dem Mitspieler unter Druck helfen können. Wie bieten wir uns in den Schnittstellen an? Da geht es dann um Abstände zu gegnerischen Verteidigern (gleicher Abstand zu den Verteidigern damit diese Zuordnungsprobleme bekommen), wie weit wird entgegengegangen und in welchem Winkel wird sich positioniert. Das sind jedoch alles Dinge, die die Spieler nicht explizit wissen, aber implizit verstehen müssen. Daher geht es bei solchen tiefergehenden Unterprinzipien auch nicht darum, ob die Spieler diese kennen. Ihr als Trainer müsst Sie kennen und dazu passende Spielformen entwickeln, in denen die Spieler diese implizit vermittelt bekommen. Im Coaching kann man dann die Prinzipien ausdrücklich nutzen: "Wenn Du Dich zwischen den Schnittstellen anbietest, achte darauf, dass Du zu den Gegenspielern in Deiner Nähe den gleichen Abstand hast. Dann wissen Sie nicht, wer Dich übernehmen soll. Oder Du bindest gleich mehrere Verteidiger auf einmal und öffnest Räume für Deine Mitspieler."


    Formuliert für Euch möglichst viele strategisch-taktische Prinzipien, die zu Eurer Vorstellung von Fußball passen. Das kann auch gerne ausufern und ins Detail gehen. Stellt Euch immer die Fragen: Was will ich mit dem Prinzip erreichen? Wie kann ich das Prinzip vermitteln/umsetzen? Dann strukturiert diese Prinzipien in Ober-, Unter-, Unterunterprinzipien, sodass eine Art Stammbaum entsteht. Die Spieler müssen aber nur die Oberprinzipien explizit kennen. Die restlichen Unterprinzipien müssen sie implizit verstehen.

    Mezut Özil und Arjen Robben haben/hatten ihre rechten Beine nur zum Stehen und haben trotzdem Weltklasse erreicht. Özil kann Pässe mit der Außenmauke spielen, die andere Toppspieler trotz (oder eher wegen) Beidbeinigkeit nicht hinkriegen. Wir betrachten immer nur vermeintliche Mängel und wollen sie beheben, anstatt einfach mal mit dem zu arbeiten, was die Spieler gut können. Jemanden besser zu machen heißt nicht (nur), seine Unzulänglichkeiten zu beseitigen, sondern vielmehr seine Stärken weiter zu fördern. Es gibt viele Profis, die ziemlich einseitig veranlagt sind und/oder grundlegende Dinge nicht beherrschen. So ist C. Ronaldos Verständnis vom Verteidigen absolut unterirdisch. Ist trotzdem ein ganz passabler Kicker geworden. Marko Rehmer und David Odonkor wurden in erster Linie über ihre Schnelligkeit definiert und haben es dennoch zum Nationalspieler gebracht.


    Spieler, die nicht beidbeinig sind, entwickeln Strategien, wie sie das ausgleichen können. Dadurch erlernen sie Fähigkeiten, auf die beidbeinige Spieler nicht angewiesen sind und dementsprechend nicht beherrschen; und auch gar nicht beherrschen müssen. Wie etwa das Spielen mit dem Außenrist. Anstatt sich also ständig auf das vermeintlich schlechte zu fokussieren, sollte man sich eher Gedanken darüber machen, wie man solche Eigenheiten nutzen kann. Die Aufstellung von Robben auf dem rechten Flügel etwa ermöglichte es ihm, nach innen zu ziehen, um von dort gefährlich abzuschließen.


    Es wird immer gesagt, man möchte das Individuum fördern, aber in Wirklichkeit wird versucht, alle Spieler gleich zu machen, indem man eine Schablone ansetzt, in die jeder reinpassen soll. Und dazu gehört immer die Beidbeinigkeit, ohne die man angeblich nicht weit kommen kann. Die Folgen davon sehen wir doch seit Jahren in der N11, wo wir (zurecht) rumjammern, dass wir keine echten Stürmer haben. Wo sollen die auch herkommen, wenn wir alle Spieler ausbilden wie zentrale Mittelfeldspieler?! Jeder Ansatz von Individualität wird verhindert, wenn wir uns zu sehr damit beschäftigen, welche Schwächen ein Spieler angeblich hat. Ich will eher Spieler haben, die gewisse Dinge auf hohem Niveau beherrschen, auch wenn sie andere Dinge nicht können; anstatt Spieler, die alles können, aber nichts davon besonders gut.


    Davon abgesehen geht es hier um Kinder, die noch keine 10 Jahre alt sind. Was haben die im NLZ zu suchen? Da wird Druck aufgebaut, wo noch nicht mal ansatzweise abzusehen ist, ob es zum Profi reichen könnte. In dem Alter ist noch nicht mal der Teil des Gehirns ausgereift, der für die Risikoabschätzung und Entscheidungsbeurteilung verantwortlich ist (präfrontaler Kortex). Auch die Pubertät ist weit weg. Wenn die einsetzt, wird eh neu gewürfelt.

    Die Lösung heißt eher: Positionsspielformen wie el Rondo/Eck/Schweinchen in der Mitte/etc. und seine Abwandlungen. Relativ enge Felder aufbauen, in denen es zunächst keine feste Spielrichtung gibt. Eine Mannschaft hat Überzahl und spielt auf Ballhalten. Die Verteidiger sind in Unterzahl. Das ist der Grundaufbau, der unendlich variiert werden kann. Ein paar Abwandlungen sind im Anhang.


    Solche Spielformen vermitteln die Prinzipien der Raumaufteilung und wie man sich zueinander positioniert, anbietet und eine gemeinsame Ballzirkulation aufbaut. Durch Sonderregeln wie Kontaktbegrenzungen und Rückpassverbote forciert man diese Aspekte zusätzlich und schult so bspw. implizit taktische Mittel wie das Spiel über den Dritten.

    Definition von Prinzipien:

    a) Grundsatz, den jemand seinem Handeln und Verhalten zugrunde legt

    b) allgemeingültige Regel, bestimmte Idee, bestimmte Grundlage, auf der etwas aufgebaut ist, nach der etwas abläuft

    Dieser Definition folge ich auch. Ich habe im Anhang einige Prinzipien aufgeführt, die ich beim Gegenpressing nutze. Diese sind jedoch keinesfalls abschließend. Ich könnte noch mehr aufführen und das Geflecht bzw. den Prinzipienbaum erweitern, bleibe aber vorliegend nur bei diesen.


    Das erste Prinzip ist, dass schon die Staffelung bei eigenem Ballbesitz entscheidend dafür ist, wie ich nach einem Ballverlust umschalten und den Ball zurückerobern kann. Wenn die Spieler bei eigenem Ballbesitz zu weit auseinanderstehen oder (wie im Falle der N11) zu viele Leute auf einer Linie sind, wird es schwer, den Ball sofort zurückzuerobern, weil die Wege zu weit und die Räume zu offen sind. Zudem sorgen solch schlechte Staffelungen dafür, dass die Wahrscheinlichkeit eines Ballverlustes in Folge eines Fehlasses steigt.


    Wenn meine Mannschaft in Ballbesitz ist, soll sie so gestaffelt sein, dass sie eine numerische und/oder strukturelle Überzahl am Ball hat. Das sorgt dafür, dass jeder Spieler, sofern er am Ball ist, gleich mehrere Kurzpassoptionen hat. Kurzpassoptionen sind technisch weniger anspruchsvoll, was die Gefahr eines Ballverlustes von vorne herein verringert. Darüber hinaus ist es für den Gegner schwer zu antizipieren und Pässe abzufangen, wenn der Ballführer gleich mehrere Passoptionen hat. Gleichzeitig ist der Gegner, wenn er doch den Ball erobert, zunächst in Unterzahl, was es meinen Spielern erlaubt, sofort Druck auszuüben. Für die Schaffung dieser GP-begünstigenden Staffelungen und Strukturen habe ich wiederum weitere Prinzipien. Das würde aber hier den Rahmen sprengen.


    Ein nächstes Prinzip im GP ist, dass der Gegner nicht aus meinen GP-Strukturen ausbrechen darf. Solange der Gegner am Ball ist, ich aber Überzahl am Ball habe, will ich diesen Vorteil natürlich ausnutzen. Da wäre es fatal, wenn es dem Gegner gelingt, aus meiner Vorteilssituation auszubrechen. Um das zu verhindern, nutze ich weitere (Sub- oder Unter-)Prinzipien. So sollen meine Spieler ihren Vorteil dazu nutzen, aus möglichst vielen Richtungen Druck zu machen, damit dem Gegner am Ball die Zeit fehlt, sich zu orientieren und seine Mitspieler zu sehen, weil er nur damit beschäftigt ist, den Ball nicht zu verlieren. Gleichzeitig dient dieses Unterprinzip dem Prinzip der schnellen Ballrückeroberung.


    Ein weiteres Unterprinzip ist das Abdecken möglicher Verlagerungsräume für den Gegner. So stelle ich Räume und/oder Gegenspieler, über die der Ballführer potentiell ausbrechen und verlagern könnte, in den Deckungsschatten (Sub-sub-Prinzip). Dabei spielt situativ das bogenförmige Anlaufen eine wichtige Rolle.


    Das Zusammenspiel dieser Prinzipien und Unter-Prinzipien sorgt dafür, dass der Gegner keine Zeit am Ball hat. Er hat ständig Stress und kommt nicht aus dem für ihn nachteiligen Raum. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit einer schnellen Ballrückeroberung.


    Das ist nur ein recht grober Anriss dieser Thematik, aber ich denke, er verdeutlicht ganz gut, was mit Prinzipien gemeint ist.


    Um das zu trainieren, nutze ich Positionsspielformen, in denen die Teams unterschiedliche Ziele verfolgen (siehe Anhang. Hatte ich schon mal in einem anderen Thread geposted). Ein Team spielt auf Ballhalten, während das andere nach Balleroberung auf Tore abschließen soll. Die Tore simulieren die Verlagerungsräume, um aus den GP-Strukturen auszubrechen. Gleichzeitig werden in dieser Spielform diejenigen Prinzipien vermittelt, die für den Spielaufbau entscheidend sind. Aber wie gesagt: die lasse ich mal unerwähnt, weil es einfach sehr viele sind.


    Natürlich erkläre ich meinen Spielern nicht jedes noch so kleine Prinzip. Die meisten sind nur für mich als Trainer relevant, um Spielformen zu entwerfen, mit deren Hilfe, ich die Spieler in Situationen bringe, in denen die Prinzipien notwendig sind. Also alles rein implizit. Trotzdem coache ich natürlich so etwas wie: „wir wollen den Gegner nicht ausbrechen/entkommen lassen“.


    Über all meinen Prinzipien schwebt stets das „Prinzip der kurzen Wege“. Je weniger Abstand meine Spieler zum Ball haben, desto mehr Passoptionen bestehen, desto besser sind sie nach Ballverlusten abgesichert und desto eher sind sie in Überzahl und können so Druck gegen den Ball erzeugen, wenn der Gegner ihn hat. Natürlich sollen sie nicht alle auf einem Haufen stehen, aber das klassische Ziehharmonikaprinzip (bei gegnerischem Ballbesitz Raum eng machen. Bei eigenem Ballbesitz den Raum öffnen) finde ich halt unpassend, weil es meinem ersten GP-Prinzip widerspricht.


    Bei Interesse werde ich mal etwas zu meinen Prinzipien bei eigenem Ballbesitz schreiben, aber das wird eine Weile dauern.

    Ich kann mich mit vielem von dem was Thomas Kost da sagt sehr gut identifizieren, ohne zu wissen, wie sich der Turnaround in der Talentausbildung bzw. in den Mannschaften an sich schaffen lässt.

    Er hat das Problem eigentlich schon recht gut erklärt: Taktik und Strategie werden in Deutschland fast nur mit Defensive, Langeweile (ein 0:0 ist ja immer "von Taktik geprägt") und korsettartigen Einschränkungen für die Spieler in Verbindung gebracht. Und das wenige, was etwa beim DFB zum Thema Spielaufbau und Angriffsspiel in den Trainerlehrgängen vermittelt wird, dreht sich um Abläufe aus dem 4-4-2 oder 4-2-3-1: Hat der rechte IV den Ball, geht der rechte Sechser weg und schafft Tiefe, während der linke Sechser zum Ball schiebt. Im Angriff haben wir dann die klassischen Mittel Doppelpass, Spiel über den Dritten, Hinterlaufen und Kreuzen. Und alles wird streng ablauforientiert an die Trainer vermittelt, welche es dann ebenso im Training an Ihre Spieler weitergeben. Das ist schon arg simpel.


    Warum vermitteln wir nur taktische Mittel bzw. Abläufe, aber keine Prinzipien? So sprechen wir zwar oft von Dreiecksbildung, aber keiner erklärt das "Warum" und erst recht nicht das "Wie". Abstände, Winkel, die Orientierung der Spieler, die Positionierung zwischen den gegnerischen Abwehrlinien... All das sind Elemente, die aufeinander abgestimmt über die Qualität von Verbindungen und Aufbaustrukturen entscheiden, welche wiederum den Ausschlag darüber geben, ob wir als Verbund gemeinsam kombinieren, uns gegenseitig unterstützen und absichern können. Stattdessen wird einem oft vermittelt, Kombinationsfußball sei technisch extrem anspruchsvoll, weswegen wir zuerst die Passtechnik des Einzelnen (isoliert) verbessern müssen.


    Natürlich ist eine solche Art von Fußball entscheidend von der Technik abhängig. Aber mindestens genau so wichtig sind strategisch-taktische Elemente. Da wirken unzählige kleine Aspekte zusammen, die man unmöglich mit übersimplifizierten Abläufen vermitteln kann. In meinen Trainerlehrgängen werden die immerselben Übungen und Spielformen gezeigt, wobei es stets um die oben genannten Abläufe geht. Ist der Ablauf fehlerhaft, wird sofort unterbrochen und gecoacht, bis der gewünschte Ablauf sitzt. Kein Wunder also, dass das von vielen als Korsett wahrgenommen wird. Denn für eigene Entscheidungen und die Entfaltung der eigenen Stärken ist da nur noch wenig Platz. Aber genau darum geht es: Spieler müssen am Ende auf dem Platz selbständig Entscheidungen treffen.


    Ich habe in den Lehrgängen leider noch nie Positionsspiele gehabt. Mal eine Rondovariation, in der es darum geht, wie man in engen Räumen den Ball sichert und sich zwischen den gegnerischen Linien durchkombiniert. Wo jederzeit ein hoher Gegnerdruck herrscht, der es notwendig macht, dass man schon weiß, was man mit dem Ball macht, bevor er bei einem ankommt. Und dabei ist jeder davon abhängig, wie schnell und wie passend die nahen Mitspieler sich anbieten und orientieren. Es müssen ständig Entscheidungen getroffen werden, wobei nur dann alle als Einheit fungieren können, wenn sie die gleichen Prinzipien kennen und verfolgen.


    Prinzipien müssen immer an erster Stellen stehen. Erst auf deren Grundlage kann man später auch gewisse Abläufe trainieren. Aber eben nicht umgekehrt. Solange wir solche Dinge im Fußball nicht verstehen und an unsere Trainer weitergeben, wird es schwer, aus den Talenten, die wir zweifelsohne haben, eine Einheit zu formen, in der jeder Einzelne seine Stärken einbringen kann, während seine Schwächen von den Mitspielern aufgefangen werden. Eine gute Taktik ist daher kein Korsett sondern die beste Möglichkeit, aus jedem einzelnen das Beste rauszuholen; für ihn selbst, aber auch für das Team.

    Um Gruppentaktisch arbeiten zu können, muss man individualtaktisch geschult sein, Gruppentaktik ist die Grundlage der Mannschaftstaktik.

    Ich will eigentlich nicht schon wieder damit anfangen und vielleicht interpretiere ich da zu viel rein, aber diese lineare Vorgehensweise wird der komplexen Realität eines Mannschaftssports wie dem Fußball und den ebenso komplexen Lernprozessen beim Menschen nicht gerecht. Wir sollten endlich aufhören, die Ausbildung von jungen Spielern wie ein gerade Linie zu sehen, in der erst A gelernt werden muss, bevor man B machen kann, um am Ende einen "kompletten Spieler" zu erzeugen. Viele individualtaktische Aspekte lassen sich auch vermitteln, wenn Spieler (zuerst) in einem Gruppen- oder sogar Mannschaftsverbund üben. Das Gehirn vermag es, die gelernten Inhalte in beide Richtungen zu adaptieren und zu übertragen und so Querverbindungen herzustellen, wodurch letztlich alle Aspekte besser geschult werden, als wenn man sie nacheinander trainiert.

    Zur Individualisierung gehört für mich auch im übrigen, dass dem jeweiligen Spieler sein Verhalten im Raum vermittelt wird.

    So sehe ich das auch und sollte es auch in der Ausbildung gelebt werden, aber tatsächlich werden überwiegend Fähigkeiten im Dribbling und 1-gegen-1 unter Individualität verstanden. Es gibt in der Talentbewertung leider kaum Maßstäbe oder Instrumente, um so etwas wie Wahrnehmung, Raumverhalten (Absicherung der Mitspieler, Schaffen von Verbindungen für den Spielaufbau) und Entscheidungsqualität zu messen/bewerten. Wenn vor allem Kinder gesichtet und selektiert werden, wird doch nur darauf geachtet, wie die direkt mit dem Ball umgehen können und wie schnell sie sind. Die übrigen Bereiche fallen da allzu oft hinten runter und werden ignoriert. Das meine ich damit, wenn es mich stört, wenn es wieder heißt, wir müssen (wieder) stärker individualisieren. Habe mich da nicht konkret genug ausgedrückt.


    Dass es aber eine Zeit gegeben haben soll, in der wir nur oder bevorzugt Passspieler ausgebildet haben, ist meines Erachtens ein Trugschluss. Um 2010 herum, als Barca unter Pep Europa dominiert hat und van Gaal die Bayern auf Links drehte, entstand in der deutschen medialen Wahrnehmung der Eindruck, dass das plötzlich alle so machen. Tatsächlich dominierte vor allem in Deutschland aber weiterhin der Umschaltfokus, in welchem vor allem die schnellen und kräftigen Spieler Vorteile haben.