ok. Aber erwartet meine Antwort nicht vor morgen Abend.
Und sie wird sehr lang ausfallen. Ich hoffe, das ist ok.
ok. Aber erwartet meine Antwort nicht vor morgen Abend.
Und sie wird sehr lang ausfallen. Ich hoffe, das ist ok.
Ich weiß, das tut man nicht, aber bevor ich auf deine Fragen antworte, möchte ich dir eine Frage stellen: „finde es schwer, alles ausschließlich in Spielformen unterzubringen.“ – Was findest du daran schwierig?
Möchte im Rahmen meiner Antwort (die etwas dauern kann) auf deine Überlegungen und Argumente eingehen.
"Sie folgt aktuellen sportwissenschaftlichen Erkenntnissen. Aber selbst Wissenschaftler sind hin- und hergerissen zwischen Spiel- und Übungsmethode." - Das ist nicht richtig. Die Wissenschaften raten von solchen Übungsformen fast einstimmig ab. Tatsächlich ist der Nutzen für das motorische Lernen deutlich effektiver und effizienter, wenn man in Spielformen trainiert. Ich kann nur empfehlen, ein bisschen über das Trainingsmodell "Teaching Games for Understanding" (TGfU) zu lesen.
"Eine Spielform hat tendenziell eine geringere "Schwerpunktreinheit"." - Genau das ist der Grund, weshalb Spielformen den isolierten und gegnerdrucklosen Übungsformen vorzuziehen sind. Das Problem in solchen Übungsformen ist, dass es kaum Schwankungen im Sinne des differenziellen Lernens gibt. Diese Schwankungen sind jedoch wichtig im motorischen Lernprozess:
[Schöllhorn, Wolfgang, Individualität – ein vernachlässigter Parameter?, in: Leistungssport 29 (1999), H. 2, S. 5-12.
Schöllhorn, Wolfgang/Sechelmann, Michael/Trockel, Martin/Westers, Roland, Nie das Richtige trainieren, um richtig zu spielen, in: Leistungssport 34 (2004), H. 5, S. 13-17.
Schöllhorn, Wolfgang, Differenzielles Lehren und Lernen von Bewegung. Durch veränderte Annahmen zu neuen Konsequenzen, in: H. Gabler/U. Göhner/F. Schiebl (Hrsg.), Zur Vernetzung von Forschung und Lehre in Biomechanik, Sportmotorik und Trainingswissenschaft (= Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft 144), Hamburg 2005, S. 125-135.]
Des Weiteren werden die Spieler nur in Spielformen in die Lage versetzt, ihre Entscheidungen zu verbessern und auf andere Situationen zu übertragen. In isolierten Übungsformen müssen sie keine Entscheidungen treffen, weshalb es hier auch keinen Lerneffekt geben kann:
[Masters, Richard S.W./Poolton, Jamie M./Maxwell, Jon P./Raab, Markus, Implicit motor learning and complex decision making in time constrained environments, in: Journal of Motor Behavior 40 (2008), H. 1, S. 71-79.
Memmert, Daniel/Roth, Klaus, The effects of non-specific and specific concepts on tactical creativity in team ball sports, in: Journal of Sports Sciences 25 (2007), H. 12, S. 1423-1432.
Memmert, Daniel/Baker, Joseph/ Bertsch, Claudia, Play and practice in the development of sport-specific creativity in team ball sports, in: High Ability Studies 21 (2010), H. 1, S. 3-18.]
Kommt darauf an, nach welchen Kriterien gemischt wird. Wenn man das biologische Alter betrachtet und technisch-taktische Fähigkeiten anstelle von konditionellen hervorhebt, kann man dem RAE durchaus vorbeugen. Das sind gute Strategien. Aber deren Anwendung erfolgt sehr selten. Beispiele dafür liefern unsere U-Nationalmannschaften. Bei der vergangenen U17-WM sind jeweils 9 Spieler des DFB im ersten und zweiten Quartal geboren worden (je 42,9%), einer im dritten (4,8%) und zwei im vierten (9,5%).
Eine solch frühe Einteilung nach Leistung ist der erste Schritt hin zum relative age effect. In diesem Alter haben ältere Spieler (und seien es auch nur ein paar Monate) teilweise erhebliche Vorsprünge in der körperlichen Entwicklung und Spielerfahrung. Dadurch werden sie durch entsprechende Sichtungen häufiger als "talentiert" oder "besser" eingestuft. Ihr könnt ja mal beobachten, in welchen Monaten oder Quartalen die Spieler der jeweiligen Leistungsmannschaften geboren wurden.
Das Problem ist, dass nur auf das derzeitige Leistungsniveau der Kinder geachtet wird, aber nicht darauf, wie es um die Entwicklungsfähigkeit bestellt ist. Aber genau das muss im Zentrum der Nachwuchsausbildung stehen. Studien deuten zudem darauf hin, dass man erst ab dem C-Jugendbereich solche Sichtungen vornehmen sollte, denn vorher ist es unmöglich vorherzusehen, wie die zukünftige Leistungsentwicklung sein wird.
In Fußball durch Fußball geht es darum, warum Spielformen die besten Trainingsübungen sind. Im Prinzip ist es die Antwort auf TW-Trainers Kommentar "Das Buch könnte ein "Renner" werden, wenn es seinem Leser die Augen dafür zu Öffnen vermag, warum das Fussballspiel die besten Beispiele fürs Training liefert."
Bestimmte Inhalte schwerpunktmäßig über 4-6 Wochen (Mesozyklus) zu trainieren ist grundsätzlich nicht ratsam. Es besteht zum einen die Gefahr, sich nicht auf kurzfristig auftretende Anforderungen oder Probleme einstellen zu können, die sich häufig im Laufe von Spielen zeigen. Wenn du dich bspw. gerade schwerpunktgemäß um das Abschlussverhalten kümmerst, deine Mannschaft aber nicht in der Lage ist, den Ball kontrolliert und stabil in Tornähe zu bringen, musst du eben diesen Aspekt in den Fokus rücken. Und wenn du umgekehrt sehr viele gute Abschlüsse kreierst und viele Tore schießt, brauchst du wohl erst mal nicht (mehr) schwerpunktmäßig am Abschluss arbeiten. Um auf diese Gegebenheiten flexibel reagieren zu können, sind Mesozyklen ungeeignet.
Ein weiteres Argument gegen Mesozyklen: erarbeitete Schwerpunkte können im Laufe des nächsten Zyklus wieder vergessen werden oder verloren gehen. Die mesozyklische Schwerpunktsetzung führt darüber hinaus zu einer Zerstückelung der Spielkomplexität. Bereits die Qualität deines Ballbesitzspiels und die etwaige Raumaufteilung gibt den Ausschlag darüber, wie gut deine Mannschaft nach Ballverlusten verteidigen kann. Umgekehrt entscheidet die Qualität und Raumaufteilung deiner Defensive, wie deine Mannschaft nach Ballgewinn umschalten kann. Man kann die Spielmomente (eigener Ballbesitz, gegnerischer BB, Umschalten vom eigenen auf gegnerischen BB, Umschalten vom gegnerischen auf eigenen BB) also nicht getrennt voneinander betrachten. Ebensowenig kann man die einzelnen taktischen Elemente isoliert betrachten.
Insofern kann man nur davon abraten, erst 4-6 Wochen Abschlüsse zu üben und danach 4-6 Wochen Pass- und Aufbauspiel. Wenn ich nicht gut aufbauen kann, werde ich auch keine Torchancen kreieren. Wenn ich nicht gut verteidigen kann, sind meine Abschlüsse nur die Hälfte wert, weil ich vorne gar nicht so viele Tore schießen kann, wie ich hinten welche fange.
Konzipiere dein Training also lieber ganzheitlich. Das geht nur in Spielformen. Da hast du immer alle Spielmomente dabei und kannst durch gezielte Übungsmodifikationen bestimmte Inhalte forcieren. Das passt du dann je nachdem an, was deine Mannschaft gerade braucht. Hat dein Team etwa Defizite im Aufbauspiel, solltest du viele Positionsspiele machen. Hat deine Mannschaft Probleme in der Verteidigung, empfehlen sich Über/Unterzahlspiele (Ballbesitzende Mannschaft ist in Überzahl). Wer bei gegnerischem Ballbesitz in Unterzahl ist (das ist übrigens auch bei Positionsspielen der Fall), muss geschickt im Raum agieren. Auf der anderen Seite muss die ballführende Mannschaft Lernen, wie sie mit der Überzahlsituation umgeht. Du hast also in Spielformen immer die Möglichkeit, alle Aspekte zu üben, kannst jedoch flexibel bestimmte Schwerpunkte setzen. Und das entscheidest du je nachdem, was deine Mannschaft im letzten Spiel (oder sogar Training) gezeigt hat. Also musst du deine Mannschaft unentwegt analysieren.
Somit lautet mein Fazit: Mikrozyklische Schwerpunktsetzung (1 Woche) unter ganzheitlichen Bedingungen.
Kleiner Nachtrag:
Es gibt sogar ein Interview über 4,5 Seiten mit zwei Trainern einer Kindermannschaft.
Ein bisschen mehr als das Inhaltsverzeichnis sollte man schon lesen ![]()
Mit dem Kinder- und Jugendtraining befassen sich an der besagten Stelle 5 Seiten. Zudem werden über das ganze Buch diverse Methodiken aufgezeigt, die insbesondere für Kinder geeignet sind. Dazu zählen impliziten Lehrmodelle, die das Buch insgesamt dominieren. Es wird sogar ein Entwicklungsmodell gezeigt, wie das Training je nach Alter gestaltet sein sollte.
