Ein paar Eindrücke kann ich gerne teilen, wobei wir als Familie jetzt wirklich sehr weit weg sind und alles nur aus den Berichten unseres Sohnes mitbekommen.
Die erste reguläre Saison ist gerade rum, das Team ist in der Winterpause. Mein Sohn hat alle Spiele gemacht. Bei zwei Spielen pro Woche seit August ist er am Schluss ganz schön auf dem Zahnfleisch gegangen. Was ihn aber besonders genervt hat ist, dass durch die vielen Spiele eigentlich kein reguläres Mannschaftstraining stattfand. Oft lediglich Regeneration und dann schon wieder das nächste Spiel. Jetzt ist komplette Pause, das erste Mannschaftstraining ist dann erst wieder Ende Januar.
Die oben beschriebene Regel mit der harten Zeitmessung hat für mächtig Drama gesorgt: Einmal haben sie die komplette Spielzeit geführt und dann 30 sec vor Schluss den Ausgleich kassiert. Sie haben es aber tatsächlich geschafft, in dem verbleibenden 30 sec nochmal vor's Tor zu kommen und den Siegtreffer zu erzielen. Ich hab's nur auf Video gesehen, aber da war natürlich der Teufel los...Ein anderes Mal hat der gegnerische Spieler mit der Schlusssirene einen Schuss abgegeben, der unhaltbar eingeschlagen ist. Hat nicht gezählt, der Ball war zu lang unterwegs
Sportlich war das Team nicht so erfolgreich, wie sie es erhofft haben. Das Niveau im Team und auch in der Liga ist recht heterogen, verglichen mit Junioren-Bundesliga, wo eigentlich alle sehr gut ausgebildet sind. Ich habe einige Videos gesehen, da schien mir der Schiri Zweikämpfe strenger zu pfeifen als hier in Europa üblich. Aber das ist am Bildschirm schwer zu beurteilen.
Mein Sohn hat gut gespielt, zumindest hat er diese Rückmeldung nach den Spielen von den Trainern bekommen und auch von Dritten, z.B. gegnerische Coaches. Dennoch hat der Trainer entschieden, dass er meinen Sohn loswerden will, denn er sei "not coachable". Ich war nicht dabei, aber mein Sohn hat wohl einige Male die Taktik des Trainers kritisiert (der wollte verstärkt auf lange Bälle setzen, mein Sohn will lieber rausspielen). Ich kenne meinen Sohn, der ist 19 und hat ein gesundes Selbstbewusstsein. Vielleicht kam das dann zu schroff rüber, zumal für einen Amerikaner, der die direkte Art von uns Deutschen nicht so gewohnt ist. Auf jeden Fall hat der Trainer sich während der Saison eigentlich nie auf Diskussionen eingelassen. Und jetzt nach der Saison kommt so ein Urteil und er wird aus dem Team geworfen, das hat meinen Sohn erstmal kalt erwischt.
Erste Reaktion war: Dann höre ich halt mit dem Fußball auf und konzentriere mich auf's Studium. Nach ein paar Tagen Überlegen hat er dann doch andere Optionen geprüft. Mit dem Ergebnis, dass er jetzt auf dem offiziellen "Transfer Portal" steht und Angebote von anderen Unis prüft. Eigentlich passt ihm das jetzt gut in den Kram, denn seine jetzige Uni ist in einer verschlafenen Kleinstadt und er versucht jetzt eher in eine Großstadt zu wechseln. Seine bisherigen Studienerfolge ("Credits") kann mitnehmen, das ist wohl insbesondere im ersten Jahr recht einfach. Er hat jetzt mehrere Zusagen, sein Favorit ist in einer Großstadt an der Westküste (Kalifornien). Das reizt ihn auch vom Klima her, bisher ist er an der Ostküste und wartet auf die kommenden Schneestürme...
Er ist übrigens nicht der einzige Spieler, der aus dem Team geworfen mit. Auch ein weiterer Deutscher, der im Sommer hinzukam und ebenfalls sehr gut gespielt hat, muss gehen, er sei "not good enough". Mein Sohn schätzt das folgendermaßen ein: Das Team hat dieses Jahr nicht die Playoffs erreicht, d.h. sie haben die Erwartungen deutlich verfehlt. Dadurch wackelt der Stuhl des Trainers (Vollzeitstelle), d.h. er musste irgendetwas machen. Und die Schuld bei den Freshman abzuladen ist einfacher als Spieler weg zu schicken, die schon im zweiten oder dritten Jahr sind. Insofern nimmt er das jetzt auch nicht mehr persönlich auch wenn ihn der Umgang doch ganz schön geschockt hat (Hire and Fire).
Kurz vor Weihnachten kommt er das erste Mal zurück nach Deutschland, darauf freuen wir uns!
Grüße
Oliver