Liebe Trainerfreunde,
es lag mir schon seit einiger Zeit auf der Seele, euch den nachfolgenden Absatz aus der letzten Internationalen Trainerkonferenz zur Diskussion zu stellen.
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Der Torwarttrainer
Auch die Rolle des Torwarttrainers muss in diesem Zusammenhang überdacht werden. Heutzutage fungiert er häufig als„Ballmaschine“. Er sorgt dafür, dass die Bälle auf das Tor des Torhüters geschossen werden und vernachlässigt seine Rolle
als Coach. Zielführender wäre sicherlich, wenn die Feldspieler den Torschuss übernehmen würden und der Torwarttrainer währenddessen seiner Funktion als Trainer gerecht werdenkönnte. In diesem Fall würde er in die spielnahen Situationen
im und am Strafraum korrigierend eingreifen und den Torhüter gezielt verbessern.Im Idealfall ist der Co-Trainer gleichzeitig auch Torwarttrainer und somit Inhaber einer Lizenz. In diesem Szenario wäre es denkbar, dass die Mannschaft separat in den verschiedenen Mannschaftsteilen trainiert und der Torwart- bzw. gleichzeitig Co-Trainer sowohl den Defensivverbund der Spieler, als auch den Torhüter coachen kann. Auf diese Weise können im Training Bilder entwickelt werden, die der Torhüter und die komplette Hintermannschaft auch im Spiel wiederfinden."
Ein wenig Hintergrund:
In einigen Ländern mit Torwarttrainer-Lizenzausbildung gibt es eine andere Kompetenz-Abgrenzung wie in Deutschland. So trainiert der Torwarttrainer in den Niederlanden abwechsend nur die Torleute im Bereich Technik, Athletik sowie die Defensive im Bereich der Taktik. Weil er sich als Torwartrainer versteht, liegt der Schwerpunkt selbstverständlich auf die Torwartaufgaben. Allerdings werden die spieltypischen Situationen nicht mehr allein zwischen Torwarttrainer und Torwart simuliert, sondern in realen Spielsituationen geübt. Denn es wurde die Erkenntnis gewonnen, dass jeder Defensivspieler auch Offensivaufgaben hat.
Die Darstellung des Torwarttrainers als "Ballmaschine" entspricht m.E. nicht mehr ganz der Realität. Allerdings wird m.E. noch viel zu viel isoliert mit den Torleuten trainiert, anstatt Übungen und Spielformen mit Schwerpunkt des TW-Spiels gemeinsam mit der Defensive zu trainieren. Grund dafür in Deutschland ist eine zu hohe Spezialisierung zwischen Mannschaftstrainer einerseits und Torwarttrainer andererseits. In der Nahtstelle der jeweiligen Kompetenzen klafft ein immer größer werdendes Loch, welches fehlender Inhalte in der Trainerausbildung geschuldet ist.
Beim Fazit schießt man sich ein "Eigentor", indem man empfieht einen Co-Trainer zum Torwarttrainer zu machen, anstatt den Torwarttrainer zum Co-Trainer zu machen.Man geht davon aus, dass der Standardtyp als ehemalige Keeper früher nur blöd auf der Torlinie gestanden hat und von daher keine Ahnung von Taktik hat, die er nur im ausreichenden Maße in einer Mannschaftstrainerlizenz-Ausbildung erwerben kann.
Wie man bei dieser Meinung jedoch erklären will, warum wir in Deutschland seit vielen Jahren Torhüter von Weltklasseformat ausbilden können, bleibt offen?
Im Fussballverband Baden-Württemberg gibt es die Trainerlizenz-Ausbildung mit Schwerpunkt Torwarttrainer bereits. Allerdings sträubt sich der DFB hartnäckig dies bundesweit zu übertragen, weil dies nicht so recht in ihr bisheriges Stufensystem der Lizenzausbildung passen will.
Welche Erfahrungen habt ihr mit der Konstellation: Co-Trainer als Torwarttrainer oder Torwarttrainer als Co-Trainer gemacht? Wie seht ihr die Einschätzung des DFB in dieser Sache?